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BVerwG Beschluss v. - 1 WB 65.24

Konkurrentenstreit um einen Referatsleiterdienstposten im Bundesministerium der Verteidigung

Gesetze: Art 33 Abs 2 GG, § 6 S 1 SG, § 3 SG

Tatbestand

1Der Antrag betrifft einen Konkurrentenstreit um die Besetzung des nach der Besoldungsgruppe B 3 bewerteten Dienstposten des Referatsleiters ... (jetzt: ...) im Bundesministerium der Verteidigung.

2Der ... geborene Antragsteller ist Berufssoldat. Seine Dienstzeit wird voraussichtlich mit dem März ... enden. Im August 2020 wurde er zum Oberst befördert und mit Wirkung vom in eine Planstelle der Besoldungsgruppe A 16 eingewiesen. Vom bis zum war ihm unter Wegfall der Geld- und Sachbezüge Urlaub zur Wahrnehmung einer hauptberuflichen Tätigkeit bei der ... gewährt worden. In dieser Zeit war er auf verschiedenen, zunächst mit A 15, ab Juni 2020 mit A 16 bewerteten dienstpostenähnlichen Konstrukten beim Bundesministerium der Verteidigung geführt worden. Zum wurde er auf ein mit A 16 bewertetes dienstpostenähnliches Konstrukt beim Kommando ... versetzt. Seit März 2023 wird er als Referatsleiter (A 16) im ... der Bundeswehr in ... verwendet.

3Auch der ... geborene Beigeladene ist Berufssoldat. Seine Dienstzeit wird voraussichtlich mit dem September ... enden. Im Mai 2017 wurde er zum Oberst befördert mit Wirkung vom und in eine Planstelle der Besoldungsgruppe A 16 eingewiesen. Seit Februar 2020 war er auf Referatsleiter-Dienstposten beim Kommando ... verwendet worden.

4Am entschied die damalige Staatssekretärin Dr. S., den streitgegenständlichen Dienstposten mit dem Beigeladenen zu besetzen. Im November 2022 trat er den Dienst auf dem streitgegenständlichen Dienstposten an.

5Der Besetzungsentscheidung liegt eine Organisationsgrundentscheidung "Aufsteigende" zugrunde. Der Planungsbogen für das Auswahlverfahren weist folgende Hauptaufgaben des Dienstpostens aus:

"- ministerieller FF für alle Aspekte der Kräfteplanung für egV, NATO, EU und neuen Einsätzen sowie für Beiträge der SK zum NATO Force Model ab 2025

- ministerieller FF für die Einsatzbereitschaftslage und der Erstellung des Berichts EB SK

- ministerieller FF für die DEU Beteiligung in der NATO-Streitkräftestruktur inkl. MN Korps

- ministerieller FF für Aufwuchs der SK (Mobilmachung)

- DEU Vertretung im Senior Policy Resource Commitee (SPRC) des JSEC

- FF des Teilprojektes 'Steuerung /Nutzung' im Kernprozess 'Einsatzbereite Kräfte bereitstellen',

- Vertreter Abt FüSK in AG Eins LV/BV und zahlreichen anderen abteilungsübergreifenden Gremien sowie Vertreter UAL als Chairman SPRC JSEC

- ministerieller FF für das BMS Landfahrzeuge i.V.m. VJTF 2023".

6Im Anforderungsprofil wird als dienstpostenunabhängiges Kriterium genannt:

"StOffz BMVg/​vglb. Verwendung".

7Die dienstpostenbezogenen Kriterien werden wie folgt aufgezählt:

"KompBer FüEins,

IPlg (wünschenswert),

MilPol wünschenswert

LGAN

VorVwdg als Refltr auf höhKdoEbene (EinsFüKdo; Kdo H/Lw/​MarKdo/​SKB/CIR) (EbeneA16)

VorVwdg im internationalen Bereich (NATO/EU)

Aktuelle Einsatzerfahrung (nicht älter als drei Jahre)

Sicherheitsprüfung Ü 2

SLP EN 4343".

8Neben dem Beigeladenen wurden fünf weitere Offiziere, aber nicht der Antragsteller in die vergleichende Betrachtung einbezogen.

9Am wurde der Antragsteller in einem Personalgespräch darüber informiert, dass er als möglicher Kandidat für den streitgegenständlichen Dienstposten betrachtet worden sei. Wegen zwingender Auswahlkriterien, die er nicht erfülle, sei er aber nicht im engeren Kreis mitbetrachtet worden.

