Instanzenzug: Anwaltsgerichtshof Naumburg Az: 1 AGH 4/20
Gründe
I.
1Der Kläger ist im Bezirk der Beklagten zur Rechtsanwaltschaft zugelassen. Mit Bescheid vom widerrief die Beklagte diese Zulassung wegen Aufgabe der Kanzlei gemäß § 14 Abs. 3 Nr. 4 BRAO. Der Anwaltsgerichtshof hat der hiergegen gerichteten Klage des Klägers stattgegeben und den Widerrufsbescheid aufgehoben. Die Beklagte beantragt nunmehr die Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Anwaltsgerichtshofs.
II.
2Der Antrag ist nach § 112e Satz 2 BRAO, § 124a Abs. 4 VwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Er bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg. Ein Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 VwGO ist nicht gegeben (vgl. § 112e Satz 2 BRAO, § 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO).
31. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils bestehen nicht (§ 112e Satz 2 BRAO, § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Dieser Zulassungsgrund setzt voraus, dass ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt wird (vgl. nur Senat, Beschluss vom - AnwZ (Brfg) 38/24, juris Rn. 3). Zweifel an der Richtigkeit einzelner Rechtssätze oder tatsächlicher Feststellungen füllen den Zulassungsgrund dann nicht aus, wenn sie nicht die Richtigkeit des Ergebnisses erfassen (vgl. nur Senat, Beschluss vom - AnwZ (Brfg) 38/24, aaO).
4Entsprechende Zweifel vermag die Beklagte nicht darzulegen.
5a) Der Anwaltsgerichtshof ist im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass die am eingegangene Klage zulässig und insbesondere nicht verfristet war. Entgegen der Auffassung der Beklagten ergibt sich eine Verfristung der Klage nicht daraus, dass dem Kläger der Widerrufsbescheid am per beA übermittelt worden ist und die Klage nicht binnen einer Monatsfrist ab diesem Zeitpunkt erhoben wurde.
6Eine Anfechtungsklage ist nach § 112c Abs.1 BRAO in Verbindung mit § 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts zu erheben. Die Bekanntgabe eines die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft widerrufenden Bescheids hat gemäß § 34 BRAO in Verbindung mit § 41 Abs. 5 VwVfG, § 1 Abs. 1 VwVfG LSA mittels Zustellung dieses Bescheids zu erfolgen. Eine wirksame Zustellung des Widerrufsbescheids nach den Vorschriften des Verwaltungszustellungsgesetzes, das gemäß § 1 VwZG LSA für die Zustellungen der Beklagten gilt, ist indes - wie der Anwaltsgerichtshof zutreffend entschieden hat - durch die Übermittlung des Widerrufsbescheids per beA am nicht bewirkt worden. Ohne Erfolg macht die Beklagte in ihrem Zulassungsantrag insoweit geltend, dass zwar keine Zustellung gegen Empfangsbekenntnis (§ 5 Abs. 4 VwZG) erfolgt sei, der diesbezügliche Zustellungsmangel jedoch nach § 8 VwZG geheilt worden sei.
7aa) Nach § 5 Abs. 4 VwZG kann eine Zustellung unter anderem an Rechtsanwälte auch "auf andere Weise, auch elektronisch, gegen Empfangsbekenntnis" erfolgen. Eine derartige Zustellung gegen Empfangsbekenntnis kann mithin auch über das beA vorgenommen werden. Es bestehen jedoch bereits keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte eine Zustellung gegen Empfangsbekenntnis durchführen wollte. Die Beklagte hat im Briefkopf des Bescheids lediglich vermerkt, dass eine "Zustellung per beA" erfolge. Kern der vereinfachten Zustellungsart nach § 5 Abs. 4 VwZG ist jedoch nicht die Zustellung über das beA, sondern die Verwendung eines Empfangsbekenntnisses. Eine solche hat die Beklagte weder verfügt noch bewirkt, sondern den Bescheid lediglich elektronisch per beA an den Kläger versandt.
8bb) Es kann dahingestellt bleiben, ob vor diesem Hintergrund überhaupt eine Heilung nach § 8 VwZG möglich wäre. Jedenfalls scheidet eine Heilung hier - entgegen der Auffassung der Beklagten - deshalb aus, weil es an der erforderlichen empfangsbereiten Entgegennahme des Widerrufsbescheids durch den Kläger fehlt.
