Betriebsratsmitglied - Vergütungsanpassung
Leitsatz
Im Zusammenhang mit der (Mindest-)Bemessung des Arbeitsentgelts von Mitgliedern des Betriebsrats nach § 37 Abs. 4 BetrVG ist zur Bestimmung der vergleichbaren Arbeitnehmer auf den Zeitpunkt der erstmaligen Übernahme des Betriebsratsamts - sowie bei Vorliegen eines sachlichen Grundes auf einen späteren Zeitpunkt - grundsätzlich auch dann abzustellen, wenn nach Beendigung der Amtszeit noch während des nachwirkenden Entgeltschutzzeitraums iSv. § 37 Abs. 4 Satz 1 BetrVG bzw. dessen Erhöhung iSv. § 38 Abs. 3 BetrVG wegen Wiederwahl des Betriebsratsmitglieds eine weitere Amtszeit beginnt.
Instanzenzug: Az: 2 Ca 109/23 Urteilvorgehend Landesarbeitsgericht Niedersachsen Az: 5 Sa 663/23 Urteil
Tatbestand
1Die Parteien streiten über die Höhe der Vergütung des Klägers, welcher von seiner beruflichen Tätigkeit freigestelltes Betriebsratsmitglied ist.
2Der Kläger ist seit 1997 bei der Beklagten, einer Automobilherstellerin, in deren Betrieb in H beschäftigt. Diese hatte am mit dem in ihrem Unternehmen errichteten Gesamtbetriebsrat eine zum in Kraft getretene und „die Regelung vom “ ablösende Gesamtbetriebsvereinbarung „Kommission zur Festlegung der Vergütung von Betriebsratsmitgliedern der V Aktiengesellschaft“ geschlossen (GBV 2012). Nach deren Ziff. 1 war „[z]ur Ermittlung der Entwicklung des Arbeitsentgeltes von Betriebsratsmitgliedern nach dem Betriebsverfassungsgesetz … eine Kommission eingesetzt, die dem Unternehmen Vorschläge zur Festlegung der Vergütung unterbreitet“. Ende 2020 wurde die GBV 2012 abgelöst von der seitens der Beklagten und dem Gesamtbetriebsrat geschlossenen „Betriebsvereinbarung Nr. 08/20 Bestimmung der Entgeltentwicklung von Betriebsratsmitgliedern“ mit näheren Regelungen ua. zu einer Schlichtungsstelle (GBV 2020).
3Nach dem von der Beklagten mit der Gewerkschaft M (M) geschlossenen Rahmentarifvertrag zur Eingruppierung (RTVE) werden in dessen Geltungsbereich fallende Beschäftigte entsprechend ihrer überwiegenden Tätigkeit im Einvernehmen mit dem Betriebsrat in näher angeführte ungerade Entgeltstufen (Grundentgelt) und spätestens nach zweijähriger Erfahrungszeit in einer ungeraden Entgeltstufe in die nächsthöhere gerade Entgeltstufe (Erfahrungsstufe) eingestuft. Die Beschreibung der Tätigkeiten und ihre Zuordnung zu den ungeraden Entgeltstufen ist in einem umfangreichen Verzeichnis als Anlage 5 zum RTVE niedergelegt; hilfsweise ist nach dem RTVE ein Stufenplan maßgebend, wonach die Entgeltstufe 10 Erfahrungsstufe von Entgeltstufe 9 ist, die wiederum beschrieben ist mit „Beschäftigte, die begrenzte Aufgaben in einem Sachgebiet erledigen“ und die Entgeltstufe 13 beschrieben ist mit „Beschäftigte, die Arbeiten erledigen, für die eine mehrjährige Berufserfahrung erforderlich ist (z.B. für ein schwieriges Sachgebiet)“.
4Ursprünglich übte der Kläger die Tätigkeit eines Produktionshelfers aus, wofür er eine Vergütung nach Entgeltstufe 10 des für das Arbeitsverhältnis kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit der Parteien geltenden RTVE bezog. Im Übrigen gilt für das Arbeitsverhältnis ua. der von der Beklagten und der M geschlossene (Haus-)Manteltarifvertrag (MTV) mit ua. Regelungen zur Entgeltabrechnung und -zahlung und zur Geltendmachung von Ansprüchen (Ausschlussfristen). Seit dem war er Mitglied des Betriebsrats und vollständig von seiner beruflichen Tätigkeit freigestellt. Infolge einer erfolgreichen Wahlanfechtung endete mit Rechtskraft des - 7 ABR 77/11 - BAGE 145, 225) die Amtszeit des 2010 gewählten Betriebsrats. Im Ergebnis dessen Neuwahl im September 2013 war der Kläger erneut als Betriebsratsmitglied vollfreigestellt; in der Zwischenzeit war er als Güteprüfer beschäftigt und bezog eine Vergütung entsprechend der Entgeltstufe 12 RTVE.
5Mit Schreiben vom teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass die Kommission zur Festlegung der Vergütung von Betriebsratsmitgliedern festgestellt habe, dass sein Arbeitsentgelt weiterhin der Entgeltstufe 12 folge. Mit Schreiben vom teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass die „Kommission Betriebsratsvergütung“ sein Arbeitsentgelt gemäß § 37 Abs. 4 BetrVG entsprechend der vergleichbaren Arbeitnehmer mit betriebsüblicher Entwicklung der Entgeltstufe 13 angepasst habe. Der Kläger erhielt zuletzt bis einschließlich Januar 2023 eine Vergütung entsprechend der Entgeltstufe 14 RTVE.
6Im Jahr 2014 erlangte der Kläger den Abschluss anerkannter geprüfter „Personalfachkaufmann“. Im Jahr 2016 erhielt er das Angebot, Personalreferent zu werden, und im Jahr 2022 das Angebot, Unterabteilungsleiter zu werden. Die Tätigkeit beider Funktionen wird mindestens nach Entgeltstufe 14 RTVE vergütet. Auf beide Stellen bewarb sich der Kläger nicht.
