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BSG Urteil v. - B 6 KA 6/24 R

Vertragsärztliche Versorgung - Regress bei "sonstigen Schäden" - Arzneimittelverordnung während eines stationären Aufenthaltes - Vorverfahren vor dem Beschwerdeausschuss

Gesetze: § 106 Abs 5 S 8 SGB 5 vom , § 106c Abs 3 S 4 SGB 5, § 106c Abs 3 S 6 SGB 5, § 39 Abs 1 S 3 SGB 5, § 82 Abs 1 SGB 5, § 48 BMV-Ä, § 78 Abs 1 SGG

Instanzenzug: Az: S 2 KA 4398/16 Urteilvorgehend Thüringer Landessozialgericht Az: L 11 KA 814/19 Urteil

Tatbestand

1Im Streit steht die Festsetzung eines sonstigen Schadens wegen einer vertragsärztlichen Arzneimittelverordnung während einer stationären Behandlung.

2Nach telefonischer Anforderung verordnete einer der Ärzte der klagenden Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) dem bei der zu 1. beigeladenen Krankenkasse Versicherten das Arzneimittel Abstral 600 μg Sublingualtabletten N2 (Verordnung vom ). Das Rezept wurde von Familienangehörigen des Patienten abgeholt und die Verordnung am eingelöst. Sowohl zum Verordnungszeitpunkt als auch bei Einlösung des Rezepts befand sich der Versicherte in vollstationärer Krankenhausbehandlung. Er war nach einem ersten Krankenhausaufenthalt vom 2. bis in ein anderes Klinikum verlegt worden, in welchem er bis vollstationär behandelt wurde.

3Auf Antrag der zu 1. beigeladenen Krankenkasse setzte die beklagte Prüfungsstelle einen Regress iHv 253,69 Euro fest (Bescheid vom ). Die Voraussetzungen für die Festsetzung eines sonstigen Schadens nach § 13 der Prüfvereinbarung zwischen der Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) Thüringen und den Landesverbänden der Krankenkassen vom (im Folgenden: Prüfvereinbarung aF) seien erfüllt. Durch die Verordnung sei der Beigeladenen zu 1. ein Schaden entstanden, weil sich der Versicherte zum Zeitpunkt der Verordnung in vollstationärer Behandlung befunden habe und die Verordnung im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung deshalb ausgeschlossen gewesen sei. Das erforderliche Verschulden der Klägerin liege vor.

4Gegen diese Entscheidung hat die Klägerin - entsprechend der Rechtsbehelfsbelehrung des Bescheids - unmittelbar Klage zum SG erhoben. Zugleich hat sie beantragt, das Gerichtsverfahren auszusetzen und das aus ihrer Sicht notwendige Vorverfahren vor dem Beschwerdeausschuss nachzuholen. Im Übrigen könne ihr ein schuldhaftes Verhalten nicht vorgeworfen werden, weil sie zum Zeitpunkt der Verordnung keine Kenntnis von der Verlegung des Patienten und dem andauernden Krankenhausaufenthalt gehabt habe. Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom ).

5Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin hat das LSG die Berufung gegen das Urteil des SG zugelassen (Beschluss vom ) und die Berufung der Klägerin zurückgewiesen (Urteil vom ). Nach § 106 Abs 5 Satz 8 SGB V aF finde in Fällen der Festsetzung einer Ausgleichspflicht für den Mehraufwand bei Leistungen, die durch das Gesetz oder durch die Richtlinien nach § 92 SGB V ausgeschlossen seien, eine Anrufung des Beschwerdeausschusses nicht statt. Erforderlich sei insoweit, dass sich die Unzulässigkeit der Verordnung unmittelbar und eindeutig aus dem Gesetz bzw der Richtlinie ergebe und es sich um vergleichsweise leicht überprüfbare Sachverhalte handele, die grundsätzlich keiner einzelfallbezogenen Prüfung bedürften. Dies sei hier der Fall. Die Unzulässigkeit der Arzneimittelverordnung folge unmittelbar aus § 39 Abs 1 Satz 3 SGB V, welcher eine Verordnung von Arzneimitteln durch den Vertragsarzt während eines Krankenhausaufenthaltes ausschließe. Zwar sei im Rahmen eines "sonstigen Schadens" auch das Verschulden des Vertragsarztes festzustellen. Dabei gehe es aber nicht um die Klärung einzelfallbezogener medizinischer Fragestellungen, sodass eine Befassung des Beschwerdeausschusses nicht notwendig sei. Ein sonstiger Schaden liege hier auch vor. Für die Klägerin hätten aufgrund der Krankengeschichte des Versicherten erhöhte Sorgfaltspflichten bestanden, da sie von der Notwendigkeit einer weiteren Operation gewusst und die Krankenhauseinweisung ausgestellt habe.

