Instanzenzug: OLG Braunschweig Az: 11 U 186/21vorgehend LG Braunschweig Az: 7 O 3209/19
Tatbestand
1 Der Kläger ist Eigentümer und Halter eines Ultraleichtflugzeugs der Baureihe D4 BK Fascination (künftig auch: Luftsportgerät). Am schloss er mit der W.D. F. L. GmbH, vertreten durch den Geschäftsführer W. D. , einen Kaufvertrag über das Ultraleichtflugzeug zu einem Kaufpreis von 161.025,20 DM. Eine Musterzulassung lag für Flugzeuge dieser Baureihe zum damaligen Zeitpunkt nicht vor, der Kaufvertrag stand unter dem Vorbehalt der Zulassung.
2 Nachdem am die Übereinstimmung mit einem zugelassenen Muster mittels eines Stückprüfscheins bescheinigt worden war, nahm der Kläger das Ultraleichtflugzeug von der Verkäuferin ab. Der Stückprüfschein wurde durch den vorgenannten W. D. als Prüfer des D. A. C. e.V. ausgestellt. Der D. A. C. e.V. war von der Beklagten gemäß § 31c Satz 1 LuftVG in Verbindung mit § 1 Nr. 1 der Verordnung zur Beauftragung von Luftsportverbänden (BeauftrV) in der zum damaligen Zeitpunkt jeweils gültigen Fassung unter anderem mit der Erteilung von Muster- und Verkehrszulassungen von Ultraleichtflugzeugen beauftragt worden.
3 Der Stückprüfschein beruhte - dies steht in der Revisionsinstanz nicht mehr im Streit - auf fehlerhaften Wägeberichten. Die dortigen Gewichtsangaben stimmten nicht mit dem tatsächlichen Gewicht überein. Die Voraussetzungen für eine Zulassung lagen mithin nicht vor. Mit der Begründung, das Luftsportgerät überschreite das vorgeschriebene maximale Leergewicht bei Mindestausstattung, widerrief der D. A. C. e.V. mit Bescheid vom den zuletzt erteilten Nachprüfschein.
4 Der Kläger verlangt wegen eines bewussten Verstoßes gegen Zulassungsvorschriften durch den D. A. C. e.V. beziehungsweise dessen Prüfer D. von der Beklagten Schadensersatz. Er beansprucht insbesondere die Rückzahlung des Kaufpreises in Höhe von (umgerechnet) 82.330,88 € nebst Verzugszinsen sowie Deliktszinsen aus dem Kaufpreis.
5 Das Landgericht hat der Klage - nach Verwertung eines in einem Parallelverfahren eingeholten Gutachtens des Sachverständigen Dr. H. - mit Ausnahme der geltend gemachten Deliktszinsen stattgegeben. Auf die Berufungen des Klägers und der Beklagten hat das Berufungsgericht - unter Zurückweisung der weitergehenden Berufungen - das Urteil des Landgerichts teilweise abgeändert und neu gefasst. Es hat - unter Klageabweisung im Übrigen - die Beklagte verurteilt, an den Kläger 115.789,01 € nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz aus 92.389,01 € seit dem , aus 4.810,99 € seit dem und aus weiteren 18.589,01 € seit dem sowie ausgerechnete Zinsen für den Zeitraum vom bis in Höhe von 40.971,45 € zu zahlen. Des Weiteren hat es festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Kosten des Klägers für die Unterstellung des Luftsportgerätes in Höhe von monatlich 150 € bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits zu tragen.
6 Der Senat hat auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten die Revision gegen das Urteil des Oberlandesgerichts zugelassen, soweit der Kaufpreis ohne Abzug von Gebrauchsvorteilen als ersatzfähiger Schaden und Verzugs- sowie Deliktszinsen aus dem vollen Kaufpreis zuerkannt wurden. Mit ihrer Revision begehrt die Beklagte, das angefochtene Urteil im Umfang der Revisionszulassung aufzuheben und insoweit nach ihren Berufungsanträgen zu erkennen.
Gründe
7 Die Revision hat im Umfang ihrer Zulassung Erfolg. Sie führt insoweit zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
8 Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Berufungsgericht - soweit in der Revisionsinstanz noch von Bedeutung - Folgendes ausgeführt:
9 Dem Kläger stehe ein Anspruch auf Schadensersatz gegen die Beklagte aus § 839 Abs. 1 BGB in Verbindung mit Art. 34 GG wegen der fehlerhaften Stückprüfbescheinigung des Prüfers D. zu. Die Beklagte sei daher verpflichtet, dem Kläger die Schäden zu ersetzen, die diesem aufgrund des amtsmissbräuchlichen Verhaltens des Prüfers entstanden seien. Der Kaufvertrag des Klägers mit der Herstellerin habe unter dem Vorbehalt der Zulassung des Fluggeräts gestanden und wäre bei pflichtgemäßem Verhalten des Prüfers im Rahmen der Stückprüfung nicht zur Erfüllung gekommen, da die diesbezügliche Bedingung nicht eingetreten wäre.
