LKW-Kartell VI
Leitsatz
LKW-Kartell VI
Der Erfahrungssatz, dass die im Rahmen eines Kartells erzielten Preise im Schnitt über denjenigen liegen, die sich ohne die wettbewerbsbeschränkende Absprache gebildet hätten, findet beim LKW-Kartell zugunsten eines Leasingnehmers Anwendung, der einen Kraftfahrzeug-Leasingvertrag mit Kilometerabrechnung unter Vereinbarung eines Ausgleichs für gefahrene Mehrkilometer und eines leasingtypischen Minderwertausgleichs mit Amortisationsfunktion geschlossen hat (Fortführung von , WuW 2024, 108 - LKW-Kartell III; vom - KZR 60/23, WuW 2024, 665 - LKW-Kartell V).
Gesetze: § 1 GWB 2005, § 33 Abs 3 GWB 2005, § 1 GWB 1999, § 33 GWB 1999, § 287 Abs 1 ZPO
Instanzenzug: Az: 2 U 115/22 Urteilvorgehend Az: 53 O 296/21 Urteil
Tatbestand
1Die Klägerin nimmt die beklagte Mercedes-Benz Group AG auf Ersatz kartellbedingten Schadens im Zusammenhang mit dem Leasing von 47 Lastkraftwagen in Anspruch.
2Die Beklagte ist einer der führenden Hersteller von Lastkraftwagen im Europäischen Wirtschaftsraum. Mit Beschluss vom stellte die Europäische Kommission fest, dass die Beklagte und mindestens vier weitere Hersteller, nämlich MAN, Volvo/Renault, Iveco und DAF, durch Absprachen über Preise und Bruttolistenpreiserhöhungen für mittelschwere und schwere Lastkraftwagen sowie über den Zeitplan und die Weitergabe der Kosten für die Einführung von Emissionstechnologien für diese Fahrzeuge nach den Abgasnormen EURO 3 bis EURO 6 gegen Art. 101 AEUV und Art. 53 EWR-Abkommen verstoßen haben. Für die Zuwiderhandlung, die sich über den gesamten Europäischen Wirtschaftsraum erstreckte und vom bis zum andauerte, verhängte die Kommission gegen die Beklagte ein Bußgeld von gut einer Milliarde Euro.
3Die Klägerin betreibt ein Speditionsunternehmen. Sie schloss in den Jahren 2004 bis 2011 Kaufverträge über 19 vom Konzern der Beklagten hergestellte Lastkraftwagen oder handelte die Kaufvertragsbedingungen aus. Anschließend schloss sie über diese Fahrzeuge Leasingverträge mit einer Konzerngesellschaft der Beklagten, nachdem diese in die Kaufverträge eingetreten war oder sie zu denvon der Klägerin ausgehandelten Bedingungen abgeschlossen hatte. Die Leasingverträge über drei im Jahr 2004 beschaffte Lastkraftwagen der Beklagten (Beschaffungsvorgänge 17 bis 19) hatten eine Laufzeit von 48 Monaten und sahen eine Kilometerabrechnung vor.
4Auch die aufgrund eines Antrags der Klägerin vom zustande gekommenen Leasingverträge über 16 weitere vom Konzern der Beklagten hergestellte Lastkraftwagen (Beschaffungsvorgänge 1 bis 16) hatten jeweils eine Laufzeit von 48 Monaten. In ihnen war eine monatliche Leasingrate von 1.185 € und für den Standard-Service-Baustein eine monatliche Service-Rate von 139 €, jeweils zuzüglich Umsatzsteuer, sowie eine vertragliche Laufleistung von 600.000 km vereinbart. Für etwaige Abweichungen von der vertraglichen Laufleistung sahen die Leasingverträge einen Minder-Kilometer-Preis von 0,02 € und einen Mehr-Kilometer-Preis von 0,03 € vor und enthielten dazu folgende Regelung:
"Nach Ablauf der bei Vertragsschluss vereinbarten Leasingzeit werden Mehrkilometer mit dem vereinbarten Mehr-km Preis Leasing sowie dem Mehr-km Preis Service pro Mehrkilometer berechnet bzw. Minderkilometer mit dem vereinbarten Minder-km Preis Leasing sowie dem Minder-km Preis Service pro Minderkilometer vergütet (…)."
5Die von der Klägerin mit dem Antrag auf Abschluss der Leasingverträge anerkannten Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Leasinggeberin enthielten unter III. zu "Leasingentgelte" folgende Regelungen:
(…)
6Unter XX. der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Leasinggeberin heißt es zu "Rückgabe des Leasinggegenstands":
7Nach ihrem Vortrag handelte die Klägerin im genannten Zeitraum Kaufverträge über weitere 28 Lastkraftwagen aus, dievonden Konzernen der Streithelferinnen zu 1 sowie 4 bis 6 (Beschaffungsvorgänge 20 und 21) beziehungsweise der Streithelferinnen zu 2 und 3 (Beschaffungsvorgänge 22 bis 47) hergestellt worden waren, oder schloss solche Kaufverträge ab und ging über diese Fahrzeuge anschließend Kilometerleasingverträge mit einer Laufzeit von 48 Monaten mit einer dritten Finanzierungsgesellschaft (Beschaffungsvorgänge 20 und 21) beziehungsweise einer Konzerngesellschaft der Streithelferinnen zu 2 und 3 (Beschaffungsvorgänge 22 bis 47) ein, nachdem diese in die Kaufverträge eingetreten waren oder sie abgeschlossen hatten.
