Suchen Barrierefrei
BSG Beschluss v. - B 12 BA 22/24 B

Gründe

1I. In dem der Nichtzulassungsbeschwerde zugrunde liegenden Rechtsstreit streiten die Beteiligten darüber, ob die Beigeladene in ihrer Tätigkeit als Wellnessmasseurin für die Klägerin in der Zeit vom bis zum aufgrund Beschäftigung der Versicherungspflicht in allen Zweigen der Sozialversicherung unterlag.

2Unternehmensgegenstand der klagenden GmbH ist die Vermittlung von Masseuren und Kosmetikerinnen für Hausbesuche und der Handel mit einschlägigen Produkten. Im streitigen Zeitraum war sie Pächterin eines Erlebnisbads. Die Beigeladene führte dort überwiegend Massagen, aber auch kosmetische und naturheilkundliche Behandlungen und Anwendungen durch. Dabei informierte die Beigeladene die Klägerin bzw deren Rezeption darüber, an welchen Tagen sie zur Verfügung steht (regelmäßig fünf Tage pro Woche). Dementsprechend wies die Rezeption der Beigeladenen über einen Terminkalender gebuchte Behandlungstermine und -räume zu, in denen diese entsprechend den Angeboten in der Broschüre der Klägerin Massagen usw ausführte. Auf den Statusfeststellungsantrag der Beigeladenen stellte die Beklagte fest, dass sie in ihrer Tätigkeit für die Klägerin in der Zeit vom bis zum aufgrund Beschäftigung der Versicherungspflicht in allen Zweigen der Sozialversicherung unterlegen habe (Bescheid vom ; Widerspruchsbescheid vom ).

3Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom ). Das LSG hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Die Beigeladene sei weisungsgebunden in das Unternehmen der Klägerin eingegliedert gewesen (Urteil vom ).

4Mit ihrer Beschwerde wendet sich die Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des LSG.

5II. Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in der angefochtenen Entscheidung ist gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 SGG in entsprechender Anwendung von § 169 Satz 2 und 3 SGG als unzulässig zu verwerfen. In der Begründung des Rechtsmittels ist entgegen § 160a Abs 2 Satz 3 SGG kein Zulassungsgrund hinreichend dargelegt oder bezeichnet.

1. Bei Geltendmachung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache muss die Beschwerdebegründung ausführen, welche Rechtsfrage sich ernsthaft stellt, deren Klärung über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und durch das Revisionsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist (stRspr; vgl nur - SozR 4-2600 § 72 Nr 5 RdNr 17; - juris RdNr 6 mwN).

7Die Klägerin macht geltend, das LSG habe "nicht ausreichend rechtlich geprüft ob ein Ausnahmefall zur sog. gängigen 'Einrichtungsrechtsprechung' gegeben sein könnte, bzw unter welchen Voraussetzungen ein solcher Ausnahmefall gegeben sein könnte - was zu einer anderen Beurteilung der Tätigkeit der Beigeladenen geführt hätte". Des Weiteren ergebe sich die grundsätzliche Bedeutung aus der Tatsache, dass in der öffentlichen Sitzung die verkündete Berufungsentscheidung des LSG lediglich unter Bezugnahme auf das Urteil des Bayerischen ) begründet worden sei.

8a) Die Beschwerdebegründung erfüllt die Darlegungsvoraussetzungen für eine Grundsatzrüge (vgl hierzu exemplarisch - SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN) nicht, weil darin keine abstrakt-generelle Rechtsfrage zur Auslegung, zum Anwendungsbereich oder zur Vereinbarkeit einer konkreten revisiblen Norm des Bundesrechts (§ 162 SGG) mit höherrangigem Recht ( - juris RdNr 11 mwN) formuliert wird. Die Bezeichnung einer abstrakten, aus sich heraus verständlichen Rechtsfrage ist jedoch unverzichtbar, damit das Beschwerdegericht an ihr die weiteren Voraussetzungen der Grundsatzrüge prüfen kann ( B 10 ÜG 3/14 B - juris RdNr 11 mwN).

9b) Unabhängig davon legt die Beschwerdebegründung die Klärungsbedürftigkeit der aufgeworfenen Fragen - ihre Qualität als Rechtsfragen unterstellt - nicht hinreichend dar. Sie befasst sich nicht mit der bereits vorliegenden umfangreichen Rechtsprechung des BSG zur Statusbeurteilung, auf die das LSG hingewiesen hat, und legt demzufolge nicht dar, inwieweit eine Klärungsbedürftigkeit anzunehmen ist.

10c) Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang einen Verstoß gegen § 153 Abs 1 iVm § 132 Abs 2 Satz 2 SGG rügen sollte, ist eine entsprechende Verfahrensrüge offenkundig nicht in zulässigkeitsbegründender Weise erhoben.

112. Der Zulassungsgrund der Divergenz setzt voraus, dass das angefochtene Urteil des LSG von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmSOGB) oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht. Eine solche Abweichung ist nur dann hinreichend bezeichnet, wenn aufgezeigt wird, mit welcher genau bestimmten entscheidungserheblichen rechtlichen Aussage zum Bundesrecht die angegriffene Entscheidung des LSG von welcher ebenfalls genau bezeichneten rechtlichen Aussage des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG abweicht. Insoweit genügt es nicht darauf hinzuweisen, dass das LSG seiner Entscheidung nicht die höchstrichterliche Rechtsprechung zugrunde gelegt hätte. Nicht die Unrichtigkeit der Entscheidung im Einzelfall, sondern die Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen begründet die Zulassung der Revision wegen Divergenz. Sie liegt daher nicht schon dann vor, wenn das angefochtene Urteil nicht den Kriterien entsprechen sollte, die das BSG, der GmSOGB oder das BVerfG entwickelt hat, sondern erst dann, wenn das LSG diesen Kriterien auch widersprochen, also andere rechtliche Maßstäbe bei seiner Entscheidung herangezogen hat (vgl - SozR 4-1500 § 160 Nr 6 RdNr 5 und - SozR 4-1500 § 160a Nr 4 RdNr 6, jeweils mwN).