9(1) Die Zustellung gegen Empfangsbekenntnis setzt nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung voraus, dass der Adressat empfangsbereit ist, also den Willen hat, das Schriftstück als zugestellt entgegenzunehmen (vgl. , BGHZ 191, 59 Rn. 16 mwN). Ein derartiger Annahmewille ist auch im Fall der elektronischen Zustellung gegen Empfangsbekenntnis erforderlich (vgl. , NJW 2024, 1120 Rn. 9 ff.; , NJW 2022, 1816 Rn. 22; BVerwG NJW 2023, 703 Rn. 22). Dies entspricht dem eindeutigen Willen des Gesetzgebers, der in dem Gesetzgebungsverfahren des Gesetzes zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten vom (BGBl. I S. 3786) bei elektronischen Zustellungen von der anfänglich vorgesehenen automatisierten Eingangsbestätigung in Verbindung mit einer Zustellungsfiktion am dritten Werktag nach dem in der Eingangsbestätigung ausgewiesenen Tag (vgl. BT-Drucks. 17/12634 S. 10 [§ 174 Abs. 3 Satz 3 und 4 und Abs. 4 Satz 3 des Entwurfs], S. 28 f.) abgesehen und auch für den Fall der elektronischen Übermittlung eines Dokuments an einen Rechtsanwalt daran festgehalten hat, eine Zustellung weiterhin an ein von dem Rechtsanwalt bewusst zu veranlassendes Empfangsbekenntnis zu knüpfen (vgl. BT-Drucks. 17/13948, S. 7, 34).
10(2) Der Mangel des Empfangswillens kann bei einer Zustellung gegen Empfangsbekenntnis nicht durch den bloßen Nachweis des tatsächlichen Zugangs gemäß § 189 ZPO beziehungsweise gemäß § 8 VwZG, der der Vorschrift des § 189 ZPO nachgebildet und entsprechend auszulegen ist (vgl. BT-Drucks. 15/5216, S. 14), geheilt werden (vgl. , NJW-RR 2015, 953 Rn. 7, 12; BVerwG, ZOV 2011, 138 Rn. 7). Dies gilt entgegen der Auffassung der Beklagten auch im Fall einer elektronischen Zustellung gegen Empfangsbekenntnis (vgl. , NJW 2022, 1816 Rn. 22; OLG Karlsruhe, GRUR-RS 2023, 4502 Rn. 57 ff.; OVG Saarlouis, NVwZ 2022, 658 Rn. 9 f.). Der Umstand, dass bei einer elektronischen Zustellung der tatsächliche Zugang in der Regel ohne weiteres technisch nachweisbar ist, führt entgegen der Auffassung der Beklagten nicht zu einer anderen Beurteilung. Denn der Nachweis des Zugangs des zuzustellenden Dokuments in dem beA-Postfach belegt den erforderlichen Annahmewillen nicht und vermag das Erfordernis des Annahmewillens auch nicht zu ersetzen.
11(3) Die Auffassung der Beklagten, es könne entgegen der oben genannten, auch für elektronische Zustellungen fortgeführten Rechtsprechung für eine Heilung nach § 189 ZPO beziehungsweise nach § 8 VwZG bei der elektronischen Zustellung per beA nicht auf einen Empfangswillen des Rechtsanwalts ankommen, weil ein Rechtsanwalt missbräuchlich handele, wenn er sich weigere, ein ihm über das beA tatsächlich zugegangenes Schriftstück zur Kenntnis zu nehmen, gibt keine Veranlassung, diese Rechtsprechung zu ändern und das Erfordernis eines Empfangswillens bei einer Zustellung gegen Empfangsbekenntnis für elektronische Zustellungen an Rechtsanwälte aufzugeben. Zutreffend verweist die Beklagte zwar darauf, dass ein Rechtsanwalt gemäß § 31a Abs. 6 BRAO als Inhaber eines besonderen elektronischen Anwaltspostfachs verpflichtet ist, die für dessen Nutzung erforderlichen technischen Einrichtungen vorzuhalten sowie Zustellungen und den Zugang von Mitteilungen über das besondere elektronische Anwaltspostfach zur Kenntnis zu nehmen (sogenannte passive Nutzungspflicht). Insoweit handelt es sich jedoch (nur) um eine berufsrechtliche Pflicht (vgl. BT-Drucks. 18/9521, 107 ff.), deren Verletzung zwar berufsrechtswidrig sein und berufsrechtliche Maßnahmen nach sich ziehen kann (vgl. etwa AGH NRW BeckRS 2020, 1625 Rn. 33 f.; jurisPK-ERV/Lapp, Band 2, 2. Aufl., § 31a BRAO Rn. 70). Sie führt jedoch weder zu einem antizipierten Empfangswillen für alle über das beA bewirkten Zustellungen noch gilt die Zustellung ohne Empfangswillen mit dem Zugang - sei es als Fiktion oder wegen Rechtsmissbrauchs - als bewirkt (vgl. Sadler/Tillmanns/Bätge, VwVG/VwZG, 11. Aufl., § 5 VwZG Rn. 59, 111; Zöller/Schultzky, ZPO, 35. Aufl., § 173 Rn. 5; Stein/Thöne, ZPO, 24. Aufl., § 173 Rn. 18; MünchKommZPO/Häublein/Müller, 7. Aufl., § 173 Rn. 21; vgl. BeckOK BORA/Günther, § 14 Rn. 8, 13a [Stand: ]). Denn die Entscheidung des Gesetzgebers, auch im elektronischen Rechtsverkehr bei Zustellungen an dem Erfordernis eines Annahmewillens festzuhalten und nicht allein die automatisierte Empfangsbestätigung ausreichen zu lassen, wurde im Zuge der Einführung der passiven Nutzungspflicht des beA nicht rückgängig gemacht.
