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Online-Nachricht - Freitag, 20.06.2025

Berufsrecht | Rechtsanwalt nicht zur Nutzung des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs verpflichtet, wenn dies für ihn unzumutbar ist (FG)

Das FG Berlin-Brandenburg hat entschieden, dass jedenfalls dann keine Pflicht zur Übermittlung der Klageschrift als elektronisches Dokument nach § 52d Satz 1 FGO besteht, wenn ein Rechtsanwalt beim FG eine Klage in eigener Sache erhebt, in der Klageschrift seinen beruflichen Status nicht offenlegt und die Nutzung des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs (beA) für ihn unzumutbar ist (; Revision nicht zugelassen).

Sachverhalt: Der Kläger ist Partner einer Rechtsanwaltssozietät. Die von ihm übermittelte Klageschrift enthielt keinen Hinweis auf seine Tätigkeit als Rechtsanwalt. Lediglich aus der Einspruchsentscheidung ergab sich, dass er Einkünfte aus selbständiger Arbeit als Rechtsanwalt erzielte. Nachdem das Gericht dies bemerkt hatte, wies es den Kläger darauf hin, dass die Klage im Hinblick auf § 52d Satz 1 FGO möglicherweise unzulässig sei. Daraufhin erklärte der Kläger, dass eine Nutzung seines beA für ihn unzumutbar sei, da mehrere Angestellte der Sozietät Zugriff auf sein beA hätten und ihnen anderenfalls seine steuerlichen Verhältnisse offenbart worden wären. Die Partner der Anwaltssozietät hätten sich zudem vertraglich verpflichtet, gegenüber den Angestellten die Gewinne der Sozietät und die Gewinnanteile der einzelnen Partner nicht offenzulegen.

Das FG Berlin-Brandenburg urteilte wie folgt:

  • Die in der höchstrichterlichen Rechtsprechung bislang nicht abschließend geklärte Streitfrage, ob die elektronische Übermittlungspflicht für Rechtsanwälte nach § 52d Satz 1 FGO bzw. § 130d Satz 1 ZPO statusbezogen oder rollenbezogen auszulegen ist, wurde offengelassen.

  • Bei statusbezogenem Verständnis sind Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte auch dann stets zur elektronischen Übermittlung von Schriftsätzen verpflichtet, wenn sie nicht in ihrer Rolle als Berufsträger auftreten. Bei einem rollenbezogenen Verständnis kommt es hingegen darauf an, ob sie als Rechtsanwältin oder Rechtsanwalt handeln.

  • Entscheidend ist, dass es für den Kläger im konkreten Fall unzumutbar gewesen wäre, sein beA zu nutzen, da sonst anderen Angestellten der Sozietät seine steuerlichen Verhältnisse offenbart worden wären, was auch im Widerspruch zu den Pflichten des Klägers aus dem Sozietätsvertrag steht.

Hinweis:

Das Gericht hat die Revision nicht zugelassen, weil die Auslegung des § 52d Satz 1 FGO nicht entscheidungserheblich war, da die Klage als unbegründet abgewiesen worden ist.

Quelle: FG Berlin-Brandenburg, Pressemitteilung v. 19.6.2025 (lb)

Fundstelle(n):
VAAAJ-93834