10Gegen diese Auswahlentscheidung stellte er unter dem Antrag auf gerichtliche Entscheidung und beantragte die Herstellung der aufschiebenden Wirkung des Rechtsbehelfs. Das Bundesministerium der Verteidigung hat diesen Antrag mit einer Stellungnahme vom vorgelegt.

11Der Antragsteller macht geltend, Kern seiner Beschwerde sei der Umstand, dass er beim Deutschen Bundestag eine B 3-Verwendung wahrgenommen habe, ihm danach aber keine ebenengerechte Anschlussverwendung gewährt worden sei. Die hier in Rede stehende Referatsleitung sei nur eine Option einer B 3-Verwendung für ihn. Er begehre Einsicht in alle Unterlagen, die für ihn in Betracht kommende Verwendungsentscheidungen beträfen. Dass er nach seiner Rückkehr vom ... auf einem A 16 dienstpostenähnlichen Konstrukt geführt worden sei, ändere nichts an der Wertigkeit der von ihm zuvor wahrgenommenen Aufgaben. Er sei daher bei seiner Anschlussverwendung so zu behandeln, wie jeder andere Oberst, der bereits einen B 3-Dienstposten wahrnehme. Dies sei aber nicht geschehen. Insbesondere erfülle er die Forderung nach einer mehrjährigen Referatsleitertätigkeit und hätte daher bei Auswahlentscheidungen entsprechend berücksichtigt werden müssen. Das Bundesministerium der Verteidigung habe seinen Werdegang nur unvollständig zu Grunde gelegt. Nicht berücksichtigt worden seien zwei eigenständige Master-Abschlüsse und seine erfolgreiche französische Generalstabsausbildung neben dem LGAN. Er verfüge über eine Vorverwendung auf der Ebene Bataillonskommandeur und drei ministerielle Vorverwendungen sowie zwei besondere Auslandsverwendungen.

12Gearbeitet worden sei mit einem manipulierten Personalbogen. Partiell unzutreffend seien die Angaben des Vorlageschreibens zu seiner Tätigkeit beim ... Die Organisationsgrundentscheidung und ihre Zulässigkeit würden mit Nichtwissen bestritten. Die Akten seien hierzu unvollständig und müssten ihm vollständig zur Gewährung von Akteneinsicht zugeleitet werden. Die Unterlagen wiesen aus, dass eine negative Entscheidung der Staatssekretärin zu seiner Person fehle. Nach seinem Verwendungsaufbau könne ihm die Eignung für den Dienstposten nicht abgesprochen werden. Er sei im Leistungsvergleich dem ausgewählten Bewerber vorzuziehen. Die Ausführungen des Bundesministeriums der Verteidigung zur konkreten Auswahlentscheidung bestreite er mit Nichtwissen. Auch hierzu sei ihm zunächst Einsicht in vollständige Akten zu gewähren. Aus seiner Verwendung als Fraktionsreferent verfüge er über die beste Eignung für die Hauptaufgabe der ministeriellen Federführung für die organisationsbereichsübergreifende Kräfteplanung für egV, NATO, EU und neuen Einsätzen sowie für Beiträge der SK zum NATO Force Model ab 2025. Bestritten werde auch die Behauptung zu anderen vermeintlich fehlenden Kompetenzen.

13Das Bundesministerium der Verteidigung beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

14Die Festlegung des Organisationsgrundmodells und die Auswahlentscheidung seien im Planungsbogen und in der Entscheidungsvorlage ordnungsgemäß dokumentiert. Der Antragsteller erfülle drei zwingende Kriterien des Anforderungsprofils nicht, nämlich die Forderungen nach Vorverwendungen als Referatsleiter einer höheren Kommandobehörde sowie im internationalen Bereich der NATO/EU und nach einer aktuellen Einsatzerfahrung, die nicht älter sei als drei Jahre. Diese Kriterien seien nach den Hauptaufgaben des Dienstpostens gerechtfertigt. Danach sei der Antragsteller nicht in einen Leistungsvergleich mit dem Beigeladenen einzubeziehen gewesen. In diesem Rechtsstreit gehe es allein um eine Auswahlentscheidung für einen konkreten Dienstposten. Unabhängig davon, dass der Antragsteller aus seinem zivilen Beschäftigungsverhältnis beim ... keinen Anspruch auf einen militärischen Dienstposten der Ebene B 3 habe, werde er für solche Besetzungsentscheidungen mitbetrachtet, habe sich bislang aber nicht durchsetzen können. Er verfüge nicht über eine mehrjährige Vorverwendung als Referatsleiter A 16. Seine zusätzlichen Qualifikationen seien für den streitgegenständlichen Dienstposten unerheblich. Für die in Rede stehende Auswahlentscheidung spiele sein Beurteilungsbild keine Rolle. Sein Personalbogen sei nicht manipuliert worden. Die Organisationsgrundentscheidung ergebe sich aus den Auswahlunterlagen. Da er mehrere zwingende Kriterien des Anforderungsprofils nicht erfülle, bedürfe es keiner negativen Entscheidung der Staatssekretärin zu seiner Person und keines Leistungsvergleichs.