12Dies steht im Einklang damit, dass der Gesetzgeber bei einer Zustellung gegen Empfangsbekenntnis nach § 5 Abs. 4 VwZG - anders als mit der Regelung in § 5 Abs. 7 Satz 2 VwZG bei der Zustellung nach § 5 Abs. 5 Satz 2 VwZG - keine Zustellungsfiktion vorgesehen hat. Verweigert ein Adressat bei einer beabsichtigten Zustellung nach § 5 Abs. 4 VwZG die Annahme, muss die Behörde demnach die Zustellung auf anderem Weg bewirken (vgl. Sadler/Tillmanns/Bätge, VwVG/VwZG, 11. Aufl., § 4 VwZG Rn. 59; Zöller/Schultzky, ZPO, 35. Aufl., § 173 Rn. 5; Stein/Thöne, ZPO, 24. Aufl., § 173 Rn. 18). Entsprechend hat der Gesetzgeber des Gesetzes zum Ausbau des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten und zur Änderung weiterer Vorschriften vom (BGBl. I S. 4607) in § 173 Abs. 4 Satz 4 ZPO eine Zustellungsfiktion bei der elektronischen Zustellung an andere als die in Absatz 2 genannten Verfahrensbeteiligten eingeführt, hiervon für die in Absatz 2 genannten Verfahrensbeteiligten, wie etwa Rechtsanwälte, die kraft Amtes ein besonderes Maß an Vertrauenswürdigkeit genießen, abgesehen und dort weiterhin die Abhängigkeit des Nachweises der Zustellung von einem willentlichen Akt wie der Rücksendung des Empfangsbekenntnisses beibehalten (vgl. BT-Drucks. 19/28399, S. 37).
13(4) Nach alledem ist der Anwaltsgerichtshof zutreffend davon ausgegangen, dass der Widerrufsbescheid dem Kläger nicht auf Grund der am erfolgten Übermittlung per beA wirksam zugestellt wurde. Denn ein Empfangswille des Klägers ist hier nicht ersichtlich. Weder hat er ein Empfangsbekenntnis abgegeben noch kann aus sonstigen Umständen hinreichend zuverlässig auf die empfangsbereite Entgegennahme des ihm am in seinem beA-Postfach zugegangenen Widerrufsbescheids geschlossen werden (vgl. , NJW-RR 2015, 953 Rn. 12 f.; BVerwG NJW 2007, 3223).
14Entgegen der Auffassung der Beklagten hat der Kläger mit seinem Schreiben vom auch nicht antizipiert und generell seinen Empfangswillen für Zustellungen über das beA erklärt und ist deshalb auch nicht nach Treu und Glauben daran gehindert, sich auf den fehlenden Empfangswillen zu berufen. Zum einen hat das Schreiben vom keinen erkennbaren Bezug zu dem Widerrufsverfahren und den vorangegangenen Anhörungen. Bei den dort unter "Ihre Zeichen" angegebenen Zahlen handelt es sich auch nicht - wie in der Antragsbegründung behauptet - um das eigens im vorliegenden Widerrufsverfahren verwendete Aktenzeichen, sondern um die Mitgliedsnummer des Klägers. Zum anderen hat der Kläger dort auch nicht antizipiert und generell seinen Empfangswillen für künftige Zustellungen per beA erklärt, sondern lediglich - auch mit der Begründung, dass das beA zwischenzeitlich existiere - veränderte Kontaktdaten und seine beA Safe-ID angegeben.
15Letztlich oblag es der Beklagten, zu prüfen, ob der Widerrufsbescheid ordnungsgemäß zugestellt war, mithin - sofern sie eine Zustellung nach § 5 Abs. 4 VwZG beabsichtigt hätte - ob ein dokumentierter Annahmewillen des Klägers vorlag oder ob sie eine Zustellung auf anderem Weg, etwa nach § 5 Abs. 1 VwZG durch Aushändigung gegen Empfangsbekenntnis, durchführen musste. Darauf, dass der Kläger sich nicht auf eine fehlende oder jedenfalls fehlerhafte Zustellung und einen fehlenden Annahmewillen berufen würde, konnte die Beklagte dagegen nicht vertrauen.
16b) Das Vorbringen im Zulassungsantrag begründet auch keine ernstlichen Zweifel an der Auffassung des Anwaltsgerichtshofs, dass der Widerrufsbescheid wegen Ermessensfehlern rechtswidrig und deshalb aufzuheben ist. Auch die mit dem Zulassungsantrag vorgelegten ergänzenden Ermessenserwägungen der Beklagten vermögen hieran nichts zu ändern.