7Nach der Entscheidung des - 6 StR 133/22 - BGHSt 67, 225) zur Untreuestrafbarkeit bei überhöhtem Arbeitsentgelt für ein Betriebsratsmitglied unter Verstoß gegen das betriebsverfassungsrechtliche Begünstigungsverbot sah sich die Beklagte zur Überprüfung der den Betriebsratsmitgliedern gewährten Einstufungen und Vergütungen veranlasst. Im Hinblick auf den Kläger hob sie auf die Vergütungsentwicklung der im Zeitpunkt der erstmaligen Amtsübernahme als Betriebsratsmitglied am nach ihrer Ansicht mit dem Kläger vergleichbaren Arbeitnehmer ab, welche sie anonymisiert benannte sowie nach weiteren Parametern spezifizierte, und kam zu dem Ergebnis, dass dem Kläger eine Vergütung entsprechend der Entgeltstufe 10 RTVE zustehe. Seit Februar 2023 zahlt sie dem Kläger Vergütung nach dieser Entgeltstufe und behielt im Mai 2023 954,49 Euro netto sowie im Juni 2023 und im Juli 2023 jeweils 122,15 Euro netto - insgesamt also 1.198,79 Euro netto - wegen behaupteter Überzahlungen in den Monaten Oktober 2022 bis Januar 2023 vom jeweils abgerechneten Arbeitsentgelt ein.
8Mit seiner Klage hat der Kläger die Feststellung einer auf die „Entgeltgruppe 14“ bezogenen Vergütungsverpflichtung der Beklagten seit begehrt sowie mit späterer Klageerweiterung die Zahlung der Nettolohnabzüge betreffend die Vergütung Mai bis Juli 2023 verlangt. Er hat die Auffassung vertreten, die Beklagte trage die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass ihm die von ihr jahrelang gewährte Vergütung nicht zustehe. Darüber hinaus hat er sich darauf berufen, dass er ohne Betriebsratsamt in den Jahren 2016 bzw. 2022 befördert worden wäre und ihm auch aus diesem Grund eine Vergütung nach Entgeltstufe 14 RTVE zu zahlen sei.
9Der Kläger hat zuletzt beantragt
10Die Beklagte hat Klageabweisung sowie widerklagend zuletzt beantragt,
11Der Kläger hat die Abweisung der Widerklage beantragt.
12Die Beklagte hat vorgebracht, die vorangegangenen Anpassungen der Vergütung des Klägers widersprächen § 37 Abs. 4 Satz 1 BetrVG. Eine ihrer Vergütungskorrektur zugrunde liegende Auswertung der von ihr gebildeten Vergleichsgruppe - die aus neun vergleichbaren aus einem Kreis von potenziell 22 vergleichbaren Arbeitnehmern unter Beachtung eines ähnlichen Lebensalters und ähnlicher Betriebszugehörigkeit durch einen Zeitkorridor von + / - zehn Jahren bestehe - habe ergeben, dass die Medianvergütung dieser Vergleichsgruppe in der Entgeltstufe 10 RTVE liege. Der Offenlegung der Namen der herangezogenen Vergleichspersonen stünden datenschutzrechtliche Bedenken entgegen. Hinsichtlich der Widerklage hat sich die Beklagte auf den Standpunkt gestellt, sie habe einen Rückzahlungsanspruch wegen zu viel gewährter Vergütung für den Zeitraum Oktober 2022 bis einschließlich Januar 2023.
13Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen und der Widerklage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat das Urteil des Arbeitsgerichts auf die Berufung des Klägers - unter deren teilweiser Zurückweisung - abgeändert und der Klage - bis auf einen beim Zahlungsantrag erkannten späteren Zinsbeginn auf einen Teilbetrag - stattgegeben sowie die Widerklage abgewiesen. Mit ihrer Revision begehrt die Beklagte die vollständige Wiederherstellung der arbeitsgerichtlichen Entscheidung. Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Gründe
14Die zulässige Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht.
15A. Die Revision ist allerdings nicht bereits deshalb begründet, weil die Berufung des Klägers gegen das die Klage abweisende und der Widerklage stattgebende Urteil des Arbeitsgerichts unzulässig gewesen wäre. Die Zulässigkeit der Berufung ist Prozessfortsetzungsvoraussetzung für das gesamte weitere Verfahren nach Einlegung der Berufung und deshalb vom Revisionsgericht von Amts wegen zu prüfen (vgl. - Rn. 15 mwN). Das Landesarbeitsgericht hat im Ergebnis zu Recht angenommen, dass die Berufung des Klägers zulässig war. Insbesondere genügte ihre Begründung den gesetzlichen Anforderungen nach § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG iVm. § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO. Der Kläger hat die Erwägungen der arbeitsgerichtlichen Entscheidung im Zusammenhang mit einem Anspruch nach § 37 Abs. 4 BetrVG hinreichend angegriffen. Seine fiktive Beförderung im Hinblick auf die ihm angebotenen Stellen hat das Arbeitsgericht nur unter dem Aspekt des § 37 Abs. 4 BetrVG geprüft und zu Unrecht nicht als eigenständigen Streitgegenstand (Anspruch aus § 78 Satz 2 BetrVG iVm. § 611a Abs. 2 BGB) behandelt. Es war somit ausreichend, dass sich die Berufungsbegründung auf eine Auseinandersetzung mit den Erwägungen des Arbeitsgerichts zu § 37 Abs. 4 BetrVG beschränkt hat.
16B. Die Revision ist hingegen begründet, weil mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung - die sich in der unterlassenen Offenlegung der Namen der im Zuge des § 37 Abs. 4 Satz 1 BetrVG nach Ansicht der Beklagten mit dem Kläger vergleichbaren Arbeitnehmer erschöpft - weder den Klageanträgen stattgegeben noch die Widerklage abgewiesen werden kann. Der Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) und auf Gewährleistung eines fairen Verfahrens (dazu zB - Rn. 37, BAGE 182, 46; - 5 AZR 55/19 - Rn. 29; - 9 AZR 133/21 - Rn. 24) gebietet es in der vorliegenden prozessualen Lage, die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
17I. Das gilt zunächst für den vom Kläger angebrachten Feststellungsantrag.
