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BVerfG Urteil v. - 1 BvR 1931/23

Stattgebender Kammerbeschluss: Faktisch unbefristeter Umgangsausschluss verletzt Elternrecht (Art 6 Abs 2 S 1 GG) des betroffenen Vaters - unzureichende fachgerichtliche Darlegungen zur Verhältnismäßigkeit

Gesetze: Art 6 Abs 2 S 1 GG, § 93c Abs 1 S 1 BVerfGG, § 1666 Abs 1 BGB, § 1666 Abs 3 Nr 6 BGB, § 1684 Abs 4 S 2 BGB

Instanzenzug: Az: 3 UF 8/23 Beschlussvorgehend AG Erfurt Az: 34 F 1341/21 Beschluss

Gründe

1 Die Verfassungsbeschwerde betrifft einen langjährigen Umgangsausschluss.

I.

2 1. Der Beschwerdeführer ist Vater einer im Juni 2012 geborenen Tochter und eines im März 2015 geborenen Sohnes, die beide aus der inzwischen geschiedenen Ehe mit der Mutter der Kinder hervorgegangen sind. Die Familie lebte zunächst gemeinsam in der Ukraine. Der Beschwerdeführer übersiedelte wohl gegen Ende des Jahres 2017 allein mit der Tochter in die Bundesrepublik Deutschland. Die Mutter zog mit dem Sohn erst im November 2020 nach. Seit Februar 2021 lebten die Eheleute getrennt. Die Mutter gab als Trennungsgrund Gewalttätigkeiten sowie Todesdrohungen gegen sie durch den Beschwerdeführer an. Mit den Kindern begab sie sich nach der Trennung zunächst in ein Frauenhaus und bezog später eine eigene Wohnung, in der sie und die Kinder weiterhin leben. Ein gegen den Beschwerdeführer wegen Straftaten zu Lasten der Mutter geführtes strafrechtliches Ermittlungsverfahren stellte die Staatsanwaltschaft im November 2021 mangels hinreichenden Tatverdachts nach § 170 Abs. 2 StPO ein.

3 2. Nach der Trennung der Eltern hat das damals zuständige Familiengericht in einem einstweiligen Anordnungsverfahren zum Sorgerecht im September 2021 das Aufenthaltsbestimmungsrecht und die Gesundheitssorge einstweilen auf die Mutter übertragen. Der in diesem Verfahren bestellte Verfahrensbeistand hat berichtet, dass die Tochter ihm gegenüber geäußert habe, sie habe Angst vor dem Beschwerdeführer. Er habe sowohl sie, ihren kleinen Bruder als auch die Mutter geschlagen. Zweimal habe er ihr einen Gegenstand an den Kopf geworfen, einmal ein Spielzeug und einmal einen Kamm. Außerdem würde sie der Beschwerdeführer immer anschreien, wenn er schlecht gelaunt sei. Der Beschwerdeführer habe oft schlechte Laune. Sie habe mehrfach gesehen, wie der Beschwerdeführer die Mutter mit der flachen Hand geschlagen, ins Gesicht gespuckt und mehrfach gesagt habe, dass er die Mutter töten werde. Sie wolle deswegen ihren Vater nicht sehen. Auch einen begleiteten Umgang lehne sie ab. In das Gericht werde sie nur kommen, wenn sie dort nicht auf ihren Vater treffe. Im Verlaufe des genannten Verfahrens hatte der Beschwerdeführer bereits zuvor der Mutter eine Vollmacht für Schul- und Kindergartenangelegenheiten sowie für die Vertretung der Kinder gegenüber Behörden erteilt.

4 3. In dem der Verfassungsbeschwerde zugrundeliegenden Ausgangsverfahren hat der Beschwerdeführer eine Regelung seines Umgangs mit den Kindern beantragt, die ihm jedes zweite Wochenende Umgang gewährt. Die Mutter ist dem entgegengetreten und hat beantragt, den Umgang des Beschwerdeführers mit den Kindern für zwei Jahre auszuschließen.

5 a) In dem Umgangsverfahren hat das Jugendamt von einem Gespräch mit der Mutter am berichtet, wonach diese nicht wolle, dass der Beschwerdeführer Umgang mit den Kindern habe. Er sei sehr schlecht zu ihr und den Kindern gewesen, habe den Kindern sowohl seelische als auch körperliche Gewalt angetan, sei hart zu ihnen gewesen und habe sie oft zuhause alleingelassen. Zudem hätten die Kinder, insbesondere die Tochter, Ängste vor dem Beschwerdeführer. Er habe auch mehrfach gedroht, die Kindesmutter umzubringen oder die Kinder zu entführen. Die für die Kinder bestellte Verfahrensbeiständin hat im April 2022 berichtet, dass die Tochter ihre vorherigen - im einstweiligen Anordnungsverfahren zur elterlichen Sorge getätigten - Angaben über den Beschwerdeführer wiederholt habe. Der erfolgte Wohnortwechsel gefalle ihr gut, sie wohnten jetzt mit der Kindesmutter in einer schönen Wohnung. Den Beschwerdeführer wolle sie nicht sehen, auch nicht in Begleitung von anderen Menschen. Der Sohn habe mangels ausreichender Sprachkenntnisse wenig mitteilen können. Auf die - von der Tochter übersetzte - Frage nach schönen Erlebnissen mit dem Beschwerdeführer habe er aber den Kopf geschüttelt.

6 b) Das Familiengericht hat die Kinder, die Eltern, die Verfahrensbeiständin sowie das Jugendamt mehrfach persönlich angehört. Die Tochter hat hierbei im Dezember 2021 erklärt, den Kontakt zum Beschwerdeführer abzulehnen. Auf die Frage des Gerichts was passieren müsse, damit sie ihren Vater wiedersehen könne, habe das Kind ausgeführt, es müssten da 1.000 Polizisten stehen. Vom Beschwerdeführer wünsche sie sich, dass er sich normal verhalte, er nur dasitzen und sie und ihren Bruder nicht anfassen solle. Der Familienrichter solle ihre Mama beschützen. Der Beschwerdeführer solle sie in Ruhe lassen, insbesondere an Weihnachten. Einmal habe sie auch gehört, dass der Papa zur Mama gesagt habe, dass er die Mama töten wolle, das mache man doch nicht, wenn man seine Kinder lieb habe. Der Sohn hat angegeben, sich nicht daran zu erinnern, wann er den Beschwerdeführer das letzte Mal gesehen habe. Ungefragt habe er sich aber daran erinnert, dass der Vater ihn auf den "Po" geschlagen habe. Er wolle nichts mit dem Beschwerdeführer unternehmen. Die Verfahrensbeiständin hat ausgeführt, dass die Kinder zum jetzigen Zeitpunkt kein Vertrauen zu ihrem Vater hätten. Um zu lernen wie er seine Kinder wieder für sich gewinnen könne, brauche der Beschwerdeführer Unterstützung.

7 Im Termin zur mündlichen Erörterung am haben sich die Beteiligten darauf geeinigt, dass drei Monate lang keine Umgänge stattfinden sollten. Die Kinder sind bei dem Kinderschutzdienst angebunden worden. Der Beschwerdeführer hat sich verpflichtet, an einem Beratungsangebot für in Partnerschaften gewalttätige Partner, die sich Unterstützung bei der Gewaltvermeidung wünschten, teilzunehmen. Im Mai 2022 hat die Beratungsstelle mitgeteilt, dass der Beschwerdeführer keine Schuldeinsicht zeige und sich primär als Opfer sehe. Das Projekt sei daher nicht das geeignete Hilfsangebot für ihn.