8Die Klägerin verlangt unter Berufung auf ein von ihr eingeholtes Privatgutachten für die 47 Beschaffungsvorgänge von der Beklagten Zahlung von Schadensersatz wegen kartellbedingter Preisüberhöhungen in einer vom Gericht zu ermittelnden Höhe, zuletzt von mindestens 464.120,73 € nebst Zinsen. Hilfsweise hat sie in erster Instanz die Feststellung beantragt, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr sämtliche aufgrund der Kartellabsprachen aus den Erwerbsvorgängen betreffend die 47 Lastkraftwagen entstandenen Schäden zu ersetzen. Das Landgericht hatdie Klage abgewiesen. Hiergegen hatdie Klägerin Berufung eingelegt und erklärt, der Hilfsantrag werde in der Berufungsinstanz nicht mehr gestellt. Das Berufungsgericht hat das landgerichtliche Urteil aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgen die Beklagte und die Streithelferin zu 5 ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiter.
Gründe
9Die Revision hat nur mit der Rüge Erfolg, dass dieZurückverweisung der Sache an das Landgericht gegen § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO verstößt.
10I. Das Berufungsgericht (WuW 2024, 55) hat angenommen, die Voraussetzungen für eine Haftung der Beklagten lägen grundsätzlich vor. Diese habe einen vorsätzlichen Kartellverstoß begangen. Die Erwerbsvorgänge seien in räumlicher, sachlicher und zeitlicher Hinsicht vonden Kartellabsprachen erfasst, die Klägerin daher von der Kartellabsprache betroffen und somit anspruchsberechtigt. Die Klägerin habe auch einen kartellbedingten Schaden schlüssig dargelegt. Ein Leasingnehmer könne einen ihm in Form eines kartellbedingten Preisaufschlags entstandenen Schaden zum einen dadurch nachweisen, dass er eine Erhöhung des von der Leasinggesellschaft für den Leasinggegenstand gezahlten Kaufpreises und dessen Abwälzung auf ihn belege. Zum anderen könne der Preisaufschlag auf seiner Handelsstufe durch - insbesondere zeitliche - Vergleichsmarktmethoden ermittelt werden. Lasse sich mithilfe einer Regressionsanalyse eine kartellbedingte Erhöhung der Leasingraten ermitteln, stehe damit zugleich fest, dass auch auf der vorherigen Marktstufe ein kartellbedingter Schaden in zumindest dieser Höhe bestanden habe. Der Einwand der Beklagten, die Klägerin habe die durch die kartellbedingte Preiserhöhung verursachte Erhöhung ihrer Transportkosten ganz oder zum Teil an ihre eigenen Abnehmer weitergegeben, greife nicht durch. Bei den potentiellen Preiserhöhungen auf der der Klägerin nachgelagerten Vertriebsstufe handele es sich um Streuschäden, bei denen eine Vorteilsausgleichung aus Rechtsgründen ausgeschlossen sei. Die Schadensersatzansprüche seien auch nicht verjährt. Die Sache sei gemäß § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO an das Landgericht zurückzuverweisen. Es stelle einen wesentlichen Mangel des erstinstanzlichen Verfahrens dar, dass das Landgericht die Klage ohne Einholung des von der Klägerin angebotenen Sachverständigengutachtens zur Höhe des ihr entstandenen Schadens abgewiesen habe. Aufgrund dieses Mangels sei eine umfangreiche und aufwändige Beweisaufnahme in Form der Einholung eines ökonometrischen Sachverständigengutachtens notwendig.
11II. Das hält den Revisionsangriffen nur teilweise stand.
121. Keinen Erfolg hatdie Rüge der Streithelferin zu 5, das Berufungsgericht hätte das landgerichtliche Urteil nur teilweise, nämlich insoweit aufheben dürfen, als darin der auf Zahlung gerichtete Hauptantrag abgewiesen worden sei. Anders als die Revision meint, hat das Landgericht nur über den Haupt-, nicht über den Hilfsantrag entschieden, da dessen Rechtshängigkeit mit der erstinstanzlichen Abweisung des Hauptantrags als unbegründet rückwirkend entfallen ist. Die Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils durch das Berufungsurteil betrifft daher allein die Abweisung des Hauptantrags durch das Landgericht.
13a) Der Streitgegenstand, über den das Gericht am Schluss der mündlichen Verhandlung entschieden hat, ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ebenso wie der Umfang der Rechtskraft eines Urteils in erster Linie der Urteilsformel zu entnehmen. Reicht die Urteilsformel allein nicht aus, diesen Umfang zu bestimmen, sind zu deren Auslegung der Tatbestand und die Entscheidungsgründe, erforderlichenfalls auch das Parteivorbringen, heranzuziehen (vgl. , GRUR 2008, 933 Rn. 13 - Schmiermittel; vom - I ZR 27/13, WRP 2015, 353 Rn. 19 - KTheory; vom - IV ZR 54/19, WM 2020, 345 Rn. 13; Gruber in BeckOK ZPO, 53. Ed. [Stand: ], § 322 Rn. 22.1; G. Vollkommer in Zöller, ZPO, 35. Aufl., Vorb. zu § 322 Rn. 31, jew. mwN).
14b) Im Streitfall ergibt sich der Gegenstand der vom Landgericht getroffenen Entscheidung nicht zweifellos aus dem Urteil selbst. Aus dem die Abweisung der Klage aussprechenden Tenor lässt sich nicht ableiten, ob damit sowohl über den Haupt- als auch den Hilfsantrag oder allein über den Hauptantrag entschieden worden ist. Auch aus Tatbestand und Entscheidungsgründen geht dies nicht hervor. Im Tatbestand gibt das Urteil den auf Feststellung gerichteten Hilfsantrag ohne die Bedingung wieder, unter die die Klägerin ihn gestellt hat. In den Entscheidungsgründen wird der Hilfsantrag nicht erwähnt.