17aa) Nach § 14 Abs. 3 Nr. 4 BRAO kann die Zulassung eines Rechtsanwalts widerrufen werden, wenn er seine Kanzlei ohne Befreiung von der Kanzleipflicht aufgibt. Die Aufgabe der Kanzlei liegt vor, wenn der Rechtsanwalt den Mindestanforderungen an die Einrichtung einer Kanzlei nicht mehr genügt und damit für das rechtsuchende Publikum nicht mehr erreichbar ist (vgl. Senat, Beschluss vom - AnwZ (B) 26/09, NJW-RR 2009, 1577 Rn. 5 mwN). Zu diesen Anforderungen gehören organisatorische Maßnahmen, um der Öffentlichkeit den Willen des Rechtsanwalts zu offenbaren, bestimmte Räumlichkeiten zu verwenden, um dort anwaltliche Dienste bereitzustellen; ferner muss der Rechtsanwalt ein Praxisschild anbringen, einen Telefonanschluss unterhalten und zu angemessenen Zeiten dem rechtsuchenden Publikum in den Praxisräumen für anwaltliche Dienste zur Verfügung stehen (vgl. Senat, Beschluss vom - AnwZ (B) 26/09, aaO mwN).
18Bei der Auslegung und Anwendung der Widerrufsregelung ist zu berücksichtigen, dass die Kanzleipflicht zwar nur die Berufsausübung beschränkt, sich aber die Anwendung der Regelung in Verbindung mit der gesetzlich vorgesehenen Sanktion des Widerrufs als Eingriff in die Freiheit der Berufswahl auswirken kann und insoweit strengeren verfassungsrechtlichen Anforderungen genügen muss (vgl. BVerfG, BRAK-Mitt. 2005, 275 f.; BVerfGE 72, 26, 32). Diese schwerwiegenden Auswirkungen sind im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung zu berücksichtigen und bedingen die Prüfung, warum im konkreten Einzelfall die am stärksten in die Rechtsstellung des Rechtsanwalts eingreifende Maßnahme des Zulassungswiderrufs zum Schutz besonders wichtiger Gemeinschaftsgüter zwingend erforderlich ist und nicht etwa mit den anwaltsgerichtlichen Maßnahmen nach § 114 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 BRAO schonendere Mittel zur Verfügung stehen (vgl. Senat, Beschlüsse vom - AnwZ (B) 3/13, NJW-RR 2014, 377 Rn. 7; vom - AnwZ (B) 29/05, juris Rn. 7; vom - AnwZ (B) 16/86, juris Rn. 37; BVerfG, BRAK-Mitt 2005, 275 f.; BVerfGE 72, 26, 33).
19bb) Der Anwaltsgerichtshof hat diese Grundsätze zutreffend berücksichtigt. Das Vorbringen der Beschwerde stellt die hierauf gründende Auffassung des Anwaltsgerichtshofs, dass die Entscheidung der Beklagten aus mehreren Gründen ermessensfehlerhaft ist, nicht ernstlich in Frage. Die im Zulassungsverfahren vorgelegten ergänzenden Ermessenserwägungen führen zu keiner anderen Bewertung.
20(1) Zu Recht ist der Anwaltsgerichtshof davon ausgegangen, dass die Beklagte das ihr zustehende Ermessen bei der Entscheidung über den Widerruf nicht in ausreichendem Maße einzelfallbezogen ausgeübt, mildere Mittel nicht hinreichend berücksichtigt und keine hinreichende Abwägung vorgenommen hat, mithin - was der gerichtlichen Überprüfung unterliegt (vgl. BVerwGE 157, 356 Rn. 24) - insbesondere den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht in ausreichendem Maße beachtet hat. Denn die Beklagte hat bei ihrer Ermessensentscheidung der Bedeutung und Tragweite der durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Berufsfreiheit nicht ausreichend Rechnung getragen.
21(a) Ihren Erwägungen ist schon nicht zu entnehmen, dass sie berücksichtigt hat, dass der Widerruf nicht nur einen Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit darstellt, sondern einen Eingriff in die Freiheit der Berufswahl, der den insoweit strengeren verfassungsrechtlichen Anforderungen genügen muss. Im Gegenteil ist in dem Widerrufsbescheid ausdrücklich nur von der Berücksichtigung des Grundrechts auf freie Berufsausübung die Rede. Dies hat die Beklagte in den ergänzenden Ermessenserwägungen nicht relativiert oder korrigiert, sondern dort undifferenziert von einem Eingriff in die Berufsfreiheit gesprochen. Eine Einordnung in die Kategorie der Berufswahlfreiheit und eine konkrete Befassung damit, unter welchen Voraussetzungen ein derartiger Eingriff gerechtfertigt werden kann und aus welchen Gründen bei einer konkreten Abwägung hier eine verfassungsrechtliche Rechtfertigung vorliegt, fehlt.