181. Dieser ist bereits unzulässig, als er sich auf den Monat Januar 2023 bezieht. Gemäß § 256 Abs. 1 ZPO ist für die Zulässigkeit eines Feststellungsbegehrens ein rechtliches Interesse daran erforderlich, dass das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses durch eine gerichtliche Entscheidung alsbald festgestellt werde. Der Kläger hat ein besonderes Interesse iSv. § 256 Abs. 1 ZPO an der Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihn (auch) für Januar 2023 nach der Entgeltstufe 14 RTVE zu vergüten, nicht aufgezeigt. Zwar hat die Beklagte die Ansicht vertreten, dass dem Kläger auch im Januar 2023 keine Vergütung in Höhe der Entgeltstufe 14 RTVE, sondern nur entsprechend der Entgeltstufe 10 RTVE zusteht. Sie hat dem Kläger aber unstreitig für den Monat Januar 2023 eine Vergütung entsprechend der Entgeltstufe 14 RTVE gezahlt. Die Vergütungsdifferenz für den Monat Januar 2023 ist bereits Gegenstand des Zahlungsantrags des Klägers, weil sich die zur Aufrechnung gestellte, vermeintliche Gegenforderung der Beklagten auch aus einer „Überzahlung“ im Monat Januar 2023 ergeben soll.
192. Im Übrigen bestehen gegen den vom Kläger an eine Eingruppierungsfeststellungsklage angelehnten Antrag zu 1. keine Zulässigkeitsbedenken; insbesondere ist er hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Es ist unschädlich, dass der Kläger auf eine bestimmte Entgelt„gruppe“ eines nicht näher bezeichneten Tarifvertrags abgehoben hat. Zwischen den Parteien besteht kein Streit, dass es um eine Vergütung nach der Entgeltstufe 14 RTVE geht. Auch sonst ist der Feststellungsantrag nicht mangels Bestimmtheit des Klagegrundes iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO unzulässig. Der Kläger hat zwar trotz des einheitlichen Klagebegehrens (Feststellung der Vergütungsverpflichtung der Beklagten nach Entgeltstufe 14 RTVE) zwei prozessuale Ansprüche (Streitgegenstände) in den Prozess eingeführt. Hingegen hat er die für die von ihm im Wege der alternativen Klagehäufung geltend gemachten mehreren Streitgegenstände erforderliche Rangfolge festgelegt.
20a) Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO muss eine Klageschrift die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs sowie einen bestimmten Antrag enthalten. Unbestimmt und unzulässig ist eine alternative Klagehäufung, bei der ein Anspruchsteller ein einheitliches Klagebegehren aus mehreren prozessualen Ansprüchen (Streitgegenständen) herleitet und dem Gericht die Auswahl überlässt, auf welchen Klagegrund es die Verurteilung stützt (vgl. - Rn. 23; grdl. - Rn. 13, BGHZ 189, 56).
21b) Bei den Ansprüchen eines (freigestellten) Betriebsratsmitglieds auf eine bestimmte Vergütung - im Sinn deren Erhöhung - aus § 37 Abs. 4 BetrVG (Mindestentgeltgarantie) und aus § 78 Satz 2 BetrVG iVm. § 611a Abs. 2 BGB (hypothetische Karriere bzw. fiktiver Beförderungsanspruch) handelt es sich um unterschiedliche Streitgegenstände (Anspruchshäufung und keine Anspruchskonkurrenz). Die - ggf. einheitliche - Rechtsfolge (Feststellung der Zahlungsverpflichtung in einer bestimmten Höhe ab einem bestimmten Zeitpunkt) leitet sich aus verschiedenen Lebenssachverhalten ab (ausf. zum Zahlungsantrag - Rn. 22 mwN).
22c) Der Kläger hat die mit dem Antrag zu 1. geltend gemachte Verpflichtung der Beklagten zur Vergütung nach der Entgeltstufe 14 RTVE auf § 37 Abs. 4 BetrVG sowie auf § 78 Satz 2 BetrVG iVm. § 611a Abs. 2 BGB gestützt.
23aa) Zum einen hat er geltend gemacht, dass nicht die von der Beklagten gebildete Gruppe vergleichbarer Arbeitnehmer heranzuziehen sei. Insoweit hat er zudem auf das Schreiben der Beklagten vom abgestellt, mit dem die Beklagte eine Anpassung des Entgelts nach § 37 Abs. 4 BetrVG mitgeteilt hat und die Ansicht vertreten, die Rückstufung beim Entgelt sei auch deshalb unwirksam, weil ihm eine Vergütung nach der Entgeltstufe 14 RTVE gemäß § 37 Abs. 4 BetrVG zustehe. Die rechtliche Einschätzung des Klägers, die Parteien hätten insoweit eine Vereinbarung geschlossen, ändert den zugrunde liegenden Lebenssachverhalt nicht. Zum anderen hat er gemeint, dass seine hypothetische Karriere (fiktive Beförderungen) nicht ausreichend berücksichtigt worden sei.
24bb) Es kann dahinstehen, ob der Kläger zunächst eine Rangfolge dahingehend festgelegt hat, dass er vorrangig einen Anspruch aus § 37 Abs. 4 BetrVG verfolgt, so wie es das Landesarbeitsgericht auch - ohne weitere Problematisierung - im Ergebnis angenommen hat. Jedenfalls hat sich der Kläger mit seinem Antrag, die Revision zurückzuweisen, die vom Landesarbeitsgericht angenommene Rangfolge zu eigen gemacht. Die - ggf. klarstellende - Bestimmung einer Rangfolge ist grundsätzlich auch noch in der Revisionsinstanz möglich (vgl. - Rn. 14). Im Übrigen hat der Kläger auf Nachfrage des Senats in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich bestätigt, dass er die erstrebte Feststellung primär auf den aus § 37 Abs. 4 BetrVG folgenden Anspruch stützt.
253. Ob das Feststellungsbegehren im Hinblick auf den primären Klagegrund - Anspruch nach § 37 Abs. 4 BetrVG - begründet ist, vermag der Senat unter Berücksichtigung des Anspruchs auf rechtliches Gehör und auf Gewährleistung eines fairen Verfahrens nicht endzuentscheiden.