6Mit ihrer Revision rügt die Klägerin, dass das notwendige Vorverfahren vor dem Beschwerdeausschuss nicht durchgeführt worden sei. Ein solches sei in Prüfverfahren, die - wie hier - die Festsetzung eines sonstigen Schadens zum Gegenstand haben, stets erforderlich, weil über den Verordnungsausschluss hinaus ein Verschulden des Vertragsarztes zu klären und ein konkreter Schaden festzustellen sei. Der Ausschluss des Vorverfahrens nach § 106 Abs 5 Satz 8 SGB V aF solle den Beschwerdeausschuss allein von einer Vielzahl gleichartig zu bearbeitender Einzelvorgänge entlasten. Das LSG habe zudem übersehen, dass keine generelle Verpflichtung der Vertragsärzte bestehe, sich vor Ausstellung einer Arzneimittelverordnung zu vergewissern, dass sich der Versicherte, für den die Verordnung ausgestellt wird, zu diesem Zeitpunkt nicht in einer stationären Krankenhausbehandlung befindet (Hinweis auf - juris).

9Zutreffend habe das LSG die Notwendigkeit eines Vorverfahrens entsprechend § 106 Abs 5 Satz 8 SGB V aF verneint. Bei der Regressierung eines sonstigen Schadens nach § 48 BMV-Ä seien Nachforderungsansprüche wegen solcher Fehler zu realisieren, die primär Verfahrensmodalitäten bei der Ausstellung der Verordnungen bzw die Art und Weise des Vorgehens bei deren Ausstellung beträfen. Die inhaltliche Korrektheit der Verordnungen wie die medizinische Indikation werde dabei nicht bezweifelt. Insoweit seien keine komplexen medizinischen Fragestellungen zu beantworten. Die Unzulässigkeit der ambulanten Verordnung während einer stationären Behandlungsbedürftigkeit ergebe sich vielmehr klar aus § 39 Abs 1 SGB V. Dies müsse einem Vertragsarzt auch bekannt sein. Der Klägerin habe sich aufgrund der konkreten Umstände (ua telefonische Rezeptanforderung, mehrere stationäre Aufenthalte des Versicherten im Vorfeld der Verordnung, selbst ausgestellte Krankenhauseinweisung des schwer erkrankten, palliativ versorgten Patienten) aufdrängen müssen, konkret nach dem stationären Aufenthalt zu fragen und dies zu dokumentieren.

10Auch die zu 2. beigeladene KÄV, die keinen Antrag stellt, ist der Auffassung, dass es der Durchführung eines Vorverfahrens vor dem Beschwerdeausschuss nicht bedurfte. Es gehe hier nicht um die Klärung komplexer medizinischer Fragestellungen, sondern um die Beurteilung bestehender ärztlicher Sorgfaltspflichten im Rahmen des Verschuldens.

11Die zu 1. beigeladene Krankenkasse sieht von einer Stellungnahme ab und stellt ebenfalls keinen Antrag.

Gründe

12A. Die Revision der Klägerin hat nur teilweise Erfolg. Sie ist allein nach Maßgabe des Hilfsantrags im Sinne der Aufhebung des Urteils und der Zurückweisung der Sache an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG). Hinsichtlich der mit dem Hauptantrag begehrten Aufhebung des angefochtenen Bescheids der beklagten Prüfungsstelle und der Urteile des SG und des LSG ist die Revision hingegen unbegründet. Denn die gegen den Bescheid der Beklagten erhobene Anfechtungsklage ist derzeit unzulässig, da das erforderliche Vorverfahren vor dem Beschwerdeausschuss bislang nicht durchgeführt worden ist.

13Grundsätzlich müssen Vertragsärzte gegen Entscheidungen der Prüfungsstelle den Beschwerdeausschuss anrufen, wenn sie den Rechtsweg zu den Sozialgerichten beschreiten wollen. Unmittelbare Klagen gegen Bescheide der nach § 106c Abs 1 Satz 1 SGB V errichteten Prüfungsstelle sind gemeinhin unzulässig (dazu 1.). Es liegt auch kein Ausnahmefall vor, in dem ein Vorverfahren - dh eine Überprüfung des Bescheids der Prüfungsstelle durch den Beschwerdeausschuss - ausgeschlossen ist (dazu 2.). Das Urteil des LSG war daher entsprechend dem Hilfsantrag der Klägerin aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Dem Beschwerdeausschuss ist Gelegenheit zu geben, über den Widerspruch der Klägerin gegen die ursprüngliche Entscheidung der Prüfungsstelle zu entscheiden. Erst dann kann das LSG eine erneute Entscheidung über die Klage und den dann allein streitigen Bescheid des Beschwerdeausschusses treffen, soweit dieser den Widerspruch der Klägerin zurückweisen sollte (dazu 3.).

141. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats ist in vertragsarztrechtlichen Wirtschaftlichkeitsprüfungsverfahren grundsätzlich allein der das Verwaltungsverfahren abschließende Verwaltungsakt des Beschwerdeausschusses Streitgegenstand nach § 95 SGG (vgl nur - BSGE 78, 278, 279 f = SozR 3-2500 § 106 Nr 35 S 194 f; - SozR 4-2500 § 106 Nr 26 RdNr 15; - SozR 4-2500 § 106 Nr 63 RdNr 16). Eine Anfechtungsklage gegen den Bescheid der Prüfungsstelle ist daher in der Regel - von hier nicht einschlägigen Ausnahmefällen abgesehen (dazu sogleich unter 2.) - unzulässig ( - BSGE 74, 59, 61 = SozR 3-2500 § 106 Nr 22 S 119; - BSGE 78, 278, 279 f = SozR 3-2500 § 106 Nr 35 S 194 f). Nichts anderes gilt für das hier streitige Verfahren der Festsetzung eines sonstigen Schadens. Dass es sich bei einem solchen Verfahren nicht um ein originäres Wirtschaftlichkeitsprüfungsverfahren nach § 106 SGB V handelt, sondern eine Zuständigkeit der Prüfgremien erst durch (bundesmantel-)vertragliche Vereinbarung begründet wird (§ 48 Abs 1 Bundesmantelvertrag-Ärzte <BMV-Ä>; dazu noch näher unter RdNr 21), ändert nichts daran, dass sich Verfahren und Entscheidung im Wesentlichen nach denselben Regeln richten. Daher ist es sachgerecht, die Rechtsprechung des BSG zu den Besonderheiten des Verfahrens vor dem Beschwerdeausschuss auch insoweit zugrunde zu legen (vgl bereits - SozR 4-2500 § 106 Nr 31 RdNr 10).

152. Nach § 78 Abs 1 Satz 1 SGG sind Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit eines Verwaltungsaktes grundsätzlich in einem Vorverfahren nachzuprüfen. Das Verfahren vor dem Beschwerdeausschuss "gilt" nach § 106 Abs 5 Satz 6 SGB V aF (hier noch idF des GKV-Modernisierungsgesetzes <GMG> vom , BGBl I 2190; heute inhaltlich übereinstimmend § 106c Abs 3 Satz 4 SGB V in der ab geltenden Fassung des GKV-Versorgungsstärkungsgesetzes <GKV-VSG> vom , BGBl I 1211) als Vorverfahren iS des § 78 SGG (zum Verfahren vor dem Beschwerdeausschuss als besonderes Verwaltungsverfahren vgl 14a RKa 11/92 - BSGE 72, 214 = SozR 3-1300 § 35 Nr 5; zur vergleichbaren Regelung nach § 97 Abs 3 Satz 2 SGB V für Berufungsausschüsse - BSGE 134, 297 = SozR 4-5520 § 45 Nr 1, RdNr 30 ff mwN). Gemäß § 78 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGG bedarf es eines Vorverfahrens (nur) dann nicht, wenn ein Gesetz dies für besondere Fälle bestimmt. Als solche Ausnahmevorschrift kommt hier allein § 106 Abs 5 Satz 8 SGB V aF (in der ab geltenden Fassung des GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetzes <GKV-WSG> vom , BGBl I 378; heute inhaltlich übereinstimmend § 106c Abs 3 Satz 6 SGB V) in Betracht. Danach findet in Fällen der Festsetzung einer Ausgleichspflicht für den Mehraufwand bei Leistungen, die durch das Gesetz oder durch die Richtlinien nach § 92 SGB V ausgeschlossen sind, ein Vorverfahren nicht statt. Ein solcher Fall liegt hier nicht vor.

16a) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats ist die Ausnahmeregelung des § 106 Abs 5 Satz 8 SGB V aF auf Fälle beschränkt, in denen sich die Unzulässigkeit der Verordnung unmittelbar und eindeutig aus dem Gesetz selbst oder aus den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) ergibt. Zudem muss der Ausschluss aus spezifischen Regelungen des Krankenversicherungsrechts folgen ( - BSGE 108, 175 = SozR 4-2500 § 106 Nr 32, RdNr 19; - BSGE 112, 251 = SozR 4-2500 § 106 Nr 38, RdNr 10; - SozR 4-2500 § 106 Nr 45 RdNr 16; - juris RdNr 8; vgl zuletzt - juris RdNr 12, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Es genügt nicht, dass die Verordnung allgemeinen Grundsätzen des Krankenversicherungsrechts, zB dem Wirtschaftlichkeitsgebot nach §§ 2, 12 SGB V zuwiderläuft. Nur eine solche enge Auslegung wird der Vorstellung des Gesetzgebers gerecht, den Beschwerdeausschuss von einer Vielzahl "gleichartig zu bearbeitender Einzelvorgänge" zu entlasten ( - BSGE 108, 175 = SozR 4-2500 § 106 Nr 32, RdNr 20 ff unter Hinweis auf den Fraktionsentwurf zum GKV-WSG, BT-Drucks 16/3100 S 138 zu § 106 SGB V, zu Buchstabe j Doppelbuchstabe cc). Erfasst werden allein Fallgestaltungen, die eher technischen Charakter haben und in denen es ganz überwiegend um die Umsetzung eindeutiger normativer Vorgaben geht. Dies schließt es aus, die Ausnahmeregelung auf Konstellationen zu erstrecken, in denen sich die Entscheidung nicht ohne Weiteres - im Sinne eines "ja" oder "nein" - aus normativen Vorgaben ergibt, sondern es hierzu einer einzelfallbezogenen Prüfung bedarf (BSG aaO RdNr 25).