15Der Beigeladene hat keinen eigenen Antrag gestellt.

16Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen. Die Beschwerdeakte des Bundesministeriums der Verteidigung und die Personalgrundakten des Antragstellers und des Beigeladenen haben dem Senat bei der Beratung vorgelegen.

Gründe

17Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat keinen Erfolg.

181. Der Antragsteller hat lediglich den prozessualen Antrag auf Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts gestellt, ohne einen konkreten Sachantrag zu formulieren. Sein Rechtsschutzbegehren ist daher im Lichte seines Sachvortrages dahin auszulegen (§ 23a Abs. 2 Satz 1 WBO i. V. m. § 86 Abs. 3, § 88 VwGO), dass er die Aufhebung der Auswahlentscheidung der Staatssekretärin vom und eine Verpflichtung des Bundes, erneut über die Besetzung des streitgegenständlichen Dienstpostens zu entscheiden, begehrt. Weitere Dienstposten der Ebene B 3 sind nicht Gegenstand des vorliegenden gerichtlichen Verfahrens. Entsprechende Vorgänge sind daher nicht zu ermitteln und dem Antragsteller auch nicht zur Einsicht vorzulegen.

192. Der Antrag ist zulässig.

20a) Bei der Besetzung eines höherwertigen Dienstpostens handelt es sich um eine truppendienstliche Verwendungsentscheidung, für die im Streitfall der Rechtsweg zu den Wehrdienstgerichten eröffnet ist (§ 82 Abs. 1 SG, § 17 Abs. 1 Satz 1 WBO). Da Gegenstand eine Entscheidung einer Staatssekretärin des Bundesministeriums der Verteidigung ist, kann der Antragsteller unmittelbar die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts beantragen (§ 21 Abs. 1 Satz 1 WBO). Der von ihm geltend gemachte Bewerbungsverfahrensanspruch aus Art. 33 Abs. 2 GG zählt zu den staatsbürgerlichen Rechten, auf die sich der Soldat wie jeder andere Staatsbürger berufen kann (§ 6 Satz 1 SG). Als Recht, das im Zweiten Unterabschnitt des Ersten Abschnitts des Soldatengesetzes geregelt ist, kann dessen Verletzung im Wehrbeschwerdeverfahren gerügt werden.

21b) Der Rechtsstreit hat sich nicht dadurch erledigt, dass der strittige Dienstposten inzwischen mit dem Beigeladenen besetzt worden und der Beigeladene wohl mittlerweile in eine Planstelle der Dotierungsebene B 3 eingewiesen ist. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats verfestigt sich eine einmal getroffene militärische Verwendungsentscheidung nicht dahin, dass der durch sie begünstigte Soldat eine rechtlich gesicherte Position erwirbt, auf dem ihm zugewiesenen Dienstposten verbleiben zu können; er müsste es vielmehr hinnehmen, von dem Dienstposten wegversetzt zu werden, wenn der Antragsteller bei der Stellenbesetzung ihm gegenüber rechtswidrig übergangen worden wäre (stRspr, vgl. z. B. 1 WB 31.06 - BVerwGE 128, 329 Rn. 39 m. w. N.).

223. Der Antrag ist jedoch unbegründet.

23Die Entscheidung der Staatssekretärin des Bundesministeriums der Verteidigung vom , den nach Besoldungsgruppe B 3 bewerteten Dienstposten des Referatsleiters ... mit dem Beigeladenen zu besetzen, ist rechtmäßig und verletzt den Antragsteller nicht in seinem Bewerbungsverfahrensanspruch (Art. 33 Abs. 2 GG, § 3 Abs. 1 SG). Der Antragsteller hat keinen Anspruch auf eine erneute Entscheidung über die Dienstpostenbesetzung (§ 21 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 19 Abs. 1 Satz 4 WBO).

