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BGH Beschluss v. - 6 StR 294/24

Instanzenzug: LG Nürnberg-Fürth Az: 18 KLs 104 Js 10095/22

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betrugs in 700 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und neun Monaten verurteilt und die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 3.324.313,62 Euro angeordnet. Gegen das Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Rüge der Verletzung sachlichen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg (§ 349 Abs. 2 StPO).

I.

21. Das Landgericht hat im Wesentlichen folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:

3a) Der Angeklagte führte den „Ambulanten Pflegedienst T.          “, der Leistungen der häuslichen Pflegehilfe und häuslichen Krankenpflege für zuletzt 90 Patienten in W.               und S.              erbrachte. Im Jahr 2011 schloss er mit mehreren Kranken- und Pflegekassen einen „Versorgungsvertrag gemäß § 72 SGB XI für den Bereich der ambulanten Pflege“. Danach war der Pflegedienst zur Erbringung von Pflegesachleistungen bei der häuslichen Pflege nach § 36 SGB XI verpflichtet. In dem für den Pflegedienst und für die Kranken- und Pflegekassen verbindlichen Versorgungsvertrag nach § 72 SGB XI sowie dem Rahmenvertrag nach § 75 SGB XI war insbesondere bestimmt, dass die Pflegebedürftigen unter ständiger Verantwortung einer ausgebildeten Pflegefachkraft zu pflegen sind. Die ausgebildete Pflegefachkraft ist unter anderem für die Anwendung der Qualitätsmaßstäbe in der Pflege, die Umsetzung des Pflegekonzeptes, die Planung, Durchführung und Evaluation der Pflege, die fachgerechte Führung der Pflegedokumentation, die an dem Pflegebedarf orientierte Einsatzplanung der Pflegekräfte, und die regelmäßige Durchführung der Dienstbesprechungen innerhalb des ambulanten Pflegedienstes verantwortlich. Entsprechendes galt über den nach § 132a SGB V geschlossenen Rahmenvertrag für die Erbringung von Leistungen der Krankenpflege nach § 37 SGB V. Der Angeklagte war nach Maßgabe der Verträge außerdem verpflichtet, personelle Änderungen im Hinblick auf die verantwortliche Pflegefachkraft den Kranken- und Pflegekassen unverzüglich über deren Arbeitsgemeinschaft ‒ die Arbeitsgemeinschaft für Pflegekassenverbände (künftig: ARGE) ‒ mitzuteilen; dies galt insbesondere für die Abberufung, die Vertretung sowie den Wechsel der verantwortlichen Pflegefachkraft. Bei deren zeitlich begrenztem Ausfall war die Vertretung durch eine andere ausgebildete Pflegefachkraft zu gewährleisten. Bei einem Wechsel der verantwortlichen Pflegefachkraft hatte die Pflegeeinrichtung die fachliche Qualifikation der Neu- oder Ersatzkraft unverzüglich vom Zeitpunkt der Kenntnis von dem bevorstehenden Wechsel an, spätestens mit dem Wechsel, nachzuweisen.

4b) Der Angeklagte, der nicht über eine Qualifikation als ausgebildete Pflegekraft verfügte, übernahm die wesentlichen organisatorischen Aufgaben innerhalb des Pflegedienstes und war insbesondere für die Abrechnung der erbrachten Pflegeleistungen gegenüber den Pflege- und Krankenkassen zuständig. Er wusste, dass er gesetzlich und vertraglich zu einer Leistungserbringung unter ständiger Verantwortung einer ausgebildeten Pflegefachkraft verpflichtet war, die Kranken- und Pflegekassen im Falle ihres Fehlens zur Kündigung des Vertragsverhältnisses berechtigt waren und es sich um eine Abrechnungsvoraussetzung handelte. Gleichwohl erbrachte er die Pflegeleistungen vertragswidrig ohne Einsatz einer verantwortlichen Pflegefachkraft. Darüber hinaus meldete er der ARGE mehrere Personen bewusst wahrheitswidrig als „Pflegedienstleitung“, ohne dass diese tatsächlich die erforderlichen Qualifikationen aufwiesen oder entsprechend eingesetzt waren. Dies tat er stets erst auf Nachfrage der ARGE, nachdem der Medizinische Dienst bei seinen Prüfungen vor Ort das Fehlen einer verantwortlichen Pflegefachkraft beanstandet hatte.

