Sozialversicherung | Befreiung von der Rentenversicherungspflicht für Anwälte (BRAK)
Die BRAK macht auf zwei Urteile des
BSG aufmerksam, in denen das BSG präzisiert, wann Anwälte weiterhin von der
Rentenversicherungspflicht befreit sind, obwohl sie zeitweilig anwaltlich nicht
tätig sind. In beiden Fällen geht es um die Auslegung von
§ 6 Abs. 5
S. 2 SGB VI ( 3/23
R und B 10/12 R 1/24 R).
Hintergrund: Die Befreiung von der Versicherungspflicht erstreckt sich für Anwälte gem. § 6 Abs. 5 S. 2 SGB VI auch auf eine andere versicherungspflichtige Tätigkeit, wenn diese infolge ihrer Eigenart oder vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt ist und der Versorgungsträger für die Zeit der Tätigkeit den Erwerb einkommensbezogener Versorgungsanwartschaften gewährleistet.
Hierzu führt die BRAK weiter aus:
Fall 1: Nebentätigkeit ( 3/23 R)
Sachverhalt: Eine Anwältin nahm eine zeitlich befristete Nebentätigkeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin beim Deutschen Bundestag auf und begehrte von der Deutschen Rentenversicherung auch hierfür eine Erstreckung der Befreiung von der Versicherungspflicht. Diese lehnte jedoch ab. Dagegen klagte die Anwältin und bekam auch zunächst vor dem Sozialgericht Recht. Das LSG wies die Klage hingegen ab. Die Gesetzesmaterialien interpretierte es so, dass § 6 Abs. 5 S. 2 SGB VI nur sicherstellen solle, dass eine vorübergehende berufsfremde Tätigkeit nicht zu einem Wechsel des Alterssicherungssystems führe. Diese Gefahr bestehe aber nur, wenn die befristete Tätigkeit die frühere Beschäftigung unterbricht oder ihr zeitlich nachfolgt.
Das BSG urteilte wie folgt:
Das BSG bejaht die Erstreckung der Befreiung der Versicherungspflicht auf die Nebentätigkeit.
Der offene Wortlaut des § 6 Abs. 5 S. 2 SGB VI enthält keine Einschränkung, dass die befreite Beschäftigung die anwaltliche unterbrechen oder ihr zeitlich nachfolgen muss. Vielmehr erfasst die Regelung auch Fälle, in denen beide Tätigkeiten nebeneinander ausgeübt werden.
Fall 2: Vertragsaufhebung und -verlängerung ( 1/24 R)
Sachverhalt: Eine Anwältin gab ihre bisherige Tätigkeit zunächst auf und nahm eine bis Ende 2018 befristete Stelle als Referentin beim Sächsischen Landesrechnungshof an. Die Rentenversicherung befreite sie hierfür von der gesetzlichen Versicherungspflicht, sie blieb im Versorgungswerk. Um eine Vertretung zu ermöglichen, wurde der Arbeitsvertrag bereits im Herbst 2017 einvernehmlich aufgehoben und ein neuer geschlossen, der erst im Herbst 2019 enden sollte. Für den gesamten Zeitraum des neuen Vertrags, also ab Herbst 2017 bis 2019, lehnte die Rentenversicherung eine Befreiung nun ab. Schließlich knüpfe die Tätigkeit basierend auf dem nunmehr zweiten Vertrag nicht mehr unmittelbar an die ursprüngliche Tätigkeit als Rechtsanwältin an. Die Anwältin klagte. Auch hier war das SG noch auf ihrer Seite, während das LSG der DRV Recht gab. Es fehle am erforderlichen engen zeitlichen Zusammenhang zwischen diesem und dem neuen Arbeitsverhältnis.
Das BSG urteilte wie folgt:
Das BSG stimmt der Anwältin dahingehend zu, dass für den Zeitraum der ursprünglichen Befreiung von der Versicherungspflicht, also bis Ende 2018, der ursprüngliche Befreiungsbescheid für den ersten befristeten Vertrag weiter gilt – auch wenn das Arbeitsverhältnis nun auf einem anderen Vertrag basiert.
Allerdings lehnt das BSG die von der Anwältin begehrte Verlängerung der Befreiung der Versicherungspflicht auf das Jahr 2019 ab. Der erste Erstreckungsbescheid hat sich durch Zeitablauf erledigt. Eine erneute Befreiung von der Versicherungspflicht scheidet aus, weil die ursprünglich zur Befreiung führende Beschäftigung als angestellte Rechtsanwältin bereits im Mai 2017 endete. Damit besteht schon kein enger zeitlicher Zusammenhang mehr zu dieser ursprünglich befreiten Tätigkeit.
Im Ergebnis bedeutet dies: Geht eine Anwältin einen zeitlich befristeten Vertrag mit einem nichtanwaltlichen Arbeitgeber ein, so gilt die Befreiung zumindest für den ursprünglich genehmigten Zeitraum weiter, wenn dieser Vertrag später aufgehoben und verlängert wird – sofern sich das Arbeitsverhältnis selbst dadurch nicht ändert. Die Erstreckung gilt jedoch nicht mehr für den Zeitraum der Verlängerung.
Quelle: BRAK online, Meldung v. 4.6.2025 (lb)
Fundstelle(n):
YAAAJ-92835