26a) Entgegen der Ansicht des Klägers ist das Landesarbeitsgericht allerdings zu Recht davon ausgegangen, dass die Parteien auf Grundlage der Mitteilungen der Beklagten zur Vergütungserhöhung nach § 37 Abs. 4 BetrVG keine (Änderungs-)Vereinbarung(en) über die jeweilige Entgelthöhe getroffen haben. Seine Würdigung, die - vom Landesarbeitsgericht mit fehlerhaften Daten wiedergegebenen - Schreiben der Beklagten, wonach sich das Monatsentgelt entsprechend der mit dem Kläger vergleichbaren Arbeitnehmer mit betriebsüblicher Entwicklung erhöhe, seien keine als Vertragsangebot auszulegenden Willenserklärungen, lässt keine Rechtsfehler erkennen. Die Schreiben sind lediglich eine Wissenserklärung, nicht aber rechtsgestaltende Willenserklärungen und im Übrigen auch weder als abstraktes noch deklaratorisches Schuldanerkenntnis oder tatsächliches Anerkenntnis zu qualifizieren.
27b) Ob ein Anspruch des Klägers auf die erstrebte Feststellung einer Verpflichtung der Beklagten zu einer Vergütung entsprechend der Entgeltstufe 14 RTVE unmittelbar aus § 37 Abs. 4 Satz 1 BetrVG folgt, steht noch nicht fest.
28aa) Nach § 37 Abs. 4 Satz 1 BetrVG darf das Arbeitsentgelt von Mitgliedern des Betriebsrats einschließlich eines Zeitraums von einem Jahr nach Beendigung der Amtszeit nicht geringer bemessen werden als das Arbeitsentgelt vergleichbarer Arbeitnehmer mit betriebsüblicher beruflicher Entwicklung; diese Arbeitsentgeltgarantie erstreckt sich auch auf allgemeine Zuwendungen des Arbeitgebers (§ 37 Abs. 4 Satz 2 BetrVG). Die Vorschrift garantiert dem Betriebsratsmitglied nicht zwingend die der Höhe nach absolut gleiche Vergütung, die vergleichbare Arbeitnehmer erhalten. Es kommt vielmehr darauf an, ob die Gehaltsentwicklung des Betriebsratsmitglieds in Relation zu derjenigen vergleichbarer Arbeitnehmer zurückgeblieben ist. Mit dem Entgeltschutz und der Entgeltgarantie des § 37 Abs. 4 Satz 1 und 2 BetrVG - sowie dem diese ergänzenden Tätigkeitsschutz nach § 37 Abs. 5 BetrVG - soll sichergestellt sein, dass Mitglieder des Betriebsrats weder in wirtschaftlicher noch in beruflicher Hinsicht gegenüber vergleichbaren Arbeitnehmern mit betriebsüblicher beruflicher Entwicklung Nachteile erleiden (so ausdrücklich bereits die Begründung zur Kodifizierung des Entgelt- und Tätigkeitsschutzes mit den ergänzenden Bestimmungen zu § 37 BetrVG im Betriebsverfassungsgesetz vom , zu BT-Drs. VI/2729 S. 23). Die Entgeltentwicklung des Betriebsratsmitglieds darf demnach während der Dauer seiner Amtszeit (sowie ein Jahr nach deren Beendigung) in Relation zu derjenigen vergleichbarer Arbeitnehmer mit betriebsüblicher beruflicher Entwicklung nicht zurückbleiben (vgl. - Rn. 27 mwN). Dabei sind vergleichbar iSv. § 37 Abs. 4 Satz 1 BetrVG Arbeitnehmer, die (grundsätzlich im Zeitpunkt der Amtsübernahme) ähnliche, im Wesentlichen gleich qualifizierte Tätigkeiten ausgeführt haben wie der Amtsträger und dafür in gleicher Weise wie dieser fachlich und persönlich qualifiziert waren. Üblich ist eine Entwicklung, die vergleichbare Arbeitnehmer bei Berücksichtigung der normalen betrieblichen und personellen Entwicklung in beruflicher Hinsicht genommen haben ( - Rn. 17 mwN).
29bb) § 37 Abs. 4 Satz 1 BetrVG vermittelt dem Betriebsratsmitglied einen Anspruch (vgl. erstmals - soweit ersichtlich - - zu 2 der Gründe und - zu 2 der Gründe) auf eine erhöhte Vergütung in dem (relativen) Umfang, in dem die Vergütung vergleichbarer Arbeitnehmer mit betriebsüblicher beruflicher Entwicklung steigt. Das Arbeitsentgelt ist an dasjenige vergleichbarer Arbeitnehmer mit betriebsüblicher beruflicher Entwicklung - ggf. fortlaufend - anzupassen (Anspruch auf Vergütungsanpassung).
30cc) Dem Arbeitgeber vermittelt § 37 Abs. 4 Satz 1 BetrVG demgegenüber eine Verpflichtung. Ihm ist es untersagt, das Arbeitsentgelt des Betriebsratsmitglieds in der Relation geringer zu bemessen als das eines vergleichbaren Arbeitnehmers mit betriebsüblicher beruflicher Entwicklung. Er hat das Arbeitsentgelt eines Betriebsratsmitglieds - ggf. fortlaufend und in Relation - demjenigen vergleichbarer Arbeitnehmer mit betriebsüblicher Entwicklung anzugleichen. § 37 Abs. 4 Satz 1 BetrVG verpflichtet ihn nicht, eine Hypothese über die individuelle berufliche Entwicklung des Betriebsratsmitglieds anzustellen. Er hat vielmehr für die Bemessung des Arbeitsentgelts von Betriebsratsmitgliedern das Arbeitsentgelt vergleichbarer Arbeitnehmer mit betriebsüblicher beruflicher Entwicklung heranzuziehen, was eines die (gedankliche) Subsumtion unter die Tatbestandsmerkmale des § 37 Abs. 4 Satz 1 BetrVG betreffenden Akts der Erkenntnis und Rechtsanwendung bedarf.