22Auch ansonsten ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte bei ihrer Ermessensentscheidung die Bedeutung und Schwere des Grundrechtseingriffs angemessen beachtet und ihrer Entscheidung zugrundegelegt hat, dass der Widerruf auf die Fälle zu beschränken ist, in denen der hierdurch bewirkte Eingriff in die Freiheit der Berufswahl zum Schutz besonders wichtiger Gemeinschaftsgüter zwingend erforderlich ist (vgl. Senat, Beschlüsse vom - AnwZ (B) 3/13, NJW-RR 2014, 377 Rn. 7; vom - AnwZ (B) 29/05, juris Rn. 7; vom - AnwZ (B) 16/86, juris Rn. 37; BVerfG, BRAK-Mitt 2005, 275, 276; BVerfGE 72, 26, 32 f.). Zwar hat die Beklagte im Widerrufsbescheid ausgeführt, dass der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und das Grundrecht auf freie Berufsausübung zu berücksichtigen seien. In den ergänzenden Ermessenserwägungen hat sie weiter ausgeführt, dass der Widerruf einen erheblichen Eingriff in die Berufsfreiheit des Klägers darstelle. Der Widerruf sei aber zur Erhaltung einer funktionsfähigen Rechtspflege und zum Schutz der Rechtsuchenden geboten. Diese Ausführungen genügen indes nicht. Eine hinreichende einzelfallbezogene Abwägung, der sich entnehmen ließe, dass die Beklagte die Schwere des Eingriffs in die Berufsfreiheit erkannt hat und dass und aus welchen Gründen sie hier dennoch den Widerruf zum Schutz besonders wichtiger Gemeinschaftsgüter für zwingend erforderlich gehalten hat, fehlt.
23(b) Zutreffend hat der Anwaltsgerichtshof auch eine hinreichende Befassung damit, ob nicht mildere Mittel die Einhaltung der Kanzleipflicht bewirken könnten, verneint. Insoweit fehlt es jedenfalls an der gebotenen einzelfallbezogenen Prüfung, ob der Kläger sich nicht auch durch anwaltsgerichtliche Maßnahmen nach § 114 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 BRAO zur Einhaltung der Mindestvoraussetzungen einer Kanzleipflicht hätte bewegen lassen. In dem Widerrufsbescheid hat sich die Beklagte mit dem pauschalen Hinweis begnügt, dass mildere Maßnahmen hier nicht geeignet seien. Dies lässt eine konkrete Auseinandersetzung mit dem vorliegenden Fall und eine einzelfallbezogene Prüfung der Erforderlichkeit des Widerrufs unter Einbeziehung anwaltsgerichtlicher Maßnahmen nicht erkennen. Auch die nachgeschobenen Ermessenserwägungen vermögen diesen Ermessensfehler nicht auszuräumen. Zwar hat sich die Beklagte dort mit dem Grund dafür, dass ein Absehen von der Kanzleipflicht nicht in Betracht kam, befasst. Weiterhin nicht hinreichend berücksichtigt ist jedoch die Möglichkeit, die Einhaltung der Kanzleipflicht durch anwaltsgerichtliche Maßnahmen zu bewirken. Der Hinweis in den ergänzenden Ermessenserwägungen, dass berufsrechtliche Maßnahmen als mildere Mittel nicht gleich geeignet seien, um den Kläger dazu zu veranlassen, seiner Kanzleipflicht nachzukommen, da es nicht wahrscheinlich gewesen sei, dass er auf berufsrechtliche Maßnahmen reagieren würde, nachdem er im Anhörungsverfahren keinerlei Bemühungen gezeigt habe, seinen Pflichten nachzukommen, genügt nicht. Die Beklagte hat damit allein aus der Tatbestandsmäßigkeit des Verhaltens, nämlich der trotz Anhörung (unterstellt) fortbestehenden Aufgabe der Kanzleipflicht, auf die Ungeeignetheit anwaltsgerichtlicher Maßnahmen geschlossen, ohne weitere Anhaltpunkte dafür zu haben, dass der Kläger sich auch hierdurch nicht zur Einhaltung der Mindestanforderungen an eine Kanzlei hätte bewegen lassen. Mit dieser Argumentation ließe sich im Regelfall des Verstoßes gegen eine Kanzleipflicht der sofortige Widerruf begründen, was indes der Bedeutung der Berufsfreiheit und dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nicht gerecht würde.
24(2) Zutreffend hat der Anwaltsgerichtshof einen Ermessensfehler auch darin gesehen, dass die Beklagte in dem Widerrufsbescheid bei ihren Ermessenserwägungen darauf abgestellt hat, der Kläger entziehe sich dadurch, dass Zustellungen an ihn nicht möglich seien und er an keiner Adresse amtlich gemeldet sei, der strafrechtlichen Verfolgung. Zu Recht hat der Anwaltsgerichtshof dies für eine einen Ermessensfehler begründende sachfremde Erwägung (vgl. BVerwGE 91, 135, 140; BVerwGE 70, 143, 151; Schoch/Schneider/Riese, VwGO, § 114 VwGO Rn. 66 [Stand: August 2024]; Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl., § 114 Rn. 162a) gehalten, da die Kanzleipflicht nicht die Durchführung von Strafverfahren gegen einen Rechtsanwalt ermöglichen solle.