15c) Aus dem daher für die Auslegung des landgerichtlichen Urteils ergänzend heranzuziehenden Parteivorbringen, insbesondere denvon der Klägerin erstinstanzlich angekündigten und gestellten Anträgen, folgt, dass das Landgericht über den hilfsweise gestellten Feststellungsantrag nicht entschieden hat. Dessen Rechtshängigkeit ist mangels Eintritts der von der Klägerin aufgestellten innerprozessualen Bedingung mit der Sachentscheidung über den Hauptantrag rückwirkend erloschen.
16aa) In der Klageschrift hatdie Klägerin zunächst den Antrag angekündigt, die Beklagte als Gesamtschuldnerin zu verurteilen, an sie Schadensersatz in einer vom Gericht zu ermittelnden Höhe, mindestens jedoch 597.078 € nebst Zinsen zu zahlen, sowie - hilfsweise - festzustellen, dass die Beklagte gesamtschuldnerisch verpflichtet ist, ihr sämtliche Schäden zu ersetzen, die ihr aufgrund von Kartellabsprachen der Beklagten mitden weiteren Kartellanten im Zusammenhang mitden erfolgten Käufen für die genannten Lastkraftwagen entstanden sind und noch entstehen können. Zur Begründung hat sie ausgeführt, sie stelle den Feststellungsantrag für den Fall, dass das Landgericht den unbezifferten Antrag für zu unbestimmt halte. Mit Schriftsatz vom hatdie Klägerin sodann einen geänderten Hauptantrag mit dem Inhalt angekündigt, die Beklagte zu verurteilen, an sie Schadensersatz in einer vom Gericht zu ermittelnden Höhe, mindestens jedoch 464.120,73 € nebst Zinsen zu zahlen. Den auf Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten gerichteten Hilfsantrag hatdie Klägerin mit leicht verändertem Inhalt, aber ohne Änderung der prozessualen Bedingung für die gerichtliche Entscheidung über diesen Antrag aufrechterhalten. Die zuletzt angekündigten Anträge hatdie Klägerin sodann ausweislich des Protokolls in der mündlichen Verhandlung vom gestellt.
17bb) Die Klägerin hat demnach eine Entscheidung über den Hilfsantrag davon abhängig gemacht, dass das Landgericht den Hauptantrag wegen mangelnder Bestimmtheit und damit als unzulässig abweist. Dies stellt eine zulässige innerprozessuale Bedingung dar (vgl. , NJW 1984, 1240 [jurisRn. 20]; vom - II ZR 160/93, ZIP 1995, 738 [jurisRn. 13]; Bacher in BeckOK ZPO, 55. Ed. [Stand ], § 260 Rn. 5 ff.; Greger in Zöller, ZPO, 35. Aufl., § 253 Rn. 2, jew. mwN). Da das Landgericht - wie sich aus den Entscheidungsgründen unzweifelhaft ergibt - über den Hauptantrag in der Sache entschieden, diesen also nicht für zu unbestimmt und damit unzulässig gehalten hat, ist diese Bedingung indes nicht eingetreten. Das hat zur Folge, dass die - durch den Nichteintritt der Bedingung auflösend bedingte - Rechtshängigkeit des Hilfsantrags rückwirkend entfallen ist, ohne dass es eines besonderen Ausspruchs bedurfte (vgl. , BAGE 154, 20 Rn. 22; Roth in Stein, ZPO, 24. Aufl., § 260 Rn. 18; Greger in Zöller, ZPO, 35. Aufl., § 260 Rn. 4a, jew. mwN).
182. Entgegen der Revision ist die Klage wegen keines der 47 Beschaffungsvorgänge abweisungsreif (vgl. , WuW 2024, 665 Rn. 39 mwN - LKW-Kartell V).
19a) Das Berufungsgericht hat zutreffend als mögliche Anspruchsgrundlage für den Ersatz der von der Klägerin geltend gemachten Schäden aus den Leasingverträgen § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit Art. 81 EGV, § 33 Satz 1 Halbsatz 2, § 1 GWB in der vom bis geltenden Fassung sowie § 33 Abs. 3 Satz 1 GWB 2005 herangezogen (vgl. zuletzt , WuW 2024, 665 Rn. 17 mwN - LKW-Kartell V). Danach ist derjenige, der vorsätzlich oder fahrlässig gegen eine drittschützende Vorschrift des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen oder die Vorgaben in Art. 101, 102 AEUV (Art. 81, 82 EGV) verstößt, zum Ersatz des aus dem Verstoß entstandenen Schadens verpflichtet.
20b) Ohne Rechtsfehler hat das Berufungsgericht einen vorsätzlichen Verstoß der Beklagten gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV (Art. 81 EGV) sowie die entsprechenden Normen im nationalen Kartellrecht festgestellt. Es hat sich zu Recht an die Feststellungen im Kommissionsbeschluss vom gebunden gesehen und auf dieser Grundlage angenommen, dass die Beklagte im Zeitraum vom bis an einer Koordinierung der Bruttolistenpreise für mittelschwere und schwere Lastkraftwagen beteiligt war (, WuW 2021, 569 Rn. 13 bis 19 - LKW-Kartell II; BGH, WuW 2024, 665 Rn. 18 - LKW-Kartell V).
21c) Ebenfalls zu Recht hat das Berufungsgericht die Klägerin hinsichtlich der Beschaffungsvorgänge 1 bis 19 als von der Kartellabsprache betroffen und damit anspruchsberechtigt angesehen. Hinsichtlich der Beschaffungsvorgänge 20 bis 47 hat es die Kartellbetroffenheit der Klägerin zwar rechtsfehlerhaft bejaht; auch insoweit ist die Klage jedoch nicht abweisungsreif.
