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Online-Nachricht - Freitag, 02.05.2025

Einkommen-/Gewerbesteuer | Missbräuchliche Inanspruchnahme eines abkommensrechtlichen Schachtelprivilegs (BFH)

Der BFH hat zur missbräuchlichen Inanspruchnahme des Schachtelprivilegs des DBA-Luxemburg 1958/2009 durch eine KGaA entschieden, die sich einer wirtschaftlich weitgehend funktionslosen Luxemburger Tochtergesellschaft bedient, mit der sie durch mehrere kurzfristig hintereinandergeschaltete Rechtsakte (Gesellschafterdarlehen, Darlehensverzicht, Gewinnausschüttung) "künstlich" Dividenden erzeugt. § 15b EStG (Verluste im Zusammenhang mit Steuerstundungsmodellen) findet im Bereich der Gewerbesteuer keine Anwendung (; veröffentlicht am ).

Sachverhalt: Die Beteiligten streiten über die Anwendbarkeit des sog. Schachtelprivilegs des DBA Luxemburg (BGBl II 1959, 1270, BStBl I 1959, 1023), zuletzt geändert durch das Protokoll vom (BGBl II 2010, 1151, BStBl I 2011, 838) - DBA-Luxemburg 1958/2009 auf Ausschüttungen einer Luxemburger Kapitalgesellschaft an eine inländische KGaA. Streitjahre sind die Jahre 2011 und 2012:

Die Klägerin ist eine KGaA, die am gegründet wurde. Kurz nach Tätigkeitsbeginn der KGaA gründete sie die G-SARL mit Sitz in Luxemburg als Tochtergesellschaft. Die KGaA hielt als Muttergesellschaft im Kalenderjahr 2011 und bis zum Verkauf der SARL im Dezember 2012 zu 100 % eine Beteiligung an der SARL als Tochter.

Mit Vertrag v. sowie v. gewährte die KGaA ihrer Tochter zwei Darlehen. Das Kapital für die Darlehen stammte aus Sondereinlagen der Kommanditisten der Klägerin. Mit Erlassvertrag v. bzw. v. verzichtete die KGaA gegenüber der G-SARL auf die Rückzahlung der Darlehen. Mit dem Verzicht auf die Darlehensforderungen buchte die KGaA den ursprünglichen Forderungsbetrag gegenüber der Tochter auf die Anschaffungskosten der Beteiligung um. Hierdurch erhöhten sich die ursprünglichen Anschaffungskosten.

Die G-SARL löste die Verbindlichkeiten in beiden Jahren auf und erfasste die Beträge in ihrer Handelsbilanz jeweils als Ertrag. Sie erstellte auf den eine Zwischenbilanz, aus der sich ein Jahresüberschuss (entspricht der Darlehenssumme) ergab. Auf der Grundlage dieser Zwischenbilanz schüttete sie per Gesellschafterbeschluss v. am den Betrag von … € an die Klägerin aus. Diese erfasste die Ausschüttungen jeweils als Erträge aus Beteiligung.

Da die SARL nach erfolgter Ausschüttung zum Bilanzstichtag über kein nennenswertes Kapital mehr verfügte, korrigierte die Klägerin den Beteiligungsansatz und verbuchte eine entsprechende Teilwertabschreibung.

Am veräußerte die Klägerin die Beteiligung an der G-SARL. Sie buchte die Beteiligung als Abgang aus dem Anlagevermögen mit einem Wert von … € aus (Veräußerungsverlust).

Das FA setzte den Gewerbesteuermessbetrag der Klägerin für den Erhebungszeitraum 2011 unter Zugrundelegung eines Gewerbeertrags von ./. … € auf 0 € fest; den vortragsfähigen Gewerbeverlust für 2011 stellte das FA gesondert mit ./. … € fest. Bei der Bemessung des Gewerbeertrags mit ./. … € ging das FA von einem Gewinn der Klägerin aus Gewerbebetrieb von … € und einem nach § 8 Nr. 4 GewStG hinzuzurechnenden Gewinnanteil der persönlich haftenden Gesellschafterin von ./. … € aus.

Für den Erhebungszeitraum 2012 setzte das FA ‑ unter Annahme eines Gewerbeertrags von … € nach Verlustabzug ‑ den Gewerbesteuermessbetrag der Klägerin auf … € fest; den vortragsfähigen Gewerbeverlust stellte das FA mit 0 € fest. Der Berechnung des Gewerbeertrags legte das FA einen Gewinn aus Gewerbebetrieb von … € und einen nach § 8 Nr. 4 GewStG hinzuzurechnenden Gewinnanteil der persönlich haftenden Gesellschafterin von … € zugrunde.

Die hiergegen gerichteten Klagen hatte in erster Instanz keinen Erfolg ( sowie 5 K 198/18). Nach Auffassung des FG unterfielen die Ausschüttungen der G-SARL an die Klägerin zwar als Dividenden dem Schachtelprivileg des DBA-Luxemburg 1958/2009. Jedoch liege in der rechtlichen Gestaltung der Darlehensvergabe mit anschließendem Erlass der Darlehensforderung und unmittelbar folgender Gewinnausschüttung ein Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten im Sinne von § 42 AO, weil sie ausschließlich dem Zweck gedient habe, in wirtschaftlich unangemessener Weise künstliche, steuerlich nutzbare Verluste realisieren zu können.

Die Richter des BFH wiesen die Revisionen zurück:

  • Das FG hat im Ergebnis zu Recht entschieden, dass die Ausschüttungen der G-SARL an die Klägerin, soweit sie auf den Anteil der G-KG entfallen, nur zu 40 % nach dem Teileinkünfteverfahren und nicht auch in Höhe der verbleibenden 60 % gemäß dem Schachtelprivileg des Art. 20 Abs. 2 Satz 3 i.V.m. Satz 1 DBA-Luxemburg 1958/2009 von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuern auszunehmen sind.

  • Jedoch ist der Klägerin in Bezug auf die beiden Ausschüttungen der G-SARL wegen Missbrauchs von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten nach § 42 AO die Berufung auf das Schachtelprivileg des Art. 20 Abs. 2 Satz 3 i.V.m. Satz 1 DBA-Luxemburg 1958/2009 zu versagen.

  • Grundsätzlich ist es nicht als Rechtsmissbrauch zu qualifizieren, wenn ein Steuerpflichtiger ‑‑aus welchen Gründen auch immer‑‑ zwischen sich und eine Einkunftsquelle eine in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union ansässige Kapitalgesellschaft schaltet und alle sich daraus ergebenden Konsequenzen zieht. Missbräuchlich kann die Zwischenschaltung einer ausländischen Gesellschaft aber sein, wenn sie lediglich vorübergehend erfolgt und nur zu dem Zweck bestimmt ist, anderweitig drohenden steuerlichen Belastungen zu entgehen (vgl. , BStBl II 2005, 14 und vom - I R 74, 88/04, BStBl II 2006, 118).

  • Ein solcher Sachverhalt liegt hier nach den tatsächlichen Feststellungen des FG vor.

  • Die Rechtsfolgen des § 42 Abs. 1 Satz 3 AO werden im Hinblick auf die Gewerbesteuer nicht gemäß § 42 Abs. 1 Satz 2 AO durch eine vorrangige Anwendung der einzelsteuergesetzlichen Missbrauchsvermeidungsnorm des § 15b EStG verdrängt.

Quelle: ; NWB Datenbank (il)

Fundstelle(n):
KAAAJ-90579