Instanzenzug: LG Erfurt Az: 8 KLs 830 Js 32159/22nachgehend Az: 2 StR 320/24 Beschluss
Gründe
1Das Landgericht hat die Angeklagten D. und E. wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln „in nicht geringer Menge“ in neun Fällen sowie wegen „unerlaubten“ Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen zu Gesamtfreiheitsstrafen von zwölf Jahren bzw. von zwölf Jahren und sechs Monaten verurteilt. Den Angeklagten P. hat es wegen Beihilfe zum bandenmäßigen Handeltreiben mit Betäubungsmitteln „in nicht geringer Menge“ in Tateinheit mit „unerlaubtem“ Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in neun Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt. Zudem hat es Einziehungsentscheidungen getroffen. Die dagegen gerichteten, auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revisionen der Angeklagten haben in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen erweisen sie sich als unbegründet.
I.
2Nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen wickelten die Angeklagten von September 2020 bis November 2020 unter Verwendung des Krypto-Messenger-Dienstes Sky ECC Drogengeschäfte ab. Zwischen dem 19. und dem schlossen sie sich zusammen, um sich durch wiederholte An- und Verkäufe von Marihuana im mittleren zweistelligen Kilobereich eine fortlaufende Einnahmequelle von einiger Dauer und erheblichem Umfang zu verschaffen. „Kopf“ der Bande war der Angeklagte E. , der über die erforderlichen Kontakte in die Rauschgiftszene verfügte, die Betäubungsmittellieferungen organisierte und den beiden anderen Anweisungen gab. Dessen „rechte Hand“ war der Angeklagte D. , der vor allem für die Bunkerhaltung und Weiterveräußerung des Marihuanas zuständig war. Der von D. angeworbene Angeklagte P. war als Kurierfahrer und gelegentlich auch bei der Portionierung und Lagerung des Marihuanas unterstützend tätig.
3In neun Fällen (Fälle II.2 bis 4 und II.6 bis 11 der Urteilsgründe) handelten die drei Angeklagten so gemeinsam mit Marihuana, die Drogengeschäfte in den Fällen II.1 der Urteilsgründe (95 kg Marihuana) und II.5 der Urteilsgründe (4 kg Methamphetamin) wickelten die Angeklagten D. und E. ohne den Angeklagten P. außerhalb der Bandenabrede ab.
II.
41. Die Verfahrensrügen bleiben aus den Gründen der Zuschrift des Generalbundesanwalts ohne Erfolg.
52. Die Sachrügen erzielen den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg.
6a) Auf die Sachrügen hin sind die Schuldsprüche – mit Ausnahme des Falles II.5 der Urteilsgründe, der den Handel mit Methamphetamin zum Gegenstand hat – zu ändern, weil am das Konsumcannabisgesetz (KCanG; BGBl. I Nr. 109) in Kraft getreten ist, das den Umgang mit Konsumcannabis abschließend regelt (vgl. BT-Drucks. 20/8704, S. 130) und nach § 2 Abs. 3 StGB i.V.m. § 354a StPO als das mildere Recht bei der Revisionsentscheidung zu berücksichtigen ist. Denn das Landgericht hat hinsichtlich der Angeklagten D. und E. in den Fällen II.2 bis 4 und II.6 bis 11 der Urteilsgründe den Regelstrafrahmen des § 30a Abs. 1 BtMG, im Fall II.1 der Urteilsgründe den Regelstrafrahmen des § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG angewandt, die einen höheren Strafrahmen vorsehen als die nunmehr anwendbaren § 34 Abs. 4 Nr. 3 KCanG bzw. § 34 Abs. 3 Satz 1 und 2 Nr. 4 KCanG. Das Handeltreiben mit Cannabis „in nicht geringer Menge“ im Fall II.1 der Urteilsgründe ist im Schuldspruch nicht zum Ausdruck zu bringen, weil es sich insoweit – anders als im Fall des § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG – nicht um ein Qualifikationsmerkmal, sondern um ein Regelbeispiel eines besonders schweren Falles im Sinne von § 34 Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 KCanG handelt. Was den Angeklagten P. anbelangt, gilt das gleiche hinsichtlich der Beihilfe zum bandenmäßigen Handeltreiben mit Cannabis und des tateinheitlich verwirklichten Besitzes von Cannabis „in nicht geringer Menge“.
7Der Senat ändert die Schuldsprüche entsprechend ab. § 265 Abs. 1 StPO steht dem nicht entgegen, weil sich die Angeklagten nicht wirksamer als geschehen hätten verteidigen können.
8b) In den Strafaussprüchen zu den Fällen II.1 bis 4 und II.6 bis 11 der Urteilsgründe kann das angefochtene Urteil infolge der gegenüber der bisherigen Rechtslage deutlich niedrigeren Strafrahmen keinen Bestand haben. Der Senat kann nicht ausschließen, dass das Landgericht bei Anwendung des Konsumcannabisgesetzes mildere Strafen verhängt hätte.
9Die Aufhebung der Einzelstrafen bedingt auch die Aufhebung der Gesamtstrafen. Die jeweils zugehörigen Feststellungen haben Bestand (§ 353 Abs. 2 StPO) und können um ihnen nicht widersprechende ergänzt werden.
10c) Die Einziehungsentscheidungen weisen keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten auf und bleiben bestehen.
Menges Appl Meyberg
Lutz Herold
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2025:070125B2STR320.24.0
Fundstelle(n):
VAAAJ-91757