Leitsatz
Eine noch nicht gezeugte Person kann Inhaberin eines - durch ihre Lebendgeburt bedingten - Grundpfandrechts sein und ein solches erwerben. Daher ist die Eintragung eines Grundpfandrechts zugunsten noch nicht gezeugter Nachkommen in das Grundbuch nicht inhaltlich unzulässig im Sinne von § 53 Abs. 1 Satz 2 GBO.
Gesetze: § 1113 BGB, § 1191 BGB, § 2101 BGB, § 19 GBO, § 22 Abs 1 GBO, § 53 Abs 1 S 2 GBO
Instanzenzug: Az: I-2 Wx 144/24 Beschlussvorgehend AG Düren Az: NID-104A-10
Gründe
I.
1Die 1960 geborene Antragstellerin ist seit dem Jahr 1987 Eigentümerin des im Eingang des Beschlusses bezeichneten Grundbesitzes. Sie ist Vorerbin ihrer im Jahr 2003 verstorbenen Mutter (nachfolgend: Erblasserin). Nacherben sind laut Erbschein „die Kinder der Vorerbin, ersatzweise ihre Geschwister [die Beteiligten zu 2 und 3]“. Die Nacherbfolge tritt mit dem Tod der Antragstellerin ein.
2Im Jahr 2006 trug das Grundbuchamt auf Grund einer Bewilligung der Antragstellerin, aus der sich auch ihre Kinderlosigkeit zu diesem Zeitpunkt ergab, eine brieflose Grundschuld über 187.000 € in das Grundbuch ein. Gläubiger der Grundschuld sind laut eingetragenem Vermerk die „Nacherben der [Erblasserin]. Diese sind die Kinder [der Antragstellerin] …, ersatzweise [die Beteiligte zu 2], …, und [der Beteiligte zu 3], …, in Erbengemeinschaft“. Hintergrund dieser Grundschuldbestellung war nach Darstellung der Antragstellerin, dass sie im Jahre 2003 ein zum Nachlass gehörendes Grundstück unter der vormundschaftsgerichtlichen Auflage verkauft habe, den Kaufpreis mündelsicher anzulegen. Die Grundschuld sei an dem nicht zum Nachlass gehörenden Grundstück der Antragstellerin bestellt worden, um diese Auflage zu erfüllen.
3Unter Beifügung notariell beglaubigter Löschungsbewilligungen der Beteiligten zu 2 und 3 hat die Antragstellerin die Löschung der eingetragenen Grundschuld beantragt und an Eides statt versichert, weder leibliche noch an Kindes statt angenommene Kinder zu haben. Das Grundbuchamt hat der Antragstellerin aufgegeben, eine Löschungsbewilligung von einem für etwaige unbekannte Nacherben zu bestellenden Pfleger beizubringen. Dem ist die Antragstellerin nicht nachgekommen. Das Amtsgericht - Grundbuchamt - hat daraufhin den Löschungsantrag zurückgewiesen. Die dagegen gerichtete Beschwerde der Antragstellerin hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Antragstellerin ihr Löschungsbegehren weiter.
II.
4Das Beschwerdegericht, dessen Entscheidung unter anderem in FGPrax 2024, 207 veröffentlicht ist, hält das Löschungsbegehren für unbegründet. Eine Löschung gemäß § 53 Abs. 1 Satz 2 GBO scheide aus, weil es sich bei der eingetragenen Grundschuld um eine ihrem Inhalt nach zulässige Eintragung handele. Es sei grundbuchrechtlich zulässig, ein Grundpfandrecht für noch nicht gezeugte Nachkommen (nondum concepti) einzutragen. Auch eine Löschung nach § 22 Abs. 1 Satz 1 GBO komme nicht in Betracht, weil die Unrichtigkeit des Grundbuchs nicht nachgewiesen sei. Mit einer für das Grundbuchverfahren genügenden Gewissheit könne nicht ausgeschlossen werden, dass zum Zeitpunkt des Nacherbfalls Kinder der Antragstellerin vorhanden sein werden. Weder dem Eintragungsvermerk noch der Eintragungsbewilligung lasse sich entnehmen, dass Nacherben nur die leiblichen Abkömmlinge der Antragstellerin seien. Nacherben könnten daher noch durch Adoption eines (minderjährigen) Kindes oder Annahme eines Volljährigen als Kind entstehen. In der Folge bedürfe es für eine Löschung der eingetragenen Grundschuld neben den eingereichten Unterlagen auch der bislang fehlenden Löschungsbewilligung der unbekannten Nacherben, die durch einen Pfleger mit gerichtlicher Genehmigung abgegeben werden könne.
