Suchen Barrierefrei
BGH Beschluss v. - XIII ZB 12/24

Leitsatz

Zur Zulässigkeit des Haftantrags (hier: Darlegungsanforderungen in Bezug auf die Zustellung der Rückkehrentscheidung).

Gesetze: § 62 Abs 3 AufenthG, § 417 Abs 2 S 2 Nr 5 FamFG

Instanzenzug: LG Krefeld Az: 7 T 149/23vorgehend AG Krefeld Az: 29 XIV(B) 162/23

Gründe

1I.    Der Betroffene, ein ägyptischer Staatsangehöriger, reiste im Jahr 2017 nach Deutschland ein. Sein Asylantrag wurde mit Bescheid vom wegen der Zuständigkeit Italiens vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) als unzulässig abgelehnt und ihm die Abschiebung nach Italien angedroht. Ab dem war der Betroffene unbekannten Aufenthalts. Nach Ablauf der Überstellungsfrist hob das Bundesamt mit Bescheid vom den Bescheid vom auf, lehnte den Asylantrag ab und drohte die Abschiebung nach Ägypten an. Nach Beschaffung von Passersatzpapieren wurde der Betroffene am festgenommen.

2Auf Antrag der beteiligten Behörde hat das Amtsgericht mit Beschluss vom selben Tag Abschiebungshaft bis zum angeordnet. Die nach Abschiebung des Betroffenen am noch auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Haftanordnung gerichtete Beschwerde hat das Landgericht zurückgewiesen. Dagegen wendet sich der Betroffene mit der Rechtsbeschwerde.

3II.    Die zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet. Die Annahme des Beschwerdegerichts, der Haftanordnung läge ein zulässiger und ausreichend begründeter Haftantrag zugrunde, hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Im Antrag vom fehlen Angaben zur Zustellung des Bescheids vom , auf den die Behörde die Ausreisepflicht stützt.

41.    In einem zulässigen Haftantrag ist nach § 417 Abs. 1, 2 Satz 1, 2 Nr. 5 FamFG unter anderem darzulegen, aus welchen Gründen der Betroffene zweifelsfrei ausreisepflichtig ist. Dazu sind die Tatsachen vorzutragen, aus denen die beteiligte Behörde die Ausreisepflicht ableitet (, InfAuslR 2012, 186 Rn. 23). Ergibt sich die Ausreisepflicht nicht aus dem Gesetz (§ 58 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, 2 und 3 AufenthG), sondern aus einem ausländerrechtlichen Bescheid, muss der Haftantrag mindestens eine Bezugnahme auf den zutreffenden, in der Ausländerakte befindlichen Bescheid und Angaben zu seiner Vollziehbarkeit enthalten (vgl. BGH, Beschlüsse vom - V ZB 28/10, NVwZ 2010, 1511 Rn. 12; vom - XIII ZB 93/19, juris Rn. 10; vom - XIII ZB 35/20, NVwZ-RR 2022, 117 Rn. 9). Für die Prüfung der Vollziehbarkeit des Bescheids durch den Haftrichter ist auch darzulegen, aufgrund welcher Tatsachen von einer wirksamen Zustellung oder Zustellungsfiktion ausgegangen worden ist (vgl. BGH, Beschlüsse vom - XIII ZB 87/19, juris Rn. 10; vom - XIII ZB 20/19, NVwZ 2021, 342 Rn. 8). Insoweit genügt eine Bezugnahme auf die in den Ausländerakten enthaltene Abschlussmitteilung des Bundesamts, in der das Zustelldatum vermerkt ist. Die beteiligte Behörde kann von der Richtigkeit der Mitteilung des Bundesamts ausgehen (vgl. BGH, Beschlüsse vom - XIII ZB 93/19, juris Rn. 10; vom - XIII ZB 43/20, juris Rn. 10). Ebenfalls ausreichend ist, wenn nach den dem Haftantrag beigefügten oder in Bezug genommenen Unterlagen (vgl. , NVwZ-RR 2022, 117 Rn. 9 f.) oder aufgrund anderer dargelegter Umstände keine Zweifel an der mitgeteilten Vollziehbarkeit bestehen (vgl. , juris Rn. 8). Dagegen wird die bloße Angabe der Bestandskraft des Bescheids den Anforderungen nicht gerecht. Denn damit wird der vom Gericht zu überprüfende äußere Tatbestand, an den die Rechtsauffassung der beteiligten Behörde anknüpft, nicht mitgeteilt (vgl. BGH, Beschlüsse vom - XIII ZB 20/19, NVwZ 2021, 342 Rn. 8; vom - XIII ZB 140/19, juris Rn. 20; vom - XIII ZB 43/20, juris Rn. 10).

52.    Die danach erforderlichen Darlegungen zur Zustellung des Bescheids des Bundesamts vom enthält der Haftantrag der beteiligten Behörde nicht. Dort ist lediglich angegeben, der Bescheid sei seit dem bestands- und rechtskräftig. Der Haftantrag enthält auch keine weiteren Informationen, die Zweifel an der Zustellung oder am Eingreifen der Zustellungsfiktion ausschließen. Insbesondere reicht insoweit der Hinweis nicht aus, dass der Betroffene zwischen und unbekannten Aufenthalts war. Auch für die Annahme der Zustellungsfiktion nach § 10 Abs. 2 AsylG bedarf es der Darlegung eines wegen der Abwesenheit des Betroffenen erfolglosen Zustellungsversuchs (vgl. , juris Rn. 10 f.; , InfAuslR 2012, 186 Rn. 25).

6III.    Die Kostenentscheidung beruht auf § 81 Abs. 1 Satz 1 und 2, § 83 Abs. 2 FamFG. Die Festsetzung des Gegenstandswerts folgt aus § 36 Abs. 2 und 3 GNotKG.

Roloff                        Tolkmitt                        Picker

          Vogt-Beheim                   Holzinger

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2025:140725BXIIIZB12.24.0

Fundstelle(n):
TAAAJ-97134