25Entgegen dem Vorbringen im Zulassungsantrag und in ihren ergänzenden Ermessenserwägungen handelte es sich insoweit um eine ermessensleitende Erwägung der Beklagten und nicht lediglich um ein Beispiel dafür, dass der Kläger nicht erreichbar war. Die Beklagte hatte zu diesem für die Entscheidung über den Widerruf sachfremden Umstand im Widerrufsbescheid im Rahmen ihrer Ermessenserwägungen vielmehr gerade ausgeführt, dass dieser besonders ins Gewicht falle. Die ergänzenden Ermessenserwägungen vermögen an diesem Ermessensfehler nichts zu ändern. Denn die Beklagte hat dort gerade nicht - wie erforderlich - den Ermessensfehler eingeräumt und eine neue Ermessenabwägung unter Außerachtlassung des in die bisherige Ermessensentscheidung fehlerhaft einbezogenen sachfremden Umstands getroffen, sondern lediglich ihre bisherige Ermessensentscheidung verteidigt und unzutreffend gemeint, die sachfremden Erwägungen seien dort nicht ermessensleitend gewesen. Vor diesem Hintergrund kann das Vorbringen in der Beschwerde zusammen mit den ergänzten Ermessenserwägungen die Auffassung des Anwaltsgerichtshofs, dass die Ermessensentscheidung entscheidungserheblich den sachfremden Umstand der Verhinderung von Strafverfahren berücksichtigt habe, nicht ernstlich in Frage stellen.
26(3) Letztlich folgt die Ermessensfehlerhaftigkeit der Entscheidung der Beklagten zusätzlich auch daraus, dass sie ihrer Ermessensentscheidung - sowohl im Widerrufsbescheid als auch im Rahmen der ergänzenden Ermessenserwägungen - einen Sachverhalt zugrundegelegt hat, der von ihrer eigenen Sachverhaltsermittlung nicht getragen wird.
27(a) Die von der Beklagten bei ihrer Entscheidung ausweislich der Begründung des Widerrufsbescheids unter anderem zugrundegelegten Annahmen, dass der Kläger über keine Kanzleiräume verfüge, in denen er zu den üblichen Geschäftsstunden normalerweise zu erreichen sei, dass er keinen betrieblichen Telefonanschluss habe und der Briefkasten zugeschweißt sei, lassen sich den von ihr diesbezüglich im Widerrufsbescheid angegebenen Sachverhaltsermittlungen nicht entnehmen.
28Hiernach waren ausweislich der Mitteilung der Generalstaatsanwaltschaft Naumburg vom unter der auch als Kanzleianschrift dienenden Adresse eine oder mehrere Zustellungen an den Kläger in einem Strafverfahren nicht möglich, ebenso nach Mitteilung der Polizei Sachsen-Anhalt vom mangels Briefkasten und Klingelschild eine Postzustellung in einer von der Polizei gegen den Kläger betriebenen Angelegenheit. Zudem befand sich nach den Feststellungen einer Mitarbeiterin der Beklagten vor Ort am sowie am kein beschrifteter Briefkasten, kein Klingelschild und kein Kanzleischild an der angegebenen Kanzleiadresse. Einem Schreiben des Klägers vom an die Beklagte ist darüber hinaus zu entnehmen, dass er statt der bisherigen Telefonnummern eine neue Mobilnummer nutzen und weder seinen Faxanschluss noch seine E-Mail-Adresse betrieblich weiternutzen wollte. Aus alledem ergibt sich indes nicht, dass der Kläger - entgegen seiner Einlassung im erstinstanzlichen Verfahren - die Kanzleiräume in der unteren Etage des an der angegebenen Adresse befindlichen Hauses, die ausweislich der Feststellungen der Beklagten bei einem Ortstermin am noch genutzt und ausgestattet waren, aufgegeben hat, er mithin - wie sowohl im Widerrufsbescheid als auch in den ergänzenden Ermessenserwägungen zugrundegelegt – im Zeitpunkt des Widerrufs nicht mehr über Kanzleiräume verfügte. Auch haben die Ermittlungen keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass er keine betriebliche Telefonnummer mehr nutzte; im Gegenteil hat er eine solche in seinem Schreiben vom gerade mitgeteilt. Dass der Briekasten zugeschweißt war, wie es in dem Widerrufsbescheid heißt, lässt sich den Ermittlungen ebenfalls nicht entnehmen. Weder ist in der Nachricht der Mitarbeiterin der Beklagten vom , in der sie den Mitgliedern des Zulassungsausschusses über ihre Ortsbesichtigung vom berichtet hat, von einem zugeschweißten Briefkasten die Rede noch ist ein solcher auf den von ihr gefertigten Lichtbildern zu erkennen. Letztlich ist auch die der Ermessenserwägung der Beklagten zugrundegelegte Annahme, der Kläger sei für niemanden mehr erreichbar, auf Grundlage der Ermittlungen der Beklagten zumindest überzogen vor dem Hintergrund, dass sich das Wohn- und Kanzleigebäude weiterhin vor Ort befindet und nach den Feststellungen der Mitarbeiterin der Beklagten am bewohnt erschien, für einen Wegzug oder gar eine Flucht des Klägers keine Anhaltspunkte dargetan sind und die Beklagte nach der Einstellung des vorangegangenen Widerrufsverfahrens am sich bis zum Widerruf nur auf zwei Beschwerden stützte, die jeweils die fehlende Möglichkeit der Zustellung unter seiner Anschrift betrafen, ohne aufzuzeigen, ob und wie häufig persönliche Zustellungen vor Ort versucht worden waren. Die Beklagte selbst hat ausweislich der Verwaltungsakten im streitgegenständlichen Widerrufsverfahren keine postalischen Zustellungsversuche unternommen und auch nur einmal erfolglos versucht, den Kläger vor Ort anzutreffen. Auch im Gerichtsverfahren sind keine Anhaltspunkte dafür dargetan worden, dass der Kläger im Zeitpunkt des Widerrufs seine Kanzleiräume aufgegeben hatte, keine betriebliche Telefonnummer mehr unterhielt, sein Briefkasten zugeschweißt war und der Kläger unter der angegebenen Anschrift gänzlich unerreichbar war. Im Gegenteil konnte ihm ein Schreiben des Rechtsanwaltsversorgungswerks vom unter dieser Anschrift zugestellt werden. Weiter haben ihn nach Erlass des Widerrufsbescheids unter seiner Telefaxnummer am 16. und Schreiben der Beklagten erreicht.
