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BGH Beschluss v. - 2 StR 252/23

Gesetze: § 46 StGB, § 64 S 2 aF StGB, § 29 BtMG, §§ 29ff BtMG

Instanzenzug: Az: 8831 Js 48219/21 - 11 KLs

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen bandenmäßigen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und vier Monaten verurteilt. Die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten erzielt den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg, im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

2Während die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung im Schuldspruch keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat, kann der Rechtsfolgenausspruch keinen Bestand haben.

31. Bei der Strafzumessung hat das Landgericht nicht erkennbar bedacht, dass ausweislich der getroffenen Feststellungen die beim Angeklagten aufgefundenen Betäubungsmittel sichergestellt wurden und nicht in den Verkehr gelangt sind. Die Sicherstellung von Betäubungsmitteln ist ein bestimmender Strafzumessungsgrund, der sowohl bei der Strafrahmenwahl als auch bei der konkreten Strafzumessung zu beachten ist und demzufolge in den Gründen des Strafurteils angeführt werden muss (st. Rspr.; vgl. nur ; Senat, Beschluss vom – 2 StR 517/19, NStZ-RR 2020, 146, 147 je mwN). Dies ist nicht geschehen. Der Senat kann nicht sicher ausschließen, dass die Strafe – auch wenn sie keineswegs unangemessen ist – auf dem aufgezeigten Rechtsfehler beruht.

42. Auch die Entscheidung, von einer Unterbringung des Angeklagten nach § 64 StGB abzusehen, hält mit der gegebenen Begründung rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

5a) Die Strafkammer hat einen Hang und einen symptomatischen Zusammenhang bejaht, aber keine hinreichend konkrete Aussicht gesehen, den Angeklagten für einen erheblichen Zeitraum von der Begehung von Straftaten abzuhalten. Die soziale Situation des Angeklagten, seine prekären finanziellen Verhältnisse, sein geringer Bildungshintergrund sowie „seine (Primär)Sozialisation“ würden die „Bereitschaft zum sorgenbetäubenden Konsum von Betäubungsmitteln einerseits und zum gewinnbringenden illegalen Handel mit denselben andererseits“ befördern und bedingen. Es bedürfe daher einer Änderung der Umstände, die den Hang und eine „finanzielle Abhängigkeit von rechtswidrigen Erwerbsquellen“ begründen.

6b) Diese Erwägungen tragen die Unterbringungsentscheidung nicht.

7aa) Noch zutreffend hat die Strafkammer erkannt, dass die Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt die hinreichend konkrete Aussicht auf einen Behandlungserfolg voraussetzt. Erforderlich ist insoweit, dass sich in Persönlichkeit und Lebensumständen des Verurteilten konkrete Anhaltspunkte für einen erfolgreichen Verlauf der Therapie finden lassen. Die Aussicht auf einen Behandlungserfolg muss vom Tatgericht aufgrund einer Gesamtschau aller maßgeblichen Umstände positiv festgestellt werden, die bloße Möglichkeit einer therapeutischen Veränderung kann die Prognose eines hinreichend konkreten Therapieerfolgs nicht stützen (st. Rspr.; vgl. nur Senat, Beschluss vom – 2 StR 101/22, NStZ-RR 2023, 40 mwN). Damit das Revisionsgericht in die Lage versetzt wird zu prüfen, ob eine Erfolgsaussicht in dem vom Gesetzgeber geforderten Ausmaß besteht, bedarf es der hinreichenden Darlegung konkreter Umstände für einen die Behandlung im Maßregelvollzug nicht nur unwesentlich überdauernden Therapieerfolg (vgl. BGH, Beschlüsse vom – 5 StR 378/08; vom – 4 StR 467/14 Rn. 8).

8bb) Soweit die Strafkammer auf einen geringen Bildungsstand des Angeklagten abgestellt hat, lassen die Urteilsgründe nicht erkennen, dass dies einer erfolgreichen Therapie des Angeklagten entgegenstünde, etwa weil er hierdurch nicht im erforderlichen Maße therapeutisch erreichbar wäre (vgl. Rn. 3).

9cc) Der darüberhinausgehende Hinweis auf die prekäre Lebenssituation des Angeklagten (in Verbindung mit seinem Bildungshintergrund und seiner Sozialisation) ist für sich genommen nicht tragfähig. Die darin steckende Aussage, Personen in vergleichbarer Situation seien „von rechtswidrigen Erwerbsquellen“ finanziell abhängig, und deshalb nicht für eine „erhebliche Zeit“ im Sinne des § 64 StGB von Straftaten abzuhalten, trifft in dieser Allgemeinheit nicht zu; ob sie im konkreten Einzelfall zutrifft, kann der Senat mangels näherer Erörterung in den Urteilsgründen nicht nachvollziehen. Die gewählten Formulierungen lassen auch nicht erkennen, ob die Strafkammer auf eine vorhandene Neigung zur Delinquenz (vgl. hierzu , NStZ-RR 2021, 244, 245) bzw. eine gewohnheitskriminelle Entwicklung (vgl. hierzu Senat, Beschluss vom – 2 StR 252/22 Rn. 5) hat abstellen wollen.

10c) Der Senat kann nicht sicher ausschließen, dass das angefochtene Urteil auf der rechtsfehlerhaften Begründung beruht. Zwar erscheint es ausweislich der Urteilsgründe nicht fernliegend, dass beispielsweise mangelnde Sprachkenntnisse des Angeklagten (vgl. nur Senat, Beschlüsse vom – 2 StR 380/21, NStZ-RR 2022, 41, 42; vom – 2 StR 91/21, NStZ-RR 2022, 10, 11; Urteil vom – 2 StR 14/18 Rn. 17 ff. je mwN) und/oder dessen fehlende Bleibeperspektive in Deutschland (vgl. BGH, Beschlüsse vom – 1 StR 169/20 Rn. 6; vom – 4 StR 173/18 Rn. 8 je mwN) einem Therapieerfolg im Sinne des § 64 StGB entgegenstehen; das Landgericht hat hierzu indes keine Feststellungen getroffen.

113. Die Feststellungen sind von den aufgezeigten Rechtsfehlern nicht betroffen und haben Bestand, ergänzende Feststellungen können getroffen werden.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2023:240823B2STR252.23.0

Fundstelle(n):
AAAAJ-94852