III.
5Die Rechtsbeschwerde ist infolge ihrer Zulassung durch das Beschwerdegericht nach § 78 Abs. 1 GBO statthaft und auch im Übrigen gemäß § 78 Abs. 3 GBO i.V.m. § 71 FamFG zulässig. Sie ist jedoch unbegründet. Zu Recht hat das Beschwerdegericht es abgelehnt, das Grundbuchamt zur Löschung der Grundschuld anzuweisen.
61. Zutreffend nimmt das Beschwerdegericht an, dass die Eintragung der Grundschuld zugunsten der Nacherben der Erblasserin inhaltlich zulässig und daher nicht gemäß § 53 Abs. 1 Satz 2 GBO zu löschen ist.
7a) Nach dieser Vorschrift darf eine Grundbucheintragung von Amts wegen nur gelöscht werden, wenn sie sich nach ihrem Inhalt als unzulässig erweist. Inhaltlich unzulässig im Sinne des § 53 Abs. 1 Satz 2 GBO ist eine Eintragung, die ihrem - gegebenenfalls durch Auslegung zu ermittelnden - Inhalt nach einen Rechtszustand oder -vorgang verlautbart, den es nicht geben kann, oder wenn sie etwas Widersprüchliches verlautbart und ihre Bedeutung auch bei zulässiger Auslegung nicht ermittelt werden kann; ebenfalls als nach ihrem Inhalt unzulässig ist eine Eintragung anzusehen, die ein an sich eintragungsfähiges Recht mit einem gesetzlich nicht erlaubten Inhalt verlautbart. Dabei muss sich die Unzulässigkeit aus dem Eintragungsvermerk selbst oder den zulässig in Bezug genommenen Eintragungsunterlagen ergeben (stRspr., vgl. etwa Senat, Beschluss vom - V ZB 26/23, WM 2025, 819 Rn. 20; Beschluss vom - V ZB 52/20, FGPrax 2022, 49 Rn. 48 jeweils mwN).
8b) Inhaltlich unzulässig sind demnach unter anderem Grundbucheinträge, die zwar - wie hier in Form einer Grundschuld - ein an sich eintragungsfähiges Recht verlautbaren, jedoch als Berechtigten einen nicht grundbuchfähigen Träger ausweisen (vgl. BeckOK GBO/Holzer [], § 53 Rn. 63; Bauer/Schaub/Bauer, GBO, 5. Aufl., § 53 Rn. 66). Das ist etwa der Fall, wenn zugunsten eines Berechtigten ein Recht eingetragen ist, dessen Erwerb ihm abstrakt-generell aus materiell-rechtlichen Gründen nicht möglich ist; mangels Erwerbsfähigkeit fehlt dem Berechtigten in diesen Fällen die erforderliche Grundbuchfähigkeit (vgl. Bauer/Schaub/Kilian, GBO, 5. Aufl., § 19 Rn. 74; Meikel, GBV, 11. Aufl., Vorbem. Rn. 161; differenzierend Bauer/Schaub/Bauer, GBO, 5. Aufl., § 13 Rn. 26).
9c) So liegt der Fall hier jedoch nicht. Die eingetragene Grundschuld verlautbart ein Recht, das zugunsten der „Kinder“ der Antragstellerin als Nacherben der Erblasserin bestehen und daher zulässigerweise auch in das Grundbuch eingetragen werden kann.
10aa) Einigkeit besteht darin, dass sämtliche rechtsfähigen Personen und Personenverbände eine umfassende Grundbuchfähigkeit besitzen, da sie Inhaber von Grundstücksrechten sein können. Für den Menschen (als natürliche Person) beginnt die Rechtsfähigkeit gemäß § 1 BGB mit der Vollendung seiner Geburt; sie endet mit dem Tod. Daher ist die Eintragung einer Grundschuld in das Grundbuch zugunsten einer lebenden Person inhaltlich zweifellos zulässig (vgl. Meikel/Böttcher, GBO, 12. Aufl., Einleitung C Rn. 42; Meikel, GBV, 11. Aufl., Vorbem. Rn. 161 f.).