22aa) Die Kartellbetroffenheit, die Voraussetzung des haftungsbegründenden Tatbestands eines kartellrechtlichen Schadensersatzanspruchs ist, setzt lediglich voraus, dass das wettbewerbsbeschränkende Verhalten geeignet ist, einen Schaden des Anspruchstellers unmittelbar oder mittelbar zu begründen. Für die Feststellung dieser Voraussetzung gilt der Maßstab des § 286 ZPO. Auf die weitergehende Frage, ob sich die Kartellabsprache auf den in Rede stehenden Beschaffungsvorgang, welchen der Anspruchsteller seinem Schadensersatzbegehren zugrunde legt, tatsächlich ausgewirkt hat und das Geschäft damit in diesem Sinn "kartellbefangen" oder "kartellbetroffen" war, kommt es bei der Prüfung der haftungsbegründenden Kausalität hingegen nicht an. Es bedarf daher nicht der Feststellung einer konkret-individuellen Betroffenheit (st. Rspr., zuletzt BGH, WuW 2024, 665 Rn. 20 mwN - LKW-Kartell V).
23Nach der zum in Rede stehenden Kartell ergangenen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind sowohl der unmittelbare oder mittelbare Erwerb eines von der Kartellabsprache betroffenen Fahrzeugs der Beklagten oder einer der Streithelferinnen als auch der Abschluss von Leasingverträgen über solche Fahrzeuge geeignet, einen Schaden des Anspruchstellers zu begründen. Dafür genügt, dass die Fahrzeuge auf den Grundmodellen ("Ecktypen") aufbauten, deren Listenpreise Gegenstand der zwischen den Kartellbeteiligten getroffenen Absprachen waren, da die durch das Kartell bewirkte Verfälschung der Bedingungen des Marktgeschehens damit jedenfalls geeignet war, sich auf die individuellen Transaktionspreise für Fahrzeuge der Kartellbeteiligten auszuwirken. Die kartellbedingte Preiserhöhung für ein Neufahrzeug ist auch geeignet, die Höhe von Leasingraten zu beeinflussen, weil bei gewerblichen Nutzungs- und Finanzierungsverträgen typischerweise ein Zusammenhang zwischen dem Anschaffungspreis eines Wirtschaftsguts und der Höhe des dafür zu entrichtenden Nutzungsentgelts besteht (, WuW 2024, 108 Rn. 15 - LKW-Kartell III; BGH, WuW 2024, 665 Rn. 22 f. - LKW-Kartell V).
24bb) Hinsichtlich der Beschaffungsvorgänge 1 bis 19 hat das Berufungsgericht diese Voraussetzungen zu Recht als erfüllt angesehen. Nach den getroffenen Feststellungen haben diese Beschaffungsvorgänge von der Beklagten hergestellte Lastkraftwagen zum Gegenstand, über die die Klägerin im Zeitraum von 2004 bis Anfang 2011 zunächst Kaufverträge abgeschlossen oder ausgehandelt und sodann mit einer Konzerngesellschaft der Beklagten Leasingverträge abgeschlossen hat, wobei letztere jeweils zuvor in den Kaufvertrag eingetreten waren oder diesen abgeschlossen hatten.
25cc) Wie die Streithelferin zu 5 zu Recht rügt, tragen die vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen jedoch nicht die Würdigung, dass die Klägerin auch hinsichtlich der Beschaffungsvorgänge 20 bis 47 kartellbetroffen ist.
26(1) Das Berufungsgericht geht bei seiner rechtlichen Beurteilung davon aus, dass die Klägerin Leasingverträge auch hinsichtlich der Beschaffungsvorgänge 20 bis 47 abgeschlossen hat. Dies wird aber vonden im Berufungsurteil getroffenen Feststellungen nicht getragen, weil diese widersprüchlich sind und dem Senat keine hinreichend sichere rechtliche Beurteilung des Parteivorbringens erlauben (§§ 545 Abs. 1, 559 Abs. 1 ZPO).
27(a) Das tatsächliche Vorbringen der Parteien ist nach § 314 ZPO in erster Linie dem Tatbestand des Urteils zu entnehmen. Nach ständiger Rechtsprechung werden vom Geltungsbereich des § 314 ZPO zudem diejenigen tatsächlichen Feststellungen erfasst, die in den Entscheidungsgründen enthalten sind (vgl. , BGHZ 139, 36, 39 [jurisRn. 14]). Diese Feststellungen sind für das Revisionsgericht bindend (§ 559 Abs. 2 ZPO). Die Bindungswirkung entfällt jedoch, soweitdie tatsächlichen Feststellungen Widersprüche aufweisen (, WM 2000, 1871, 1873 [jurisRn. 25]; vom - VIII ZR 381/03, MDR 2005, 1044 [jurisRn. 9]; vom - I ZR 4/08, Magazindienst 2010, 362 [jurisRn. 9]). Einen solchen Widerspruch hatdie Revision zu Recht gerügt.