8 Im genannten Termin vom hatte der Beschwerdeführer sich zudem verpflichtet, Briefe an die Kinder zu schreiben und hierbei das gerichtliche Verfahren sowie den elterlichen Konflikt nicht zu thematisieren. In den Briefen hat der Beschwerdeführer den Kindern dann geschrieben, dass er sie liebe und vermisse und häufig an sie denke. In einem an die Tochter gerichteten Brief hat er zudem (übersetzt) ausgeführt:

"Ich vermisse euch… Warum schreibst Du mir keine Briefe mehr? Ich habe Dir 2 Briefe geschrieben, bekam aber bis jetzt keine Antwort. Ist das möglich, dass Du mich nicht mehr liebst? Das geht nicht, ich bin doch Dein Papa!!! Oder bist Du wie Deine Mama geworden, dass Du mich nicht mehr brauchst, wenn ich kein Geld mehr habe? Ich bedaure das sehr und leide darunter, dass Du mich so behandelst. (...), Du bist doch nicht mehr so klein und begreifst doch, dass Du mich sehr verletzt. … Ich liebe Dich trotzdem und bin Dir nicht böse. …".

9 In einem weiteren Anhörungstermin am ist eine Mitarbeiterin des Kinderschutzdienstes zu ihrer Arbeit mit den Kindern gehört worden. In dem Termin hat das Familiengericht darauf hingewiesen, dass nach derzeitigem Sachstand ein begleiteter Umgang oder gar ein Umgangsausschluss in Betracht komme. In ihren Berichten vom 8. beziehungsweise haben das Jugendamt und die Verfahrensbeiständin empfohlen, derzeit beziehungsweise solange der Beschwerdeführer keine respektvolle Haltung gegenüber der Kindesmutter einnehme und die Kinder in die Elternkonflikte einbeziehe, keinen Umgang durchzuführen. Dieser wäre nicht förderlich für die Kinder.

10 c) Mit angegriffenem Beschluss vom hat das Familiengericht den Umgang des Beschwerdeführers mit beiden Kindern jeweils bis zu deren 18. Lebensjahr ausgeschlossen.

11 Zur Abwehr einer Kindeswohlgefährdung sei es erforderlich und angemessen, den Umgang des Vaters mit den Kindern nach § 1684 Abs. 4 Satz 2 BGB auszuschließen. Grund dafür sei der mehrfach geäußerte, mit dem Mit- und Selbsterleben körperlicher Gewalt durch den Beschwerdeführer begründete Wille der Kinder. Das Gericht sei aufgrund der im einstweiligen Anordnungsverfahren zum Sorgerecht vor dem vormals zuständigen Familiengericht sowie aufgrund der in diesem Verfahren durchgeführten Anhörungen und des Eindrucks von den beiden Kindern davon überzeugt, dass ein gegen den Willen der Kinder erzwungener Umgang derzeit und bis auf Weiteres eine erhebliche und konkrete Gefährdung des Kindeswohls darstelle. Die Gefährdung ergebe sich zum einen daraus, dass die Kinder selbst Opfer von Gewalttätigkeiten durch den Vater geworden seien. Die Tochter habe im Verfahren vor dem vormals zuständigen Familiengericht des früheren Wohnortes und beide Kinder im hiesigen Verfahren wiederholt gegenüber allen Verfahrensbeteiligten von Gewalt zulasten beider Kinder berichtet. Das Gericht glaube diesen Berichten, wonach die Tochter vom Beschwerdeführer geschlagen, mit Gegenständen beworfen und angeschrien worden sei und der Sohn von dem Beschwerdeführer auf den "Po" geschlagen und am Ohr gezogen worden sei. Zum anderen stelle es eine eigenständige Kindesmisshandlung dar, dass die Kinder Gewalt des Beschwerdeführers zulasten der Kindesmutter miterleben mussten. Das Gericht glaube auch diesen Schilderungen der Tochter, welche mit den Angaben der Kindesmutter korrespondierten.

12 4. a) In seiner dagegen gerichteten Beschwerde hat der Beschwerdeführer beanstandet, dass im Verfahren kein Sachverständigengutachten eingeholt worden sei. Gewalthandlungen habe es nicht gegeben, weswegen ja auch das staatsanwaltschaftliche Verfahren eingestellt worden sei. Seine Beziehung zu seiner Tochter sei früher sehr gut, deren Beziehung zur Kindesmutter dagegen angstbesetzt gewesen. Das könne ein - mit ladungsfähiger Adresse benannter - Kinderpsychologe, bei dem die Tochter in der Zeit, als sie noch allein mit ihm in Deutschland gelebt habe, in Behandlung war, bezeugen. Auch gebe es Videoaufzeichnungen, die bewiesen, dass ein Vertrauensverhältnis des Beschwerdeführers zu seinen Kindern bestehe und diese den Umgang bis Mai 2021 genossen hätten. Ein weiterer Zeuge könne bekunden, dass die Kindesmutter gesagt habe, dass sie ihren Widerstand gegen Umgänge aufgeben würde, wenn der Beschwerdeführer ihr die Reisepässe der Kinder und das ihr zustehende Gold geben würde. Wegen des bereits langandauernden Kontaktabbruchs hat der Beschwerdeführer in zweiter Instanz eine Umgangsregelung in Gestalt zunächst begleiteter Umgänge beantragt.

13 b) Das Oberlandesgericht hat im Beschwerdeverfahren aktuelle Berichte des Jugendamtes und der Verfahrensbeiständin eingeholt. Diese hat ausgeführt, die Demütigungen und Todesdrohungen gegenüber der Mutter stellten eine nachhaltige Kindeswohlgefährdung dar. Dass der Beschwerdeführer der Tochter in den Briefen vorgeworfen habe, sie werde wie ihre Mutter, schade dem Selbstwert der Tochter und ihrer emotionalen Sicherheit massiv. Der Beschwerdeführer zeige keine Schuldeinsicht und sei sich der Bedürfnisse seiner Kinder nach einem angemessenen Umgang im Sinne des Kindeswohls und entsprechender Rechte der Kinder auf Sicherheit, Schutz, Unversehrtheit und die Freiheit der eigenen Entwicklung nach demokratischen Grundregeln und Selbstbestimmung nicht bewusst. Die von den Kindern beschriebenen Verhaltensweisen des Beschwerdeführers widersprächen jeglicher Möglichkeit einer gesunden Entwicklung der Kinder. Im Sinne der Kindesentwicklung nach einem Wertesystem, welches auf Achtung und Respekt statt auf Repression, Gewalt und Unterdrückung basiere, stehe das fehlende Bewusstsein des Beschwerdeführers für sein massives Fehlverhalten der gesunden Entfaltung der Kinder entgegen, weswegen der familiengerichtliche Beschluss zu befürworten sei. Das Jugendamt hat seine Einschätzung wiederholt, dass ein Umgang mit dem Beschwerdeführer zum jetzigen Zeitpunkt nicht förderlich für die Kinder wäre.

14 Darüber hinaus hat das Oberlandesgericht die Beteiligten am persönlich angehört. Der Beschwerdeführer hat dabei erklärt, in der Vergangenheit eine wunderbare Beziehung zu den Kindern gehabt zu haben. Dies könnten auch die Schule und sämtliche Bekannte bestätigen. Die Tochter sei in Deutschland bei einem Psychologen gewesen, weil sie Angst vor der Kindesmutter gehabt habe. Die Kinder seien seit zwei Jahren einer Gehirnwäsche unterzogen worden. Die Verfahrensbeiständin hat berichtet, dass es den Kindern - außerhalb des Verfahrens - gut gehe. Es sei aus Kindeswohlgründen erforderlich, den Wünschen der Kinder Genüge zu tun und das Verfahren zeitnah zu beenden. Das Jugendamt hat ausgeführt, die Angaben der Kinder für authentisch zu halten. Indizien dafür, dass die Kindesmutter die Kinder manipuliere, gebe es nicht. Der Beschwerdeführer habe sich im Gespräch mit dem Jugendamt uneinsichtig und wenig reflektiert gezeigt.