24a) Nach der Rechtsprechung zu beamtenrechtlichen Konkurrentenstreitigkeiten um Beförderungsämter folgt aus Art. 33 Abs. 2 GG ein Bewerbungsverfahrensanspruch, der Bewerbern um ein öffentliches Amt ein grundrechtsgleiches Recht auf leistungsgerechte Einbeziehung nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung in die Bewerberauswahl gibt; die Bewerbung darf nur aus Gründen abgelehnt werden, die durch Art. 33 Abs. 2 GG gedeckt sind (vgl. 2 C 37.04 - BVerwGE 124, 99 <102>). § 6 Satz 1 SG stellt klar, dass die Soldatinnen und Soldaten sich auf dieses staatsbürgerliche Recht berufen können und § 3 Abs. 1 SG macht deutlich, dass die Grundsätze des Art. 33 Abs. 2 GG auch auf Verwendungsentscheidungen Anwendung finden. Der Senat hat deshalb einen dem Beamtenrecht entsprechenden Bewerbungsverfahrensanspruch auch für soldatenrechtliche Konkurrenzverhältnisse anerkannt (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom - 1 WB 37.83 - BVerwGE 76, 336 <336 ff.> und vom - 1 WB 60.11 - NVwZ 2013, 1227 Rn. 40 m. w. N.). Allerdings beschränkt sich die Geltung des Grundsatzes der Bestenauslese im Bereich der Verwendungsentscheidungen auf Entscheidungen über - wie hier - höherwertige, die Beförderung in einen höheren Dienstgrad oder die Einweisung in die Planstelle einer höheren Besoldungsgruppe vorprägende Verwendungen (vgl. klarstellend 1 WB 1.13 - juris Rn. 32).

25Bei einem freien und besetzbaren Dienstposten liegt es im Organisationsermessen des Dienstherrn, wie er die Art des Dienstpostens bestimmt (vgl. zum gesamten Folgenden: BVerwG, Beschlüsse vom - 1 WB 44.16 und 1 WB 45.16 - juris Rn. 29 und vom - 1 WB 3.18 - NVwZ-RR 2019, 58 Rn. 31). Der Bewerbungsverfahrensanspruch aus Art. 33 Abs. 2 GG wird nicht verletzt, wenn für die Besetzung des Dienstpostens bestimmte dienstrechtliche und/​oder haushaltsrechtliche Voraussetzungen aufgestellt sind ( 1 WDS-VR 7.11 - juris Rn. 31 m. w. N.). Dabei fällt die Entscheidung darüber, welchen "Zuschnitt" ein Dienstposten haben soll, welche Zuständigkeiten ihm im Einzelnen zugewiesen sind und welche Fachkenntnisse zur Erfüllung der Aufgaben auf dem Dienstposten erforderlich sind, in das Organisationsermessen des Dienstherrn, das hinsichtlich der Maßgaben militärischer Zweckmäßigkeit nicht, im Übrigen nur auf sachfremde Erwägungen gerichtlich überprüfbar ist ( 1 WB 39.07 - BVerwGE 133, 1 Rn. 42 und Urteile vom - 2 A 9.07 - BVerwGE 132, 110 Rn. 54 sowie vom - 2 A 7.09 - BVerwGE 141, 361 Rn. 18).

26Der Dienstherr ist auch berechtigt, dem Auswahlverfahren ein Anforderungsprofil zugrunde zu legen. Dies muss jedoch ausschließlich auf leistungsbezogene Auswahlkriterien abstellen, die zudem in einem engen inhaltlichen Zusammenhang mit den Anforderungen der zu besetzenden Stelle stehen müssen ( 2 A 7.09 - BVerwGE 141, 361 Rn. 19). Die Einengung des Kreises der nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung zu vergleichenden Bewerber um ein öffentliches Amt durch die Festlegung eines Anforderungsprofils kann wegen der damit teilweise verbundenen Vorwegnahme der Auswahlentscheidung jedenfalls nur aufgrund sachlicher, dem Grundsatz der Bestenauslese entsprechender Erwägungen erfolgen; die Einhaltung der der Organisationsgewalt des Dienstherrn gezogenen Schranken unterliegt der gerichtlichen Kontrolle ( - NVwZ 2011, 746 Rn. 13). Festlegungen des Anforderungsprofils oder einer Aufgabenbeschreibung für den Dienstposten entfalten Bindungswirkung für die Festlegung und Gewichtung der Leistungsmerkmale im Auswahlverfahren; ob die zuständige Stelle ihre Auswahlentscheidung an dem Anforderungsprofil bzw. an der Aufgabenbeschreibung ausgerichtet hat, ist gerichtlich in vollem Umfang überprüfbar (stRspr, z. B. 1 WB 44.11 - juris Rn. 30 und Urteil vom - 2 A 3.00 - BVerwGE 115, 58 <61>).