11bb) Weiter besteht Einigkeit dahingehend, dass auch die Eintragung einer Grundschuld für nicht existente Personen inhaltlich zulässig sein kann. Das ist Folge des Umstands, dass sich die Unzulässigkeit der Eintragung aus dem Eintragungsvermerk selbst oder den zulässig in Bezug genommenen Eintragungsunterlagen ergeben muss (s.o. Rn. 7). Für die inhaltliche Zulässigkeit der Eintragung reicht es daher aus, wenn demnach nur die (vormalige) Existenz der als Berechtigte eingetragene Person abstrakt denkbar ist (vgl. Meikel/Böttcher, GBO, 12. Aufl., § 19 Rn. 165 mwN).
12cc) Uneinigkeit besteht hingegen darüber, ob die Eintragung einer Grundschuld für nach diesen Unterlagen erkennbar noch nicht gezeugte Personen - wie hier die „Kinder“ der Antragstellerin als Nacherben der Erblasserin - inhaltlich zulässig ist. Die Beantwortung dieser Rechtsfrage hängt auf Grund der dienenden Funktion des Grundbuchrechts (vgl. Senat, Beschluss vom - V ZB 74/08, BGHZ 179, 102 Rn. 13) davon ab, ob noch nicht gezeugte Personen nach materiellem Recht eine Grundschuld erwerben können. Dies wird - vornehmlich im Hinblick auf die Möglichkeit eines Hypothekenerwerbs - in Rechtsprechung und Literatur unterschiedlich beantwortet.
13(1) Zurückgehend auf Entscheidungen des Reichsgerichts (RGZ 61, 355; 65, 277; JW 1911, 362 Nr. 10) wird der Erwerb einer Hypothek für noch nicht gezeugte Personen in Rechtsprechung und Literatur für möglich gehalten. Da das Gesetz in verschiedenen Rechtsnormen (§ 331 Abs. 2, §§ 2101, 2162, 2178 BGB) vorsehe, dass diese Personen - vorbehaltlich ihrer Lebendgeburt - unentziehbare Rechtspositionen erlangen, müssten diese auch gesichert werden können. Dogmatisch begründet wird das Ergebnis überwiegend mit einem subjektiv bedingten Rechtserwerb, teils mit einer fingierten bzw. beschränkten Rechtsfähigkeit der noch nicht gezeugten Person (vgl. OLG München, RNotZ 2011, 245, 247; BeckOGK/Kern, BGB [], § 1113 Rn. 133; Erman/Saenger, BGB, 17. Aufl., § 1 Rn. 3; Erman/Roth, BGB, 17. Aufl., § 1882 Rn. 9; Grüneberg/Ellenberger, BGB, 84. Aufl., § 1 Rn. 9; Grüneberg/Herrler, BGB, 84. Aufl., § 1113 Rn. 12; jurisPK-BGB/Martinek/Heine, 10. Aufl., § 1 Rn. 15; Soergel/Gössl, BGB, 14. Aufl., § 1 Rn. 21; Soergel/Heukenkamp, BGB, 14. Aufl., § 1115 Rn. 4; Staudinger/Kannowski, BGB [2024], § 1 Rn. 25; MüKoBGB/Spickhoff, 10. Aufl., § 1 Rn. 39, 52; Meikel/Böttcher, GBO, 12. Aufl., Einleitung C Rn. 45; Meikel, GBV, 11. Aufl., Vorbem. Rn. 162; BGB-RGRK/Krüger-Nieland, 12. Aufl., § 1 Rn. 9; BGB-RGRK/Mattern, 12. Aufl., § 1113 Rn. 16; Plank, BGB, 4. Aufl., § 1 Nr. 4; Avenarius, JR 1994, 267, 268 ff.; Bagel, Gruchot 52, 193, 214 ff.).
14(2) Die Gegenmeinung lehnt die Möglichkeit des Erwerbs einer Hypothek durch den nondum conceptus ab. Eine noch nicht gezeugte Person besitze nach der klaren gesetzlichen Regelung des § 1 BGB keine Rechtsfähigkeit. Zudem fehle es mangels existenter Person in jedem Fall an einer gegenwärtigen dinglichen Einigung (vgl. OLG Hamburg, OLGE 16, 155; Staudinger/C. Heinze, BGB [], § 873 Rn. 91; Staudinger/Wolfsteiner, BGB [2019], Einleitung zu §§ 1113 ff. Rn. 95 f.; wohl auch Erman/Wenzel, BGB, 17. Aufl., § 1113 Rn. 9).