17Unter Anwendung der dargestellten Maßstäbe hat der Senat entschieden, dass ein Vorverfahren in den Fällen von § 34 Abs 1 Satz 1 SGB V (nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel), § 34 Abs 1 Satz 6 SGB V (sog "Bagatellarzneimittel") und § 34 Abs 1 Satz 7 und 8 SGB V (Arzneimittel zur Erhöhung der Lebensqualität) nach § 106 Abs 5 Satz 8 SGB V aF bzw § 106c Abs 3 Satz 6 SGB V nF nicht durchzuführen ist, da in diesen Fällen die Arzneimittel bereits durch das Gesetz von der Versorgung ausgeschlossen sind (vgl - BSGE 108, 175 = SozR 4-2500 § 106 Nr 32, RdNr 21; - BSGE 112, 251 = SozR 4-2500 § 106 Nr 38, RdNr 10, 13; vgl zum Ausschluss des Vorverfahrens auch bei lediglich fiktiv zugelassenen Arzneimitteln, die keine Prüfung nach den Maßstäben des AMG durchlaufen haben: - juris RdNr 8 für "LeukoNorm"). Gleiches gilt bei Verordnungen von Cannabis nach § 31 Abs 6 Satz 1 SGB V (idF des Gesetzes zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher und anderer Vorschriften vom , BGBl I 403), soweit es an einer zwingenden vorherigen Genehmigung der Krankenkasse nach § 31 Abs 6 Satz 2 SGB V fehlt ( - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen).

18Ebenso entfällt ein Vorverfahren vor dem Beschwerdeausschuss dann, wenn Gegenstand des Regresses Arzneimittel sind, deren Verordnung grundsätzlich durch das Gesetz oder die Arzneimittel-Richtlinie ausgeschlossen ist, die aber in besonderen Ausnahmefällen mit Begründung verordnet werden dürfen. Eine derartige Konstellation hat der Senat bei Fällen nach § 31 Abs 1 Satz 4 SGB V (Arzneimittel, die grundsätzlich nach den Richtlinien nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 6 SGB V von der Versorgung ausgeschlossen sind, aber vom Vertragsarzt ausnahmsweise in "medizinisch begründeten Einzelfällen mit Begründung" verordnet werden können) und § 34 Abs 1 Satz 2 SGB V (in Richtlinien des GBA festgelegte nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel, die ausnahmsweise bei schwerwiegenden Erkrankungen mit Begründung vom Vertragsarzt verordnet werden können) angenommen ( - SozR 4-2500 § 106 Nr 45 RdNr 22, 25; - juris RdNr 12, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Dies hat der Senat damit begründet, dass ansonsten kein sinnvoller Anwendungsbereich für die Ausnahmeregelung verbliebe. Die im Gesetz oder in der Arzneimittel-Richtlinie vorgesehene Möglichkeit einer ausnahmsweisen Verordnung hat nicht zur Folge, dass die Entscheidung der Prüfungsstelle nicht mehr auf einen vergleichsweise leicht zu ermittelnden Sachverhalt - nämlich das Eingreifen eines explizit normierten Verordnungsausschlusses - bezogen ist. Regelmäßig sind auch die tatbestandlichen Voraussetzungen für den besonderen Ausnahmetatbestand normiert, sodass die Prüfungsstelle ohne größeren Aufwand prüfen kann, ob ein Regress gerechtfertigt ist ( - SozR 4-2500 § 106 Nr 45 RdNr 23).

19Dagegen gehören Regresse wegen der Verordnung von Arzneimitteln außerhalb ihrer arzneimittelrechtlichen Zulassung (sogenannter "Off-Label-Use") grundsätzlich nicht zu den Sachverhalten, in denen die Ausnahmeregelung des § 106 Abs 5 Satz 8 SGB V aF Anwendung findet, weil es zur Prüfung der Voraussetzungen regelmäßig einer einzelfallbezogenen Prüfung bedarf, bei der häufig schwierige medizinische Fragestellungen im Raum stehen (vgl - BSGE 108, 175 = SozR 4-2500 § 106 Nr 32, RdNr 29 ff). Gleiches gilt, soweit es um die Beachtung bzw Nichtbeachtung eines Therapiehinweises des GBA zum Einsatz bestimmter Arzneimittel in Abhängigkeit vom Gesundheitszustand des Patienten und bereits durchgeführter Vorbehandlungen geht, weil auch dies nur einzelfallbezogen beurteilt werden kann ( - SozR 4-2500 § 106 Nr 60 RdNr 14).

