Instanzenzug: LG Dresden Az: 15 KLs 970 Js 56161/23
Gründe
1Das Landgericht hat den Angeklagten A. wegen „Verabredens zu einem Verbrechen“ sowie entweder wegen schweren Bandendiebstahls in elf Fällen oder gewerbsmäßiger Bandenhehlerei zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Den nichtrevidierenden Mitangeklagten S. hat es des schweren Bandendiebstahls sowie entweder des schweren Bandendiebstahls in neun Fällen oder der gewerbsmäßigen Bandenhehlerei, letztere jedenfalls in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz einer verbotenen Waffe (Schlagring), schuldig gesprochen und gegen ihn eine Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und elf Monaten verhängt. Zudem hat es gegen beide Angeklagte als Gesamtschuldner die Einziehung eines „Wertersatzes“ von 273.329,31 Euro angeordnet. Dagegen wendet sich der Beschwerdeführer mit seiner auf die allgemeine Sachrüge gestützten Revision. Das Rechtsmittel erzielt den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Erfolg; im Übrigen erweist es sich als unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
21. Nach den Feststellungen schlossen sich der Angeklagte A. sowie der Mitangeklagte S. mit weiteren zum Teil unbekannten Personen zu einer Gruppe zusammen, die sich in verschiedenen Personenkonstellationen in Norddeutschland Zutritt zu Handwerksbetrieben und anderen Firmen unterschiedlicher Größe verschafften und in arbeitsteiligem Vorgehen diverse Werkzeuge wie Kettensägen, Reifensätze oder andere Materialien entwendete. Das erlangte Gut sollte nach Rumänien verbracht und dort verwertet werden. In Umsetzung dieses Tatplans kam es im Zeitraum zwischen März und September 2023 insgesamt zu zwölf Einbrüchen (Taten 1a bis 1l der Urteilsgründe). Dabei vermochte sich das Landgericht von einer Mitwirkung des Angeklagten A. nur bei Tat 1k, die nach dem Misslingen der gewaltsamen Öffnung einer Stahltür erfolglos abgebrochen wurde, und von einer solchen des Mitangeklagten S. nur bei Tat 1f zu überzeugen. Bei allen anderen Taten – hinsichtlich des Mitangeklagten S. mit Ausnahme der Tat 1e – hat es eine Beteiligung der Angeklagten aber auch nicht ausschließen können.
3Am wirkten beide Angeklagte mit an dem Versuch, Stehlgut zur weiteren Verwertung nach Rumänien zu verbringen (Tat 2 der Urteilsgründe). Hierzu wurde unter Beteiligung des Mitangeklagten S. , dem eine Bezahlung von 1.000 Euro versprochen war, Beute im Wert von 97.265,40 Euro aus sämtlichen der genannten Taten – mit Ausnahme der erfolglosen Tat 1k – auf zwei Transporter geladen. Diese machten sich am gleichen Tag von H. aus auf den Weg, wobei der Mitangeklagte S. am Steuer eines der Fahrzeuge saß; er führte in seiner Hosentasche bewusst griffbereit einen Schlagring bei sich. Zeitgleich war der Angeklagte A. in einem als Pilotfahrzeug verwendeten Pkw ebenfalls unterwegs nach Rumänien. Ihm war bekannt, dass beide Transporter Stehlgut geladen hatten. Am Abend des wurden beide Angeklagte bei einer polizeilichen Kontrolle nahe der tschechischen Grenze festgenommen und die Tatbeute sichergestellt.