27Aus Art. 33 Abs. 2 i. V. m. Art. 19 Abs. 4 GG folgt ferner die Verpflichtung des Dienstherrn, die seiner Entscheidung zugrunde liegenden wesentlichen Auswahlerwägungen schriftlich niederzulegen, um eine sachgerechte Kontrolle durch den unterlegenen Bewerber und ggf. durch das Gericht zu ermöglichen (vgl. - NVwZ 2007, 1178 <1179>). Dem folgend hat der Senat eine entsprechende Verpflichtung zur Dokumentation der wesentlichen Auswahlerwägungen auch für Entscheidungen angenommen, die ein Konkurrenzverhältnis um eine höherwertige militärische Verwendung betreffen (vgl. z. B. BVerwG, Beschlüsse vom - 1 WB 31.06 - BVerwGE 128, 329 Rn. 50 und vom - 1 WB 19.08 - BVerwGE 133, 13 Rn. 36). Zur Dokumentation verpflichtet ist dabei primär die Stelle, die für die zu treffende Auswahlentscheidung zuständig ist (vgl. 1 WB 36.09 - Rn. 27). Die für die Beschwerdeentscheidung zuständige Stelle ist im Umfang ihrer Kontrollkompetenz (§ 13 WBO) befugt, in der Beschwerdeentscheidung die materiellen Auswahlerwägungen zu ändern oder zu ergänzen (vgl. 1 WB 41.16 - NVwZ-RR 2018, 236 LS 1 und Rn. 31 f.).

28b) Hiernach ist die Auswahlentscheidung nicht aus formellen Gründen aufzuheben.

29aa) Aus Nr. 235 Satz 1 und Fußnote 12 der ZDv A-1340/46 "Auswahl militärischen Personals für Dienstposten der Dotierung A 16 bis B 3" ergibt sich, dass die Leitung des Bundesministeriums der Verteidigung sich die Auswahlentscheidung für Referatsleiterdienstposten im Ministerium vorbehalten hat. Hiernach war die Staatssekretärin in Vertretung der Bundesministerin der Verteidigung für die Leitungsentscheidung zuständig.

30Der Planungsbogen weist die Beteiligung des Beratungsgremiums nach Nr. 216, Nr. 217 ZDv A-1340/46 und der Gleichstellungsbeauftragten (Nr. 218 ZDv A-1340/46) aus.

31Die Anhörung des Personalrats bei der Auswahlentscheidung war nicht geboten. § 24 Abs. 4 Satz 2 SBG schließt die Beteiligung der Vertrauensperson bzw. des Personalrats (§ 63 Abs. 1 Satz 1 SBG) bei Dienstposten der Besoldungsgruppe A 16 und höher auch bei einer Entscheidung über die Verwendung auf einem höherwertigen Dienstposten im Vorfeld einer (späteren) Beförderung aus (vgl. zu § 23 Abs. 3 Satz 2 SBG a. F. 1 WB 60.10 - juris Rn. 29 ff.).

32bb) Die angegriffenen Entscheidungen sind auch nicht wegen einer Verletzung der Dokumentationspflicht aufzuheben.

33Der vorliegende Planungsbogen weist die Organisationsgrundentscheidung "Aufsteigende", also die Auswahl unter Kandidaten für einen förderlichen Dienstposten, aus. Er dokumentiert neben den Hauptaufgaben des in Rede stehenden Dienstpostens dienstpostenunabhängige und dienstpostenabhängige Kriterien des Anforderungsprofils, wobei zwischen zwingenden und nur wünschenswerten Kriterien differenziert wird. Die für die Auswahl des Beigeladenen maßgeblichen Kriterien sind der dort niedergelegten vergleichenden Beschreibung der Kandidaten und der Auswahlempfehlung ebenso zu entnehmen wie der von der Staatssekretärin gezeichneten Vorlage vom . Aus der Dokumentation der zwingenden Kriterien des Anforderungsprofils sind die Gründe dafür ersichtlich, den Antragsteller nicht in die vergleichende Betrachtung mit dem Beigeladenen einzubeziehen.

34Zwar ist zweifelhaft, ob die Organisationsgrundentscheidung den weiteren sich aus dem Bewerbungsverfahrensanspruch ergebenden Anforderungen an eine ausreichende Dokumentation und Begründung (vgl. dazu 1 WB 40.21 - BVerwGE 175, 53 Rn. 27 ff.) genügt. Eine Verletzung entsprechender Vorgaben ist aber hier nicht kausal für eine Verletzung des Bewerbungsverfahrensanspruches des Antragstellers. Denn dieser ist nicht bereits an den Vorgaben der Organisationsgrundentscheidung gescheitert, diese ermöglicht seine Einbeziehung vielmehr erst.