12Die Klägerin macht geltend, das angefochtene Urteil weiche von einer "richtungsweisenden Entscheidung" des - BSGE 128, 205 = SozR 4-2400 § 7 Nr 44) ab. Danach setze "die Zuordnung einer Tätigkeit nach deren Gesamtbild zum rechtlichen Typus der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit [...] voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls als Indizien in Betracht kommenden Umstände festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und nachvollziehbar, d.h. den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei gegeneinander abgewogen werden." Die Verhandlung vor dem LSG habe einschließlich Beratung und Urteilsverkündung 42 Minuten gedauert. Dies stehe "in absolutem Widerspruch" zum generell im sozialgerichtlichen Verfahren zu berücksichtigen Amtsermittlungsgrundsatz nach § 103 SGG sowie zu der zwingend vorzunehmenden umfassenden Abwägung aller entscheidungserheblichen Indizien in einem wie vorliegend umfassenden Rechtsstreit. Dies würden auch die Urteilsgründe bestätigen.

13a) Eine entscheidungserhebliche Divergenz im oben genannten Sinn einer Abweichung im Grundsätzlichen bezeichnet die Klägerin hierdurch nicht. Sie legt nicht dar, dass das Berufungsgericht einen tragenden Rechtssatz des BSG in Abrede gestellt hätte. Vielmehr rügt sie, das LSG habe die Rechtsprechung des BSG nicht hinreichend beachtet.

14b) Soweit die Klägerin im Zusammenhang mit Ausführungen zu einer vermeintlichen Divergenz einen Widerspruch zu § 103 SGG geltend macht, ist darauf hinzuweisen, dass die Geltendmachung eines Verfahrensmangels auf eine Verletzung des § 103 SGG (Amtsermittlungspflicht) gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG nur gestützt werden kann, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Entsprechende Ausführungen enthält die Beschwerdebegründung nicht.

153. Ein Verfahrensmangel iS von § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ist der Verstoß des Gerichts im Rahmen des prozessualen Vorgehens im unmittelbar vorangehenden Rechtszug (zu den Anforderungen an die Bezeichnung eines solchen Verfahrensmangels s exemplarisch - SozR 4-1500 § 160a Nr 3 RdNr 4; B 5a/5 R 382/06 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 21 RdNr 4 - jeweils mwN; Krasney/Udsching/Groth/Meßling, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 8. Aufl 2022, Kap IX, RdNr 113 ff). Nach § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG kann sich der geltend gemachte Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung von § 109 SGG und § 128 Abs 1 Satz 1 SGG stützen. Ferner kann - wie bereits ausgeführt wurde - die Geltendmachung eines Verfahrensmangels auf eine Verletzung des § 103 SGG (Amtsermittlungspflicht) gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Neben der Geltendmachung des Vorliegens eines Verstoßes gegen das Verfahrensrecht ist mit der Beschwerdebegründung darzulegen, dass die angefochtene Entscheidung auf diesem Verstoß beruhen kann. Ein entscheidungserheblicher Mangel des Berufungsverfahrens wird nur dann substantiiert bezeichnet, wenn er hinsichtlich aller ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen dargelegt wird, sodass das BSG allein anhand der Beschwerdebegründung darüber befinden kann, ob die angegriffene Entscheidung des LSG möglicherweise auf dem geltend gemachten Verfahrensmangel beruht.

16Die Klägerin trägt vor, das angefochtene Urteil beruhe auf einer Verletzung von § 202 SGG iVm § 259 ZPO. Eine für ein grundlegendes Urteil erforderliche angemessene Auseinandersetzung mit der Rechtssache lasse sich aus der Sitzungsniederschrift - ebenso wenig wie aus dem Urteil - nicht erkennen. Allein mit dieser Behauptung ist ein entscheidungserheblicher Verstoß weder gegen § 202 SGG iVm § 529 Abs 1 ZPO (diese Norm dürfte von der Klägerin gemeint sein) noch gegen § 157 SGG bezeichnet worden. Vielmehr wendet sich die Klägerin im Kern gegen die richterliche Überzeugungsbildung (§ 128 Abs 1 Satz 1 SGG), ohne zu berücksichtigen, dass sich ein geltend gemachter Verfahrensmangel nach § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG ua nicht auf eine Verletzung von § 128 Abs 1 Satz 1 SGG stützen kann.

174. Soweit sich die Klägerin insgesamt gegen die inhaltliche Richtigkeit des angefochtenen Urteils wenden will, ist darauf hinzuweisen, dass die Behauptung, die Entscheidung des Berufungsgerichts sei inhaltlich unrichtig, im sozialgerichtlichen Verfahren nicht zur Zulassung der Revision führen kann (vgl - SozR 4-1500 § 160a Nr 6 RdNr 18).

18Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen (§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG).

19Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm § 154 Abs 2, § 162 Abs 3 VwGO.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BSG:2025:070425BB12BA2224B0

Fundstelle(n):
XAAAJ-95073