15 Das Oberlandesgericht hat auch die Kinder persönlich angehört. Die Tochter, die nach dem Eindruck des Oberlandesgerichts deutlich älter als ihre damaligen elf Jahre wirke, hat ihre früheren Angaben wiederholt. Auch in der Zeit, als sie noch mit dem Beschwerdeführer allein in Deutschland gelebt habe, habe dieser zur Strafe mit Spielzeug auf sie geworfen und sie angeschrien. Sie wolle den Beschwerdeführer nicht sehen, weil sie Angst vor ihm habe und er immer Ärger bereite. Er habe auch gesagt, dass er mit ihr und dem Bruder in die Ukraine zurückkehren wolle. Sie mache sich Sorgen um die Mutter und den Bruder wegen des Verhaltens des Beschwerdeführers. Der Sohn hat angegeben, sich eigentlich gar nicht mehr richtig an den Vater erinnern zu können. Dieser sei aber böse. Er habe Angst, dass der Beschwerdeführer mit ihm und der Schwester Deutschland verlassen wolle. Er wolle aber bei der Mama bleiben.

16 c) Mit angegriffenem Beschluss vom hat das Oberlandesgericht die Beschwerde des Beschwerdeführers zurückgewiesen. Die Aussetzung des Umgangs sei im vorliegenden Fall ausnahmsweise für eine solch lange Zeit gerechtfertigt.

17 aa) Grundlage des Umgangsausschlusses sei § 1684 Abs. 4 BGB. Seine Anordnung setze eine Kindeswohlgefährdung voraus, die gegeben sei, wenn eine Gefahr in solchem Maße bestehe, dass sich bei der weiteren Entwicklung eine erhebliche Schädigung des Kindeswohls mit ziemlicher Sicherheit voraussehen lasse. Nach der jüngeren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs genüge es allerdings bei hinreichend hoher Bedeutung des bedrohten Rechtsguts, dass ein Schadenseintritt wahrscheinlicher sei als ein schadensfreier Verlauf; es genüge insoweit eine hinreichende Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts.

18 bb) Die von den Kindern immer wieder geschilderten miterlebten Gewalterfahrungen und die Todesdrohung gegenüber der Mutter stellten eine nachhaltige Kindeswohlgefährdung dar. Der Schaden auch in Form einer drohenden Traumatisierung, sollte diese nicht ohnehin schon eingetreten sein, sei bei Fortführung der Umgänge mehr als wahrscheinlich. Der Ausschluss des Umgangs für eine längere Zeit sei erforderlich, um eine Kindeswohlgefährdung abzuwenden.

19 (1) Es stehe zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die immer wieder von den Kindern geschilderten miterlebten Gewalterfahrungen und Todesdrohungen stattgefunden hätten. Konkret hätten die Kinder folgende Vorfälle geschildert: Gegenüber der Mitarbeiterin einer Gewaltpräventionsstelle habe die Tochter angegeben, der Beschwerdeführer schreie ihre Mutter an und boxe sie. Er sei ihr und ihrem Bruder gegenüber handgreiflich geworden. Ihren Bruder habe er auf den "Po" gehauen und am Ohr gezogen. Die Tochter habe er häufig angeschrien und mit Gegenständen nach ihr geworfen, wenn sie sich zwischen die Eltern gestellt habe. Gegenüber dem Verfahrensbeistand habe die Tochter im Sorgerechtsverfahren angegeben, dass der Beschwerdeführer ihr zweimal einen Gegenstand an den Kopf geworfen habe, einmal ein Spielzeug und einmal einen Kamm. Außerdem würde sie der Beschwerdeführer immer anschreien, wenn er schlecht gelaunt sei. Dies sei häufig der Fall. Ferner habe sie mehrfach gesehen, wie der Beschwerdeführer die Mutter mit der flachen Hand geschlagen habe und ihr ins Gesicht gespuckt habe. Ebenfalls mehrfach habe er auch gesagt, dass er die Mutter töten werde. Die Verfahrensbeiständin habe im vorliegenden Verfahren ausgeführt, dass die Kinder berichtet hätten, der Beschwerdeführer habe die Familienmitglieder geschlagen, bedroht und angeschrien, mit Gegenständen geworfen und gedroht, die Mutter zu töten und ihr den Kopf abzuhacken. Der Sohn habe ungefragt berichtet, dass er vom Beschwerdeführer auf den "Po" geschlagen worden sei. Im Rahmen der vom Senat durchgeführten Kindesanhörung habe die Tochter angeführt, der Vater habe sie mit harten Sachen, nämlich Spielzeug beworfen, wenn sie nicht auf ihn gehört habe. Er habe sie auch in der Wohnung alleine gelassen.

20 (2) Aus diesem Gewalterleben habe sich eine den Beschwerdeführer stark ablehnende und angstbesetzte Haltung der Kinder entwickelt. Bereits aus der Anhörung der Kinder vor dem Familiengericht ergebe sich, dass diese ihren Vater stark ablehnten. Die Tochter habe offensichtlich Angst vor dem Beschwerdeführer. Gegenüber dem Verfahrensbeistand des Vorverfahrens habe die Tochter ihre Ängste geäußert und ausgeführt, Angst zu haben, den Beschwerdeführer zu sehen und nur in das Gericht kommen zu wollen, wenn sie dort nicht auf den Vater treffe. Gegenüber der Verfahrensbeiständin im Ausgangsverfahren hätte die Tochter geäußert, die Zeit des Zusammenlebens der Familie in Deutschland sei eine Zeit der Angst gewesen. Sie wolle den Beschwerdeführer nicht sehen, auch nicht in Begleitung. Gegenüber dem Oberlandesgericht habe die Tochter ebenfalls erklärt, sie wolle den Vater in keinem Fall sehen, weil sie Angst vor ihm habe. Auch der Sohn habe in seiner Anhörung durch das Oberlandesgericht angegeben, Angst vor dem Beschwerdeführer zu haben und ihn daher nicht sehen zu wollen. Der Beschwerdeführer sei böse. Die Kinder ertrügen die Verhaltensweisen des Vaters (Gewalt und Beschimpfungen gegenüber der Mutter) nicht mehr. Auch aus den Briefen des Beschwerdeführers, welche dieser auf Anordnung des Familiengerichts an seine Kinder geschrieben habe, ergebe sich sein despektierliches Verhalten gegenüber der Kindesmutter. Die Verunglimpfung der Kindesmutter und die körperlichen Übergriffe durch den Beschwerdeführer belasteten auch die Kinder. Der Beschwerdeführer zeige keine Schuldeinsicht und trete gegenüber dem Vorwurf der häuslichen Gewalt bagatellisierend auf.

21 (3) Aufgrund dieser Umstände bestehe die Gefahr eines nachhaltigen seelischen und auch körperlichen Schadens bei beiden Kindern in einem so hohen Maße, dass der Umgang ausgeschlossen werden müsse.

22 (4) Zudem sei auch der Wille der (zum Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung) elfjährigen Tochter trotz ihres noch recht jungen Alters zu beachten. Dies gelte auch für ihren Bruder. Selbst bei unterstellter Manipulation des Kindeswillens durch die Mutter sei dieser zu berücksichtigen, solange die Äußerung der Kinder die tatsächlichen Bindungsverhältnisse zutreffend wiedergäbe. Dies sei hier der Fall, weil offensichtlich eine besondere Bindung und ein großes Vertrauensverhältnis der Kinder zur Kindesmutter bestehe. Ein gegen den ernsthaften Widerstand des Kindes erzwungener Umgang könne durch die Erfahrung der Missachtung der eigenen Persönlichkeit unter Umständen mehr Schaden verursachen als nutzen. Im vorliegenden Fall kämen noch die Gewalterfahrungen, die Demütigungen der Kindesmutter und die Todesdrohung gegenüber dieser hinzu. Damit werde auch das Recht der Kinder auf gewaltfreie Erziehung untergraben. In Anbetracht des ausdrücklichen, immer wieder geäußerten Wunsches der Kinder bestehe kein Zweifel daran, dass es sich um den wahren Willen der Kinder handele. Diese hätten sich in der Anhörung durch das Oberlandesgericht authentisch gezeigt, was die Vertreterin des Jugendamts und die Verfahrensbeiständin, beide Sozialpädagoginnen, bestätigt hätten. Aus diesem Grund sei es nicht angezeigt, die Kinder weiteren Anhörungen, etwa durch die Einholung eines familienpsychologischen Sachverständigengutachtens, auszusetzen. Es könne auch dahinstehen, ob eine Beeinflussung durch die Kindesmutter - für die keine Anhaltspunkte bestünden - gegen den Beschwerdeführer stattgefunden habe. Denn beide Kinder hätten den Umgangsausschluss für sich übernommen. Es sei die Entscheidung der Kinder, die ihr Leben friedlich gestalten wollten und von den Szenen, die sich ihnen im Kontakt mit dem Vater böten, verschont bleiben wollten.