35cc) Dem Antragsteller ist im Dezember 2024 durch das Bundesministerium der Verteidigung Einsicht in den Verwaltungsvorgang gewährt worden. Ihm ist auch im gerichtlichen Verfahren Einsicht in den elektronischen Verwaltungsvorgang und die Personalgrundakten von Antragsteller und Beigeladenem gewährt worden. Damit ist ihm spätestens im gerichtlichen Verfahren Einsicht in alle für die Entscheidung maßgeblichen Unterlagen gewährt worden (§ 45 Abs. 2, Abs. 3 VwVfG).

36Entgegen seiner Rechtsauffassung bedarf es auch nicht der Beiziehung weiterer Verwaltungsvorgänge zur Organisationsgrundentscheidung und der Gewährung von Akteneinsicht in diese. Denn diese Vorgänge sind nicht entscheidungserheblich, da der Antragsteller nicht an der Organisationsgrundentscheidung gescheitert ist und selbst denkbare Verfahrensfehler bei ihrem Erlass nicht geeignet wären, seinem Antrag zum Erfolg zu verhelfen. Denn hierdurch sind seine Rechte nicht verletzt.

37Der Antragsteller kann auch nicht mit dem Einwand durchdringen, es fehle an einer negativen Entscheidung der Staatssekretärin zu seiner Person. Die Staatssekretärin hat eine Auswahl nach Maßgabe der im Planungsbogen niedergelegten zwingenden Kriterien gebilligt. Damit hat sie auch gebilligt, dass Soldaten, die das Anforderungsprofil nicht erfüllen, nicht näher in die vergleichende Betrachtung einbezogen werden. Eine ordnungsgemäße Auswahlentscheidung setzt nicht voraus, dass alle Soldaten namentlich benannt und vom Auswählenden ausdrücklich negativ beschieden werden, die zwingende Kriterien nicht erfüllen.

38c) Der Ausschluss des Antragstellers von einem Eignungs- und Leistungsvergleich mit dem Beigeladenen verletzt seinen Bewerbungsverfahrensanspruch nicht, weil er rechtlich nicht zu beanstandende zwingende Kriterien des Anforderungsprofils nicht erfüllt. Daher kommt es auch nicht auf die vom Antragsteller in seiner Antragsbegründung angeführten Qualifikationen an, auf die allenfalls dann abzustellen gewesen wäre, wenn er ebenso wie der Beigeladene alle zwingenden Kriterien des Anforderungsprofils erfüllen würde. Das vom Dienstherrn aufgestellte Anforderungsprofil war auch rechtmäßig.

39aa) Bei der gerichtlichen Kontrolle des dem Dienstherrn insoweit zustehenden Organisationsermessens ist im Hinblick auf Art. 33 Abs. 2 GG und § 3 Abs. 1 SG nicht die Ausweitung, sondern die Verengung des Bewerberfeldes mittels eines Anforderungsprofils rechtfertigungsbedürftig (vgl. 2 VR 1.14 - juris Rn. 31). Soweit allgemeine Bedarfsträgerforderungen, die für eine Vielzahl gleich bewerteter Dienstposten in vergleichbarer Weise gelten, in ein Anforderungsprofil aufgenommen werden, können dafür regelmäßig tragfähige militärfachliche Gründe ins Feld geführt werden und mögliche Bewerber können sich auf diese Erfordernisse einstellen. Werden hingegen darüber hinausgehende zwingende dienstpostenbezogene Kriterien ins Anforderungsprofil aufgenommen, müssen sich dafür auch hinreichend gewichtige sachliche Gründe für die Aufgabenerfüllung auf dem konkreten Dienstposten finden lassen. Daran kann es fehlen, wenn die geforderten Vorerfahrungen oder Eignungsstufen nicht für die Erfüllung von Kernaufgaben des Dienstpostens erforderlich, sondern nur für die Erfüllung von untergeordneten Nebenaufgaben von Nutzen sind (vgl. 2 VR 1.13 - BVerwGE 147, 20 Rn. 39 ff.).

40bb) Hiernach ist die Aufnahme der maßgeblichen Kriterien in das Anforderungsprofil nicht zu beanstanden.

41(1) Dies gilt zunächst für die Forderung nach einer Vorverwendung als Referatsleiter einer höheren Kommandobehörde. Diese ist sachgerecht mit mehreren der Hauptaufgaben des streitgegenständlichen Dienstpostens begründet. Zu diesen gehören nämlich die ministerielle Federführung für mehrere organisationsbereichsübergreifende Planungen - für einsatzgleicher Verpflichtungen in den Bereichen NATO und EU, für die Einsatzbereitschaftslage und für Beteiligung in der NATO-Streitkräfte-Struktur. Es ist sachgerecht anzunehmen, für die Erfüllung dieser Aufgabe seien Vorerfahrungen in einer Führungsfunktion direkt unterhalb der ministeriellen Ebene förderlich. Denn für die in Rede stehende Koordinationsaufgaben ist es hilfreich, die Sicht des unmittelbar nachgeordneten Bereiches aus eigener Führungsverantwortung als Referatsleiter zu kennen.