5Die Mitarbeiter des Medizinischen Dienstes meldeten die fehlende Stellenbesetzung zwar an die ARGE, nicht aber an die Kranken- und Pflegekassen; auch die ARGE meldete das Fehlen einer verantwortlichen Pflegefachkraft der jeweiligen Pflege- oder Krankenkasse nicht.

6c) Der Angeklagte rechnete im Zeitraum vom bis zum in insgesamt 700 Fällen Pflegeleistungen mit den Pflege- und Krankenkassen bewusst wahrheitswidrig ab und spiegelte durch die Rechnungsstellung jeweils konkludent die ordnungsgemäße Leistungserbringung unter ständiger Verantwortung einer ausgebildeten Pflegefachkraft vor. Die für die Abrechnungsprüfung zuständigen Mitarbeiter unterlagen einem entsprechenden Irrtum und nahmen an, dass die geltend gemachten Pflegeleistungen unter ständiger Verantwortung einer ausgebildeten Pflegefachkraft erbracht worden waren, vertrauten auf das Bestehen des Anspruchs in der geltend gemachten Höhe und wiesen die geltend gemachten Beträge jeweils zur Zahlung an. Die Pflege- und Krankenkassen überwiesen insgesamt einen Betrag in Höhe von 3.324.313,62 Euro auf das Geschäftskonto des Angeklagten.

72. Das Landgericht hat das Verhalten des Angeklagten als Betrug in 700 Fällen gewertet. Er habe bei Einreichung der Abrechnungen jeweils aufgrund eines neuen Tatentschlusses konkludent eine ordnungsgemäße Leistungserbringung „unter ständiger Verantwortung einer verantwortlichen Pflegefachkraft“ vorgespiegelt. Ihm sei in jedem Einzelfall bewusst gewesen, dass deshalb ein Anspruch auf Erstattung der geltend gemachten Leistungen nicht bestehe. Die für die Abrechnungsprüfung zuständigen Mitarbeiter hätten täuschungsbedingt die Freigabe der Auszahlungen in der beantragten Höhe veranlasst. Bei Kenntnis des Fehlens der Leistungserbringung unter der ständigen Verantwortung einer ausgebildeten Pflegefachkraft hätten sie die Zahlungen nicht geleistet. Den Pflege- und Krankenkassen sei daher ein Schaden in Höhe des gesamten Auszahlungsbetrags entstanden. Der Angeklagte habe jedenfalls bedingt vorsätzlich gehandelt; auf die Bezahlung der von seinem Pflegedienst erbrachten Leistungen sei es ihm gerade angekommen. Durch die wiederholte Tatbegehung habe er sich eine fortlaufende Einnahmequelle von einiger Dauer und einigem Umfang verschaffen wollen.

II.

81. Die Feststellungen tragen den Schuldspruch wegen Betrugs in 700 Fällen.

9a) Das Landgericht ist rechtsfehlerfrei zu dem Ergebnis gelangt, dass der Angeklagte die Sachbearbeiter der Kranken- und Pflegekassen durch die Einreichung der Rechnungen jeweils über das Vorliegen einer den Zahlungsanspruch begründenden Tatsache täuschte, indem er konkludent wahrheitswidrig vorgab, Pflegeleistungen durch Pflegepersonal erbracht zu haben, das unter der ständigen Verantwortung einer ausgebildeten Pflegefachkraft stand.

10aa) Eine Täuschung im Sinne des § 263 Abs. 1 StGB kann auch konkludent erfolgen. Der einer ausdrücklichen oder konkludenten Erklärung beizumessende Inhalt ist im Wege der Auslegung zu ermitteln. Dabei ist der Empfängerhorizont maßgeblich und auf die Erwartungen der Beteiligten abzustellen, die ihrerseits durch die normativen Bezüge geprägt werden, in denen die Erklärung steht (vgl. ‒ 5 StR 498/23, Rn. 35).

