Umsatzsteuer | Persönliches Budget und Umsatzsteuerfreiheit (BFH)
Betreuungs- oder Pflegeleistungen können gemäß § 4 Nr. 16 Satz 1
Buchst. l UStG in der bis zum geltenden Fassung (nunmehr § 4 Nr. 16
Satz 1 Buchst. n UStG) auch aufgrund einer mittelbaren Kostentragung steuerfrei
sein, wenn sie zwar aus dem Persönlichen Budget bestritten werden, dessen
Bewilligung aber in Bezug auf die Person des Leistungserbringers eine explizite
Entscheidung des Kostenträgers im Sinne einer Anerkennung zur
Leistungserbringung erkennen lässt (Abgrenzung zu Abschn. 4.16.3. Abs. 2 UStAE:
; veröffentlicht am
).
Hintergrund: Nach § 4 Nr. 16 Satz 1 Buchst. l UStG in der in den Streitjahren geltenden Fassung (nunmehr § 4 Nr. 16 Satz 1 Buchst. n UStG) sind steuerfrei die mit dem Betrieb von Einrichtungen zur Betreuung oder Pflege körperlich, geistig oder seelisch hilfsbedürftiger Personen eng verbundenen Leistungen, die von Einrichtungen erbracht werden, bei denen im vorangegangenen Kalenderjahr die Betreuungs- oder Pflegekosten in mindestens 25 % der Fälle von den gesetzlichen Trägern der Sozialversicherung oder der Sozialhilfe oder der für die Durchführung der Kriegsopferversorgung zuständigen Versorgungsverwaltung einschließlich der Träger der Kriegsopferfürsorge ganz oder zum überwiegenden Teil vergütet worden sind.
Sachverhalt: Die Klägerin, eine KG bot in den Streitjahren 2013 bis 2016 Leistungen in Form von ambulanten Hilfen als pädagogische Fachleistungen bzw. Assistenzleistungen für Menschen mit psychischen Erkrankungen, Suchterkrankungen oder geistiger Behinderung in zwei Wohngebäuden für deren Bewohner an. Ihre Leistungen erbrachte die Klägerin ausschließlich auf Grundlage von Verträgen, die sie mit den Bewohnern abgeschlossen hatte.
Hierfür beantragten die Bewohner die Ausführung von Leistungen zur Teilhabe in Form eines sog. Persönlichen Budgets im Sinne des § 17 Abs. 2 Satz 1 SGB IX a.F. Der hierfür zuständige Leistungsträger, ein Landeswohlfahrtsverband (LWV), schloss mit den Bewohnern Zielvereinbarungen ab, die jeweils unter Angabe des Unterstützungsbedarfs Berechnungen für die Höhe und die Zusammensetzung des Persönlichen Budgets enthielten. Bei Nichteinhaltung der vereinbarten Ziele musste das Geld von den Bewohnern an den LWV zurückgezahlt werden. Die Entgelte für die von der Klägerin erbrachten Leistungen, deren Höhe sich nach der gegenüber den Bewohnern erfolgten Bewilligung durch den LWV richtete, stellte die Klägerin den Bewohnern unabhängig von der tatsächlichen Erreichung der in den mit dem LWV geschlossenen Vereinbarungen genannten Ziele in Rechnung. Das FA lehnte eine Steuerbefreiung der Umsätze der Klägerin ab. Die hiergegen gerichtete Klage hatte in erster Instanz keinen Erfolg (; s. hierzu unsere Online-Nachricht v. 21.1.2022).
Die Richter des BFH hoben das Urteil auf und wiesen die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurück:
Eine mittelbare Kostentragung aufgrund einer expliziten Entscheidung der in § 4 Nr. 16 Satz 1 Buchst. l UStG genannten Träger kann nicht nur dann vorliegen, wenn - wie in den bislang von der Rechtsprechung entschiedenen Fällen - ein von diesen Trägern unmittelbar beauftragter Leistungserbringer seinerseits einen Subunternehmer beauftragt, sondern auch dann, wenn eine Beauftragung - dann über die Leistungsempfängerseite - durch die von dieser Vorschrift begünstigte Person vorliegt.
Daher sind entgegen dem Urteil des FG auch aus dem Persönlichen Budget (§ 17 Abs. 1 Satz 1 SGB IX a.F., nunmehr § 29 Abs. 1 Satz 1 SGB IX) bestrittene Leistungen für die Bemessung der Mindestvergütungsquote des § 4 Nr. 16 Satz 1 Buchst. l UStG zu berücksichtigen, wenn eine solche explizite Entscheidung der in dieser Vorschrift genannten Träger vorliegt.
Für den Fall, dass Abschn. 4.16.3. Abs. 2 UStAE dahingehend zu verstehen sein sollte, dass eine Vergütung der Betreuungs- oder Pflegeleistungen aus Geldern des Persönlichen Budgets als mittelbare Vergütung ausnahmslos und damit auch im Falle einer expliziten Entscheidung des Kostenträgers nicht in die Ermittlung der Mindestvergütungsquote einzubeziehen ist, schließt sich der erkennende Senat dem nicht an.
Die Sache ist an das FG zurückzuverweisen, da der Senat die vom FG unterlassene tatsächliche Würdigung, ob die Übernahme der von der Klägerin den Bewohnern in Rechnung gestellten Kosten auf einer expliziten Entscheidung eines in § 4 Nr. 16 Satz 1 Buchst. l UStG genannten Trägers beruht, nicht nachholen kann.
Quelle: ; NWB Datenbank (il)
Fundstelle(n):
PAAAJ-91357