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BGH Beschluss v. - 4 StR 142/23

Gesetze: § 267 Abs 1 StPO

Instanzenzug: Az: 22 KLs 21/22

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen besonders schweren Raubes in Tateinheit mit zweifacher gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat Erfolg.

I.

2Nach den getroffenen Feststellungen kam es zwischen dem Angeklagten und dem ihm unbekannten Geschädigten K.    am Busbahnhof in M.     zu einem Streit. In dessen Verlauf brachte der Angeklagte den Geschädigten auf dem Rücken zu Boden. Er kniete sich auf ihn und hielt ihn fest. Spätestens jetzt entschloss sich der Angeklagte im Einvernehmen mit seinen zwei Begleitern, dem Geschädigten die Geldbörse zu entwenden. Hierzu sprühte er ihm Pfefferspray in das Gesicht, um erwarteten Widerstand zu verhindern. Währenddessen bewegte sich der bis dahin unbeteiligte Geschädigte Me.    auf den Angeklagten zu. Der dies wahrnehmende Angeklagte richtete nun den Strahl des Pfeffersprays auf den Herannahenden. Wie von ihm beabsichtigt, hielt der Geschädigte Me.    inne und griff nicht in das Geschehen ein, nachdem er Pfefferspray in sein Auge bekommen hatte. Sodann drehte der Angeklagte den durch den Einsatz des Pfeffersprays eingeschüchterten Geschädigten K.    am Boden zur Seite, sodass sein Begleiter die Geldbörse aus der Gesäßtasche greifen und an sich nehmen konnte. Anschließend entfernten sich der Angeklagte und seine Begleiter vom Tatort.

II.

31. Die Verurteilung des Angeklagten hält rechtlicher Überprüfung nicht stand, weil sie einer tragfähigen Beweiswürdigung entbehrt.

4a) Das Landgericht hat seine Überzeugung von der Täterschaft des Angeklagten darauf gestützt, dass der Zeuge Kr.   den ihm unbekannten Angeklagten im Rahmen einer Wahllichtbildvorlage bei der Polizei zu 100% und abermals in der Hauptverhandlung sicher wiedererkannte.

5b) Diese Ausführungen genügen nicht den besonderen Darlegungsanforderungen in Fällen, in denen – wie vorliegend – der Tatnachweis auf einem Wiedererkennen des Angeklagten durch einen Tatzeugen beruht. Danach ist das Tatgericht aus sachlich-rechtlichen Gründen regelmäßig verpflichtet, die Angaben des Zeugen zur Täterbeschreibung zumindest in gedrängter Form wiederzugeben und diese sodann zum Erscheinungsbild des Angeklagten in der Hauptverhandlung in Beziehung zu setzen. Zudem sind in den Urteilsgründen diejenigen Gesichtspunkte darzulegen, auf denen die Folgerung des Tatgerichts beruht, dass insoweit tatsächlich Übereinstimmung besteht (vgl. Rn. 5 mwN; Beschluss vom – 4 StR 412/15 Rn. 3 mwN). Darüber hinaus bedarf es einer Mitteilung der Umstände, die zur Identifizierung des Angeklagten durch den Zeugen geführt haben (vgl. aaO mwN). Bei einem wiederholten Wiedererkennen in einer Hauptverhandlung ist außerdem zu beachten, dass eine verstärkte Suggestibilität der Identifizierungssituation besteht (vgl. Rn. 4; Beschluss vom – 2 StR 472/16 Rn. 5 mwN).

6c) Daran gemessen ist die Beweiswürdigung lückenhaft. Den Urteilsgründen lässt sich schon nicht entnehmen, aufgrund welcher konkreten äußeren Merkmale der Zeuge den Angeklagten wiedererkannte. Ferner fehlt es an einer Darlegung der Gesichtspunkte, die für die Folgerung der Strafkammer maßgebend waren, es liege tatsächlich eine Übereinstimmung vor. Schließlich hat sie nicht erkennbar bedacht, dass dem – wiederholten – Wiedererkennen des Angeklagten in der Hauptverhandlung durch den Zeugen ein allenfalls geringer Beweiswert zukam.

72. Die Sache bedarf daher neuer Verhandlung und Entscheidung.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2023:120923B4STR142.23.0

Fundstelle(n):
XAAAJ-95115