11In der Geltendmachung einer Forderung kann eine konkludente Täuschung über Tatsachen liegen, wenn mit dem Einfordern der Leistung ein Bezug zu einer unzutreffenden Tatsachenbasis hergestellt oder das Vorliegen eines den Anspruch begründenden Sachverhalts behauptet wird (vgl. − 1 StR 138/21, NStZ 2023, 37, 38; Urteil vom – 4 StR 426/18, NJW 2019, 1759). Im Zusammenhang mit der Geltendmachung einer Forderung erwartet der Rechtsverkehr in erster Linie eine wahrheitsgemäße Darstellung, soweit die Tatsache wesentlich für die Beurteilung des Anspruchs ist und der Adressat sie aus seiner Situation nicht ohne Weiteres überprüfen kann (vgl. ‒ 5 StR 498/23, Rn. 35). Liegen keine Besonderheiten vor, kann das Tatgericht regelmäßig von allgemein verbreiteten, durch die Verkehrsanschauung und den rechtlichen Rahmen bestimmten Erwartungen auf den tatsächlichen Inhalt konkludenter Kommunikation schließen (, Rn. 19 ff. mwN). In diesem Sinne konkludent täuscht ein Täter, der gegenüber einem Leistungsträger tatsächlich erbrachte Leistungen abrechnet, ohne hierzu berechtigt zu sein (vgl. , Rn. 4; Beschluss vom – 4 StR 21/14, NStZ 2014, 640, 641).

12bb) Das Landgericht ist rechtsfehlerfrei zu der Überzeugung gelangt, dass der Angeklagte mit Einreichung der Rechnungen über die erbrachten Pflegeleistungen konkludent wahrheitswidrig auch erklärte, dass die geltend gemachten Pflegeleistungen unter der ständigen Verantwortung einer ausgebildeten Pflegefachkraft erbracht wurden. Es ist im Wege der Auslegung, die allein dem Tatgericht obliegt (vgl. ‒ 4 StR 21/14, Rn. 20), nachvollziehbar zu dem Ergebnis gelangt, dass die Erbringung der Pflegeleistungen unter der ständigen Verantwortung einer ausgebildeten Pflegefachkraft nach den insoweit maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen und vertraglichen Vereinbarungen von besonderer Bedeutung für die Frage der Erstattungsfähigkeit der erbrachten Pflegeleistungen war. Hiergegen ist von Rechts wegen nichts zu erinnern.

13Die für die Leistungserbringung in stationären Pflegeinrichtungen und für ambulante Pflegedienste gleichermaßen (vgl. BSGE 103, 78 Rn. 15, 17 zu § 71 Abs. 2 Nr. 1 SGB XI und Rn. 22 zu § 71 Abs. 1 SGB XI) zentrale Voraussetzung ist nicht nur für die „Zulassung“ eines Leistungserbringers, also für den Abschluss eines Versorgungsvertrags mit den Kranken- und Pflegekassen, sondern auch für die Abrechnungsfähigkeit der Pflegeleistungen von besonderer Bedeutung. Die Leistungserbringung unter der ständigen Verantwortung einer ausgebildeten Pflegefachkraft setzt voraus, dass sie die Pflegeleistungen zumindest in ihren Grundzügen selbst festlegt, ihre Durchführung organisiert und angemessen überwacht (vgl. BSGE 103, 78 Rn. 15, 17 zu § 71 Abs. 2 Nr. 1 SGB XI). Damit soll sichergestellt werden, dass die „pflegerische Gesamtverantwortung“ durch hinreichend qualifiziertes Fachpersonal wahrgenommen wird (vgl. BSG, aaO, Rn. 18 unter Hinweis auf BT-Drucks. 12/5952 S. 45 zu § 80 SGB XI). Die Einbindung einer verantwortlichen Pflegekraft in die Leistungserbringung soll die Qualität der Pflege garantieren; zugleich kommt ihr die Aufgabe zu, für eine den gesetzlichen und vertraglichen Anforderungen genügende Umsetzung der Pflegeansprüche Sorge zu tragen und die widerstreitenden Interessen im „Dreiecksverhältnis“ zwischen Pflegekasse, Leistungserbringer und Versicherten in einen angemessenen Ausgleich zu bringen (vgl. BSG, aaO, Rn. 20). Die gesetzlichen Regelungen zum Erfordernis einer verantwortlichen Pflegefachkraft zielen auf die selbstständige Sicherung der Pflegequalität. Die geforderte berufliche Qualifikation befähigt die Pflegefachkraft, insbesondere die Anwendung der Qualitätsmaßstäbe im Pflegebereich, die fachliche Planung der Pflegeprozesse, die fachgerechte Führung der Pflegedokumentation, die am Pflegebedarf orientierte Dienstplanung der Pflegekräfte sowie die regelmäßige Durchführung der Dienstbesprechungen innerhalb des Pflegebereichs zu verantworten (vgl. BSG aaO). Die gesetzlichen Regelungen einschließlich der Verpflichtungen zur regelmäßigen Fortbildung belegen, dass die Qualität der Pflege nach der Vorstellung des Gesetzgebers nicht nur von der Qualifikation im unmittelbaren Betreuungsverhältnis zwischen Pflegekräften und Versicherten abhängig ist, sondern auch von der Steuerung der Pflegeprozesse durch eine ausgebildete Pflegefachkraft (vgl. BSG, aaO, Rn. 28). Neben der selbstständigen Sicherung der Pflegequalität kommt der Pflegefachkraft auch die Verantwortung zu, im Interesse der Kranken- und Pflegekassen für eine an den gesetzlichen und vertraglichen Anforderungen orientierte Umsetzung der Pflegeprozesse Sorge zu tragen.