4Das Landgericht hat den Angeklagten A. für seine Beteiligung an der Tat 1k wegen „Verabredens zu einem Verbrechen“ und den Mitangeklagten S. für dessen Mitwirkung an Tat 1f wegen schweren Bandendiebstahls verurteilt. Für das übrige Geschehen hat es die Angeklagten im Wege der Wahlfeststellung entweder des schweren Bandendiebstahls oder der gewerbsmäßigen Bandenhehlerei schuldig gesprochen, den Angeklagten S. zudem wegen des tateinheitlichen Waffendelikts. Dabei hat die Strafkammer für den Angeklagten A. für die Alternative des schweren Bandendiebstahls elf tatmehrheitliche Fälle angenommen entsprechend der für möglich erachteten Mitwirkung an allen übrigen der Taten 1a bis 1l. Für den Mitangeklagten S. hat sie dagegen – ihn nicht beschwerend – nur neun Fälle tenoriert, obwohl sie seine Beteiligung nur für einen der nicht eindeutig zur Verurteilung gebrachten elf Fälle ausgeschlossen hat.
52. Der Schuldspruch war in analoger Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO entsprechend dem Antrag des Generalbundesanwalts in zweifacher Hinsicht zu korrigieren.
6a) Hinsichtlich der Tat 1k der Urteilsgründe muss dieser auf „Verabredung zum schweren Bandendiebstahl“ lauten, um wie geboten die Bezeichnung des verabredeten Verbrechens in der Urteilsformel zum Ausdruck zu bringen (zur Tenorierung im Rahmen des § 30 StGB vgl. , NStZ 1987, 72; Beschluss vom – 2 StR 125/04).
7b) Hinsichtlich der Tat 2 der Urteilsgründe tragen die Feststellungen lediglich eine (wahldeutige) Verurteilung wegen versuchter gewerbsmäßiger Bandenhehlerei. Denn eine vollendete Absatzhilfe (§ 259 Abs. 1 Var. 4 StGB) setzt gleichermaßen wie eine vollendete Hehlerei in Form des Absetzens (§ 259 Abs. 1 Var. 3 StGB) den Eintritt eines Absatzerfolges voraus (BGH, Beschlüsse vom – 2 StR 281/18, BGHSt 63, 228; vom – 3 StR 4/19, NStZ-RR 2019, 180). Ein solcher war hier aber nicht eingetreten, weil das Stehlgut sichergestellt wurde, bevor es zur Verwertung nach Rumänien gebracht werden konnte.
8Der Senat schließt aus, dass noch Feststellungen getroffen werden können, die eine wahldeutige Verurteilung wegen vollendeter Hehlerei tragen, und ändert den Schuldspruch daher selbst. Die für eine Verurteilung im Wege einer ungleichartigen Wahlfeststellung erforderliche rechtsethische und psychologische Vergleichbarkeit der für die beiden Sachverhaltsalternativen in Betracht kommenden Straftatbestände (vgl. Rn. 34, BGHSt 62, 164) ist weiterhin gegeben, zumal der für das Geschehen der Tat 2 der Urteilsgründe vorzunehmende Wechsel von einer vollendeten zu einer versuchten gewerbsmäßigen Bandenhehlerei lediglich innerhalb eines normativen Stufenverhältnisses stattfindet (vgl. hierzu , BGHSt 36, 262). Auch § 265 Abs. 1 StPO steht der Änderung des Schuldspruchs nicht entgegen, weil sich der Angeklagte nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.
93. Die Änderung des Schuldspruchs zieht die Aufhebung der zugehörigen Einzelstrafe sowie des Gesamtstrafenausspruchs nach sich. Die zugrundeliegenden Feststellungen sind von dem Rechtsfehler nicht betroffen und können bestehen bleiben (§ 353 Abs. 2 StPO).
104. Der Ausspruch zur Einziehung des Wertes von Taterträgen kann keinen Bestand haben, weil die Annahme des Landgerichts, wonach der Angeklagte aus den Taten 1a bis 1l Tatbeute im Wert von 273.329,31 Euro im Sinne des § 73 Abs. 1 StGB erlangt hat, nicht beweiswürdigend unterlegt ist. Die Strafkammer stützt sich insoweit allein darauf, dass die Angeklagten „als Mitglieder der Bande“ agierten; eine unmittelbare Tatbeteiligung sei nicht zwangsweise notwendig.