42(2) Nicht zu beanstanden ist auch die Forderung nach einer Vorverwendung im internationalen Bereich (NATO/EU). Auch diese Forderung erklärt sich sachgerecht mit der Hauptaufgabe des Dienstpostens, die ministerielle Federführung im Bereich der Kräfteplanung für NATO/EU wahrzunehmen. Der Dienstherr konnte rechtsfehlerfrei davon ausgehen, für diese Koordinationsfunktion seien in Vorverwendungen im internationalen Bereich wichtige Erfahrungen und Qualifikationen zu erwerben.

43(3) Rechtsfehlerfrei durften auch aktuelle Einsatzerfahrungen verlangt werden. Mehrere Hauptaufgaben des Dienstpostens liegen im Kern in der ministeriellen Federführung von Einsatzplanungen. In diesem Bereich sind eigene Einsatzerfahrungen nachvollziehbar unmittelbar von Vorteil für die Aufgabenerledigung (vgl. 1 WB 26.20 - juris Rn. 40). Das Bundesministerium der Verteidigung hat bislang einen 5-Jahres-Zeitraum als ausreichend akzeptiert. Es hat hier dargetan, dass es angesichts der veränderten weltpolitischen Lage durch den Beginn des Krieges gegen die Ukraine und der damit verbundenen Veränderungen für die Einsatzvorbereitung der NATO-Streitkräfte in besonderer Weise auf aktuelle Erfahrungen und Kenntnisse ankommt, denen mehr als drei Jahre zurückliegende Einsatzerfahrungen nicht gleichwertig sind. Ob dies im Hinblick auf den maßgeblichen Zeitpunkt der Auswahlentscheidung überzeugt, kann offen bleiben. Jedenfalls können hinreichend aktuelle Einsatzerfahrungen gefordert werden.

44cc) Der Auswahlentscheidung liegt des Weiteren zutreffend zugrunde, dass der Antragsteller diese Kriterien nicht erfüllt. Damit dringt der Antragsteller nicht mit seinem Vortrag durch, das Bundesministerium der Verteidigung stütze die Auswahlentscheidung auf einen manipulierten Personalbogen zu seiner Person und unvollständige Ermittlung seines Werdeganges. Weitere Ermittlungen zu seinem Werdegang waren nicht veranlasst.

45(1) Dem Antragsteller fehlt bereits die Vorverwendung als Referatsleiter einer höheren Kommandobehörde.

46Eine höhere Kommandobehörde ist eine militärische Dienststelle der Streitkräfte, welche dem Bundesministerium der Verteidigung unmittelbar nachgeordnet ist (Nr. 210 ZR A2-500/0-0-1). Hierunter fallen aktuell neben dem Operativen Führungskommando der Bundeswehr unter anderem das Kommando Heer, das Kommando Luftwaffe, das Marinekommando und das Kommando Cyber- und Informationsraum sowie das Unterstützungskommando der Bundeswehr, die Führungsakademie der Bundeswehr, das Bundesamt für den Militärischen Abschirmdienst und das Zentrum Innere Führung.

47Der Antragsteller hatte ausweislich seiner Personalgrundakte bei einer höheren Kommandobehörde vor der in Rede stehenden Auswahlentscheidung keinen Referatsleiterdienstposten inne. Eine solche Vorverwendung liegt insbesondere nicht in Tätigkeiten im Bundesministerium der Verteidigung selbst, das keine höhere Kommandobehörde, vielmehr die höchste Kommandobehörde ist. Für dieses Kriterium ist auch unerheblich, dass der Antragsteller bereits Referent und stellvertretender Referatsleiter des streitgegenständlichen Referats war. Es kann auch dahinstehen, ob - wie der Antragsteller unter Bezugnahme auf die Bundestagsdrucksache 18/1762 meint - die Tätigkeit als Fraktionsreferent einer Referatsleitung in Ministerien gleichwertig ist. Denn der ... ist keine militärische Dienststelle dem Bundesministerium der Verteidigung nicht nachgeordnet und daher keine höhere Kommandobehörde.