28(b) Im Tatbestand des Berufungsurteils wird zu sämtlichen 47 Beschaffungsvorgängen mitgeteilt, die Klägerin habe im Zeitraum von 2004 bis Anfang 2011 über von der Beklagten, einer der Streithelferinnen oder einer Konzerngesellschaft derselben hergestellten Lastkraftwagen zunächst Kaufverträge abgeschlossen oder ausgehandelt. Anschließend habe die Klägerin mit einer Konzerngesellschaft der Beklagten (Beschaffungsvorgänge 1 bis 19), einer Konzerngesellschaft der Streithelferinnen zu 2 und 3 (Beschaffungsvorgänge 22 bis 47, Fahrzeuge von MAN) und einer dritten Finanzierungsgesellschaft (Beschaffungsvorgänge 20 und 21, Fahrzeuge von Volvo) Leasingverträge über die Fahrzeuge abgeschlossen, wobei die Leasinggesellschaften jeweils zuvor in den Kaufvertrag eingetreten seien. Zugleich wird im Tatbestand wiedergegeben, die Beklagte habe den Erwerb der Fahrzeuge anderer Hersteller mit Nichtwissen bestritten. In den Entscheidungsgründen wird sodann ausgeführt, der Abschluss der Leasingverträge sei zwischen den Parteien unstreitig.
29(c) Diese Ausführungen sind in sich widersprüchlich und bilden keine verlässliche Grundlage für die revisionsrechtliche Überprüfung der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellung, dass die Klägerin hinsichtlich der Beschaffungsvorgänge 20 bis 47 die beschriebenen Leasingverträge abgeschlossen habe. Dem Berufungsurteil ist nicht zu entnehmen, ob sich das Berufungsgericht angesichts des Bestreitens der Beklagten mit Nichtwissen die Überzeugung gebildet hat, dass - und gegebenenfalls mit wem - entsprechende Kaufverträge tatsächlich geschlossen wurden. Bei den in Frage stehenden Leasingmodellen hängt aber der Abschluss des Leasingvertrags zwischen Leasinggesellschaft und Leasingnehmer davon ab, dass letzterer zunächst über den Leasinggegenstand einen Kaufvertrag abschließt oder einen solchen aushandelt, bevor die Leasinggesellschaft in diesen eintritt beziehungsweise den ausgehandelten Vertrag abschließt. Das Bestreiten der Kaufverträge erfasst daher notwendig auch den Abschluss der darauf beruhenden Leasingverträge. Dazu steht die Feststellung, der Abschluss der entsprechenden Leasingverträge sei (auch) hinsichtlich der Beschaffungsvorgänge 20 bis 47 unstreitig, in unauflösbarem Widerspruch.
30(2) Das führt indes nicht zur Abweisung der Klage, sondern dazu, dass das Urteil von Amts wegen aufzuheben und die Sache zurückzuverweisen ist (vgl. , WM 2003, 2424 [jurisRn. 8]). Es kommt deshalb nicht auf die Zulässigkeit des Revisionsangriffs der Streithelferin zu 5 an, die nach Zustellung des Berufungsurteils keinen Antrag auf Tatbestandsberichtigung gestellt hat. Der Senat hat auch keine Veranlassung, sich im Interesse der Prozessökonomie (vgl. zu dieser Möglichkeit BGH, WuW 2024, 665 Rn. 39 mwN - LKW-Kartell V) mit der Frage zu befassen, ob - was die Klägerin in Zweifel zieht - ein beklagter Kartellteilnehmer die Handlungen der anderen Kartellteilnehmer mit Nichtwissen gemäß § 138 Abs. 4 ZPO bestreiten darf (vgl. etwa OLG Karlsruhe, WuW 2017, 43, 45 [jurisRn. 65]; OLG Frankfurt am Main, BeckRS 2021, 30451 Rn. 112 f.). Es ist nicht ausgeschlossen, dass sich das Berufungsgericht im wiedereröffneten Berufungsverfahren die Überzeugung verschafft, dass dievon der Klägerin vorgetragenen Kauf- und Leasingverträge betreffend die Beschaffungsvorgänge 20 bis 47 geschlossen wurden und die Klägerin auch insoweit kartellbetroffen ist.
31d) Die Klage ist nicht deshalb abweisungsreif, weil es an ausreichenden Darlegungen der Klägerin zu einem ihr entstandenen Schaden fehlte. Für die revisionsrechtliche Prüfung ist insoweit zu unterstellen, dass die Klägerin auch hinsichtlich der Lastkraftwagen der Konzerne der Streithelferinnen zu 5 sowie zu 1 und 2 (Beschaffungsvorgänge 20 und 21 sowie 22 bis 47) Leasingverträge mit einer Laufzeit von 48 Monaten und einer Kilometerabrechnung abgeschlossen hat.
32aa) Die Feststellung, ob der von einem am Kartellverstoß beteiligten Unternehmen vereinbarte Preis wegen des Kartells höher war, als er ohne das Kartell gewesen wäre, kann nur unter Heranziehung derjenigen Umstände getroffen werden, die darauf schließen lassen, wie sich das Marktgeschehen ohne das Kartell wahrscheinlich entwickelt hätte. Diese Feststellung hat der im Bereich des § 287 Abs. 1 ZPO besonders freigestellte Tatrichter nach freier Überzeugung vorzunehmen. Die nach § 287 Abs. 1 ZPO vorzunehmende Würdigung hat alle Umstände einzubeziehen, die festgestellt sind, oder für die diejenige Partei, die sich auf einen ihr günstigen Umstand mit indizieller Bedeutung für oder gegen einen Preiseffekt des Kartells beruft, Beweis angeboten hat. Der Tatrichter ist jedoch nicht gezwungen, jeden angebotenen Beweis zu erheben. Weil er bei der Behandlung von Anträgen zum Beweis von Indizien freier gestellt ist als bei sonstigen Beweisanträgen, darf und muss er bei einem Indizienbeweis vor der Beweiserhebung prüfen, ob die vorgetragenen Indizien - ihre Schlüssigkeit unterstellt - ihn von der Wahrheit der Haupttatsache überzeugen (st. Rspr., vgl. zuletzt BGH, WuW 2024, 665 Rn. 41 mwN - LKW-Kartell V). Bei der Gesamtwürdigung muss das Tatgericht auch berücksichtigen, dass zugunsten des Abnehmers eines an einer Kartellabsprache beteiligten Unternehmens eine auf der hohen Wahrscheinlichkeit eines solchen Geschehens beruhende tatsächliche Vermutung - im Sinne eines Erfahrungssatzes - dafür streiten kann, dass die im Rahmen des Kartells erzielten Preise im Schnitt über denjenigen liegen, die sich ohne die wettbewerbsbeschränkende Absprache gebildet hätten (, WuW 2024, 607 Rn. 11 mwN - LKW-Kartell IV).