23 cc) Ein milderes Mittel, etwa eine Umgangsbegleitung, scheide aus, weil die Kinder die Gegenwart des Beschwerdeführers als enorme Belastung empfänden. Es bestehe weiterhin gegenwärtig die Gefahr, dass sich der Beschwerdeführer nach dem bisherigen Verhalten, das er auch im Verfahren gezeigt habe, nicht mit dem nötigen Einfühlungsvermögen den Kindern nähern könne. Immer wieder, auch in den Briefen, lasse der Beschwerdeführer seinem Hass auf die Kindesmutter freien Lauf. Dies beeindrucke die Kinder so stark, dass diese ihren Vater vollständig ablehnten. Es sei zunächst vom Beschwerdeführer die Einsicht zu verlangen, sein bisheriges Verhalten der Kindesmutter und den Kindern gegenüber kritisch zu überdenken und grundlegend zu ändern, und nicht mit Druck und Gewalt auf die Familienmitglieder einzuwirken.

24 dd) Bei der Dauer des Umgangsausschlusses sei zu beachten, dass die Kinder durch die jahrelange Gewalterfahrung so verängstigt seien, dass sie den Beschwerdeführer nicht mehr sehen wollten. Den Kindern müsse zunächst einmal Ruhe gegönnt werden. Die Tochter habe erschöpft reagiert, als sie erfahren habe, dass der Beschwerdeführer gegen die erstinstanzliche Entscheidung Beschwerde eingelegt habe. Insbesondere die Tochter erscheine sehr belastet. Sie übernehme schon jetzt eine Schutzfunktion für die Mutter und habe im Gespräch mit dem Jugendamt geweint.

25 Der Ausschluss des Umgangs bis zur Volljährigkeit sei im Hinblick auf das Persönlichkeitsrecht der Kinder aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG aufgrund der Besonderheiten des konkreten Falls sachgerecht. Hierbei sei insbesondere zu berücksichtigen, dass die Kinder über viele Jahre dem gewalttätigen und herabsetzenden Verhalten des Beschwerdeführers und einer Vielzahl von Anhörungen und Verfahren ausgesetzt gewesen seien, ohne dass es ihnen möglich gewesen wäre, sich diesen vor Gericht ausgetragenen Streitigkeiten zu entziehen. Um die Kinder vor dem vom Beschwerdeführer aufgebauten Druck zu schützen und um einer zukünftigen Belastungsstörung zu entgehen, erscheine es sachgerecht, auf diese besondere Sachlage nicht mit einer Aneinanderreihung befristeter Umgangsausschlüsse zu reagieren, sondern die Fortdauer bis zur Volljährigkeit anzuordnen. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Aufhebung des Umgangsausschlusses und die Anordnung einer Umgangsregelung in Zukunft nicht völlig ausgeschlossen seien, sei die Dauer der Anordnung des Umgangsausschlusses gerechtfertigt.

26 5. Die dagegen vom Beschwerdeführer erhobene Anhörungsrüge hat das Oberlandesgericht mit nicht angegriffenem Beschluss vom zurückgewiesen.

27 6. Mit seiner Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer die Verletzung seines Elterngrundrechts aus Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG und seines Anspruchs auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG. Die Beschwerdeentscheidung des Oberlandesgerichts genüge nicht den vom Bundesverfassungsgericht zu Art. 6 Abs. 2 GG gebildeten Maßstäben. Es gebe viele Anknüpfungstatsachen, die auf eine positive Bindung der Tochter zum Beschwerdeführer schließen ließen. Auf diese sei das Oberlandesgericht jedoch überhaupt nicht näher eingegangen, sondern habe allein ergebnisorientiert den zuletzt geäußerten Willen der Tochter im Raum stehen lassen. Indes habe es einer weiteren Sachaufklärung, insbesondere einer sachkundigen Einschätzung durch einen Kinderpsychologen bedurft, worauf das strikte Distanzverhalten des Kindes beruhe. Im Ergebnis sei davon auszugehen, dass manipulierte Äußerungen der Tochter nahelägen, die nicht ihren wirklichen Bindungsverhältnissen entsprächen. Das Oberlandesgericht sei seinen Beweisangeboten fälschlich nicht gefolgt. Das Herausarbeiten des wahren Bindungsverhältnisses, zu dem auch die angebotenen Videos Schlussfolgerungen zugelassen hätten, sei die Aufgabe eines Sachverständigen.

28 7. Der Freistaat Thüringen, die Mutter und die Verfahrensbeiständin erhielten Gelegenheit zur Stellungnahme zur Verfassungsbeschwerde des Beschwerdeführers. Der Freistaat Thüringen hat von einer Stellungnahme abgesehen. Die Kindesmutter verteidigt die angegriffene Entscheidung und teilt ergänzend mit, dass der Beschwerdeführer den Kindern am auf dem Schulweg aufgelauert habe, woraufhin sie mit den Kindern erneut in einer Schutzwohnung untergebracht worden sei. Die Akten des Ausgangsverfahrens lagen dem Bundesverfassungsgericht vor.

II.

29 Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde insoweit zur Entscheidung an, als der Beschwerdeführer eine Verletzung seines Grundrechts aus Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG durch den rügt. Ihre Annahme ist insoweit zur Durchsetzung des Grundrechts des Beschwerdeführers angezeigt (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Auch die weiteren Voraussetzungen für eine stattgebende Kammerentscheidung in diesem Umfang liegen vor (§ 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG). Die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen sind durch das Bundesverfassungsgericht bereits geklärt und die Verfassungsbeschwerde ist offensichtlich begründet. Die gegen den Beschluss des Familiengerichts vom gerichtete Verfassungsbeschwerde ist dagegen nicht zulässig und wird nicht zur Entscheidung angenommen.

30 1. Der Beschwerdeführer hat nicht dargelegt, dass für die gegen den vorgenannten Beschluss des Familiengerichts gerichtete Verfassungsbeschwerde das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis besteht. Das Oberlandesgericht hat als Beschwerdegericht auf Grundlage ergänzender Sachverhaltsaufklärung eine eigene vollumfängliche Sachentscheidung getroffen. Die erstinstanzliche Entscheidung des Familiengerichts ist dadurch prozessual überholt (vgl. BVerfGK 7, 312 <316>; 10, 134 <138>). Eine isoliert verbleibende Grundrechtsverletzung und ein deswegen ausnahmsweise fortbestehendes Rechtsschutzbedürfnis (vgl. dazu BVerfGE 81, 138 <140 f.>) ist weder vorgetragen noch ersichtlich.

31 2. Die gegen den erhobene Verfassungsbeschwerde ist teilweise zulässig. Soweit eine Verletzung von Art. 103 Abs. 1 GG gerügt wird, genügt die Begründung der Verfassungsbeschwerde nicht den aus § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG folgenden Anforderungen (a). Diesen ist aber mit der Rüge einer Verletzung des Elterngrundrechts (Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG) noch genügt (b).

32 a) Die Rüge, in dem Anspruch auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG verletzt zu sein, genügt nicht den Darlegungsanforderungen der § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG (vgl. zu diesen BVerfGE 140, 229 <232 Rn. 9>; 149, 346 <359 Rn. 23>; 157, 300 <310 Rn. 25> m.w.N.). Der Beschwerdeführer hat nicht dargelegt, dass besondere Umstände vorlägen, die den Schluss zuließen, das Oberlandesgericht habe sein als gehörswidrig übergangen beanstandetes Vorbringen überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder bei der Entscheidung nicht erwogen (vgl. zu diesem Erfordernis BVerfGE 86, 133 <146>; stRspr).