31dd) Berühmt sich das Betriebsratsmitglied eines Anspruchs auf Vergütungsanpassung nach § 37 Abs. 4 Satz 1 BetrVG, trifft es nach allgemeinen Regeln die Darlegungs- und Beweislast für die rechtsbegründenden Tatbestandsmerkmale. Wer eine Rechtsfolge für sich in Anspruch nimmt, hat die rechtsbegründenden und die rechtserhaltenden Tatsachen zu behaupten und ggf. zu beweisen; der Gegner die rechtshindernden, rechtsvernichtenden und rechtshemmenden (Greger in Zöller ZPO 35. Aufl. Vor § 284 Rn. 17a mwN). Für das Betriebsratsmitglied können damit Schwierigkeiten verbunden sein, weil es in der Regel keinen vollständigen Überblick über die Entgeltentwicklung vergleichbarer Arbeitnehmer mit betriebsüblicher beruflicher Entwicklung hat; insoweit kommen aber ein Auskunftsanspruch gemäß §§ 611a, 242 BGB iVm § 37 Abs. 4 BetrVG (vgl. - zu I 1 der Gründe) und ggf. Erleichterungen bei dessen schlüssiger Darlegung in Betracht (vgl. - Rn. 19).
32ee) Korrigiert hingegen der Arbeitgeber eine mitgeteilte und gewährte Vergütungserhöhung, die sich für das Betriebsratsmitglied nach der objektiven Sachlage als bloße Anpassung seines Entgelts entsprechend § 37 Abs. 4 Satz 1 BetrVG darstellen durfte, hat der Arbeitgeber darzulegen und zu beweisen, dass die Vergütungserhöhung objektiv fehlerhaft war. Diese spezifisch umgekehrte Verteilung der Darlegungs- und Beweislast ist dem Umstand geschuldet, dass das Betriebsratsmitglied bei einer unter Berufung auf § 37 Abs. 4 Satz 1 BetrVG gewährten Entgelterhöhung - jedenfalls grundsätzlich - davon ausgehen darf, der Arbeitgeber erfülle seine diesbezügliche betriebsverfassungsrechtliche Anpassungsverpflichtung. Das Betriebsratsmitglied darf sich - abgesehen von besonderen Sachlagen, in denen es sich ihm aufdrängen muss, dass es eine amtsbezogen-unzulässig begünstigende Vergütungssteigerung erfährt oder ggf. auch bei einer ganz offensichtlich verfehlten und nur vorgeschoben auf § 37 Abs. 4 Satz 1 BetrVG beruhenden Entgelt„anpassung“ - darauf verlassen, dass der Arbeitgeber entsprechend der Pflicht des § 37 Abs. 4 Satz 1 BetrVG verfährt. Ermittelt der Arbeitgeber eine für das Betriebsratsmitglied ersichtlich auf § 37 Abs. 4 Satz 1 BetrVG gestützte Vergütungsanpassung, teilt diese dem Betriebsratsmitglied mit und zahlt eine dementsprechende Vergütung, hat das Betriebsratsmitglied keine Veranlassung zu eigenen Vorkehrungen hinsichtlich einer Sicherung seines Entgeltanpassungsanspruchs (Dokumentation von Vergleichspersonen und deren betriebsüblicher Entwicklung). Es ist demnach bei der arbeitgeberseitig auf § 37 Abs. 4 Satz 1 BetrVG gestützten Vergütungserhöhung, die später zurückgenommen wird, für die Durchsetzbarkeit seines (Mindestentgelt-)Anspruchs typischerweise auf Erleichterungen bei der Darlegungs- und Beweislast angewiesen (vgl. zu Beweiserleichterungen bis hin zur Umkehr der Beweislast, wenn dem Beweispflichtigen die volle Beweislast billigerweise nicht mehr zugemutet werden kann, auch - Rn. 31 mwN, BAGE 148, 129). Der Arbeitgeber ist demgegenüber schon aufgrund seiner Sachnähe und Kompetenz gehalten, die Vergütungsanpassung - im Sinn eines Normenvollzugs seiner aus § 37 Abs. 4 Satz 1 BetrVG folgenden Pflicht - sorgfältig und korrekt zu bestimmen. Beruft er sich darauf, dass die von ihm dem Betriebsratsmitglied nach § 37 Abs. 4 Satz 1 BetrVG gewährte Vergütungserhöhung nicht von den Maßgaben dieser Entgeltschutzvorschrift getragen werde, hat er vorzutragen und ggf. zu beweisen, nach welchen Kriterien eine Anpassung des Entgelts richtigerweise - und mit welchem Ergebnis oder ggf. auch gar nicht - vorzunehmen ist.
33ff) Dieser Verteilung der Darlegungs- und Beweislast kann nicht entgegengehalten werden, dass ein Betriebsratsmitglied grundsätzlich keinen Vertrauensschutz gegenüber es nach § 78 Satz 2 BetrVG unzulässig begünstigenden Maßnahmen und Leistungen genießt. Es ist richtig, dass Mandatsträger nicht berechtigterweise auf die Weitergewährung gesetzeswidriger Leistungen vertrauendürfen (vgl. - Rn. 54; - 7 ABR 62/06 - Rn. 16). Ebenso ist zutreffend, dass eine dem Betriebsratsmitglied nur aufgrund seines Amts gewährte Vergütungserhöhung („Bezahlung als Betriebsrat“) gegen das betriebsverfassungsrechtliche Ehrenamtsprinzip des § 37 Abs. 1 BetrVG verstößt; entsprechend ist das Vertrauen des Betriebsratsmitglieds in eine dem Verbot der Begünstigung zuwiderlaufende Entgelterhöhung nicht schutzwürdig. Das setzt aber voraus, dass es sich überhaupt um einen Tatbestand der unzulässigen Begünstigung handelt, der wiederum insbesondere dann von vornherein ausscheidet, wenn die Vergütung des Betriebsratsmitglieds nach § 37 Abs. 4 Satz 1 BetrVG angepasst worden ist. Durfte das Betriebsratsmitglied von einer bloßen Anpassung seiner Vergütung iSv. § 37 Abs. 4 Satz 1 BetrVG ausgehen, wird kein Vertrauensschutz in gesetzeswidrige Leistungen begründet, wenn es nunmehr dem Arbeitgeber obliegt, die Unrichtigkeit der Bemessung des gewährten (Mindest-)Entgelts iSv. § 37 Abs. 4 Satz 1 BetrVG darzulegen und ggf. zu beweisen. Dies entspricht vielmehr der Verteilung der Darlegungs- und Beweislast im Falle einer arbeitsvertraglichen Vereinbarung, die gegen das Begünstigungsverbot verstößt. Besteht zwischen einem Betriebsratsmitglied und dem Arbeitgeber Streit darüber, ob eine Vergütungsvereinbarung, auf die das Betriebsratsmitglied eine Zahlungsverpflichtung des Arbeitgebers stützt, wegen eines Verstoßes gegen das Begünstigungsverbot des § 78 Satz 2 BetrVG nach § 134 BGB nichtig ist, trägt der Arbeitgeber die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen einer unzulässigen Begünstigung ( - Rn. 44). Entsprechend steht der dargestellten Verteilung der Darlegungs- und Beweislast auch die prinzipiell „von Amts wegen“ gebotene rechtliche Prüfung von Verstößen gegen § 78 Satz 2 BetrVG nicht entgegen. Diese beinhaltet keine amtswegige Tatsachenermittlung in dem vom Beibringungsgrundsatz geprägten Urteilsverfahren, was auch für die Verfolgung von auf betriebsverfassungsrechtlicher Grundlage verlangten Individual(vergütungs-)ansprüchen von Betriebsratsmitgliedern die zutreffende Verfahrensart ist (st. Rspr., vgl. erstmals ausdrücklich - zu I der Gründe).