20b) Ausgehend von diesen Grundsätzen gehört die Festsetzung eines sonstigen Schadens (dazu aa) gegenüber einem Vertragsarzt, der während des stationären Krankenhausaufenthalts des Versicherten eine Arzneimittelverordnung ausstellt, nicht zu den Sachverhalten, in denen die Ausnahmeregelung des § 106 Abs 5 Satz 8 SGB V aF Anwendung findet (so auch LSG Niedersachsen-Bremen Beschluss vom - L 3 KA 108/13 B - juris RdNr 14; - juris RdNr 25; vgl auch LSG Niedersachsen-Bremen Beschluss vom - L 3 KA 4/15 B - juris RdNr 7; LSG Niedersachsen-Bremen Urteil vom - L 3 KA 57/19 - juris RdNr 21; aA Scholz in Becker/Kingreen, SGB V, 9. Aufl 2024 § 106c RdNr 7; Ulrich in jurisPK-SGB V, 4. Aufl 2020, § 106c RdNr 117, vgl aber ders aaO § 106 RdNr 52, wo die Notwendigkeit eines Widerspruchsverfahrens beim sonstigen Schaden bejaht wird). Zwar ergibt sich aus § 39 Abs 1 Satz 3 SGB V, dass während eines stationären Aufenthalts dem Krankenhaus grundsätzlich auch die Arzneimittelversorgung des Patienten obliegt (dazu bb). Der sonstige Schaden ist aber an die Grundsätze des Schadensersatzrechts angelehnt und deshalb verschuldensabhängig ausgestaltet. Dementsprechend bedarf es regelmäßig einer Prüfung aller Umstände des Einzelfalls. Es handelt sich daher nicht um eine Fallgestaltung, in der sich die Unzulässigkeit der ärztlichen Verordnung unmittelbar und eindeutig aus dem Gesetz oder den Richtlinien nach § 92 SGB V ergibt (dazu cc).

21aa) Zutreffend ist das LSG davon ausgegangen, dass es sich um einen sonstigen Schaden handelt, für den die Klägerin verschuldensabhängig einzustehen hätte. Gemäß § 48 Abs 1 BMV-Ä (hier iVm § 13 Abs 1 Prüfvereinbarung aF <heute § 11 der Prüfvereinbarung zwischen der KÄV Thüringen und den Landesverbänden der Krankenkassen vom >) wird der sonstige durch einen Vertragsarzt verursachte Schaden, der einer Krankenkasse aus der unzulässigen Verordnung von Leistungen, die aus der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen sind, oder aus der fehlerhaften Ausstellung von Bescheinigungen entsteht, durch die Prüfungseinrichtungen festgestellt. Hiervon erfasst werden im Verordnungsbereich aber nur Schäden, die sich aus der Art und Weise der Ausstellung der Verordnung ergeben ( - SozR 4-2500 § 106 Nr 31 RdNr 16 ff; - SozR 4-2500 § 106 Nr 65 RdNr 21), beispielsweise wegen der Verwendung eines falschen Formulars (vgl - SozR 4-2500 § 106 Nr 62 RdNr 20), weil kein Abrechnungsschein zu der der Verordnung zugrunde liegenden Leistung vorliegt ( - SozR 4-5540 § 48 Nr 2 RdNr 21) oder weil der an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Arzt die Verordnung nicht unterschreibt (Clemens, MedR 2017, 1001) oder von einem nicht vertretungsberechtigten Arzt unterschreiben lässt ( - SozR 4-2500 § 106 Nr 28 RdNr 25). Auch vertragsärztliche Verordnungen, die erfolgen während sich der Patient im Krankenhaus befindet, werden von § 48 Abs 1 BMV-Ä erfasst ( - SozR 4-2500 § 106 Nr 28 RdNr 25; - SozR 4-2500 § 106 Nr 31 RdNr 18; vgl auch - SozR 4-5545 § 23 Nr 2 RdNr 19; - juris RdNr 9). (Arzneimittel-)Verordnungen, die ein Vertragsarzt während des stationären Aufenthalts eines Patienten tätigt, führen im Grundsatz - abhängig von den jeweiligen, von den Prüfgremien zu prüfenden weiteren Umständen im Einzelfall - dazu, dass mit der Einlösung der Verordnung der Krankenkasse, welche die Verordnungskosten zu tragen hat, ein Schaden entsteht ( - SozR 4-2500 § 106 Nr 28 RdNr 25; - SozR 4-2500 § 106 Nr 31 RdNr 19). Denn während eines stationären Aufenthalts obliegt dem Krankenhaus grundsätzlich auch die Arzneimittelversorgung des Patienten.