48Es ist auch nicht zu beanstanden, dass der Dienstherr zwingend eine Vorverwendung in einer militärischen Dienststelle verlangt, liegt es doch auf der Hand, dass dort gesammelte Erfahrungen für die hier in Rede stehenden Hauptaufgaben des fraglichen Dienstpostens in besonderer Weise förderliche Erfahrungen und Kompetenzen vermitteln, was nicht in gleicher Weise für fachlich einschlägige Tätigkeiten in einer zivilen Behörde außerhalb des Geschäftsbereichs des Bundesministeriums der Verteidigung gilt.

49Der Dienstherr verletzt den Bewerbungsverfahrensanspruch des Antragstellers auch nicht, weil er dessen Vorverwendungen als stellvertretender Referatsleiter des streitgegenständlichen Referats und als Fraktionsreferent nicht als der Referatsleiterverwendung einer höheren Kommandobehörde gleichwertig akzeptiert. Die hieraus gewonnene Expertise für die Hauptaufgaben ist nicht mit der durch die geforderte Verwendung vermittelten Einsicht identisch und muss daher vom Dienstherrn auch nicht gleich bewertet werden. Der Antragsteller kann nicht seine eigene Einschätzung über ausreichende Erfahrungen und Qualifikationen an die Stelle derjenigen des Dienstherrn setzen (vgl. 1 WB 23.23 - juris Rn. 43).

50(2) Ihm fehlt auch eine Vorverwendung im internationalen Bereich (NATO/EU). Zwar war er in der Vergangenheit zu Einsatzverbänden im Rahmen von NATO-Einsätzen kommandiert. Es ist aber nicht zu beanstanden, dass der Dienstherr diese Verwendungen nicht als Erfüllung des genannten Kriteriums gewertet hat. Wie bereits dem Umstand zu entnehmen ist, dass Einsatzverwendungen durch ein zusätzliches zwingendes Kriterium erfasst werden, sind hier solche Verwendungen gemeint, die auf eine auf längere Dauer angelegte Versetzung hin erfolgen. Dies wird durch den Umstand illustriert, dass die Erfüllung dieses Kriteriums durch den Beigeladenen auf eine Versetzung und nicht nur eine Kommandierung abstellt. Es ist auch sachgerecht, für den streitgegenständlichen Dienstposten hinreichende Erfahrungen mit Verwendungen im internationalen Bereich nicht nur aus den typischerweise nur auf wenige Monate beschränkten Kommandierungen, sondern auf grundsätzlich längerfristig angelegten Versetzungen abzuleiten. Denn es ist plausibel, dass letztere eine kontinuierliche Einbindung in internationale Strukturen mit sich bringen, die gründlichere Vertrautheit mit diesen ermöglichen.

51(3) Des Weiteren fehlt ihm eine aktuelle Einsatzerfahrung. Der Antragsteller verweist auf zwei besondere Auslandsverwendungen in seinem Werdegang, darunter eine integrierte NATO-Verwendung im ... Diese Einsatzverwendungen lagen zum Zeitpunkt der streitgegenständlichen Auswahlentscheidung aber länger als zehn Jahre zurück. Ausweislich der Personalgrundakte des Antragstellers war er von August bis Ende Oktober 2008 zum Einsatzverband ... nach M. kommandiert. Eine weitere Einsatzverwendung als Flugschüler datierte vom 9. bis zum .

52dd) Der Dienstherr hat auf die Einhaltung der genannten zwingenden Kriterien auch nicht verzichtet, in dem er auf sie auch beim ausgewählten Bewerber nicht abgestellt hat, er ist vielmehr zutreffend davon ausgegangen, dass der Beigeladene diese zwingenden Kriterien vollumfänglich erfüllt.

53(1) Der Planungsbogen legt zutreffend zugrunde, dass der Beigeladene die Forderung nach einer Vorverwendung als Referatsleiter einer höheren Kommandobehörde durch einen Referatsleiterdienstposten im Kommando ... erfüllt. Seit Januar 2020 hatte der Beigeladene ausweislich seiner Personalgrundakte einen entsprechenden Dienstposten inne.

54(2) Der Beigeladene konnte auch eine Vorverwendung im internationalen Bereich (NATO/EU) nachweisen. Er war zum zum ... nach S. versetzt worden und hatte den Dienstposten als Abteilungsleiter G 3 bis zu seiner Versetzung zum Kommando ... zum Februar 2020 inne.

55(3) Er verfügt des Weiteren über aktuelle Einsatzerfahrung (nicht älter als drei Jahre). Die Personalgrundakte des Beigeladenen weist aus, dass dieser vom 5. April bis zum zum Einsatzverband ... kommandiert war.

564. Der Beigeladene, der keinen eigenen Sachantrag gestellt hat, trägt die ihm entstandenen Aufwendungen selbst.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BVerwG:2025:220525B1WB65.24.0

Fundstelle(n):
QAAAJ-94637