14b) Das Landgericht hat mit rechtsfehlerfreier Begründung das Vorliegen eines Irrtums bejaht. Die Strafkammer hat dabei berücksichtigt, dass bei arbeitsteilig tätigen Unternehmen, Körperschaften und Personenmehrheiten in der Regel auch festzustellen ist, wer im konkreten Fall auf welcher Grundlage und mit welchen Vorstellungen die Entscheidung über die Erbringung der vom Täter erstrebten Leistung getroffen und damit die Verfügung vorgenommen hat (vgl. , NJW 2003, 1198, 1199). Nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen gingen die für die Abrechnung der Pflegeleistungen zuständigen Sachbearbeiter der Kranken- und Pflegekassen davon aus, dass die Pflegeleistungen ‒ wie gesetzlich vorgesehen und vertraglich vereinbart ‒ unter Verantwortung einer im Pflegedienst tätigen Pflegefachkraft erbracht worden waren. Ob auch die Mitarbeiter der ARGE einer Fehlvorstellung hinsichtlich der anspruchsbegründenden Tatsachen erlagen, ist rechtlich ohne Bedeutung. Denn bei – wie hier – juristischen Personen oder Behörden, die als solche nicht Subjekt eines Irrtums sein können (vgl. BGH, Beschlüsse vom – 3 StR 286/18; vom – 3 StR 500/09, NStZ-RR 2010, 146; vom – 3 StR 472/11, NStZ 2012, 699), kommt es auf das Vorstellungsbild derjenigen natürlichen Person an, die die Vermögensverfügung getroffen hat (vgl. , NJW 2003, 1198, 1199; MüKo-StGB/Hefendehl, 4. Aufl., § 263 Rn. 380; Tübinger Kommentar/Perron, StGB, 31. Aufl., § 263 Rn. 41a; Fischer, StGB, 72. Aufl., § 263 Rn. 67; Weißer GA 2011, 33, 346; Eisele, ZStW 2004, 15, 28).

15c) Rechtsfehlerfrei ist das Landgericht ferner davon ausgegangen, dass den Pflege- und Krankenkassen durch die irrtumsbedingte Bezahlung der Rechnungen ein Vermögensschaden im Sinne des § 263 Abs. 1 StGB in Höhe von 3.324.313,62 Euro entstanden ist.

16aa) Ein solcher tritt ein, wenn die Vermögensverfügung des Getäuschten bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise unmittelbar zu einer nicht durch Zuwachs ausgeglichenen Minderung des Gesamtwerts des Vermögens des Verfügenden führt (vgl. , NStZ 2014, 640, 642; Urteil vom – 2 StR 79/12, BGHR StGB § 263 Abs. 1 Vermögensschaden 77; Beschlüsse vom – 1 StR 45/11, BGHSt 57, 95, Rn. 75; vom – 3 StR 444/10, NStZ-RR 2011, 312).