22bb) Dies folgt aus § 39 Abs 1 Satz 3 SGB V sowie aus den Regelungen des Krankenhausentgeltgesetzes (KHEntgG). Nach § 39 Abs 1 Satz 3 Halbsatz 1 SGB V umfasst die Krankenhausbehandlung im Rahmen des Versorgungsauftrags des Krankenhauses alle Leistungen, die im Einzelfall nach Art und Schwere der Krankheit für die medizinische Versorgung der Versicherten im Krankenhaus notwendig sind, insbesondere ärztliche Behandlung (§ 28 Abs 1 SGB V), Krankenpflege, Versorgung mit Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln, Unterkunft und Verpflegung. § 2 Abs 1 Satz 1 KHEntgG bestimmt, dass auch die Versorgung mit Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln, die für die Versorgung im Krankenhaus notwendig sind, zu den Krankenhausleistungen nach § 1 Abs 1 KHEntgG gehört. Die in diesem Sinne notwendige Arzneimittelversorgung ist mithin grundsätzlich vom Krankenhaus sicherzustellen und mit der Vergütung abgegolten, die von der Krankenkasse gemäß dem KHEntgG und dem Krankenhausfinanzierungsgesetz für den Krankenhausaufenthalt entrichtet wird (vgl hierzu § 1 Abs 1 KHEntgG).

23Eine Ausnahme vom Verbot vertragsärztlicher Parallelbehandlung (vgl - BSGE 134, 132 = SozR 4-2500 § 107 Nr 3, RdNr 13 mwN) bei vollstationärer Krankenhausbehandlung besteht nur insoweit, als eine Dialyse und - seit (vgl Art 3 Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz <KHVVG> vom , BGBl I Nr 400) - eine Strahlentherapie, wenn ihre Durchführung durch Dritte medizinisch notwendig ist, nicht zu den Krankenhausleistungen gehören (vgl § 2 Abs 2 Satz 3 Nr 1 und 2 KHEntgG; eine weitere Ausnahme für die Dolmetscherassistenz bei Hörbehinderung regelt § 2 Abs 2 Satz 3 Nr 3 KHEntgG). In diesen ausdrücklich geregelten Ausnahmefällen ist es möglich, dass neben der vollstationären Krankenhausbehandlung eine vertragsärztliche Behandlung erfolgt. Soweit § 39 Abs 1 Satz 3 SGB V zudem zu entnehmen ist, dass kein Verordnungsausschluss für die vertragsärztliche Behandlung für solche Verordnungen gilt, die nicht "für die Versorgung im Krankenhaus notwendig sind", wird hiermit kein weiterer Raum für eine Parallelbehandlung eröffnet. Vielmehr wird damit eine zeitliche Abgrenzung getroffen: Fälle, in denen sich der Verordnungsbedarf auf einen Zeitraum außerhalb der vollstationären Krankenhausbehandlung erstreckt, sind entsprechend den allgemeinen Grundsätzen vorrangig vertragsärztlich zu behandeln ( - BSGE 115, 11 = SozR 4-2500 § 69 Nr 9, RdNr 17; LSG Niedersachsen-Bremen Urteil vom - L 3 KA 57/19 - juris RdNr 37; noch offengelassen - SozR 4-2500 § 106 Nr 31 RdNr 14; vgl auch - juris RdNr 15). Obwohl den Krankenhäusern im Rahmen des Entlassmanagements ein eingeschränktes Arzneimittelverordnungsrecht auch für die Zeit nach der Entlassung aus dem Krankenhaus eingeräumt ist (vgl § 39 Abs 1a Satz 8 und 9 SGB V), bleibt es grundsätzlich die Aufgabe der Vertragsärzte, die ambulante Versorgung der Versicherten nach einer Krankenhausbehandlung sicherzustellen (vgl Gesetzentwurf zum GKV-VSG, BT-Drucks 18/4095 S 76).

24cc) Auch wenn während eines stationären Aufenthalts dem Krankenhaus - und nicht dem Vertragsarzt - die Arzneimittelversorgung des Patienten obliegt, handelt es sich nicht um eine Fallgestaltung, aus der sich die Unzulässigkeit der ärztlichen Verordnung unmittelbar und eindeutig aus dem Gesetz selbst iS des § 106 Abs 5 Satz 8 SGB V aF ergibt.

