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OFD Baden-Württemberg - S 7423

Umsatzsteuerbefreiung von Umsätzen mit Anlagegold; Begriff des Anlagegoldes nach § 25c Abs. 2 Nr. 1 UStG

1. Allgemeines

Die Lieferung, die Einfuhr und der innergemeinschaftliche Erwerb von Anlagegold ist von der Umsatzsteuer befreit (§ 25c Abs. 1 S. 1, Abs. 2 UStG). Der Begriff des Anlagegoldes ist in § 25c Abs. 2 UStG definiert und umfasst unter anderem Gold in Barren- oder Plättchenform mit einem von den Goldmärkten akzeptierten Gewicht und einem Feingehalt von mindestens 995 Tausendstel (§ 25c Abs. 2 Nr. 1 UStG). Voraussetzung für die Anwendung der Steuerbefreiung ist, dass

  • der Hersteller, der Feingoldgehalt und das Gewicht auf dem Barren oder Plättchen eingestanzt oder aufgeprägt ist (Abschn. 25c.1 Abs. 2 S. 1 UStAE) und

  • der Wert der Barren oder Plättchen in erster Linie auf dem Preis des in ihnen enthaltenen Goldes beruht (Abschn. 25c.1 Abs. 2 S. 2 UStAE; Ziffern 3. und 4.).

Bildliche Darstellungen auf den Goldbarren oder -plättchen sind unschädlich (Abschn. 25c.1 Abs. 2 S. 3 UStAE).

2. Von den Goldmärkten akzeptiertes Gewicht

Das Tatbestandsmerkmal „Gold in Barren- oder Plättchenform mit einem von den Goldmärkten akzeptierten Gewicht“ i. S. d. § 25c Abs. 2 Nr. 1 UStG umfasst Barren und Plättchen mit jeglichem Gewicht. Damit sind auch jene Gewichte umfasst, welche die in Anhang III zu Art. 56 MwStVO aufgeführten Gewichte unterschreiten.

3. Wert der Feingoldartikel

Die Vorschrift des § 25c Abs. 2 Nr. 1 UStG ist unionsrechtskonform dahingehend einschränkend auszulegen, dass die Lieferung, die Einfuhr und der innergemeinschaftliche Erwerb von Goldbarren oder -plättchen nur dann von der Umsatzsteuer befreit sind, wenn der Wert der Goldbarren oder -plättchen in erster Linie auf dem Preis des in ihnen enthaltenen Goldes beruht.

Der Verkaufswert (Veräußerungspreis) der Goldbarren oder -plättchen muss sich primär am festzustellenden Goldmarktpreis (Ziffer 4.) im Veräußerungszeitpunkt orientieren. Die Vergleichsbetrachtung bezieht sich grundsätzlich auf den Zeitpunkt des Abschlusses des Verpflichtungsgeschäfts.

Bei der Prüfung, ob der Verkaufswert der Goldbarren oder -plättchen in erster Linie auf dem Preis des in ihnen enthaltenen Goldes beruht, sind die Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen. Übersteigt der Verkaufswert den tagesaktuellen Goldmarktpreis um nicht mehr als 10 %, kann dies ein Indiz für das Vorliegen einer umsatzsteuerfreien Lieferung sein. Bei Überschreiten der 10 %-Grenze dürfte es sich – ausgehend von derzeitigen Marktbeobachtungen – häufig nicht um den Erwerb einer (renditeorientierten) Finanzanlage handeln. Auch bei Goldprodukten mit geschenkeähnlichem Charakter, deren Verkaufswert den Goldmarktpreis regelmäßig weit übersteigt, liegt die Vermutung nahe, dass die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung nicht erfüllt sind.

4. Tagesaktueller Goldmarktpreis

Zur Berechnung des tagesaktuellen Goldmarktpreises ist zunächst der an der Londoner Börse festgestellte Tagesgoldpreis des Nachmittagsfixings PM (post meridiem) zugrunde zu legen (Abschn. 25c.1 Abs. 3 S. 4 f. UStAE).

Dieser in US-Dollar festgestellte Wert pro Feinunze Gold ist anhand der aktuellen Umrechnungskurse in Euro umzurechnen. Der einschlägige Wert kann vereinfachend auf folgender Website sowohl in US-Dollar als auch in Euro für aktuelle sowie vergangene Zeiträume tabellarisch abgerufen werden: https://www.lbma.org.uk/prices-and-data/precious-metal-prices - /table.

Beispiel

Der inländische Unternehmer A veräußert ein Goldplättchen aus 999,99/1000 Feingold mit bildlicher „Panda“-Prägung, Prägestempel und eingestanztem Gewicht von 1/100 Unze am zum Preis von 36 € netto an den Unternehmer B. Der festgestellte Tagesgoldpreis pro Feinunze Gold (PM-Fixing) lt. Londoner Börse beträgt 2.384.35 USD / 2.203,38 €.

Der Wert des Goldanteils des Goldplättchens entspricht 22,03 € (1/100 von 2.203,38 €). Der Verkaufswert übersteigt den Wert des Goldanteils um 13,97 €, dies entspricht 63,41 %. Die indizielle 10 %-Grenze ist deutlich überschritten. Sofern die weitere Einzelfallbetrachtung nicht zu einem anderen Ergebnis führt, stellt das Goldplättchen kein Anlagegold i. S. d. § 25c Abs. 2 Nr. 1 UStG dar. Die Lieferung ist steuerpflichtig und unterliegt dem Regelsteuersatz.

Abwandlung

Das Goldplättchen wird zum Preis von 24 € veräußert.

Der Verkaufswert übersteigt den Wert des Goldanteils um 1,97 € (24 € ./. 22,03 €), dies entspricht 8,94 %. Die indizielle 10%-Grenze wird nicht überschritten. Sofern die weitere Einzelfallbetrachtung nicht zu einem anderen Ergebnis führt, ist das Goldplättchen Anlagegold i. S. d. § 25c Abs. 2 Nr. 1 UStG. Die Lieferung ist dann steuerfrei.

OFD Baden-Württemberg v. - S 7423

Fundstelle(n):
USt-Kartei BW UStG § 25c Fach S 7423 Karte Karte 1
UR 2025 S. 359 Nr. 9
UAAAJ-94598