15dd) Der Senat entscheidet die Rechtsfrage im Sinne der zuerst genannten Ansicht. Eine noch nicht gezeugte Person kann Inhaberin eines - durch ihre Lebendgeburt bedingten - Grundpfandrechts sein und ein solches erwerben. Daher ist die Eintragung eines Grundpfandrechts zugunsten noch nicht gezeugter Nachkommen in das Grundbuch nicht inhaltlich unzulässig im Sinne von § 53 Abs. 1 Satz 2 GBO.
16(1) Das Bürgerliche Gesetzbuch enthält zwar keine ausdrückliche Bestimmung, nach der eine noch nicht gezeugte Person Inhaberin eines Grundpfandrechts sein kann. Die Regelung in § 1 BGB, wonach die Rechtsfähigkeit des Menschen (erst) mit der Vollendung der Geburt beginnt, spricht sogar eher dagegen. Denn eine nicht rechtsfähige Person kann grundsätzlich nicht Trägerin von Rechten und Pflichten und mithin auch nicht Inhaberin eines Grundpfandrechts sein (vgl. BeckOGK/Behme, BGB [], § 1 Rn. 2).
17(2) Der historische Gesetzgeber ging aber gleichwohl davon aus, dass auch schon vor der Geburt die Bestellung eines Grundpfandrechts in Form einer Hypothek für noch nicht gezeugte Personen möglich sein muss. In den Motiven zum Bürgerlichen Gesetzbuch ist insoweit ausgeführt, dass „sofern also nach anderweitigen Vorschriften auf den Fall, dass diese Person Abkömmlinge erhält, für dieselben eine Forderung begründet werden kann, muss das Grundbuchrecht die Bestellung einer Hypothek für eine solche Forderung ermöglichen“ (Motive III S. 641).
18(3) Solche anderweitigen Vorschriften finden sich im Bürgerlichen Gesetzbuch an mehreren Stellen. So können noch nicht gezeugte Personen etwa durch einen Vertrag zugunsten Dritter bindend bedacht werden (§§ 328, 331 Abs. 2 BGB), sie können - wie hier durch die Erblasserin - als Nacherben eingesetzt werden (§ 2101 Abs. 1, § 2106 Abs. 2, § 2109 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB) oder Vermächtnisnehmer sein (§ 2162 Abs. 2, § 2178 BGB). Gemein ist all diesen aufgeführten Fällen, dass der noch nicht gezeugten Person, obgleich ihr nach dem Wortlaut des § 1 BGB keine Rechtsfähigkeit zukommt, eine gesicherte Rechtsposition - bedingt durch ihre Lebendgeburt - zuerkannt wird. Ob dies im Einzelnen mit einem subjektiv bedingten Erwerb und/oder einer fingierten bzw. beschränkten Rechtsfähigkeit zu begründen ist, bedarf an dieser Stelle keiner abschließenden Klärung.
19(4) Denn unabhängig von der rechtsdogmatischen Begründung erfordert die gesetzliche Zuerkennung solcher Rechtspositionen, dass diese auch schon vor der Geburt gesichert werden können. Lässt das Gesetz es nämlich zu, dass den bedachten, aber noch nicht gezeugten Personen allein durch ihre Geburt bedingte unentziehbare Anwartschaften zustehen, müssen ihnen auch Mittel und Wege gegeben werden, um die ihnen zuerkannten künftigen Rechte wirksam zu sichern. Um diesen Rechtsschutz zu erreichen, bedarf es - im Sinne des historischen Gesetzgebers - einer anzuerkennenden Erwerbsfähigkeit für durch den Sicherungszweck begrenzte (positive) Sicherungsrechte, wie sie auch lebenden Personen in Ansehung ihrer Rechte zustehen (in diese Richtung für noch nicht empfangene Nacherben Motive V S. 113).
