Instanzenzug: Az: 601 KLs 5/24
Gründe
1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen „verbotenen Handeltreibens mit Cannabis sowie wegen Beihilfe zum vorsätzlichen Besitz einer vollautomatischen Schusswaffe und zum vorsätzlichen Besitz von Munition in Tateinheit mit versuchter Freiheitsberaubung“ zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Zudem hat es unter anderem die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 1.500 Euro angeordnet. Dagegen wendet sich der Beschwerdeführer mit seiner auf die allgemeine Sachrüge gestützten Revision. Das Rechtsmittel erzielt den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen erweist es sich als unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
21. Der Schuldspruch war zu korrigieren, soweit das Landgericht das Handeln des Angeklagten im Fall 6 der Urteilsgründe als Beihilfe zum Besitz einer vollautomatischen Schusswaffe bewertet hat.
3Nach den Feststellungen versuchte der Angeklagte gemeinsam mit den beiden Mitangeklagten, den Geschädigten in ein Auto zu zwingen, um ihn an einen anderen Ort zu bringen und dort zu bedrohen. Hierzu verfolgte er den fliehenden Geschädigten gemeinsam mit einem der Mitangeklagten, der dabei sichtbar erhoben eine geladene Maschinenpistole bei sich trug.
4Das Landgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, dass der Angeklagte dieses Waffendelikt förderte, indem er die beiden anderen Angeklagten durch seine Präsenz und seine erklärte Mitwirkungsbereitschaft in ihrem Handeln bestärkte. Hinsichtlich der Haupttat ist es neben dem unerlaubten Besitz von Munition jedoch unzutreffend vom bloßen Besitz einer vollautomatischen Schusswaffe ausgegangen. Denn insoweit hatte der Mitangeklagte die tatsächliche Gewalt über die Waffe außerhalb der eigenen Wohnung ausgeübt und sie folglich geführt (siehe Anlage 1 zu § 1 Abs. 4 WaffG, Abschnitt 2 Ziffer 4). Das Führen verdrängt in diesem Fall die Umgangsform des Besitzes (vgl. BGH, Beschlüsse vom – 3 StR 353/22; vom – 5 StR 197/15, NStZ 2015, 529). Im Schuldspruch für den Mitangeklagten hat die Strafkammer dies auch selbst berücksichtigt.
5Der Senat hat den Schuldspruch daher in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO neu gefasst. Dem stand § 265 Abs. 1 StPO nicht entgegen, weil sich der Angeklagte nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können. Entsprechend dem Antrag des Generalbundesanwalts konnte zudem der Zusatz der vorsätzlichen Begehung der Waffendelikte (§ 15 StGB), im Fall 4 der Urteilsgründe überdies die Bezeichnung des strafbaren Handeltreibens mit Cannabis als „verboten“ entfallen (vgl. Rn. 6).
62. Die Einzelstrafe für Fall 6 bleibt durch die Änderung des Schuldspruchs unberührt, da auszuschließen ist, dass die Strafkammer bei zutreffender rechtlicher Bewertung auf eine geringere Einzelstrafe erkannt hätte.
73. Dagegen kann die im Fall 4 der Urteilsgründe verhängte Einzelstrafe keinen Bestand haben, da der Zumessung ein unzutreffender Strafrahmen zugrunde gelegt wurde. Nach den Feststellungen verwahrte der Angeklagte in einer ihm durch Mittäter zur Verfügung gestellten Wohnung mindestens ein Kilogramm Marihuana und übergab dieses später an einen Erwerber. Das Landgericht hat die Strafe § 34 Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 KCanG entnommen, der für besonders schwere Fälle des Handeltreibens mit Cannabis Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren vorsieht. Ausweislich der Urteilsgründe ist die Strafkammer jedoch fälschlich davon ausgegangen, dass diese Norm eine Freiheitsstrafe von nicht unter einem Jahr androht. Der Senat kann nicht ausschließen, dass das Landgericht von der zutreffenden Strafdrohung ausgehend zu einer niedrigeren Strafe gelangt wäre. Die Aufhebung der Einzelstrafe entzieht dem Ausspruch über die Gesamtstrafe die Grundlage. Die zugrundeliegenden Feststellungen sind von dem Rechtsfehler nicht betroffen und können bestehen bleiben (§ 353 Abs. 2 StPO).
84. Der Ausspruch zur Einziehung des Wertes von Taterträgen unterliegt ebenfalls der Aufhebung. Die maßgebliche Feststellung, wonach der Angeklagte im Fall 4 als Entlohnung 1.500 Euro erhalten hat, ist nicht beweiswürdigend unterlegt. So wird hierzu nur mitgeteilt, dass insoweit „auf Grundlage der Inhalte der eingeführten Chatkommunikation geschätzt“ worden sei. Damit hat das Landgericht verkannt, dass allein der Umfang und der Wert des Erlangten einer Schätzung nach § 73d Abs. 2 StGB zugänglich sind, nicht aber die Frage, ob dem Angeklagten tatsächlich etwas zugeflossen ist (§ 73 Abs. 1 StGB). Auf welcher Basis sich die Strafkammer davon überzeugt hat, dass eine Belohnung gleich welcher Höhe dem Angeklagten tatsächlich so zugeflossen ist, dass er hierüber faktische Verfügungsgewalt erlangte, wird aus den Urteilsgründen jedoch nicht deutlich.
9Im Übrigen wird nicht erkennbar, auf welcher Grundlage die Strafkammer den Umfang und den Wert des Erlangten geschätzt hat. Es bleibt offen, ob und gegebenenfalls welche der in den Urteilsgründen wiedergegebenen Chatverläufe hierfür maßgeblich gewesen sein sollen. Die Grundlagen, auf die sich eine Schätzung nach § 73d Abs. 2 StGB stützt, müssen jedoch festgestellt und erwiesen sein sowie im Urteil mitgeteilt werden (vgl. hierzu BGH, Beschlüsse vom – 3 StR 501/18, NStZ-RR 2019, 142 mwN; vom – 5 StR 506/23).
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2025:220425B5STR755.24.0
Fundstelle(n):
GAAAJ-90777