17bb) Bei der Bemessung des Schadensumfangs ist das Landgericht zutreffend davon ausgegangen, dass der den Pflege- und Krankenkassen entstandene Schaden dem Gesamtbetrag der an den Pflegedienst geleisteten Zahlungen entspricht. Denn maßgeblich ist insoweit die für den Bereich des Sozialversicherungsrechts geltende streng formale Betrachtungsweise (BSGE 39, 288, 290; BSGE 133, 17, Rn. 20), nach der eine Leistung insgesamt nicht erstattungsfähig ist, wenn sie in Teilbereichen nicht den gesetzlichen oder vereinbarten Anforderungen genügt (vgl. , NStZ 2003, 313, 315; vom – 5 StR 558/19, NJW 2021, 90, 95; Beschlüsse vom – 4 StR 280/94, NStZ 1995, 85, 86; vom – 1 StR 45/11, NJW 2012, 1377, 1383; vom – 4 StR 21/14, NStZ 2014, 640, 642; vom – 1 StR 375/21, NStZ-RR 2022, 115). Der Vergütungsanspruch entfällt, wenn – wie hier – Pflegeleistungen nach dem SGB XI und V geltend gemacht werden, die entgegen §§ 71, 72 SGB XI (Pflegekassen) und § 132a SGB V (Krankenkassen) in Verbindung mit den jeweiligen Rahmenverträgen und den in Bezug genommenen Richtlinien sowie den getroffenen vertraglichen Vereinbarungen ohne eine verantwortliche Pflegefachkraft erbracht wurden (vgl. ; , Rn. 27; – Rn 46 ff., 53, unter Hinweis auf § 71 Abs. 2 Nr. 1 SGB XI).

18Bei dieser Sachlage hatte der Angeklagte unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt einen Anspruch gegen die Kranken- und Pflegekassen auf Erstattung der geltend gemachten Pflegeleistungen, so dass ihnen bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise ein Schaden in voller Höhe entstanden ist (vgl. , aaO; Beschluss vom – 4 StR 21/14, aaO; zu Corona-Tests vgl. , Rn. 43).

19d) Entgegen der Auffassung der Revision ist auch die subjektive Tatseite im Hinblick auf die Tatbestandsmerkmale der Täuschung und Irrtumserregung beweiswürdigend tragfähig belegt. Das Landgericht hat die Einlassung des Angeklagten, gegenüber dem Medizinischen Dienst und der ARGE mehrfach darauf hingewiesen zu haben, dass er keine verantwortliche Pflegefachkraft finde, und deshalb davon ausgegangen sei, dass die Pflegekassen über diesen Sachverhalt informiert seien, mit nachvollziehbarer Begründung als unglaubhaft angesehen. Dabei hat es insbesondere auf das auf Verschleierung angelegte Verhalten des Angeklagten abgestellt, der gegenüber der ARGE auf deren Aufforderungen hin verschiedene Personen der Wahrheit zuwider als Pflegedienstleitung benannt habe. Der Schluss des Landgerichts, der Angeklagte, der die Bedeutung der verantwortlichen Pflegefachkraft für die Zulassung des Pflegedienstes und die Abrechnungsfähigkeit der erbrachten Pflegeleistungen erfasst habe, habe aufgrund der fortlaufenden Auszahlungen der Pflegeleistungen zumindest damit gerechnet, dass die Information nicht weitergegeben worden sei, ist möglich und daher revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

202. Der Strafausspruch weist keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf.

213. Auch die Einziehungsentscheidung hält rechtlicher Nachprüfung stand.

22Das Landgericht hat zu Recht die Einziehung der von den Pflege- und Krankenkassen gezahlten Beträge von 3.324.313,62 Euro in voller Höhe nach § 73 Abs. 1, § 73c Satz 1 StGB angeordnet. Es ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, dass es entstandene Aufwendungen – wie etwa Lohnkosten für Pflegekräfte, Pflegematerial oder Fahrtkosten – nach § 73d Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 StGB nicht abgezogen hat, weil sie der Vorbereitung oder Begehung der Straftat dienten. Der Anwendungsbereich von § 73 d Abs. 2 Halbsatz 2 StGB ist hier nicht eröffnet, weil das Landgericht die erbrachten Pflegeleistungen aufgrund des Fehlens einer verantwortlichen Pflegefachkraft zutreffend als wertlos angesehen hat. Bei dieser Sachlage kommt ein Abzug entstandener Aufwendungen nicht in Betracht (vgl. auch , NJW 2021, 90, 98).

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2025:270525B6STR294.24.0

Fundstelle(n):
BAAAJ-96625