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BGH Urteil v. - 5 StR 687/24

Instanzenzug: Az: 641 KLs 5/24

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten freigesprochen. Dagegen wendet sich die Staatsanwaltschaft mit ihrer auf die Sachrüge sowie auf eine Verfahrensbeanstandung gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat mit der Verfahrensrüge Erfolg.

I.

2Mit der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Hamburg vom liegt dem Angeklagten zur Last, im April 2020 in sechs Fällen unter Verwendung eines EncroChat-Smartphones jeweils mehrere Kilogramm Marihuana und Haschisch erworben und wieder veräußert oder zum Kauf angeboten zu haben, was die Staatsanwaltschaft jeweils als Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gewertet hat (§ 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG).

3Nachdem die Strafkammer die Eröffnung des Hauptverfahrens mit Beschluss vom mit der Begründung abgelehnt hatte, dass infolge der mit Inkrafttreten der Regelungen des Cannabisgesetzes vom (BGBl. I Nr. 109) nunmehr anwendbaren Vorschriften der § 34 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 und 4 KCanG hinsichtlich der EncroChat-Daten ein Beweisverwertungsverbot bestehe, hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg auf die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft mit Beschluss vom die Entscheidung aufgehoben und die Anklage zur Hauptverhandlung zugelassen.

4Das Landgericht hat den Angeklagten, der in der Hauptverhandlung von seinem Schweigerecht Gebrauch gemacht hat, aus tatsächlichen Gründen freigesprochen. Als Beweismittel hätten nahezu ausschließlich EncroChat-Daten vorgelegen, die aber unverwertbar seien. Die übrigen Ermittlungen der Polizei hätten ohne die EncroChat-Daten nicht einmal Anhaltspunkte für ein strafbares Verhalten des Angeklagten ergeben.

II.

5Die vom Generalbundesanwalt vertretene Revision der Staatsanwaltschaft führt mit der gerügten Verletzung der Amtsaufklärungspflicht (§ 244 Abs. 2 StPO) zur Aufhebung des Urteils, sodass es auf die Sachrüge nicht ankommt.

61. Die Staatsanwaltschaft beanstandet zu Recht, dass das Landgericht über die Inhalte der EncroChat-Daten, die den Anklagevorwürfen zu Grunde liegen, keinen Beweis erhoben hat. Dem liegt folgendes Verfahrensgeschehen zu Grunde:

7In der Hauptverhandlung hat der Angeklagte der Erhebung und Verwertung dieser Beweismittel widersprochen und hierzu auch auf die Ausführungen der Strafkammer im Nichteröffnungsbeschluss vom verwiesen. Den auf Verlesung der EncroChat-Daten gerichteten Beweisantrag der Staatsanwaltschaft hat die Strafkammer wegen Unzulässigkeit der Beweiserhebung abgelehnt (§ 244 Abs. 3 Satz 2 StPO), weil ein Beweisverwertungsverbot vorliege.

82. Die Verfahrensrüge ist zulässig erhoben. Sie entspricht den an eine Aufklärungsrüge zu stellenden Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO. Die Staatsanwaltschaft hat zur Erhebung der EncroChat-Daten durch französische Behörden und ihrer Übermittlung auf der Grundlage einer Europäischen Ermittlungsanordnung sowie zu den diese Daten betreffenden Vorgängen in der Hauptverhandlung und zu den zu erhebenden Beweistatsachen so bestimmt vorgetragen, dass dem Senat die Prüfung möglich ist, ob – den Vortrag als zutreffend unterstellt – der gerügte Verfahrensfehler vorliegt (vgl. hierzu auch , BGHSt 67, 29; Urteil vom – 5 StR 528/24).

93. Die Rüge ist auch begründet. Mit der geltend gemachten Verletzung der Amtsaufklärungspflicht (§ 244 Abs. 2 StPO) wird zu Recht beanstandet, dass es das Landgericht unterlassen hat, über die Inhalte der EncroChat-Daten Beweis zu erheben, obwohl sich dies nach dem Beweisantrag der Staatsanwaltschaft aufdrängte. Das von der Strafkammer insoweit angenommene Beweisverwertungsverbot besteht nicht (vgl. ; siehe auch Urteil vom – 5 StR 491/23).

104. Das Urteil beruht auf diesem Verstoß (§ 337 Abs. 1 StPO). Dass hinsichtlich der EncroChat-Daten ein Beweisverwertungsverbot aus anderen als vom Landgericht angenommenen Gründen bestünde, ist für den Senat nicht ersichtlich (vgl. hierzu näher , BGHSt 67, 29; Urteile vom – 5 StR 528/24; vom – 5 StR 491/23; ).

115. Auf dem aufgezeigten Rechtsfehler beruht das Urteil (§ 337 Abs. 1 StPO). Die Feststellungen waren aufzuheben, weil der Angeklagte sie nicht angreifen konnte.

Cirener                                Mosbacher                                Köhler

                     von Häfen                                    Werner

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2025:050625U5STR687.24.0

Fundstelle(n):
TAAAJ-93933