33 b) Dagegen sind die Darlegungsanforderungen bei der Rüge, durch die Beschwerdeentscheidung des in Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG verletzt zu sein, noch gewahrt, obwohl der Beschwerdeführer mehrere Unterlagen, auf die sich die angegriffene Entscheidung bezieht, mit der Verfassungsbeschwerde weder vorgelegt noch ihrem wesentlichen Inhalt nach wiedergegeben hat.

34 Richtet sich eine Verfassungsbeschwerde gegen gerichtliche Entscheidungen, so zählt zwar zu den Anforderungen an die hinreichende Begründung nicht nur die Vorlage der angegriffenen Entscheidungen, sondern auch derjenigen Schriftstücke, ohne deren Kenntnis die Berechtigung der geltend gemachten Rügen sich nicht beurteilen lässt, zumindest aber deren Wiedergabe ihrem wesentlichen Inhalt nach, weil das Bundesverfassungsgericht nur so in die Lage versetzt wird, zu beurteilen, ob die Entscheidungen mit dem Grundgesetz in Einklang stehen (vgl. BVerfGE 112, 304 <314 f.>; 129, 269 <278>; stRspr). Hier hat der Beschwerdeführer weder die im Beschwerdeverfahren eingeholten Stellungnahmen der Verfahrensbeiständin und des Jugendamts noch den Vermerk über die Anhörung der Kinder durch das Oberlandesgericht vorgelegt, obwohl sich der angegriffene Beschluss darauf bezieht. Allerdings führt die unterbliebene Vorlage hier ausnahmsweise nicht zur Unzulässigkeit der Verfassungsbeschwerde. Der Zweck der aus § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG folgenden Darlegungsanforderungen, dem Bundesverfassungsgericht durch das Vorgelegte eine zuverlässige Grundlage für die Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde zu verschaffen (vgl. BVerfGE 149, 346 <360 Rn. 25> m.w.N.), wird durch die unterbliebene Vorlage nicht beeinträchtigt. Über die Rüge der Verletzung des Elterngrundrechts des Beschwerdeführers kann hier ohne Kenntnis der genannten Unterlagen entschieden werden, weil die Rechtsverletzung in einer den Garantien des Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG nicht genügenden Begründung der vorgelegten oberlandesgerichtlichen Entscheidung über den unbefristeten Umgangsausschluss besteht (Rn. 55 ff.). Für diese Beurteilung bedarf es der Kenntnis der vom Oberlandesgericht in Bezug genommenen Unterlagen nicht.

35 3. Soweit die Verfassungsbeschwerde zulässig ist, ist sie offensichtlich begründet. Der durch den angeordnete Umgangsausschluss bis zur jeweiligen Volljährigkeit seiner Kinder verletzt den Beschwerdeführer in seinem Elterngrundrecht aus Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG.

36 a) aa) Das Umgangsrecht eines Elternteils steht unter dem Schutz des Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG (vgl. BVerfGE 31, 194 <206 f.>; 64, 180 <187 f.>; stRspr). Es ermöglicht dem umgangsberechtigten Elternteil, sich von dem körperlichen und geistigen Befinden des Kindes und seiner Entwicklung durch Augenschein und gegenseitige Aussprache fortlaufend zu überzeugen, die verwandtschaftlichen Beziehungen zu ihm aufrechtzuerhalten und einer Entfremdung vorzubeugen, sowie dem Liebesbedürfnis beider Teile Rechnung zu tragen (vgl. BVerfGE 31, 194 <206>). Die Einschränkung oder der Ausschluss des Umgangsrechts kommen in Betracht, wenn nach den Umständen des Einzelfalls der Schutz des Kindes dies erfordert, um eine Gefährdung seiner seelischen oder körperlichen Entwicklung abzuwehren (vgl. BVerfGE 31, 194 <209 f.>). Entsprechend kann nach § 1684 Abs. 4 Satz 2 BGB eine Einschränkung oder ein Ausschluss des Umgangs für längere Zeit angeordnet werden, wenn anderenfalls das Wohl des Kindes gefährdet wäre. Das Gericht hat bei der Entscheidung über die Einschränkung oder den Ausschluss des Umgangs sowohl die betroffenen Grundrechtspositionen des Elternteils als auch das Wohl des Kindes und dessen Individualität als Grundrechtsträger zu berücksichtigen (vgl. BVerfGE 31, 194 <205 f.>; 64, 180 <187 f.>; siehe auch EGMR, Buchleither v. Deutschland, , 20106/13, § 43). Um dabei dem Elternrecht aus Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG gerecht zu werden, müssen die Fachgerichte bei einem länger andauernden oder einem unbefristeten Umgangsausschluss - insoweit nicht grundlegend anders als bei dem Entzug des Sorgerechts auf der Grundlage von § 1666 BGB - grundsätzlich die dem Kind drohenden Schäden ihrer Art, Schwere und Eintrittswahrscheinlichkeit nach konkret benennen (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom - 1 BvR 326/22 -, Rn. 13; Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom - 1 BvR 2345/22 -, Rn. 10). Zudem muss der Ausschluss des Umgangsrechts den Anforderungen der Verhältnismäßigkeit entsprechen (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom - 1 BvR 1547/16 -, Rn. 28 ff.; siehe auch EGMR, Buchleither v. Deutschland, , 20106/13, § 44, mit Hinweis auf die Gefahr eines Abschneidens der Eltern-Kind-Beziehung bei längere Zeit fehlendem Kontakt). Bei Vorliegen besonderer Umstände kann im Einzelfall auch ein unbefristeter Umgangsausschluss bis zum Eintritt der Volljährigkeit gerechtfertigt sein (vgl. BVerfG, Beschlüsse der 1. Kammer des Ersten Senats vom - 1 BvR 1547/16 -, Rn. 36 ff. und vom - 1 BvR 2237/19 -, Rn. 3; zum Ganzen: Staudinger/Dürbeck, BGB <2023>, § 1684, Rn. 290 ff.).

37 bb) Im Rahmen der Berücksichtigung der betroffenen Grundrechtspositionen ist auch in den Blick zu nehmen, dass das Kind mit der Kundgabe seines Willens von seinem Recht zur Selbstbestimmung Gebrauch macht und seinem Willen mit zunehmendem Alter vermehrt Bedeutung zukommt. Ein gegen den ernsthaften Widerstand des Kindes erzwungener Umgang kann durch die Erfahrung der Missachtung der eigenen Persönlichkeit unter Umständen mehr Schaden verursachen als Nutzen bringen. Selbst ein auf einer bewussten oder unbewussten Beeinflussung beruhender Wunsch kann beachtlich sein, wenn er Ausdruck echter und damit schützenswerter Bindungen ist. Das Außerachtlassen des beeinflussten Willens ist daher nur dann gerechtfertigt, wenn die manipulierten Äußerungen des Kindes den wirklichen Bindungsverhältnissen nicht entsprechen (BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom - 1 BvR 1547/16 -, Rn. 20 m.w.N.).

38 cc) Aus der Garantie des Elterngrundrechts folgen außerdem Anforderungen an die Begründung der fachgerichtlichen Entscheidung (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom - 1 BvR 1076/23 -, Rn. 27). Diese sind in einer dem Schutz des Art. 6 Abs. 2 GG unterliegenden Sachverhaltskonstellation geringer als dies im Fall einer dem strengen, aus Art. 6 Abs. 3 GG folgenden Prüfungsmaßstab unterliegenden Konstellation der Fall wäre. Auch die verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Begründung einer in das Elterngrundrecht eingreifenden fachgerichtlichen Entscheidung bestimmen sich allerdings nach der Eingriffsintensität. Dem entspricht das Gebot, bei gewichtigen Eingriffen wie dem auf § 1666 BGB gestützten Sorgerechtsentzug oder längerfristigen Umgangsausschlüssen die dafür jeweils erforderliche Kindeswohlgefährdung nach Art, Schwere und Eintrittswahrscheinlichkeit näher zu konkretisieren (Rn. 36).

