Suchen
BGH Beschluss v. - 3 StR 87/25

Instanzenzug: LG Mönchengladbach Az: 27 Ks 9/24

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und wegen gefährlicher Körperverletzung in drei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Freiheitsberaubung, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt. Der Angeklagte beanstandet mit seiner Revision die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).

21. Die Verfahrensrüge ist nicht ausgeführt und genügt daher nicht den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO.

32. Die materiellrechtliche Nachprüfung des Urteils auf die Sachbeschwerde hat hinsichtlich des Schuldspruchs, wie vom Generalbundesanwalt näher dargelegt und durch die Gegenerklärung nicht entkräftet, keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Insbesondere sind die vom Landgericht getroffenen Feststellungen durch die Beweiswürdigung belegt und tragen den Schuldspruch. Dagegen haben die für den versuchten Totschlag in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung bemessene Einzelstrafe sowie in der Folge die Gesamtstrafe keinen Bestand. Die übrigen Einzelstrafen weisen keinen Rechtsmangel auf.

4Das Landgericht hat die Einzelstrafe unter VI. 1. der Urteilsgründe dem nach § 23 Abs. 2, § 49 Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmen des § 212 Abs. 1 StGB entnommen, ohne sich zu einem minder schweren Fall des Totschlags nach § 213 StGB zu verhalten. Indes muss, sofern das Gesetz einen besonderen Strafrahmen für minder schwere Fälle vorsieht und ein gesetzlich vertypter Milderungsgrund – wie hier – gegeben ist, bei der Strafrahmenwahl zunächst geprüft werden, ob die allgemeinen Milderungsgründe die Annahme eines minder schweren Falles tragen. Ist nach einer Abwägung aller allgemeinen Strafzumessungsumstände das Vorliegen eines solchen abzulehnen, so sind zusätzlich die den gesetzlich vertypten Strafmilderungsgrund verwirklichenden Umstände in die Betrachtung einzubeziehen. Erst wenn das Tatgericht die Anwendung des milderen Strafrahmens danach weiterhin nicht für gerechtfertigt hält, darf es seiner konkreten Strafzumessung den (allein) wegen des gesetzlich vertypten Milderungsgrundes gemilderten Regelstrafrahmen zugrunde legen (st. Rspr.; etwa , juris Rn. 4 mwN).

5Da sich eine derartige Prüfung den Urteilsgründen nicht entnehmen und hier nicht ausschließen lässt, dass das Landgericht gegebenenfalls auf eine geringere Einzelstrafe erkannt hätte, ist die für diese Tat verhängte Strafe aufzuheben. Dies entzieht zugleich der Gesamtstrafe die Grundlage. Die jeweils zugehörigen Feststellungen sind von dem Rechtsfehler nicht betroffen und daher aufrechtzuerhalten (§ 353 Abs. 2 StPO).

6Angesichts der Aufhebung der Einzelstrafe bedarf es keiner Vertiefung, dass die Verneinung der tatbestandlichen Voraussetzungen eines Täter-Opfer-Ausgleichs (§ 46a Nr. 1 StGB) mit der Begründung bedenklich ist, der Angeklagte habe sich im Sinne eines strafbefreienden Rücktritts vom Versuch des Totschlags eingelassen (vgl. dazu , juris Rn. 6, 11). Ungeachtet dessen bleibt es im Ermessen des Tatgerichts, ob es eine Strafmilderung vornimmt.

Schäfer                         Anstötz                         Kreicker

                Voigt                            Munk

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2025:150425B3STR87.25.0

Fundstelle(n):
PAAAJ-92906