20(a) So kann ein noch nicht gezeugter Nacherbe (vertreten durch einen Pfleger, § 1882 BGB) etwa, wenn eine erhebliche Verletzung seiner Nacherbenrechte durch den nicht befreiten Vorerben zu besorgen ist, von Letzterem gemäß §§ 2101, 2128 Abs. 1 BGB Sicherheitsleistung verlangen. Diese kann nach § 232 Abs. 1 BGB unter anderem durch die Bestellung einer Hypothek zugunsten des Sicherungsnehmers bewirkt werden. Aber auch in den sonstigen Fällen, in denen dem nondum conceptus eine unentziehbare Rechtsposition zusteht, kann er bei Vorliegen der Voraussetzungen der §§ 916 ff. ZPO den Erlass einer einstweiligen Verfügung erwirken oder einen Arrest ausbringen, welcher durch Eintragung einer Sicherungshypothek vollzogen werden kann (so auch Bagel, Gruchot 52, 193, 214 ff.). Die Hypothek ist mithin insoweit als (notfalls) zwangsweise zu erwirkendes Sicherungsmittel für auf Geldleistung gerichtete Verpflichtungen im Gesetz angelegt. Daneben bleibt es aber selbstverständlich weiterhin möglich, eine Geldforderung durch eine rechtsgeschäftlich zu bestellende Hypothek zu sichern, was nach § 1113 Abs. 2 BGB auch für eine künftige oder - durch die Lebensgeburt - bedingte Forderung erfolgen kann.
21(b) Wie das Beschwerdegericht richtig sieht, kann dem Erwerb einer Hypothek durch den nondum conceptus nicht entgegengehalten werden, dass es mangels dessen gegenwärtiger Existenz zwingendermaßen an einer dinglichen Einigung zwischen Sicherungsgeber und der noch nicht gezeugten Person fehlte (so aber Staudinger/Wolfsteiner, BGB [2019], Einleitung zu §§ 1113 ff. Rn. 95). Richtig ist zwar, dass dingliche Rechte für Dritte nicht durch ein einseitiges Rechtsgeschäft des Grundstückseigentümers begründet werden können; ebenso wenig können dingliche Rechte an einem Grundstück durch eine Verfügung zugunsten Dritter analog § 328 BGB zur Entstehung gebracht werden (vgl. Senat, Urteil vom - V ZR 209/61, BGHZ 41, 95). Etwa erforderliche Willenserklärungen können aber für den nondum conceptus durch einen gemäß § 1882 BGB (§ 1913 BGB aF) zu bestellenden Pfleger abgegeben und entgegengenommen werden.
22(c) Praktische Schwierigkeiten stehen dem nicht entgegen. Zwar trifft es zu, dass die Eintragung der Hypothek im Grundbuch insbesondere dann, wenn die bedachte, aber noch nicht gezeugte Person über einen längeren Zeitraum hinweg nicht zur Welt kommt, eine gewisse „Vermögenssperre“ bewirkt. Dies ist jedoch der Sicherbarkeit künftiger und bedingter Ansprüche immanent (vgl. Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 16. Aufl., Rn. 1930), für denjenigen, der die Hypothek bestellt, absehbar und vermag das Sicherungsbedürfnis der noch nicht gezeugten Personen nicht auszuräumen.
23(5) Ist nach dem Vorstehenden die Möglichkeit einer Bestellung einer Hypothek für eine noch nicht gezeugte Person materiell-rechtlich anzuerkennen, so sind keine durchgreifenden Gründe erkennbar, dem nondum conceptus nicht auch den Erwerb einer Grundschuld zuzubilligen. Die rechtsgeschäftlich bestellte Grundschuld ist geeignet, den noch nicht gezeugten Nacherben hinsichtlich des Erbes abzusichern. Zwar ist sie forderungsunabhängig, weshalb sie als Sicherungsleistung i.S.d. § 232 Abs. 1 BGB nur durch Verpfändung eingesetzt werden kann (vgl. Erman/Schmidt-Räntsch, BGB, 17. Aufl., § 232 Rn. 5). Dem möglichen Sicherungsbedürfnis eines nondum conceptus als Nacherbe gegenüber dem Vorerben (vgl. § 2128 Abs. 1 BGB) wird aber durch die Bestellung einer Grundschuld nicht weniger Rechnung getragen als durch die Bestellung einer Hypothek.