29(b) Die Beklagte hat demnach ihren Ermessenserwägungen einen in wesentlichen Punkten von ihren Sachverhaltsermittlungen nicht gedeckten Sachverhalt zugrundegelegt, ohne hierfür eine fundierte Tatsachengrundlage zu haben. Hierdurch hat sie nicht nur ihre Pflicht zu einer sorgfältigen und umfassenden Sachverhaltsermittlung (§ 24 VwVfG) verletzt, was zur formellen Rechtswidrigkeit des Widerrufsbescheids führt (vgl. Kopp/Ramsauer/Ramsauer/Schlatmann, VwVfg, 25. Aufl., § 24 Rn. 36). Vielmehr hat diese mangelhafte Sachverhaltsaufklärung auch die Fehlerhaftigkeit ihrer Ermessenserwägungen zur Folge (vgl. Kopp/Schenke/Ruthig, VwGO, 30. Aufl., § 114 Rn. 12; Eyermann/Schübel-Pfister, VwGO, 16. Aufl., § 114 Rn. 25; Kopp/Raumsauer/Ramsauer, VwVfG, 25. Aufl., § 40 Rn. 78). Denn diesen liegt zugrunde, dass der Kläger keine der Mindestanforderungen für eine Kanzlei mehr erfüllte und gänzlich unerreichbar war. Die Beklagte hat dieses Verhalten ausweislich ihres Verweises darauf, dass der Widerrufsgrund der Aufgabe der Kanzlei regelmäßig gegeben sei, wenn der Rechtsanwalt flüchtig sei, um sich der Strafverfolgung zu entziehen, jedenfalls wertungsmäßig einem Fluchtverhalten angenähert. In einer derartigen Konstellation wären gänzlich andere Ermessenserwägungen für einen Widerruf anzustellen als in der sich hier aus den eigenen Feststellungen der Beklagten allenfalls ergebenden Konstellation, in der die Anzeichen der Kanzlei nach außen abgeschafft wurden mit der Folge, dass ihn Zustellungen nicht mehr erreichten (vgl. Senat, Beschluss vom - AnwZ (B) 16/86, juris Rn. 36 f.). Insbesondere im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung und der in diesem Zusammenhang zu erwägenden Frage, ob zunächst anwaltsgerichtliche Maßnahmen zur Erzwingung der Kanzleipflicht durchgeführt werden, spielt es eine entscheidende Rolle, ob es gänzlich an einer Kanzlei fehlt oder der Anwalt nur einigen oder einzelnen der Mindestanforderungen an eine Kanzlei nicht genügt (vgl. Senat, Beschlüsse vom - AnwZ (B) 29/05, juris Rn. 7; vom - AnwZ (B) 22/95, BRAK-Mitt 1996, 33, 34; vom - AnwZ (B) 16/86, aaO; BVerfG, BRAK-Mitt 2005, 275, 276; BVerfGE 72, 26, 33).
30Nur ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass der Kläger auch nicht dazu angehört wurde, dass die Beklagte davon ausging, er habe keinen Raum mehr, in dem er seinen Berufsgeschäften nachgehe und zu den üblichen Geschäftsstunden normalerweise zu erreichen sei, er unterhalte keinen betrieblichen Telefonanschluss und der Briefkasten sei bei der Inaugenscheinnahme am zugeschweißt gewesen. Die Anhörungsschreiben erwähnen diese Umstände nicht.
31cc) Die Begründung des Zulassungsantrags hat somit keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der Auffassung des Anwaltsgerichtshofs, dass entscheidungserhebliche Ermessensfehler vorliegen, aufgezeigt. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der im Zulassungsverfahren vorgelegten ergänzenden Ermessenserwägungen. Demzufolge ist die unter anderem tragend wegen Ermessensfehlerhaftigkeit erfolgte Entscheidung, den Widerrufsbescheid aufzuheben, nicht ernstlich in Frage gestellt. Ohnehin ergibt sich die Ermessenfehlerhaftigkeit - wie ausgeführt - zusätzlich aus der Zugrundelegung eines dem Ermittlungsergebnis nicht entsprechenden, nicht durch Tatsachen getragenen Sachverhalts.