11Dies greift zu kurz. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein Vermögenswert im Rechtssinne aus der Tat erlangt, wenn er dem Beteiligten unmittelbar aus der Verwirklichung des Tatbestands in irgendeiner Phase des Tatablaufs so zugeflossen ist, dass er hierüber tatsächliche Verfügungsgewalt ausüben kann (st. Rspr.; , NStZ 2019, 20; Urteile vom – 4 StR 343/24; vom – 5 StR 436/24). Einem Tatbeteiligten kann die Gesamtheit des aus der Tat Erlangten mit der Folge einer gesamtschuldnerischen Haftung aber nur dann zugerechnet werden, wenn sich die Beteiligten einig sind, dass jedem die Mitverfügungsgewalt hierüber zukommen soll, und er diese auch tatsächlich hatte. Dabei genügt es, dass der Tatbeteiligte zumindest faktische oder wirtschaftliche Mitverfügungsgewalt über den Vermögensgegenstand erlangte. Dies ist jedenfalls dann der Fall, wenn er im Sinne eines rein tatsächlichen Herrschaftsverhältnisses ungehinderten Zugriff auf den betreffenden Vermögensgegenstand nehmen konnte (vgl. BGH, Beschlüsse vom – 2 StR 3/20; vom – 5 StR 4/24). Eine derartige Situation wird durch die Urteilsgründe nicht dargetan; ihr Eintritt versteht sich auch nicht von selbst. Das gilt umso mehr, als das Landgericht eine Beteiligung des Angeklagten an den betreffenden Taten nicht einmal sicher hat feststellen können. Der Senat schließt aus, dass in einer neuen Hauptverhandlung noch Feststellungen getroffen werden könnten, welche eine Einziehung von Taterträgen begründen könnten.
125. Die Änderung des Schuldspruchs hinsichtlich der wahldeutigen Verurteilung für Tat 2 der Urteilsgründe ist nach § 357 StPO auch auf den nichtrevidierenden Mitangeklagten S. zu erstrecken. Dieser hat sich danach insgesamt des schweren Bandendiebstahls sowie entweder des schweren Bandendiebstahls in neun Fällen oder der versuchten gewerbsmäßigen Bandenhehlerei in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz einer verbotenen Waffe (Schlagring) schuldig gemacht. Der Änderung des Schuldspruchs durch den Senat entsprechend § 354 Abs. 1 StPO steht § 265 StPO nicht entgegen, weil sich der Mitangeklagte nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können. Auch für ihn hat dies die Aufhebung der betreffenden Einzelstrafe sowie des Gesamtstrafenausspruchs zur Folge, wobei die zugehörigen Feststellungen Bestand haben (§ 353 Abs. 2 StPO).
13Aufzuheben ist ferner der Ausspruch über die Einziehung des Wertes von Taterträgen, da dessen Voraussetzungen beim Mitangeklagten ebenfalls nicht belegt sind; auch hier entfällt der Ausspruch. Insbesondere kann den Feststellungen – worauf der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift zutreffend hingewiesen hat – nicht entnommen werden, dass es sich bei den an den Mitangeklagten für seine Mitwirkung bei Tat 1f gezahlten 500 Euro um einen Tatertrag gehandelt hätte, dessen Wert nach §§ 73, 73c StGB der Einziehung unterliegt.
146. Hinsichtlich der aufgehobenen Einzelstrafen und der Gesamtstrafen bedarf die Sache neuer Verhandlung und Entscheidung. Nachdem für die festgestellten Sachverhaltsalternativen mit Blick auf § 23 Abs. 2 StGB möglicherweise verschiedene Strafrahmen Anwendung finden, wird das neue Tatgericht jeweils zu erörtern haben, welche Strafe es für angemessen gehalten hätte, wenn zweifelsfrei die eine oder die andere Handlung nachgewiesen wäre, um sodann die niedrigere der hypothetisch in Frage kommenden Strafen zu verhängen (vgl. , NStZ-RR 2018, 47).
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2025:220425B5STR27.25.0
Fundstelle(n):
ZAAAJ-93931