34gg) Ausgehend von diesen Maßgaben kann der Senat nicht abschließend entscheiden, ob die darlegungs- und beweispflichtige Beklagte die objektive Fehlerhaftigkeit der dem Kläger mitgeteilten Anpassung seiner Vergütung hinreichend dargestellt hat.
35(1) Der Kläger durfte davon ausgehen, dass die Beklagte mit den ihm ab 2014 sukzessiv gewährten Vergütungserhöhungen ihrer Verpflichtung aus § 37 Abs. 4 Satz 1 BetrVG nachkommen wollte. Dies ergibt sich deutlich jedenfalls aus dem im Zuge der Vergütungserhöhung übermittelten Begleitschreiben vom , in dem ausdrücklich auf „§ 37 Abs. 4 BetrVG“ sowie die „vergleichbaren Arbeitnehmer mit betriebsüblicher Entwicklung“ Bezug genommen wird. Etwas Anderes folgt nicht daraus, dass das Schreiben auf „die Kommission Betriebsratsvergütung“ abhebt. Deren Bewertung hat sich die Beklagte ersichtlich zu eigen gemacht, zumal jedenfalls nach den Vorgaben der GBV 2012 die Kommission „dem Unternehmen Vorschläge zur Festlegung der Vergütung unterbreitet“.
36(2) Für eine Annahme, dem Kläger hätte ersichtlich sein müssen, dass die ihm mitgeteilten und gewährten Vergütungserhöhungen keine bloßen Anpassungen an die Vergütungsentwicklung vergleichbarer Arbeitnehmer entsprechend § 37 Abs. 4 Satz 1 BetrVG bildeten, bestehen keine Anhaltspunkte.
37(a) Die Erhöhung der Vergütung des Klägers von der Entgeltstufe 13 RTVE in Entgeltstufe 14 RTVE war nach § 12.2 RTVE vorgegeben. Dass die vorherige Steigerung in Entgeltstufe 13 jenseits einer möglichen betriebsüblichen Entwicklung der mit dem Kläger vergleichbaren Arbeitnehmer bemessen war, musste sich dem Kläger nicht aufdrängen, zumal insoweit auf eine Einstufung nach dem RTVE abgehoben war und diese tarifvertraglichen Bestimmungen - jedenfalls nach ihren allgemeinen Hilfskriterien der Stufeneinordnung - eine entsprechende betriebsübliche Entwicklung nicht von vornherein ausgeschlossen erscheinen lassen. Im Übrigen war der Kläger während der betriebsratslosen Zeit als Güteprüfer auch tatsächlich beschäftigt und entsprechend der Entgeltstufe 12 vergütet, was offensichtlich dem mit dem Entgeltschutz korrespondierenden (nachwirkenden) Tätigkeitsschutz nach § 37 Abs. 5 BetrVG entspricht.
38(b) Die kollektive Ausgestaltung der Bestimmung der Entgeltentwicklung von Betriebsratsmitgliedern gibt ebenso wenig Anlass, davon auszugehen, die dem Kläger mitgeteilten und gezahlten Vergütungserhöhungen basierten auf anderen Maßgaben als der einer Entgeltanpassung iSv. § 37 Abs. 4 Satz 1 BetrVG. Den Regelungen der für die erstrebten Zahlungen allein maßgeblichen GBV 2012 sind keine Anhaltspunkte für eine den betriebsverfassungsrechtlichen Vorgaben konzeptionell widersprechende Entgeltbestimmung zu entnehmen (vgl. - Rn. 40 mwN).
39c) Danach hängt die Entscheidung über den vom Kläger mit dem Feststellungsantrag vorrangig erhobenen Anspruch nach § 37 Abs. 4 Satz 1 BetrVG davon ab, ob die Beklagte die objektive Fehlerhaftigkeit der dem Kläger mitgeteilten Anpassung der Vergütung für den maßgeblichen Zeitraum hinreichend dargelegt hat.
40aa) Insoweit steht der von der Beklagten vorgebrachte Zeitpunkt zur Bestimmung der Vergleichsgruppe (die Übernahme des Betriebsratsmandats des Klägers am ) allerdings im Einklang mit den Maßgaben von § 37 Abs. 4 BetrVG. Entgegen der Auffassung des Klägers ist nicht auf den Zeitpunkt seiner (Wieder-)Wahl in den Betriebsrat im September 2013 abzustellen. Die betriebsratslose Zeit vom bis zum aufgrund der erfolgreichen Anfechtung des 2010 gewählten Betriebsrats bedingt keine abweichende Beurteilung.