33bb) Auf Grundlage der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen streitet für die Klägerin zunächst der Erfahrungssatz, dass dievon ihr mit dem jeweiligen Verkäufer der 47 Lastkraftwagen ausgehandelten und sodann von der jeweiligen Leasinggesellschaft gezahlten Kaufpreise im Schnitt über denjenigen lagen, die sich ohne die wettbewerbsbeschränkenden Verhaltensweisen ergeben hätten. Darüber hinaus ist nicht ausgeschlossen, dass sich die Klägerin auch für ihren eigenen Schaden auf diesen Erfahrungssatz berufen kann. Zwar hat sie einen ihr durch den jeweiligen Kaufvertragsschluss - unterstellt - entstandenen Preisschaden zunächst dadurch abgewälzt, dass die jeweilige Leasinggesellschaft in denvon ihr abgeschlossenen oder ausgehandelten Kaufvertrag eingetreten ist (vgl. BGH, WuW 2024, 665 Rn. 29 - LKW-Kartell V). Allerdings ist der genannte Erfahrungssatz, wie der Bundesgerichtshof in Bezug auf das hier in Rede stehende Kartell bereits entschieden hat, jedenfalls dann auch zugunsten eines Leasingnehmers heranzuziehen, wenn der Leasingvertrag auf die vollständige Deckung des Anschaffungspreises gerichtet ist (BGH, WuW 2024, 665 Rn. 45 - LKW-Kartell V).
34(1) Die Leasingverträge betreffend die Beschaffungsvorgänge 1 bis 16 waren in diesem Sinn auf Vollamortisation gerichtet, sodass der genannte Erfahrungssatz insoweit zugunsten der Klägerin herangezogen werden kann.
35(a) Sie betrafen nach den Feststellungen des Berufungsgerichts von der Beklagten hergestellte Lastkraftwagen, über welche die Klägerin jeweilsmit einer Konzerngesellschaft der Beklagten einen Kilometer-Leasingvertrag für einen Zeitraum von 48 Monaten geschlossen hat. Danach war die Klägerin nicht nur zur Entrichtung der vereinbarten Leasingraten als Gegenleistung für die Gebrauchsüberlassung, sondern auch zu einem Ausgleich in Geld für gefahrene Mehrkilometer und für den Fall der Rückgabe in nicht vertragsgemäßem Zustand zum Ersatz des Minderwerts des Leasingfahrzeugs verpflichtet (im Folgenden zusammen "Leasingentgelte").
36(b) Auch ein solches Geschäftsmodell, bei dem der Leasingnehmer nach Vertragsablauf nicht zur Übernahme des Leasingfahrzeugs oder bei dessen Rückgabe zum Ausgleich eines bestimmten Restwerts verpflichtet ist, zielt insgesamt darauf ab, dass der Leasinggeber bei planmäßigem Vertragsablauf die volle Amortisation des zum Erwerb des Leasinggegenstands eingesetzten Kapitals einschließlich des kalkulierten Gewinns erlangt (vgl. , DB 2012, 2865 Rn. 17 mwN). Die volle Amortisation des Anschaffungs- und Finanzierungsaufwands des Leasinggebers wird hier im Wege der "Mischkalkulation" durch die vom Leasingnehmer geschuldeten Zahlungen einerseits und durch die Verwertung des Leasingfahrzeugs durch den Leasinggeber nach Vertragsablauf andererseits erreicht. Dem Risiko eines verminderten Verwertungserlöses aufgrund eines nicht vertragsgemäßen Zustands des Leasinggegenstands bei Rückgabe wird bei dieser Vertragsgestaltung dadurch Rechnung getragen, dass der Leasingnehmer für den vertragsgemäßen Zustand des Leasingfahrzeugs einzustehen und einen etwaigen Minderwert auszugleichen hat (vgl. BGH, DB 2012, 2865 Rn. 17 f. mwN).
