Suchen
BGH Beschluss v. - I ZR 132/23

Gesetze: § 552a ZPO, § 130 VGG

Instanzenzug: Az: 38 Sch 81/21 WG

Gründe

1I. Der Kläger ist ein Verband, der die Interessen deutscher Varietétheater vertritt und über den Abschluss urheberrechtlicher Gesamtverträge verhandelt. Die Beklagte ist eine Verwertungsgesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte, die auf der Grundlage mit Komponisten, Textdichtern und Musikverlegern sowie ausländischen Verwertungsgesellschaften geschlossener Wahrnehmungsverträge die an Musikwerken bestehenden Urheber- und Leistungsschutzrechte wahrnimmt.

2Nach Durchführung des Einigungsverfahrens vor der Schiedsstelle beim Deutschen Patent- und Markenamt haben die Parteien mit wechselseitigen Anträgen die Festsetzung eines Gesamtvertrags durch das Oberlandesgericht beantragt. In der vom Oberlandesgericht vorgenommenen Festsetzung, die einen Gesamtvertragsrabatt vorsieht, ist die von der Beklagten begehrte Regelung nicht enthalten, dass bei Bestreiten der gesamtvertraglich vereinbarten Tarife und der Einleitung von Verfahren vor der Schiedsstelle oder ordentlichen Gerichten kein Anspruch auf die Einräumung des Gesamtvertragsrabatts besteht.

3Das Oberlandesgericht hat die Revision mit Blick auf die Frage des Entfallens des Gesamtvertragsrabatts im Falle der Einleitung rechtsförmlicher Verfahren wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. Mit ihrer Revision, deren Zurückweisung der Kläger beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Festsetzung eines Gesamtvertrags weiter.

4II. Der Senat beabsichtigt, die zugelassene Revision der Beklagten durch einstimmigen Beschluss gemäß § 552a Satz 1 ZPO zurückzuweisen, weil die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nicht mehr vorliegen und die Revision keine Aussicht auf Erfolg hat.

51. Die Revision ist zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 ZPO). Die klärungsbedürftige Frage von grundsätzlicher Bedeutung, die sich dem Oberlandesgericht im vorliegenden Fall gestellt hat, ist durch die Rechtsprechung des Senats geklärt.

6a) Das Oberlandesgericht hat die Revision zur Klärung der Frage zugelassen, ob in einem Gesamtvertrag vorgesehen werden darf, dass ein eingeräumter Gesamtvertragsrabatt im Falle der Einleitung rechtsförmlicher Verfahren zur Überprüfung der Angemessenheit der vertraglichen Vergütung durch den Vertragspartner der Verwertungsgesellschaft entfällt.

7b) Die vom Oberlandesgericht als klärungsbedürftig angesehene Rechtsfrage ist durch die Rechtsprechung des Senats geklärt. Der Senat hat zwischenzeitlich entschieden, dass es mit Blick auf den gemäß Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip gemäß Art. 20 Abs. 3 GG verbürgten Justizgewährungsanspruch des Vertragspartners einer Verwertungsgesellschaft billigem Ermessen entspricht, in einem nach § 130 VGG festgesetzten Gesamtvertrag auf eine Regelung zu verzichten, die den Wegfall des Gesamtvertragsrabatts bei Einleitung behördlicher oder gerichtlicher Verfahren zur Überprüfung der Angemessenheit der vertraglichen Vergütung durch den Vertragspartner vorsieht (, juris Rn. 91 - Gesamtvertrag Kabelweitersendung).

8c) Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision lagen daher zwar im Zeitpunkt der Entscheidung des Oberlandesgerichts vor, sind jedoch aufgrund der Entscheidung des Senats "Gesamtvertrag Kabelweitersendung" vom zwischenzeitlich entfallen. Dieser Fall wird vom Regelungsbereich des § 552a ZPO erfasst. Maßgeblich für die Beurteilung nach § 552a ZPO, ob die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision vorliegen, ist der Zeitpunkt der Entscheidung des Revisionsgerichts (vgl. , GRUR 2005, 448 [juris Rn. 7] = WRP 2005, 508 - SIM-Lock II).

92. Die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg.

10a) Das Oberlandesgericht hat die im Zeitpunkt seiner Entscheidung klärungsbedürftige Rechtsfrage in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs beantwortet.

11b) Soweit sich die Revision gegen weitere Festsetzungen im Gesamtvertrag wendet, ist sie unzulässig, weil das Oberlandesgericht die Revision nur zur Klärung der Frage zugelassen hat, ob in einem Gesamtvertrag vorgesehen werden darf, dass ein eingeräumter Gesamtvertragsrabatt im Falle der Einleitung rechtsförmlicher Verfahren zur Überprüfung der Angemessenheit der vertraglichen Vergütung durch den Vertragspartner der Verwertungsgesellschaft entfällt.

12Zwar enthält der Entscheidungssatz des angegriffenen Urteils keine Beschränkung der Revisionszulassung. In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist jedoch anerkannt, dass sich eine Eingrenzung der Zulassung der Revision auch aus den Entscheidungsgründen ergeben kann. Die bloße Angabe des Grundes für die Zulassung der Revision reicht grundsätzlich nicht, um von einer nur beschränkten Zulassung des Rechtsmittels auszugehen. Von einer beschränkten Zulassung der Revision ist aber auszugehen, wenn die Zulassung wegen einer bestimmten Rechtsfrage ausgesprochen wird, die lediglich für die Entscheidung über einen selbständigen Teil des Gesamtstreitstoffs erheblich sein kann (st. Rspr.; vgl. nur , GRUR 2019, 522 [juris Rn. 9] = WRP 2019, 749 - SAM; Beschluss vom - I ZR 91/18, juris Rn. 3, jeweils mwN).

13Ein solcher Fall liegt hier vor. Die vom Oberlandesgericht in den Entscheidungsgründen als klärungsbedürftig angesehene Frage, ob in einem Gesamtvertrag vorgesehen werden darf, dass ein eingeräumter Gesamtvertragsrabatt im Falle der Einleitung rechtsförmlicher Verfahren entfällt, betrifft einen selbständigen Teil des Gesamtstreitstoffs, weil dieser Gesichtspunkt nicht in einem inhaltlichen oder redaktionellen Zusammenhang mit den übrigen Bestimmungen des Gesamtvertrags steht (vgl. , GRUR 2017, 161 [juris Rn. 109] = WRP 2017, 193 - Gesamtvertrag Speichermedien; Urteil vom - I ZR 27/23, juris Rn. 103 - Gesamtvertrag Kabelweitersendung).

Koch                         Löffler                         Feddersen

                Pohl                         Schmaltz

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:110924BIZR132.23.0

Fundstelle(n):
HAAAJ-91338