24ee) Gemessen daran sieht das Beschwerdegericht den Grundschuldeintrag zu Recht als inhaltlich zulässig im Sinne von § 53 Abs. 1 Satz 2 GBO an. Unausgesprochen legt es dabei rechtsfehlerfrei zu Grunde, dass die Eintragung auch dem grundbuchrechtlichen Bestimmtheitsgebot genügt. Denn besteht - wie hier - Ungewissheit über die Identität der berechtigten Nacherben oder ist eine namentliche Bezeichnung nicht möglich, kann die notwendige Bestimmtheit und Individualisierung durch eine Bezeichnung erfolgen, die eine Verwechslung ihrer Person ausschließt (vgl. Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, Rn. 1950; Meikel/Schneider, GBV, 11. Aufl., § 15 Rn. 31 f.; Demharter, GBO, 33. Aufl., § 44 Rn. 51; Burandt/Rojahn/Lang, Erbrecht, 4. Aufl., § 2101 Rn. 6). Das ist vorliegend durch die nähere Bezeichnung der Grundschuldgläubiger als Kinder der Antragstellerin geschehen.
252. Zutreffend geht das Beschwerdegericht weiter davon aus, dass die Voraussetzungen für eine Löschung der eingetragenen Grundschuld im Wege der Grundbuchberichtigung nicht vorliegen. Nach dem in § 22 Abs. 1 Satz 1 GBO niedergelegten Grundsatz bedarf es zur Berichtigung des Grundbuchs entweder einer Bewilligung nach § 19 GBO der durch die beabsichtigte Eintragung - zu der auch eine Löschung gehört (Demharter, GBO, 33. Aufl., § 19 Rn. 3) - Betroffenen oder des Nachweises der Unrichtigkeit des Grundbuchs. Beides liegt nicht vor.
26a) Betroffen von einer Eintragung und damit bewilligungsberechtigt nach § 19 GBO ist derjenige, dessen grundbuchmäßiges Recht durch die vorzunehmende Eintragung rechtlich beeinträchtigt wird oder zumindest rechtlich nachteilig berührt werden kann (vgl. Senat, Beschluss vom - V ZB 43/15, MittBayNot 2017, 374 Rn. 8). Sind mehrere Personen betroffen, ist die Bewilligung aller Betroffenen erforderlich; fehlt die Bewilligung eines der Betroffenen, ist die Berichtigung entweder nur beschränkt oder überhaupt nicht zulässig (vgl. KEHE/Meier, Grundbuchrecht, 9. Aufl., § 22 Rn. 155; Demharter, GBO, 33. Aufl., § 22 Rn. 34). Demnach bedarf es für die erstrebte vollständige Löschung der Grundschuld - neben der Zustimmung der Antragstellerin gemäß § 27 Satz 1 GBO - nicht nur der bereits beigebrachten Löschungsbewilligungen der Beteiligten zu 2 und 3 als Ersatznacherben. Vorliegen muss vielmehr auch eine Löschungsbewilligung der als Nacherben eingetragenen „Kinder“ der Antragstellerin, die hinsichtlich noch nicht vorhandener Kinder durch einen zu bestellenden Pfleger mit betreuungsgerichtlicher Genehmigung abzugeben ist (§§ 1882, 1850 Nr. 1 BGB). Hieran fehlt es.
27b) Mangels dieser Bewilligung ist die Löschung der Grundschuld nur möglich, wenn die Grundbuchunrichtigkeit nachgewiesen ist (§ 22 Abs. 1 Satz 1 GBO). An den Nachweis sind strenge Anforderungen zu stellen. Es sind alle Möglichkeiten, bis auf ganz entfernte, auszuräumen, die der Richtigkeit der begehrten berichtigenden Eintragung entgegenstehen können. Der Nachweis der Grundbuchunrichtigkeit ist nach § 29 Abs. 1 GBO durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden zu führen (vgl. Senat, Beschluss vom - V ZB 43/15, MittBayNot 2017, 374 Rn. 9 mwN).
28c) Nach diesen Maßstäben hat die Antragstellerin den ihr obliegenden Unrichtigkeitsnachweis, der die fehlende Löschungsbewilligung der (künftigen) Kinder der Antragstellerin entbehrlich machen würde, nicht erbracht.
