Gesetze: § 44a S 1 VwGO, § 133 Abs 2 S 1 VwGO, § 133 Abs 3 S 1 VwGO, § 60 Abs 1 VwGO
Instanzenzug: Oberverwaltungsgericht für das Land Mecklenburg-Vorpommern Az: 3 LB 408/20 OVG Beschlussvorgehend VG Schwerin Az: 7 A 2280/18 SN Urteil
Gründe
1Die Beschwerde ist zulässig (1.) und begründet (2.).
21. Die Nichtzulassungsbeschwerde gegen den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom ist zulässig, obwohl sie weder innerhalb eines Monats nach der am erfolgten Zustellung des Beschlusses an den Kläger von dessen Prozessbevollmächtigtem eingelegt noch innerhalb von zwei Monaten begründet worden ist, weshalb die Fristen nach § 133 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 VwGO versäumt worden sind. Dem Kläger ist insoweit nach § 60 Abs. 1 VwGO Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.
3Der Kläger war ohne Verschulden verhindert, die Fristen für die Einlegung und Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde einzuhalten, weil über seinen innerhalb der Einlegungsfrist gestellten Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts erst nach Ablauf der Einlegungs- und der Begründungsfrist entschieden worden ist (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom - 1 B 23.11 - juris Rn. 2 und vom - 9 B 19.19 - juris Rn. 2).
4Der Kläger hat auch fristgerecht nach Wegfall des Hindernisses Wiedereinsetzung beantragt und die versäumten Rechtshandlungen nachgeholt. Das Hindernis für die Einlegung und Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde ist mit der Zustellung des Beschlusses vom - 9 PKH 1.24 -, mit dem der Senat dem Kläger Prozesskostenhilfe bewilligt und ihm seinen Prozessbevollmächtigten beigeordnet hat, am entfallen (vgl. 9 B 19.19 - juris Rn. 3 m. w. N.). Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat am und damit binnen zwei Wochen gemäß § 60 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1, Satz 3 VwGO beim Oberverwaltungsgericht die Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt und Wiedereinsetzung beantragt. Vor der Entscheidung über diesen Wiedereinsetzungsantrag hat er am Montag, den und damit innerhalb von zwei Monaten seit Zustellung des Prozesskostenhilfebeschlusses die Beschwerde unter Beantragung von Wiedereinsetzung auch gegen die Versäumung der Begründungsfrist begründet. Auch dies ist als fristgerecht anzusehen. Dem steht nicht entgegen, dass nach § 60 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2, Satz 3 VwGO für den Fall der Versäumung der Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde eine Frist von einem Monat für die Nachholung der Rechtshandlung vorgesehen ist. Denn für den Fall, dass - wie hier - das Hindernis für die Fristwahrung in der Mittellosigkeit aufgrund eines nicht verbeschiedenen Prozesskostenhilfeantrags liegt, muss nach Wegfall dieses Hindernisses die volle Rechtsmittelbegründungsfrist wieder eröffnet sein, um eine nicht gerechtfertigte Schlechterstellung von mittellosen Rechtsschutzsuchenden gegenüber bemittelten Beteiligten zu vermeiden und die verfassungsrechtlich gebotene Rechtsschutzgleichheit (Art. 3 Abs. 1 i. V. m. Art. 19 Abs. 4 GG) zu gewährleisten (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom - 9 B 19.19 - juris Rn. 5 und <zu § 60 Abs. 2 a. F.> vom - 3 B 137.01 - NVwZ 2002, 992 m. w. N.; Hoppe, in: Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 60 Rn. 38; Bier/Steinbeiß-Winkelmann, in: Schoch/Schneider, VwGO, Stand August 2024, § 60 Rn. 65; vgl. aber auch 3 B 14.23 - juris Rn. 9 f., wonach gegen diese Auslegung Bedenken bestünden, aber jedenfalls von Amts wegen Wiedereinsetzung in die Wiedereinsetzungsfrist gewährt werden müsste). Damit stand dem Kläger eine zweimonatige Begründungsfrist (§ 133 Abs. 3 Satz 1 VwGO) seit Wegfall des Hindernisses zu, die vorliegend eingehalten worden ist.
52. Die Beschwerde ist auch begründet. Die Revision ist gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen. Denn sie kann zur Klärung der Frage beitragen, ob eine Klage gegen die Erhebung eines Kostenvorschusses, von dem die (weitere) sachliche Bearbeitung eines Antrags abhängig gemacht wird, gemäß § 44a Satz 1 VwGO ausgeschlossen ist.
63. Die vorläufige Streitwertfestsetzung für das Revisionsverfahren beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 3, § 63 Abs. 1 Satz 1 GKG und entspricht der Wertfestsetzung des Oberverwaltungsgerichts im Beschluss vom .
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BVerwG:2025:020425B9B72.24.0
Fundstelle(n):
LAAAJ-91354