41(1) Maßgebender Zeitpunkt für die Bestimmung der vergleichbaren Arbeitnehmer iSv. § 37 Abs. 4 Satz 1 BetrVG ist nach der ständigen Rechtsprechung des Senats zunächst der Zeitpunkt der Wahl des Betriebsratsmitglieds sowie bei Ersatzmitgliedern des Betriebsrats der Zeitpunkt ihres Nachrückens in den Betriebsrat; das gilt auch für freigestellte Betriebsratsmitglieder (vgl. zuletzt - Rn. 36 mwN). Dies ist nunmehr in der Fassung der seit dem geltenden Vorschrift des § 37 Abs. 4 Satz 3 Halbs. 1 BetrVG kodifiziert, wonach zur Bestimmung der vergleichbaren Arbeitnehmer auf den Zeitpunkt der Übernahme des Betriebsratsamts abzustellen ist. Der Gesetzgeber hat mit der Neufassung des § 37 Abs. 4 Satz 3 Halbs. 2 BetrVG klargestellt, dass bei Vorliegen eines sachlichen Grundes eine „spätere“ Neubestimmung der vergleichbaren Arbeitnehmer in Betracht kommen kann (vgl. BT-Drs. 20/9469 S. 9).
42(2) Der Arbeitsentgeltschutz im Sinn der wirtschaftlichen Absicherung von Betriebsratsmitgliedern erstreckt sich nach § 37 Abs. 4 Satz 1 BetrVG auf den Zeitraum von einem Jahr nach Beendigung der Amtszeit; nach § 38 Abs. 3 BetrVG wird dieser Schutz auf zwei Jahre über das Ende der Amtszeit hinaus verlängert, wenn das Betriebsratsmitglied drei volle aufeinanderfolgende Amtszeiten freigestellt war. Die über die Amtszeit hinaus erstreckten und verlängerten Zeiträume des Entgeltschutzes sprechen dagegen, bei einer langjährigen (über mehrere Amtszeiten des Betriebsrats hinweg dauernden) Mitgliedschaft im Betriebsrat den Kreis der vergleichbaren Arbeitnehmer iSv. § 37 Abs. 4 Satz 1 BetrVG zu jeder neuen Amtszeit neu festzustellen (aA - aber wohl nur hinsichtlich nicht vollständig freigestellter Betriebsratsmitglieder - Richardi BetrVG/Thüsing 17. Aufl. BetrVG § 37 Rn. 71 mwN). Es kommt vielmehr darauf an, ob die Entgeltentwicklung des Betriebsratsmitglieds während der gesamten Dauer seiner Amtsausübung in Relation zu derjenigen vergleichbarer Arbeitnehmer zurückgeblieben ist. Nichts Anderes gilt, wenn während des noch andauernden verlängerten Entgeltschutzzeitraums eine neue Amtszeit beginnt. Entsprechend hat der Senat bereits entschieden, dass für zeitweilig wegen der Verhinderung ordentlicher Betriebsratsmitglieder in den Betriebsrat nachrückende Ersatzmitglieder - bei denen für den Schutz des § 37 Abs. 4 Satz 1 BetrVG grundsätzlich der Zeitraum ab dem erstmaligen Nachrücken maßgeblich ist - jedenfalls dann auf die durchgehende Vergütungsentwicklung der Vergleichspersonen im gesamten Zeitraum ab dem erstmaligen Nachrücken abzustellen ist, wenn nach Beendigung des jeweiligen Verhinderungsfalls unter Einbeziehung des nachwirkenden einjährigen Schutzes nach § 37 Abs. 4 Satz 1 BetrVG ein durchgehender Schutzzeitraum bestand (vgl. - Rn. 23). Vor diesem Hintergrund ist - entgegen der Ansicht des Klägers - die ca. dreimonatige „Unterbrechung“ seiner Mitgliedschaft im Betriebsrat im Jahr 2013 für den Zeitpunkt der Bestimmung der mit ihm vergleichbaren Arbeitnehmer iSv. § 37 Abs. 4 Satz 1 BetrVG irrelevant. Es ist auf die durchgehende Vergütungsentwicklung der bei erstmaliger Übernahme seines Betriebsratsmandats am maßgeblichen Vergleichspersonen abzustellen.
43bb) Hingegen hat das Landesarbeitsgericht seine Entscheidung allein darauf gestützt, die „Darstellung“ der Beklagten zur Vergütungskorrektur „nach unten“ sei „unzureichend“, weil die aus deren Sicht hierfür maßgeblichen vergleichbaren Arbeitnehmer iSv. § 37 Abs. 4 Satz 1 BetrVG nicht namentlich genannt worden seien. Dabei ist das Landesarbeitsgericht zwar zutreffend davon ausgegangen, dass nur die namentliche Nennung der Vergleichspersonen ein hinreichend substantiiertes und für den Kläger einlassungsfähiges Vorbringen bildet und dieser Anforderung keine datenschutzrechtlichen Gründe entgegenstehen (vgl. dazu ausf. - Rn. 46 ff.). Es hat hingegen verkannt, dass die - erstinstanzlich obsiegende - Beklagte bereits in der Klageerwiderung angebracht hat, dass sie die Namen der Vergleichspersonen allein vor dem Hintergrund ihrer - näher ausgeführten - datenschutzrechtlichen Bedenken nicht angebe und für den Fall, dass dies seitens des Gerichts für erforderlich gehalten werde, um einen entsprechenden gerichtlichen Hinweis bitte. Das Arbeitsgericht hatte - aus seiner Sicht konsequent - einen solchen Hinweis nicht erteilt. Nachdem allerdings auch der Kläger in der Berufungsinstanz diesen Punkt nicht vertieft, sondern sich im Wesentlichen auf ein Vorbringen dahingehend konzentriert hat, sein Schulabschluss sei gegenüber der Vergleichsgruppe höherwertig, gebietet es das Gebot eines fairen Verfahrens (vgl. - Rn. 40; - 9 AZR 133/21 - Rn. 24; generell zum verfassungsrechtlichen Gebot eines fairen Verfahrens: - Rn. 7 ff.; - Rn. 27, BAGE 172, 186), der Beklagten im fortgesetzten Berufungsverfahren die Möglichkeit zu eröffnen, die vergleichbaren Arbeitnehmer namentlich zu benennen.