25(1) Der Anspruch auf Ersatz eines sonstigen Schadens ist nach der Rechtsprechung des Senats gerade dadurch charakterisiert, dass er an die Grundsätze des Schadensersatzrechts angelehnt und deshalb auch verschuldensabhängig ausgestaltet ist (vgl nur - SozR 4-2500 § 106 Nr 31 RdNr 34-35 mwN; - SozR 4-2500 § 106a Nr 15 RdNr 39). Er unterliegt damit strengeren Anforderungen als Verordnungsregresse, die unmittelbar dem Rechtsbereich der Wirtschaftlichkeitsprüfung nach § 106 SGB V ff zugeordnet sind (vgl ua - SozR 3-2500 § 106 Nr 38 S 212; - SozR 3-2500 § 106 Nr 52 S 283 f; - SozR 4-2500 § 106 Nr 31 RdNr 34-35). In Prüfverfahren wegen eines sonstigen Schadens, wie es hier im Streit steht, ist neben einer fehlerhaften Verordnung ein Verschulden des betroffenen Vertragsarztes zu klären. Das erforderliche schuldhafte Handeln kann Vertragsärzten dabei nur dann vorgehalten werden, wenn sie einer sie betreffenden Verpflichtung zuwider gehandelt hätten ( - juris RdNr 9). Daher bedarf es regelmäßig einer einzelfallbezogenen Prüfung, die je nach Komplexität des zugrunde liegenden Sachverhalts durchaus umfangreicher ausfallen kann. Bereits die Erwartung des Gesetzgebers, dass die Ausnahmeregelung des § 106 Abs 5 Satz 8 SGB V aF "vergleichsweise leicht überprüfbare Sachverhalte" erfassen und den Beschwerdeausschuss von einer Vielzahl "gleichartig zu bearbeitender Einzelvorgänge" entlasten soll (Fraktionsentwurf zum GKV-WSG vom , BT-Drucks 16/3100 S 138), wird damit nicht erfüllt. Es handelt sich nicht um Fallgestaltungen, die eher technischen Charakter haben und die ganz überwiegend die Umsetzung eindeutiger normativer Vorgaben erforderlich machen.

26Insoweit unterscheidet sich die vorliegende Konstellation auch von den Fällen, in denen ein von der Versorgung grundsätzlich kraft Gesetzes oder Richtlinien nach § 92 SGB V ausgeschlossenes Arzneimittel in besonderen Ausnahmefällen mit Begründung verordnet werden darf (vgl für den Ausschluss des Vorverfahrens in diesen Fällen RdNr 18; zum Leistungsausschluss von Cannabis kraft Gesetzes bei fehlender Genehmigung der Krankenkasse auch - RdNr 15, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Das von der Klägerin verordnete Arzneimittel Abstral ist grundsätzlich zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung verordnungsfähig. Beanstandet wird (allein) die Art und Weise der konkreten Ausstellung der Verordnung, die nur dann als Schadensersatzanspruch realisiert werden kann, wenn den Vertragsarzt ein Verschulden trifft. Dass der Gesetzgeber im Verordnungsbereich auch für solche sonstigen Schäden einen Ausschluss des Vorverfahrens vor dem Beschwerdeausschuss regeln wollte, ist gerade nicht ersichtlich.

27(2) Diese Auslegung berücksichtigt, dass das Vorverfahren die Verwaltung in die Lage versetzen soll, ihre Verwaltungsakte im Wege der Selbstkontrolle zu überprüfen, den Rechtsschutz der betroffenen Bürger zu verbessern und die Gerichte vor Überlastung zu schützen (vgl Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, SGG, 14. Aufl 2023, Vor § 77 RdNr 1a). Auch der erkennende Senat hat stets betont, dass die Überprüfung in einem Vorverfahren insbesondere der Verwaltung die Gelegenheit bieten soll, Fehlentscheidungen selbst zu korrigieren und damit zugleich im Sinne einer Filterfunktion dem Interesse der Entlastung der Gerichte dient (vgl - BSGE 108, 175 = SozR 4-2500 § 106 Nr 32, RdNr 28). Dementsprechend ist es im Hinblick auf die notwendige Verschuldensprüfung sachgerecht, dass der Beschwerdeausschuss das Vorverfahren als Akt der Selbstkontrolle durchführt, bevor der Rechtsweg zu den Sozialgerichten beschritten werden kann.

28(3) Hiergegen kann die Beklagte auch nicht einwenden, die Beurteilung der Verschuldensfrage bedürfe nicht der besonderen medizinischen Sachkunde des Beschwerdeausschusses. Zutreffend ist, dass im Rahmen der Verschuldensprüfung des Vertragsarztes typischerweise keine schwierigen medizinischen Fragestellungen - wie dies zB bei einem Arzneimittelregress wegen zulassungsüberschreitender Verordnung eines Medikaments (Off-Label-Use) regelmäßig der Fall ist - beantwortet werden müssen. Eine Beschränkung der Prüfungskompetenz des Beschwerdeausschusses auf Fälle, in denen sich komplexe medizinische Fragen stellen, lässt sich dem Gesetz jedenfalls nicht entnehmen. Im Übrigen kann von einem vergleichsweise leicht zu ermittelnden Sachverhalt bei der Feststellung von sonstigen Schäden auch nicht regelhaft ausgegangen werden. Vielmehr sind zahlreiche Konstellationen denkbar, in denen zur Schadensfeststellung ein erhöhter Ermittlungsaufwand notwendig ist. Dabei können je nach Konstellation auch medizinischer Sachverstand oder jedenfalls Erfahrungen im ärztlichen Praxisalltag gefordert sein.