29aa) Ist - wie hier - eine künftige Person als Nacherbe eingesetzt, besteht bis zum Eintritt des Nacherbfalls ein Schwebezustand. Dieser endet, wenn feststeht, dass der Bedachte nicht mehr geboren werden oder entstehen kann (vgl. BeckOGK/Müller-Christmann, BGB [], § 2101 Rn. 15; MüKoBGB/Lieder, 9. Aufl., § 2101 Rn. 13). So muss es sich auch im Hinblick auf die eingetragene Grundschuld verhalten. Steht fest, dass die als Gläubiger einer Grundschuld eingetragene künftige Person nicht mehr geboren werden oder entstehen kann, führt dies zu einem endgültigen Erlöschen der Grundschuld und damit zur Unrichtigkeit des Grundbuchs.
30bb) Die Antragstellerin hat jedoch nicht nachgewiesen, dass sie zukünftig keine Kinder haben wird. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die von der Antragstellerin abgegebene eidesstattliche Versicherung im Grundbuchverfahren ein taugliches Mittel darstellt, um einen Unrichtigkeitsnachweis zu führen (vgl. hierzu Senat, Beschluss vom - V ZB 87/20, DNotZ 2022, 530 Rn. 32). Denn auch wenn man die Versicherung für zulässig hielte, wäre sie inhaltlich kein ausreichender Nachweis dafür, dass die Antragstellerin künftig keine Kinder haben wird.
31(1) Zwar könnte sich angesichts des erreichten Lebensalters der Antragstellerin die Geburt leiblicher Abkömmlinge als lediglich ganz entfernte Möglichkeit darstellen, die die Antragstellerin für den Unrichtigkeitsnachweis nach dem aufgezeigten Maßstab nicht ausräumen müsste. In der neueren Rechtsprechung und Literatur wird allerdings teilweise davon ausgegangen, dass aufgrund der sich stetig weiterentwickelnden modernen Reproduktionsmedizin selbst in hohem Alter nicht mehr offenkundig ausgeschlossen ist, dass Frauen leibliche Abkömmlinge bekommen (ausführlich OLG Hamm, ZEV 2016, 200 Rn. 17 ff.; MüKoBGB/Lieder, 9. Aufl., § 2101 Rn. 13; BeckOGK/Müller-Christmann, BGB [], § 2101 Rn. 15; Staudinger/Avenarius, BGB [2019], § 2101 Rn. 13; anders noch OLG Hamm, NJW-RR 1997, 1095, 1096). Ob das Grundbuchamt ab einem bestimmten Lebensalter einer Frau davon ausgehen darf - oder gar muss -, dass sie im Sinne eines Erfahrungssatzes offenkundig keine leiblichen Kinder mehr bekommen kann, bedarf vorliegend aber keiner Entscheidung.
32(2) Denn es ist jedenfalls nicht ausgeschlossen, dass die Antragstellerin ein Kind durch Adoption annimmt.
33(a) Soweit die Rechtsbeschwerde hiergegen einwendet, die Auslegung der letztwilligen Verfügung ergebe, dass nach dem Willen der Erblasserin nur leibliche Abkömmlinge der Antragstellerin, nicht aber auch adoptierte Personen als Nacherben eingesetzt seien, kommt es hierauf insoweit nicht an. Bei der Auslegung des Inhaltes einer Grundbucheintragung ist vorrangig auf Wortlaut und Sinn abzustellen, wie er sich für einen unbefangenen Betrachter als nächstliegende Bedeutung ergibt; Umstände außerhalb der Grundbucheintragung und einer ggf. nach § 874 BGB in Bezug genommenen Eintragungsbewilligung dürfen nur insoweit mit herangezogen werden, als sie nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalls für jedermann ohne weiteres erkennbar sind (vgl. Senat, Beschluss vom - V ZB 26/23, WM 2025, 819 Rn. 27 mwN). Die letztwillige Verfügung der Erblasserin ist in der Grundbucheintragung, die ein nicht zum Nachlass gehörendes Grundstück betrifft, nicht in Bezug genommen und kann daher für die Auslegung des Begriffs „Kinder [der Antragstellerin]“ nicht mit herangezogen werden.
34(b) Das Beschwerdegericht geht rechtsfehlerfrei davon aus, dass der Eintragung keine Einschränkung dahingehend zu entnehmen ist, dass mit dem Begriff „Kinder“ nur leibliche Kinder der Antragstellerin gemeint sind. Dabei kann dahinstehen, ob die Annahme eines Volljährigen als Kind (§§ 1767 ff. BGB) möglicherweise deshalb von der Reichweite der Eintragung auszunehmen ist, weil anderenfalls das aus der Grundbucheintragung erkennbare Erbrecht der Ersatzerben - auf deren durch die Löschungsbewilligung zum Ausdruck gebrachten Verzicht es für die objektive Auslegung der Eintragung nicht ankommt - zu leicht umgangen werden könnte.