44d) Nachdem die Parteien zudem - ebenso wie die Vorinstanzen - die teilweise Unzulässigkeit des angebrachten Feststellungsbegehrens übersehen haben, gebietet es das Gebot eines fairen Verfahrens gleichfalls, dem Kläger im fortgesetzten Berufungsverfahren die Möglichkeit zu eröffnen, seinen Antrag den Zulässigkeitsbedenken des erkennenden Gerichts anzupassen (dazu - bei Unzulässigkeit des gesamten Antrags - - Rn. 29). Im Rahmen der neuen Verhandlung und Entscheidung wird das Landesarbeitsgericht im Übrigen Folgendes zu berücksichtigen haben:
45aa) Die Beklagte genügt ihrer Darlegungslast nur dann, wenn sich aus ihrem Vorbringen ergibt, dass bezogen auf den Zeitpunkt der mitgeteilten (und für den streitbefangenen Zeitraum des Zahlungsantrags maßgeblichen) Vergütungsanpassung nicht deren Voraussetzungen, sondern die der „nach unten“ korrigierten Vergütungsanpassung erfüllt waren. Insoweit beschränkt sich der Senat angesichts des bisher gehaltenen Sachvortrags der Beklagten auf den Hinweis, dass für den Entgeltanpassungsanspruch eines Betriebsratsmitglieds bei einer sehr kleinen Vergleichsgruppe iSv. § 37 Abs. 4 Satz 1 BetrVG (vgl. zu den Maßgaben der vergleichbaren Arbeitnehmer zB - Rn. 21 mwN) der Durchschnitt der Entgelterhöhungen der Angehörigen der Vergleichsgruppe maßgebend sein kann (vgl. zu den Voraussetzungen im Einzelnen - Rn. 27; - 7 AZR 496/16 - Rn. 29). Ebenso ist es möglich, bei einer sehr kleinen Vergleichsgruppe zur Vermeidung von Verzerrungstendenzen durch außergewöhnlich hohe oder niedrige Merkmalswerte den Median der Entgeltentwicklungen als Maßstab für die Vergütungsanpassung des Betriebsratsmitglieds anzusetzen.
46bb) Nur für den Fall, dass das Landesarbeitsgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass der primäre Klagegrund das Feststellungsbegehren - soweit zulässig - nicht trägt, wird es über den nachrangig geltend gemachten Klagegrund einer fiktiven Beförderung des Klägers, also einen Anspruch nach § 78 Satz 2 BetrVG iVm. § 611a Abs. 2 BGB zu befinden haben. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es sich wegen der vom Kläger vorgebrachten Stellenangebote aus den Jahren 2016 und 2022 wiederum um zwei unterschiedliche Lebenssachverhalte und damit um zwei zu differenzierende Streitgegenstände handelt, so dass der Kläger auch insoweit im Hinblick auf die Bestimmtheit seines Antrags iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO eine Prüfungsreihenfolge vorgeben muss. Der Klägervertreter hat gegenüber dem Senat insoweit in der mündlichen Verhandlung angegeben, dass vorrangig ein Anspruch aufgrund des Stellenangebots im Jahr 2016 geltend gemacht werde. Jedenfalls stünde den insoweit angebrachten Klagegründen nicht der Umstand entgegen, dass ein etwaiger Anspruch aufgrund einer hypothetischen Karriere nicht über die dem Betriebsratsmitglied nach § 37 Abs. 4 BetrVG zustehende Vergütung hinausgehen dürfte. Die in diese Richtung - unter Heranziehung der Entscheidung des - 6 StR 133/22 - BGHSt 67, 225) - zielende Argumentation der Beklagten verfängt nicht (dazu ausf. - Rn. 63 ff.).
47cc) Im Übrigen weist der Senat in Bezug auf den nachrangig auf § 78 Satz 2 BetrVG iVm. § 611a Abs. 2 BGB gestützten Anspruch vorsorglich darauf hin, dass für dessen anspruchsbegründende Tatsachen der Kläger die Darlegungs- und Beweislast trägt (vgl. - Rn. 73 und allg. sowie ausf. - Rn. 24).
48II. Der Senat kann ebenso hinsichtlich der mit dem Klageantrag zu 2. und der Widerklage angebrachten Zahlungsbegehren (Einbehalt von Nettobeträgen sowie Rückforderung behaupteter Überzahlungen) auf Grundlage der bisherigen tatsächlichen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts unter Berücksichtigung des Anspruchs auf rechtliches Gehör und des Gebots eines fairen Verfahrens nicht abschließend entscheiden. Auch diesbezüglich führt die Revision demnach zur Aufhebung des Urteils und zur Zurückverweisung der Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht, § 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Das Landesarbeitsgericht hat die Stattgabe des Zahlungsantrags zu 2. und die Abweisung der Widerklage allein damit begründet, die Beklagte habe die Namen der iSv. § 37 Abs. 4 Satz 1 BetrVG vergleichbaren Arbeitnehmer nicht angegeben und sei damit der ihr obliegenden Darlegungslast nicht nachgekommen. Aus den vorgenannten Gründen ist der Beklagten auch insoweit im fortgesetzten Berufungsverfahren Gelegenheit zu ergänzendem Sachvortrag - sowie dem Kläger zur Erwiderung - zu geben (zu den Anspruchsgrundlagen vgl. - Rn. 57 ff. und 68 ff.). Der Senat sieht sich im Übrigen zu folgenden Hinweisen veranlasst:
491. Bezüglich des Zahlungsantrags zu 2. und der in diesem Zusammenhang zur Aufrechnung gestellten Forderung der Beklagten sind in den Tatsacheninstanzen die Voraussetzungen der Aufrechnung nicht erörtert worden; sollte es hierauf ankommen, ist der Beklagten Gelegenheit zu geben, die Aufrechnungsvoraussetzungen, insbesondere die Höhe der Gegenforderung sowie das pfändbare Arbeitseinkommen des Klägers für die in Rede stehenden Abrechnungszeiträume, näher darzulegen (vgl. zu den Anforderungen - Rn. 28).
502. Hinsichtlich des widerklagend noch streitbefangenen Zahlungsanspruchs wird die Beklagte - sollte es darauf ankommen - den Rückforderungsbetrag von 732,87 Euro der Höhe nach näher aufzuschlüsseln haben.
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BAG:2025:200325.U.7AZR181.24.0
Fundstelle(n):
IAAAJ-96679