29Der Senat hat bereits entschieden, dass mangels entsprechender Rechtsgrundlage keine generelle Verpflichtung der Vertragsärzte besteht, sich vor Ausstellung einer Arzneimittelverordnung zu vergewissern, dass der Versicherte, für den die Verordnung ausgestellt wird, sich zu diesem Zeitpunkt nicht in einer stationären Krankenhausbehandlung befindet ( - juris RdNr 9; vgl auch - juris RdNr 9 zu einer stationären medizinischen Rehabilitationsmaßnahme). Dies schließt es nicht aus, dass Vertragsärzte im Einzelfall gehalten sein können, vor Ausstellung einer Verordnung abzuklären, ob dem ein stationärer Krankenhausaufenthalt des Patienten entgegensteht. Für einen solchen Ausnahmefall müssen jedoch konkrete Anhaltspunkte bestehen. Auch wenn ein Patient zB telefonisch um Ausstellung eines Folge-Rezepts für eine Dauermedikation bittet, reicht dies allein als Indiz für ein Verschulden des Vertragsarztes nicht aus. Es bedarf vielmehr des Hinzutretens weiterer Gesichtspunkte - etwa eine vom Patienten gegenüber dem Arzt geäußerte Absicht, sich stationär behandeln lassen zu wollen - um eine Nachforschungspflicht zu begründen ( - juris RdNr 10). Nach diesen Grundsätzen ist eine Einzelfallprüfung dahingehend erforderlich, ob - ausnahmsweise - eine solche Nachforschungspflicht des Vertragsarztes angenommen werden kann. Dies wird sich häufig erst nach umfassender Aufklärung des Sachverhalts und eingehender Prüfung der streitigen Verordnung abschließend klären lassen (vgl zur Prüfung einer verschuldeten Pflichtverletzung als Voraussetzung eines sonstigen Schadens zB auch - SozR 4-5540 § 48 Nr 2 RdNr 39 ff zum Verstoß gegen persönliche Unterzeichnung von Arzneimittelverordnungen).

30(4) Für die Frage, ob gegen einen Regressbescheid der Beschwerdeausschuss angerufen werden muss oder unmittelbar Klage erhoben werden kann, kann es im Übrigen nicht darauf ankommen, wie der Arzt seinen Rechtsbehelf begründet und ob sich danach insbesondere ein Verschulden seinerseits aufdrängt oder eben nicht. Über das Eingreifen der Ausnahmeregelung muss spätestens mit Erlass des Bescheids der Prüfungsstelle Klarheit bestehen: Alle Beteiligten müssen wissen, ob gegen die Entscheidung der Prüfungsstelle unmittelbar Klage zu erheben ist oder ob es zur Durchführung eines Verwaltungsverfahrens in zweiter Instanz beim Beschwerdeausschuss kommt. Die Prüfungsstelle muss eine Rechtsbehelfsbelehrung erteilen, auf deren Richtigkeit sich der Arzt verlassen können muss ( - SozR 4-2500 § 106 Nr 45 RdNr 27).

313. Nach alledem muss der Senat den Rechtsstreit nach § 170 Abs 2 Satz 2 SGG an das LSG zurückverweisen. Das LSG hat - von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - dem Kläger keine Gelegenheit gegeben, durch Aussetzung des gerichtlichen Verfahrens (§ 114 Abs 2 SGG analog) das gebotene Verfahren vor dem Beschwerdeausschuss nachzuholen (vgl zB - juris RdNr 12 ff; Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, SGG, 14. Aufl 2023, § 78 RdNr 3a mwN). Es hat die Berufung als unbegründet zurückgewiesen und die Abweisung der Klage durch das SG bestätigt, obwohl eine Sachentscheidung im Anschluss an ein nachzuholendes Verfahren vor dem Beschwerdeausschuss hätte ergehen müssen. Wurde vor Klageerhebung kein Widerspruchsverfahren durchgeführt, führt das im Regelfall nicht zur Abweisung einer Klage als unzulässig. Den Beteiligten ist vielmehr Gelegenheit zur Nachholung zu geben (vgl nur - SozR 3-1500 § 78 Nr 5 S 10, 15). Soweit die Beklagte im Verfahren vor dem LSG mitgeteilt hat, dass der Beschwerdeausschuss die Durchführung eines Verfahrens ablehne, "da die Rechtssache dort nicht anhängig sei", hat das LSG zutreffend darauf hingewiesen, dass die Klage gegen den Bescheid der Prüfungsstelle gleichzeitig als Widerspruch angesehen werden kann (vgl 8/7 RU 11/70 - BSGE 35, 267, 271; - SozR 3-1500 § 78 Nr 5 S 10, 12; - BSGE 108, 175 = SozR 4-2500 § 106 Nr 32, RdNr 36). Die Zurückverweisung an das LSG hat nach der dargestellten Rechtslage zur Folge, dass dem Beschwerdeausschuss Gelegenheit zur Durchführung des Verfahrens gegen die Entscheidung der Prüfungsstelle zu geben ist. Erst danach kann das LSG eine erneute Entscheidung über die Klage treffen, sofern dem Widerspruch nicht abgeholfen wird.

32B. Das LSG wird bei seiner neuen Entscheidung auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.

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ECLI Nummer:
ECLI:DE:BSG:2025:260325UB6KA624R0

Fundstelle(n):
KAAAJ-95569