37(c) Der Anwendbarkeit des Erfahrungssatzes, dass die im Rahmen des Kartells erzielten Preise im Schnitt über denjenigen liegen, die sich ohne die wettbewerbsbeschränkende Absprache gebildet hätten, zugunsten des Leasingnehmers steht nicht entgegen, dass bei dem beschriebenen Leasingmodell die Amortisation des Anschaffungs- und Finanzierungsaufwands nicht vollständig durch die vom Leasingnehmer zu entrichtenden Leasingentgelte erfolgt, sondern teilweise beim Leasinggeber verbleibt, der den Leasinggegenstand bei Vertragsende zurücknehmen und die Realisierung des kalkulierten Restwerts in vertragsgemäßem Zustand auf eigenes Risiko herbeiführen muss (vgl. zum Verwertungsrisiko des Leasinggebers bei diesem Modell: , NJW 2013, 2421 Rn. 24 mwN). Im Streitfall ergibt sich bereits aus denvon der Leasinggesellschaft verwendeten Allgemeinen Geschäftsbedingungen, dass das Verhältnis der nach der Kalkulation des Leasingvertrags vom Leasingnehmer einerseits und vom Leasinggeber andererseits zu tragenden Anteile an der Vollamortisation des Anschaffungspreises unabhängig von dessen absoluter Höhe ist. Nach deren Ziffer III. 3. ändern sich im Fall einer bis zum vereinbarten Übergabetermin des Leasinggegenstands erfolgenden Kaufpreisänderung die Leasingraten für die Gebrauchsüberlassung im gleichen Verhältnis, in dem der veränderte Kaufpreis zum ursprünglichen Kaufpreis steht. Die Relation der nach dem Leasingvertrag auf Leasingnehmer und Leasinggeber entfallenden Amortisationsanteile steht somit nach dem Vertrag im Grundsatz fest und kann sich allenfalls dadurch - in einem ebenfalls vertraglich bestimmten Umfang - ändern, dass sich die Leasingentgelte wegen auszugleichender Mehr- oder Minderkilometer oder wegen einer Entschädigungsleistung für einen Minderwert bei Rückgabe erhöhen oder reduzieren. Das wirkt sich auch auf die Verteilung eines kartellbedingten Preisaufschlags auf den zu amortisierenden Kaufpreis auf der ersten Marktstufe aus. Dieser ist in demselben Verhältnis von Leasingnehmer und Leasinggeber zu tragen, von ersterem über die Leasingentgelte, von letzterem über den kalkulierten Restwert.
38(2) Bei den übrigen Beschaffungsvorgängen ist auf Grundlage der Feststellungen des Berufungsgerichts oder dem revisionsrechtlich zu unterstellenden Sachverhalt nicht ausgeschlossen, dass zugunsten der Klägerin der genannte Erfahrungssatz (oben Rn. 32) herangezogen werden kann. Die Beschaffungsvorgänge 17 bis 19 betrafen ebenfalls Kilometerleasingverträge mit einer Laufzeit von 48 Monaten; nähere Feststellungen zu deren Inhalt hat das Berufungsgericht nicht getroffen. Für die Beschaffungsvorgänge 20 bis 47 ist revisionsrechtlich davon auszugehen, dass die Klägerin über die betreffenden Lastkraftwagen Leasingverträge mit einer Laufzeit von 48 Monaten und einer Kilometerabrechnung abgeschlossen hat. Bei diesen Verträgen liegt somit ebenfalls nahe, dass diese auf die Vollamortisation der jeweiligen Leasinggesellschaft gerichtet waren, wobei, wie ausgeführt, unerheblich ist, ob nach dem Leasingvertragsmodell die volle Amortisation allein durch die Klägerin herbeizuführen war oder zu einem Teil von der Leasinggesellschaft selbst durch Verwertung des Lastkraftwagens nach Ablauf der Vertragslaufzeit.
39cc) Die Klage ist entgegen der Revision auch nicht deshalb (teilweise) abweisungsreif, weil die Klägerin zur Zusammensetzung der Leasingraten und dem unterstellten Einfluss der verfahrensgegenständlichen Kartellabsprachen auf deren Höhe nicht hinreichend substantiiert vorgetragen hätte. Wie der Bundesgerichtshof in Bezug auf das hier in Rede stehende Kartell bereits entschieden hat, schließen fehlende Angaben zur Höhe der Leasingraten die Schätzung eines auf den Erwerbspreis bezogenen Mindestschadens nicht aus, sofern - wie hier - die Kaufpreise für die geleasten Lastkraftwagen vorgetragen sind (BGH, WuW 2024, 665 Rn. 57 - LKW-Kartell V). Zudem wird für die Klägerin im wiedereröffneten Berufungsverfahren Gelegenheit bestehen, zu den Leasingverträgen und denvon ihr entrichteten Leasingentgelten weiter vorzutragen.
403. Zu Recht rügt die Streithelferin zu 5 aber, dass das Berufungsgericht die Sache nicht unter Aufhebung des landgerichtlichen Urteils gemäß § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO an das Landgericht hätte zurückverweisen dürfen.
41a) Nach dieser Vorschrift darf das Berufungsgericht den Rechtsstreit, soweit seine weitere Verhandlung erforderlich ist, an das Gericht des ersten Rechtszugs nur zurückverweisen, soweit das Verfahren im ersten Rechtszug an einem wesentlichen Mangel leidet, auf Grund dieses Mangels eine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist und eine Partei dieZurückverweisung beantragt. Damit soll die zeitaufwändige Zurückverweisungvon der zweiten an die erste Instanz auf unverzichtbare Ausnahmefälle beschränkt werden (BGH, WuW 2024, 665 Rn. 48 mwN - LKW-Kartell V). Eine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme ist allerdings nicht schon dann im Sinn von § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO notwendig, wenn sie im weiteren Verlauf des Verfahrens nur unter bestimmten Voraussetzungen erforderlich wird und der Eintritt dieser Voraussetzungen ungewiss ist. Sie muss vielmehr sicher zu erwarten sein (BGH, WuW 2024, 665 Rn. 49 mwN - LKW-Kartell V).
42b) Diesen Grundsätzen hat das Berufungsgericht nicht ausreichend Rechnung getragen.