39 dd) Das Bundesverfassungsgericht prüft die von den Fachgerichten getroffenen tatsächlichen Feststellungen zwar grundsätzlich nicht nach. Der verfassungsgerichtlichen Prüfung unterliegt jedoch, ob fachgerichtliche Entscheidungen auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung von der Bedeutung und Tragweite eines Grundrechts beruhen; die Intensität dieser Prüfung hängt dabei davon ab, in welchem Maße von der Entscheidung Grundrechte beeinträchtigt werden (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom - 1 BvR 1547/16 -, Rn. 21 f. m.w.N.; siehe auch Beschlüsse der 2. Kammer des Ersten Senats vom - 1 BvR 1766/12 -, Rn. 22 und vom - 1 BvR 1889/23 -, Rn. 20 ff.). Bei der Wahrnehmung dieser Aufgaben lassen sich die Grenzen der Eingriffsmöglichkeiten des Bundesverfassungsgerichts nicht starr und gleichbleibend ziehen. Sie hängen namentlich von der Intensität der Grundrechtsbeeinträchtigung ab (vgl. BVerfGE 72, 122 <138>; stRspr).

40 Dieser eingeschränkte, allerdings von der Eingriffsintensität abhängige Prüfungsmaßstab gilt im Grundsatz auch für einen Umgangsausschluss, jedenfalls wenn es um den Ausgleich der Rechte zwischen den Eltern geht (vgl. BVerfGK 20, 135 <142 f.>), das Kind also bei einem Elternteil lebt und der Umgang mit dem anderen Elternteil ausgeschlossen wird. Denn insoweit liegt keine Trennung des Kindes von beiden Eltern im Sinne des Art. 6 Abs. 3 GG vor (BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom - 1 BvR 1943/22 -, Rn. 14).

41 b) Daran gemessen hält der bis zur jeweiligen Volljährigkeit der Kinder angeordnete langjährige Ausschluss des Umgangsrechts verfassungsrechtlicher Prüfung an dem Elterngrundrecht des Beschwerdeführers aus Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG nicht stand. Bei Anwendung eines hier strengeren Prüfungsmaßstabs (aa) bestehen bereits Zweifel daran, dass der angegriffene Beschluss den Begründungsanforderungen für das Vorliegen der Voraussetzungen eines Umgangsausschlusses vollumfänglich gerecht wird (bb). Jedenfalls aber belegt die Begründung des Oberlandesgerichts nicht die Verhältnismäßigkeit eines faktisch unbefristeten Umgangsausschlusses (cc).

42 aa) Der unterliegt einer strengeren, nicht auf ein grundsätzliches Verkennen der Bedeutung des Elterngrundrechts begrenzten verfassungsrechtlichen Prüfung. Deren Intensität erreicht zwar nicht diejenige bei an Art. 6 Abs. 3 GG zu messenden fachgerichtlichen Entscheidungen, weil die Kinder bei ihrer Mutter leben und sie deshalb nicht von beiden Elternteilen getrennt sind. Allerdings greift der rechtlich bis zur jeweiligen Volljährigkeit der Kinder reichende Umgangsausschluss mit hohem Gewicht in das Elterngrundrecht des Beschwerdeführers ein. Ungeachtet der Möglichkeiten zukünftiger Änderungen der jetzigen Umgangsentscheidung nach Maßgabe von § 1696 Absätzen 1 oder 2 BGB wird er aufgrund des angegriffenen Beschlusses rechtlich dauerhaft von einer Beziehung zu seinen Kindern ausgeschlossen. Trotz eines Verbleibs von Teilen des Sorgerechts sind auf unabsehbare Zeit keine Möglichkeiten für ihn vorhanden, an dem Leben seiner Kinder teilzuhaben. Mit der hohen Eingriffsintensität gehen erhöhte Anforderungen an die fachgerichtliche Begründung des unbefristeten Umgangsausschlusses einher. Denen genügt der Beschluss jedenfalls in Bezug auf die angeordnete Dauer nicht.

43 bb) Es bestehen bereits Zweifel daran, dass die Begründung des oberlandesgerichtlichen Beschlusses zu den Voraussetzungen eines Umgangsausschlusses (§ 1684 Abs. 4 Satz 2 BGB) als solchem den verfassungsrechtlichen Anforderungen in jeder Hinsicht genügen.

44 (1) Dabei ist der fach- und verfassungsrechtliche Ausgangspunkt des Oberlandesgerichts nicht zu beanstanden, dass es gerechtfertigt sein kann, das Umgangsrecht eines Elternteils einzuschränken oder auszuschließen, wenn das Kind dies aus ernsthaften Gründen wünscht und ein erzwungenes Umgangsrecht das Kindeswohl beeinträchtigen würde. Die Begründung des angegriffenen Beschlusses benennt allerdings die drohende Kindeswohlgefährdung nach Art, Ausmaß und Eintrittswahrscheinlichkeit in Teilen nur wenig konkret. Vor allem aber lässt die Begründung nicht durchgängig eindeutig erkennen, auf welche beweiswürdigenden Erwägungen das Oberlandesgericht seine Überzeugung vom Vorliegen derjenigen tatsächlichen Umstände stützt, aus denen es eine Kindeswohlgefährdung ableitet.

45 (2) Aus der Begründung des angegriffenen Beschlusses lassen sich zwei Umstände entnehmen, die eine Kindeswohlgefährdung für den Fall von Umgängen, selbst begleiteten Umgängen, begründen können. Einerseits stellt das Oberlandesgericht auf eine drohende oder bereits eingetretene Traumatisierung der Kinder bei "Fortführung" des Umgangs aufgrund der miterlebten Gewalterfahrungen und der Todesdrohungen gegenüber der Mutter ab (a). Andererseits kann sich die drohende Kindeswohlgefährdung nach den getroffenen Feststellungen aus der gegen den Willen der Kinder erfolgenden Durchführung von Umgang ergeben (b).

46 (a) Zwar benennt das Oberlandesgericht mit der von ihm als mehr als wahrscheinlich bewerteten Traumatisierung der Kinder an sich eine konkrete, bei der Durchführung von Umgängen zu erwartende Gefahr. Mit der beschriebenen Angst der Kinder vor dem Beschwerdeführer und den gemachten Gewalterfahrungen mag die Art der Traumatisierung auch noch hinreichend konkret festgestellt sein. Der Begründung des Beschlusses ist aber nicht durchgängig zu entnehmen, auf welcher hinreichend zuverlässigen Erkenntnisgrundlage das Oberlandesgericht zu der Annahme eines derartigen drohenden oder eingetretenen Schadens gelangt ist. Es führt jedenfalls nichts Näheres dazu aus, worauf sich seine Überzeugung stützt, dass entweder eine in der Vergangenheit gegebenenfalls eingetretene Traumatisierung durch (begleitete) Umgangskontakte im Sinne eines zu befürchtenden Schadens vertieft oder verlängert, oder eine noch nicht eingetretene Traumatisierung nunmehr durch (begleitete) Umgänge herbeigeführt würde.

