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Online-Nachricht - Donnerstag, 10.07.2025

Berufsrecht | beA-Störung beim Gericht – kein Fax nötig, um Frist zu wahren (BRAK)

Dekorative GrafikTechnische Störungen im Verantwortungsbereich der Justiz können einen Wiedereinsetzungsgrund darstellen. Anwälte, die deswegen an der fristwahrenden Übermittlung von Schriftsätzen gehindert sind, müssen in einem solchen Fall auch nicht vorsorglich auf alternative Übermittlungswege wie Fax ausweichen (OLG Celle, Beschluss v. – 14 U 226/24). Hierüber informiert die BRAK.

Sachverhalt: In dem zugrunde liegenden Berufungsverfahren versuchte der Prozessbevollmächtigte in den späten Abendstunden des Fristtages mehrfach vergeblich, die Berufungsbegründung über das beA an das OLG Celle zu übermitteln. Ursache war eine technische Störung des Intermediärs der niedersächsischen Justiz, die bis in den Folgetag andauerte. Trotz insgesamt fünf Versuchen konnte die Nachricht nicht erfolgreich zugestellt werden. Eine Ersatzeinreichung per Fax nahm der Anwalt nicht vor, da die einzureichenden Schriftsätze einen Umfang von 75 bzw. 112 Seiten aufwiesen und deshalb eine fristwahrende Übermittlung in der verbleibenden Zeit technisch nicht möglich gewesen wäre. Erst am Folgetag wurde die Störung auf den üblichen Online-Portalen angezeigt.

Das OLG Celle gewährte der Klägerin Wiedereinsetzung in den vorigen Stand:

  • Der Anwalt der Klägerin war ohne eigenes Verschulden gehindert, die Berufungsbegründung rechtzeitig einzureichen.

  • Die festgestellte Störung des Intermediärs der Justiz am Abend des Fristablaufs stellt eine dem Gericht zuzurechnende technische Verhinderung des Zugangs im Sinne des § 130d Satz 1 ZPO dar. Die elektronische Übermittlung war aufgrund der IT-Störung objektiv unmöglich.

  • Zwar ist es in einem solchen Fall gem. § 130d Satz 2 ZPO möglich, Schriftsätze nach den allgemeinen Vorschriften - etwa per Fax – einzureichen. Dies begründet jedoch keine Verpflichtung zu einer solchen alternativen Einreichung, sofern die technische Störung nicht dem Einflussbereich der Partei zuzurechnen ist.

  • Ob eine Ersatzeinreichung möglich, zumutbar und deshalb geboten ist, ist generell nach dem Verschuldensmaßstab des § 233 ZPO und den Umständen des jeweiligen Einzelfalles zu beurteilen. Mit Blick auf das im Grundgesetz garantierte Recht auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutz dürfen die Anforderungen Anwälte zur Fristwahrung nicht zu sehr überspannt werden. Hier war es weder zumutbar noch geboten, frühzeitig eine Ersatzeinreichung auf dem Faxweg vorzunehmen - insbesondere da die Störung auf keinem offiziellen Kanal vermerkt wurde. Vielmehr hat der Rechtsanwalt es weiter per beA versuchen und darauf vertrauen dürfen, dass die technische Störung noch vor Mitternacht behoben wird.

Quelle: BRAK online, Pressemitteilung v. 10.7.2025 (lb)

Fundstelle(n):
MAAAJ-95029