43aa) Es hat angenommen, das Absehen des Landgerichts von einer Beweisaufnahme stelle einen Verfahrensfehler dar, und aufgrund dieses Mangels sei eine umfangreiche und aufwändige Beweisaufnahme notwendig. Das Landgericht habe den Vortrag der Klägerin zum Schaden nicht nur als unsubstantiiert angesehen, sondern zudem einen Ausforschungsbeweis angenommen, dessen Unzulässigkeit sich daraus ergebe, dass für die behauptete Tatsache jegliche Anhaltspunkte fehlten. Diese nicht näher begründete Ansicht begründe einen wesentlichen Verfahrensfehler und beruhe nicht lediglich auf einer anderen materiell-rechtlichen Würdigung des Parteivorbringens. Aufgrund des Mangels sei eine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme - hier die Einholung eines gerichtlichen ökonometrischen Gutachtens - notwendig. Anlass dafür, die erforderliche Beweisaufnahme selbst durchzuführen und abschließend zu entscheiden, bestehe für das Berufungsgericht nicht.
44bb) Damit lässt sich das Vorliegen der Voraussetzungen des § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO nach dem oben Ausgeführten nicht begründen. Die für die Feststellung des Schadens und seiner Höhe gemäß § 287 Abs. 1 ZPO erforderliche umfassende Würdigung aller maßgeblichen Umstände wird das Berufungsgericht - nach Feststellungen dazu, ob und mit welchem Inhalt die Klägerin auch die behaupteten Leasingverträge betreffend die Beschaffungsvorgänge 20 bis 47 abgeschlossen hat, zum Inhalt der Leasingverträge betreffend die Beschaffungsvorgänge 17 bis 19 - selbst vorzunehmen und dabei auch dievonden Parteien vorgelegten Gutachten zu berücksichtigen haben. Erst aufgrund einer solchen Gesamtwürdigung wird es darüber entscheiden können, ob es eine Schadensschätzung vornehmen kann oder eine (weitere) Beweisaufnahme erforderlich ist, und - falls das zu bejahen sein sollte - worauf sie sich zu erstrecken hat. Sodann kann beurteilt werden, ob es sich um eine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme im Sinn von § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO handelt.
45III. Danach war das Berufungsurteil aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO).
46IV. Der Senat hat keine Veranlassung, sich im Interesse der Prozessökonomie (vgl. zu dieser Möglichkeit BGH, WuW 2024, 665 Rn. 39 mwN - LKW-Kartell V) im Einzelnen mitden Rügen der Beklagten und der Streithelferin zu 5 zu befassen, dass das Berufungsgericht den Einwand, die Klägerin habe die kartellbedingte Preiserhöhung an ihre Abnehmer weitergegeben, rechtsfehlerhaft verneint habe. Das Berufungsgericht wird die Sache erneut zu verhandeln haben, ohne dass es hinsichtlich der rechtlichen Wertung, die Vorteilsausgleichung sei aus Rechtsgründen ausgeschlossen, im aufgehobenen Berufungsurteil einer Bindungswirkung entsprechend § 563 Abs. 2 ZPO unterliegt (BGH, WuW 2024, 665 Rn. 54 mwN - LKW-Kartell V). Dassdie Klage wegen des Einwands der Vorteilsausgleichung bereits (teilweise) abweisungsreif sei, machen die Beklagte und die Streithelferin zu 5 nicht durchgreifend geltend. Ihre Rügen sind darauf gerichtet, dass das Berufungsgericht ihren Vortrag sowie ihre Beweisangebote übergangen oder unrichtig gewürdigt habe. Das Berufungsgericht wird Gelegenheit haben, sich bei der neuen Verhandlung und Entscheidung mitden tatsächlichen und rechtlichen Fragen, dieden Rügen zugrunde liegen, mit dem in der Revision erfolgten sowie gegebenenfalls weiterem Vortrag der Parteien auseinanderzusetzen und die Erforderlichkeit etwaiger weiterer Beweisaufnahmen zu prüfen (vgl. BGH, WuW 2021, 569 Rn. 102 f. - LKW-Kartell II).
47V. Bei der erneuten Prüfung, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe der Klägerin durch die verfahrensgegenständlichen Kartellabsprachen ein Schaden entstanden ist, wird das Berufungsgericht gegebenenfalls ferner in den Blick zu nehmen haben, dass jedenfalls eine Schadensschätzung in Gestalt eines Mindestschadens der Klägerin unmittelbar aus der kartellbedingten Erhöhung des von der jeweiligen Leasinggesellschaft entrichteten Kaufpreises abgeleitet werden kann. Wie ausgeführt (oben Rn. 37) schlägt bei einem auf Vollamortisation gerichteten Leasingvertrag eine kartellbedingte Erhöhung des Kaufpreises unmittelbar auf die Höhe der Leasingentgelte durch, sodass der nach der Vertragskalkulation vom Leasingnehmer zu amortisierende Anteil des Kaufpreises für das Leasinggut dem Anteil der auf ihn entfallenden kartellbedingten Preisüberhöhung entspricht. Soweit es dem Kläger nicht möglich ist, die - typischerweise von der Leasinggesellschaft intern vorgenommene - Kalkulation des Leasingvertrags darzulegen, könnte die beklagte Partei jedenfalls dann, wenn sie und die Leasinggesellschaft demselben Konzern angehören, eine sekundäre Darlegungslast treffen (vgl. , WM 2018, 1848 Rn. 30 mwN; vom - VI ZR 505/19, NJW 2021, 1669 Rn. 26 f. mwN). Gegebenenfalls könnte es auch darauf ankommen, ob im Wege der Schätzung oder durch Einholung eines Sachverständigengutachtens ermittelt werden kann, welchen Amortisationsanteil der Leasingnehmer bei dem jeweils in Rede stehenden Leasingvertrag mutmaßlich zu tragen hatte.
Roloff Tolkmitt Picker
Vogt-Beheim Holzinger
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2025:080425UKZR71.23.0
Fundstelle(n):
GAAAJ-93223