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Niedersächsisches Finanzgericht  Urteil v. - 9 K 155/22

Gesetze: EStG § 38a Abs. 1; EStG § 38a Abs. 2; EStG § 42d Abs. 1 Nr. 1

Lohnsteuerhaftung: Keine Verpflichtung des Betriebsstätten-Finanzamts zur sog. Schattenveranlagung bei fehlerhafter Einbehaltung der Lohnsteuer für beschränkt Steuerpflichtige

Leitsatz

  1. Trotz der substantiellen Einwendungen eines Teils des steuerrechtlichen Schrifttums spricht für das Gericht Überwiegendes dafür, dass der Haftungstatbestand mit dem Entstehen der Einkommensteuer mit Ablauf des Kalenderjahres (§ 36 Abs. 1 EStG) weiterhin an den Lohnsteueranspruch und nicht an den bereits entstandenen Einkommensteueranspruch anknüpft. Damit bleibt die vorläufig entstandene Lohnsteuerschuld des Arbeitnehmers Grundlage der Haftung, und nicht dessen Einkommensteuerschuld. Der Wortlaut des § 38a Abs. 1 Satz 1 EStG (Jahreslohnsteuer) und § 42d Abs. 1 Nr. 1 und 3 EStG sprechen dafür, dass sich die Haftung nach Ablauf des Kalenderjahres auf diese Jahreslohnsteuer bezieht und nicht auf eine zu diesem Zeitpunkt entstehende Einkommensteuer des Arbeitnehmers.

  2. Auch steuersystematisch ist diese Auslegung geboten. § 42d EStG ist Teil der Steuererhebungsvorschriften. Das EStG trennt streng nach Lohnsteuerabzugsverfahren und Veranlagungsverfahren (§ 46 EStG). Das Lohnsteuerabzugsverfahren beschränkt sich auf die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit und hat keine Bindungswirkung für die für ein späteres Veranlagungsverfahren.

  3. Aus den gleichen Gründen ist auch nicht von Belang, ob eine abgegebene Einkommensteuererklärung wie im Streitfall infolge Eintritts der Festsetzungsverjährung nicht in einen Einkommensteuerbescheid mündet oder sich aufgrund von vorgelegten Berechnungen ggf. eine geringere Einkommensteuerschuld ergibt. Alles andere würde dazu führen, dass das Betriebsstättenfinanzamt des Arbeitgebers in solchen Fällen sog. Schattenveranlagungen durchführen und die Aufgaben des Veranlagungsfinanzamts übernehmen müsste. Eine derartige Vermischung von Lohnsteuerabzugs- und Veranlagungsverfahren wäre steuersystematisch verfehlt und verfassungsrechtlich nicht geboten. Denn danach ist die Haftung für die Jahreslohnsteuer ohne Betrachtung der tatsächlichen Einkommensteuerschuld keine Strafsteuer. Diese Haftung entspricht vielmehr den gesetzlichen Vorschriften.

  4. Ersetzt das Finanzamt während eines Klageverfahrens den mit der Klage angefochtenen Haftungsbescheid durch einen anderen Haftungsbescheid, in dem es erstmals seine Ermessenserwägungen erläutert, so wird dieser Bescheid zum Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens (Anschluss an , BFHE 224, 195, BStBl. II 2009, 539; zur Kritik an dieser Rechtsprechung s. Anmerk. Steinhauff, jurisPR-SteuerR 24/2009 Anm. 3). Im weiteren Verlauf jenes Verfahrens sind danach die nunmehr angestellten Ermessenserwägungen in vollem Umfang zu berücksichtigen.

Fundstelle(n):
WAAAJ-94716

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Niedersächsisches Finanzgericht , Urteil v. 16.04.2025 - 9 K 155/22

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