47 Die Feststellung von stattgefundener Gewalt des Beschwerdeführers gegenüber Mutter und Kindern sowie den dadurch ausgelösten Ängsten der Kinder genügt hier für die Annahme einer drohenden (Re-)Traumatisierung jedenfalls nicht ohne Weiteres. Zwar kann ein auf Familiensachen spezialisierter Senat eines Oberlandesgerichts Auswirkungen festgestellter tatsächlicher Umstände auf das Kindeswohl auch ohne sachverständige Hilfe auf eigene Sachkunde, untermauert etwa durch Bezugnahme auf Standardliteratur sowie die Einschätzungen der fachlich Beteiligten, stützen (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom - 1 BvR 1454/24 -, Rn. 19; siehe auch Dürbeck, NZFam 2025, 434 <435 f.>). Vorliegend gründet das Oberlandesgericht seine Annahme einer drohenden (Re-)Traumatisierung jedoch weder ausdrücklich auf eigene Sachkunde noch auf die Einschätzung am Verfahren beteiligter Fachkräfte. Den Beschlussgründen lässt sich nicht entnehmen, dass die Mitarbeiterin des Jugendamts oder die Verfahrensbeiständin - beide Sozialpädagoginnen - in ihren Stellungnahmen eine drohende Traumatisierung angenommen hätten. Soweit die Verfahrensbeiständin ausweislich der Beschlussgründe davon ausgegangen ist, dass es aus Kindeswohlgründen erforderlich sei, den Wünschen der Kinder Genüge zu tun und das Verfahren zeitnah zu beenden, vermag dies die Annahme einer ansonsten bestehenden Gefährdung der Kinder in ihrer seelischen oder körperlichen Entwicklung in Gestalt einer bereits eingetretenen oder bei Umgängen eintretenden Traumatisierung nicht hinreichend zu begründen. Gleiches gilt für die Empfehlung des Jugendamts, derzeit keinen Umgang durchzuführen, weil dieser nicht förderlich für die Kinder wäre. Nach der Wiedergabe der Einschätzungen in den Beschlussgründen nehmen die Stellungnahmen auf den Umgänge ablehnenden Willen der Kinder Bezug, nicht aber auf eine Traumatisierung.

48 Sollte das Oberlandesgericht das Vorliegen einer Traumatisierung und die Gefahr einer Retraumatisierung im Fall des Umgangs auch auf das "jahrelange" Gewalterleben der Kinder gestützt haben, lässt sich den Beschlussgründen jedenfalls in Bezug auf die Kinder die zeitliche Dimension nicht hinreichend nachvollziehbar entnehmen. Nach den vom Oberlandesgericht getroffenen Feststellungen ist der Beschwerdeführer mit seiner Tochter bereits 2017 (möglicherweise im November) ohne die Mutter und den Sohn in die Bundesrepublik Deutschland eingereist. Diese sind nach den Feststellungen erst im November 2020 nachgezogen. Die Trennung der Eltern erfolgte bereits im Februar 2021. Den Beschlussgründen lässt sich nicht entnehmen, dass die Kinder bereits vor der Ausreise des Beschwerdeführers Gewaltanwendungen und Todesdrohungen gegen die Mutter noch in der Ukraine wahrgenommen haben. Für den im März 2015 geborenen Sohn, der ausweislich der Entscheidungsgründe ohnehin angegeben hat, praktisch keine Erinnerung an den Beschwerdeführer zu haben, dürfte altersbedingt die Fähigkeit, sich solcher eventuellen Wahrnehmungen noch erinnern zu können, auch nicht sehr wahrscheinlich sein. Die Beschlussgründe geben nicht zu erkennen, dass es während der Zeit der räumlichen Trennung der Elternteile (wohl) zwischen Ende 2017 und Ende 2020 zu Begegnungen gekommen ist, bei denen die Kinder Gewalt oder Todesdrohungen des Beschwerdeführers gegen die Mutter wahrgenommen haben können. Ausgehend vom Beschluss des Oberlandesgerichts dürfte als Zeitraum für die Wahrnehmung der Gewalt allein derjenige nach dem Nachzug der Mutter und des Sohnes zwischen November 2020 und der Trennung der Eltern im Februar 2021 in Frage kommen. Das steht allerdings in Widerspruch zu der Würdigung des Oberlandesgerichts, dass die Kinder durch die "jahrelange Gewalterfahrung" verängstigt seien. Worauf diese zeitliche Einschätzung beruht, lässt sich den Beschlussgründen nicht hinreichend deutlich entnehmen. Für den Sohn erscheint eine jahrelange Gewalterfahrung angesichts des Alters und der Dauer der mehrjährigen räumlichen Trennung vom Beschwerdeführer auch nicht naheliegend. Für die Tochter mögen eigene Gewalterfahrungen in der Zeit des alleinigen Aufenthalts mit dem Beschwerdeführer in Deutschland die Wertung "jahrelang" stützen. Allerdings ist dies kaum mit den weiteren Ausführungen im Beschluss zu vereinbaren, wonach der Beschwerdeführer dann mit Gegenständen nach seiner Tochter geworfen habe, wenn sie sich zwischen diesen und ihre Mutter gestellt habe.

49 Ob und welche Auswirkungen sich bei der Prüfung eines Umgangsausschlusses und dessen Begründung in fachgerichtlichen Entscheidungen aus dem in der Fachgerichtsbarkeit (vgl. -, Rn. 75, 77 f., 103; -, Rn. 38 f., jeweils m.w.N.) gelegentlich herangezogenen Art. 31 des Übereinkommens des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt vom ("Istanbul-Konvention") und der sich darauf beziehenden Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR, I.M. et autres c. Italie, , 25426/20, §§ 137, 138) ergeben können, bedarf vorliegend keiner Entscheidung. Ausweislich der insoweit maßgeblichen Beschlussgründe hat das Oberlandesgericht hierauf gerade nicht abgehoben.

50 (b) Soweit sich die Beschlussgründe dahin verstehen lassen, dass das Oberlandesgericht eine Gefährdung des Wohls der beiden betroffenen Kinder (auch) für den Fall eines gegen ihren Willen durchgesetzten Umgangs annimmt, ist das im rechtlichen Ausgangspunkt ebenfalls nicht zu beanstanden. Allerdings weckt auch insoweit die Begründung des angegriffenen Beschlusses Zweifel, ob den hier wegen der Eingriffsintensität strengeren Anforderungen in jeder Hinsicht genügt ist.

51 (aa) Wie das Oberlandesgericht an sich zutreffend angenommen hat, kann auch ein auf einer bewussten oder unbewussten Beeinflussung beruhender Wille des Kindes beachtlich sein, wenn er Ausdruck echter und damit schützenswerter Bindungen ist. Das Außerachtlassen des beeinflussten Willens ist daher nur dann gerechtfertigt, wenn die manipulierten Äußerungen des Kindes den wirklichen Bindungsverhältnissen nicht entsprechen (Rn. 37). Allerdings ist der Begründung des angegriffenen Beschlusses kaum hinreichend zu entnehmen, ob dem Oberlandesgericht bewusst gewesen ist, dass es bei einem den Umgang mit dem nicht betreuenden Elternteil ablehnenden Kind Aufgabe der Gerichte ist, die Gründe für diese Einstellung zu ermitteln und sie in ihre Entscheidung einzubeziehen (vgl. BVerfGE 64, 180 <191>). Es bleibt zwar insoweit ebenfalls grundsätzlich den Fachgerichten überlassen, wie sie den Willen des Kindes und die insoweit relevanten Umstände ermitteln. Der verfassungsgerichtlichen Prüfung unterliegt aber, ob fachgerichtliche Entscheidungen auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung von der Bedeutung und Tragweite eines Grundrechts beruhen (vgl. BVerfGE 18, 85 <92 f.>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom - 1 BvR 3326/14 -, Rn. 18).

52 (bb) Die Beschwerdeentscheidung lässt nicht immer eindeutig erkennen, dass das Oberlandesgericht einen in dem vorgenannten Sinne beachtlichen Willen beider Kinder aufgrund einer Verfahrensgestaltung ermittelt hat, die geeignet und angemessen war, um eine möglichst zuverlässige Grundlage für die entsprechende Feststellung zu bilden (vgl. zu diesem Erfordernis nur BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom - 1 BvR 1889/23 -, Rn. 22). Jedenfalls bei einem - wie hier (Rn. 42) - strengeren verfassungsrechtlichen Prüfungsmaßstab ist das Fachgericht auch gehalten, die zuverlässige Entscheidungsgrundlage zu dokumentieren (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom - 1 BvR 160/14 -, Rn. 49 m.w.N.). An der Wahrung dieses Erfordernisses bestehen in Bezug auf beide Kinder Zweifel.