32Vor diesem Hintergrund kommt es nicht entscheidend darauf an, ob auch die von dem Anwaltsgerichtshof benannten weiteren formellen und materiellen Fehler vorlagen, nicht geheilt wurden und zur Aufhebung des Widerrufsbescheids führen würden.
332. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 112e Satz 2 BRAO, § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Dieser Zulassungsgrund ist gegeben, wenn der Rechtsstreit eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann und deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an einer einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt (vgl. nur Senat, Beschluss vom - AnwZ (Brfg) 2/19, juris Rn. 13 mwN). Diese Voraussetzungen sind vom Beschwerdeführer darzulegen. Zur schlüssigen Darlegung gehören Ausführungen zur Klärungsbedürftigkeit und Klärungsfähigkeit der aufgeworfenen Rechtsfrage sowie zu ihrer Bedeutung für eine unbestimmte Vielzahl von Fällen oder ihre Auswirkung auf die Allgemeinheit; begründet werden muss auch, warum ein korrigierendes Eingreifen des Bundesgerichtshofs erforderlich ist (vgl. nur Senat, Beschluss vom , aaO; vom - AnwZ (Brfg) 82/13, juris Rn. 24; jeweils mwN).
34Diese Voraussetzungen sind hier nicht dargetan.
35a) Die Beklagte hält eine Zulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung bezüglich der Frage, ob bei einer elektronischen Zustellung gegen Empfangsbekenntnis an einen Rechtsanwalt über beA nach § 5 Abs. 4 VwZG ein Zustellungsfehler nach § 8 VwZG auch durch den Nachweis des tatsächlichen Zugangs geheilt werden könne, für geboten. Die Frage bezieht sich nach dem Vorbringen der Beklagten darauf, ob die ständige höchstrichterliche Rechtsprechung, wonach der Mangel des Empfangswillens bei einer Zustellung gegen Empfangsbekenntnis nicht durch den bloßen Nachweis des tatsächlichen Zugangs gemäß § 189 ZPO beziehungsweise gemäß § 8 VwZG geheilt werden kann (vgl. , NJW-RR 2015, 953, Rn. 7, 12; BVerwG, ZOV 2011, 138 Rn. 7), auch für den Fall einer elektronischen Zustellung gegen Empfangsbekenntnis gilt. Wie oben ausgeführt, ist diese Rechtsfrage indes bereits - auch durch den Bundesgerichtshof - dahin geklärt, dass eine Heilung des fehlenden Empfangswillens auch bei elektronischen Zustellungen nicht möglich ist (vgl. , NJW 2022, 1816 Rn. 22; OLG Karlsruhe, GRUR-RS 2023, 4502 Rn. 57 ff.; OVG Saarlouis, NVwZ 2022, 658 Rn. 9 f.). Die Beklagte hat nicht dargelegt, dass, aus welchen Gründen, in welchem Umfang und von welcher Seite diese Frage überhaupt und auch weiterhin umstritten ist. Auch die von ihr für ihre Gegenansicht vorgebrachten Argumente vermögen - wie oben ausgeführt - diese Rechtsprechung nicht in Frage zu stellen und einen (weiteren) Klärungsbedarf nicht aufzuzeigen.
36b) Die Beklagte macht Grundsatzbedeutung weiter geltend zur Klärung der Frage, ob es gegen Treu und Glauben verstößt, wenn ein Rechtsanwalt sich darauf beruft, er habe das beA entgegen seiner passiven Nutzungspflicht aus § 31a Abs. 6 BRAO nicht genutzt und/oder die dafür notwendigen technischen Voraussetzungen nicht geschaffen mit der Folge, dass er dadurch den Eintritt der Heilungswirkung nach § 8 VwZG kategorisch verhindere.
37Insoweit hat die Beklagte jedoch schon nicht aufgezeigt, dass diese Frage klärungsbedürftig ist und warum ein korrigierendes Eingreifen des Bundesgerichtshofs erforderlich sein soll. Die Beklagte hat nicht dargelegt, dass, aus welchen Gründen, in welchem Umfang und von welcher Seite diese Frage umstritten ist. Sie hat insoweit lediglich ihre persönliche Meinung dargestellt, ohne darzulegen, dass diese Auffassung in Rechtsprechung und Literatur überhaupt vertreten wird und insoweit aktuell ein Meinungsstreit besteht (vgl. Senat, Beschluss vom - AnwZ (Brfg) 76/13, NJW-RR 2014, 1083 Rn. 5). Der mit "ähnlich" versehene Verweis der Beklagten auf einen Beschluss des Kammergerichts (Beschluss vom - 7 U 17/24, juris Rn. 26) genügt insoweit nicht.
III.
38Die Kostenentscheidung beruht auf § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO, § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 194 Abs. 2 Satz 1 BRAO.
Limperg Remmert Liebert
Lauer Schmittmann
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2025:090525BANWZ.BRFG.8.25.0
Fundstelle(n):
CAAAJ-94753