35(c) Denn jedenfalls die Annahme eines minderjährigen Kindes ist nicht offensichtlich ausgeschlossen und stellt keine lediglich ganz entfernte Möglichkeit dar, die die Antragstellerin nicht auszuräumen hätte. Für die Annahme als Kind ist lediglich ein Mindestalter des Annehmenden vorgeschrieben (§ 1743 BGB), eine Altershöchstgrenze gibt es nicht. Ob ein bestimmtes Alter des Annehmenden oder der Altersabstand zu dem minderjährigen Kind der Adoption nach § 1741 Abs. 1 BGB entgegensteht, ist eine Frage des Einzelfalles (vgl. MükoBGB/Maurer, 9. Aufl., § 1741 Rn. 111 ff.). Ein Erfahrungssatz dahingehend, dass die Adoption eines Minderjährigen durch eine über 60 Jahre alte Person in Deutschland ausgeschlossen ist oder keine praktisch relevante Möglichkeit darstellt, ist weder festgestellt noch gerichtsbekannt und wird von der Rechtsbeschwerde auch nicht anhand von Vortrag aus den Tatsacheninstanzen aufgezeigt.
36cc) Die Unrichtigkeit des Grundbuchs ergibt sich des Weiteren entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde nicht daraus, dass die Grundschuld vorliegend an einem Grundstück der Antragstellerin bestellt ist, welches nicht aus dem Nachlass der Erblasserin stammt. Denn der sicherungshalber zuzulassende Rechtserwerb noch nicht gezeugter Nacherben ist - wie bei lebenden Nacherben - nicht auf den Nachlass beschränkt. So kann der Nacherbe eine nach § 2128 Abs. 1 BGB zu leistende Sicherheit aus dem Nachlass, aber auch aus dem persönlichen Vermögen des Vorerben verlangen, da es sich bei der Verpflichtung zur Sicherheitsleistung um eine persönliche Schuld des Vorerben handelt (vgl. BeckOGK/Deppenkemper, BGB [], § 2128 Rn. 13).
37dd) Soweit die Antragstellerin im Rechtsbeschwerdeverfahren erstmals die Wirksamkeit der Bestellung der Grundschuld angreift, führt dies ebenfalls nicht zum Erfolg. Die von der Rechtsbeschwerde geäußerten Zweifel, ob der Bestellung eine dingliche Einigung zwischen der Antragstellerin und einem für deren künftige Kinder bestellten Pfleger zu Grunde lag, reichen für den Nachweis der Unrichtigkeit des Grundbuchs nicht aus. Vielmehr bedürfte es eines Nachweises in der Form des § 29 Abs. 1 GBO, dass es eine solche Einigung nicht gab. Überdies handelt es sich um erstmals im Rechtsbeschwerdeverfahren erhobenes Tatsachenvorbringen, das auf keiner Verfahrensrüge fußt und demnach gemäß § 78 Abs. 3 GBO, § 71 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. b), § 74 Abs. 3 Sätze 3 und 4 FamFG i.V.m. § 559 Abs. 1 ZPO unberücksichtigt bleiben muss (vgl. Bauer/Schaub/Sellner, GBO, 5. Aufl., § 78 Rn. 33; Sternal/Göbel, FamFG, 21. Aufl., § 71 Rn. 47; § 74 Rn. 38 ff.). Darüber hinaus betrifft der Einwand aber auch einen die anfängliche Unrichtigkeit des Grundbuchs begründenden Umstand, mit dem die Antragstellerin eine Grundbuchberichtigung im (Rechts-)Beschwerdeverfahren zulässigerweise nicht erreichen kann (vgl. Senat, Beschluss vom - V ZB 6/24, NJW 2025, 506 Rn. 7).
IV.
38Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst (§ 22 Abs. 1 GNotKG). Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 53 Abs. 1 Satz 1 GNotKG.
Brückner Haberkamp Hamdorf
Malik Laube
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2025:260625BVZB48.24.0
Fundstelle(n):
PAAAJ-96723