53 Für den Sohn lässt sich bereits nicht hinreichend erkennen, auf welcher Grundlage das Oberlandesgericht bei dem zum Entscheidungszeitpunkt achtjährigen Sohn von einem beachtlichen, auf fehlenden Kontakt zum Beschwerdeführer gerichteten Willen des Kindes ausgeht. Auf seine Persönlichkeitsentwicklung und damit auf die Bedeutung einer möglichen Missachtung seines Willens für diese Entwicklung geht der Beschluss mit Ausnahme des Hinweises auf den Besuch der ersten Grundschulklasse nicht näher ein. Soweit das Oberlandesgericht, wenn auch im Zusammenhang von Ausführungen zur Dauer des Umgangsausschlusses, als Grund für den Willen des Kindes darauf abstellt, der Sohn sei "über viele Jahre" dem gewalttätigen und herabsetzenden Verhalten des Vaters ausgesetzt gewesen, findet zumindest die Zeitdimension aus den bereits genannten Gründen keine nachvollziehbare Grundlage im Beschluss (vgl. Rn. 48). Auch darüber hinaus sind tragfähige Ausführungen zu den Gründen für den festgestellten Willen des Kindes in der angegriffenen Entscheidung nur wenig konkret dargelegt. Der Sohn hat angegeben, sich nicht mehr daran erinnern zu können, wann er den Vater zuletzt gesehen habe. Das lässt sich gut mit den sonstigen Feststellungen vereinbaren. Der Beschwerdeführer hat die Ukraine und damit den Sohn 2017 verlassen. Nach der Übersiedlung des Sohnes nach Deutschland hat es ein lediglich rund dreimonatiges Zusammenleben vor der Trennung der Eltern gegeben. Ausreichende und auf tragfähiger Grundlage beruhende Feststellungen zu den Gründen für den Willen des Sohnes und die Beachtlichkeit dieses Willens sind damit nicht dokumentiert.

54 Soweit das Oberlandesgericht Gründe für den Kontakt zum Beschwerdeführer ablehnenden Willen beider Kinder auch in von dem Beschwerdeführer verfassten Briefen, insbesondere an seine Tochter, zu sehen scheint, lassen die Entscheidungsgründe für die entsprechende Würdigung wiederum kaum tragfähige Grundlage erkennen. Aus der - nicht einmal ausdrücklichen - Bezugnahme auf den erstinstanzlichen Beschluss lässt sich allenfalls der in Rn. 8 auszugsweise wiedergegebene Brief an die Tochter fruchtbar machen. Die dortige Äußerung in Bezug auf die Mutter konnte ohne Weiteres als despektierlich gewertet werden. Die Wertung des Oberlandesgerichts, der Beschwerdeführer lasse in den Briefen "seinen Hass auf die Kindesmutter freien Lauf" findet in dem Wortlaut des genannten Briefes aber keine tragfähige Grundlage.

55 cc) Der angegriffene Beschluss des Oberlandesgerichts verletzt den Beschwerdeführer in seinem Elterngrundrecht aus Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG aber jedenfalls deshalb, weil dessen Begründung die Verhältnismäßigkeit des angeordneten Ausschlusses des Umgangs nicht tragfähig belegt. Dies gilt sowohl für den Verneinung begleiteter Umgänge als milderes Mittel (1) als auch und erst recht für die Angemessenheit des unbefristeten Umgangsausschlusses (2).

56 (1) Soweit das Oberlandesgericht begleitete Umgangskontakte aufgrund der "Uneinsichtigkeit" des Beschwerdeführers als nicht geeignetes Mittel bewertet, weil er seinem Hass auf die Kindesmutter "immer wieder" freien Lauf lasse, was die Kinder so stark beeindrucke, dass sie den Beschwerdeführer vollständig ablehnten, fehlt es aus dem bereits dargestellten Grund an einer tragfähigen Grundlage für diese Wertung (Rn. 54). Überdies bleibt wiederum unklar, welcher konkrete Schaden durch den Umgangsausschluss verhindert werden soll beziehungsweise inwieweit die Annahme einer aus dem prognostizierten Verhalten des Beschwerdeführers folgenden (Re-)Traumatisierung auf einer hinreichenden Erkenntnisgrundlage beruht. Die Würdigung des Oberlandesgerichts, eine Umgangsbegleitung scheide aus, "da die Kinder die Gegenwart des Vaters als enorme Belastung empfinden" und die Gefahr bestehe, dass der Beschwerdeführer sich den Kindern "nicht mit dem nötigen Einfühlungsvermögen" nähern könne, vermag die Ungeeignetheit von begleiteten Umgängen als milderes Mittel nicht hinreichend zu begründen. Angesichts des Eingriffsgewichts eines unbefristeten Umgangsausschlusses konnte ohne nähere Begründung nicht aus dem Scheitern eines Beratungsangebots zugunsten des Beschwerdeführers im Mai 2022 auf die fehlende Eignung begleiteter Umgänge als gleich wirksames Mittel zur Abwendung einer Kindeswohlgefährdung geschlossen werden.

57 (2) Überdies ist vor allem die Angemessenheit (Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne) eines unbefristeten Umgangsausschlusses nicht hinreichend begründet.

58 Das Abstellen auf "die jahrelangen Gewalterfahrungen" der Kinder und die daraus folgende Verängstigung der Kinder vermag die Bedeutung des mit dem Umgangsausschluss verfolgten Zwecks schon deshalb nicht zu stützen, weil die Feststellung von jahrelangen Gewalterfahrungen nicht hinreichend tragfähig begründet worden ist (vgl. Rn. 48, 53). Die Angemessenheit des angeordneten Umgangsausschlusses konnte das Oberlandesgericht auch nicht dadurch hinreichend und tragfähig begründen, dass es zum einen - wenn auch ohne dies auszuweisen - Passagen aus dem (BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom - 1 BvR 1547/16 -) wiedergegeben und zum anderen auf die Besonderheiten des von ihm zu entscheidenden Falles verwiesen hat. Weder zeigen die Beschlussgründe auf, worin die "Besonderheiten des vorliegenden Falles" liegen sollen, noch vermag die Bezugnahme auf den genannten Beschluss des Bundesverfassungsgerichts die Angemessenheit des Umgangsausschlusses zu stützen. Das dortige Ausgangsverfahren hatte einen gänzlich anders gelagerten Sachverhalt zum Gegenstand. Dort war ein bei Erlass der Entscheidung zwölfjähriges Mädchen gleichsam seit seiner Geburt einer Vielzahl von Umgangsverfahren ausgesetzt gewesen, in denen bereits durch Gutachten eine Kindeswohlgefährdung für den Fall erzwungener Umgänge festgestellt worden war. Angesichts der verfestigten und auch durch die Anordnung einer Umgangspflegschaft in einem Vorverfahren nicht aufgebrochenen Umgangsverweigerung wurde im dortigen Fall ein unbefristeter Umgangsausschluss ausnahmsweise als verhältnismäßig erachtet, weil fortgesetzte Gerichtsverfahren die Ablehnungshaltung des Mädchens sogar eher befördert hätten. Entsprechende Gegebenheiten hat das Oberlandesgericht nicht erkennbar festgestellt. Soweit dies der angegriffenen Entscheidung zu entnehmen ist, handelt es sich bei dem vorliegenden Verfahren um das erste Umgangsverfahren, dem die Kinder ausgesetzt sind, wobei eine Begutachtung bislang nicht stattgefunden hat.

59 4. Die Entscheidung über die Kostenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG. Da der nicht zur Entscheidung angenommene Teil der Verfassungsbeschwerde von untergeordneter Bedeutung ist, sind die Auslagen in vollem Umfang zu erstatten (vgl. BVerfGE 86, 90 <122>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom - 2 BvR 2462/18 -, Rn. 62).

60 Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BVerfG:2025:rk20250610.1bvr193123

Fundstelle(n):
DAAAJ-95272