10 Zum ersatzfähigen Schaden würden die Aufwendungen des Klägers zum Erwerb des Gerätes zählen. Allerdings sei auch im Zusammenhang mit dem Amtshaftungsanspruch aus § 839 Abs. 1 BGB, Art. 34 GG der allgemeine Grundsatz der Vorteilsausgleichung zu berücksichtigen. Insoweit habe das Landgericht grundsätzlich zutreffend diesem Umstand Rechnung getragen, indem es den Anspruch des Klägers auf Ersatz des von ihm aufgewandten Kaufpreises unter dem Vorbehalt einer Herausgabe des Luftsportgerätes, Zug um Zug gegen Zahlung des bestehenden Schadensersatzbetrags, ausgesprochen habe.
11 Soweit das Landgericht weitere Gebrauchsvorteile des Klägers nicht anspruchsmindernd berücksichtigt und ausgeführt habe, dass es an einer tauglichen Bezugsgröße fehle, aus der eine zu erwartende Lebensdauer des Luftsportgerätes verlässlich abgeleitet werden könne, sei der Senat gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 Hs. 2 ZPO an diese vom Landgericht festgestellten Tatsachen gebunden. Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der insoweit entscheidungserheblichen Feststellungen des Landgerichts begründen würden, bestünden auch unter Berücksichtigung der von der Beklagten im Rahmen der Berufungsbegründung inhaltlich gegen das Gutachten des Sachverständigen Dr. H. erhobenen Bedenken nicht. Das Gutachten sei weder in sich widersprüchlich noch unvollständig noch hätten sich die Tatsachengrundlagen geändert.
12 Zweifel würden sich auch nicht aus dem von der Beklagten vorgelegten Merkblatt 240.6 des Luftfahrt-Bundesamts ergeben, da sich dieses auf FVK Selbstbauflugzeuge und nicht - wie hier vorliegend - auf ein Luftsportgerät beziehe. Soweit die Beklagte in der Berufungsinstanz die Richtigkeit der Ausführungen des Sachverständigen Dr. H. erstmals unter Bezugnahme auf die Stellungnahme der beiden Diplom-Ingenieure T. und G. in Frage stelle, könne sie mit den diesbezüglichen Ausführungen nicht mehr gehört werden. Mit den Einwendungen gegen das Sachverständigengutachten sei die Beklagte gemäß § 531 Abs. 2 ZPO präkludiert, da weder vorgetragen noch ersichtlich sei, dass sie ohne Verschulden außerstande gewesen sei, sie erstinstanzlich zu erheben. Gelegenheit, ihre Einwendungen gegen das Sachverständigengutachten vorzubringen, hätte sie sowohl nach dem Beschluss gemäß § 411a ZPO über die Verwertung des im Parallelverfahren erstatteten Gutachtens des Sachverständigen als auch nach der mündlichen Verhandlung gehabt.
13 Dem Kläger stehe auch ein Anspruch auf Deliktszinsen aus § 849 BGB zu. Ihm sei zum Zeitpunkt der Nachprüfung am und der dabei festgestellten Abweichung des Leergewichts von dem bei der Erstwägung ermittelten Leergewicht bewusst gewesen, dass das von ihm erworbene Luftsportgerät nicht lufttüchtig gewesen sei, so dass ihm jedenfalls ab diesem Zeitpunkt ein Anspruch auf Deliktszinsen in Höhe von 4% gemäß § 246 BGB auf den von ihm aufgewandten Kaufpreis in Höhe von 82.330,88 € zustehe.
II.
14 Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.
15 Das Berufungsgericht hat in Einklang mit der Rechtsprechung des Senats angenommen, dass der allgemeine Grundsatz der Vorteilsausgleichung auch im Zusammenhang mit dem Amtshaftungsanspruch aus § 839 Abs. 1 BGB in Verbindung mit Art. 34 GG zu berücksichtigen ist (Senat, Urteile vom - III ZR 41/16, NVwZ-RR 2017, 579 Rn. 42; vom - III ZR 27/14, NVwZ-RR 2016, 258 Rn. 41 und vom - III ZR 93/85, NJW-RR 1987, 246, 247). Die Vorteilsanrechnung basiert hier darauf, dass der Kläger mit der fortgesetzten Nutzung des Luftsportgerätes einen geldwerten Vorteil erzielt hat (vgl. zur Vorteilsanrechnung bei fortgesetzter Nutzung eines Fahrzeugs , BGHZ 226, 322 Rn. 14 mwN). Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Entschädigung bei dem vorübergehenden Verlust der Nutzungsmöglichkeit eines Kraftfahrzeugs hinweist (vgl. etwa , BGHZ 80, 60, 62 f), übersieht er, dass es vorliegend nicht um die - gegebenenfalls nicht wahrgenommene - reine Nutzungsmöglichkeit und deren Ersatzfähigkeit als Schaden i.S.v. § 249 Abs. 1 BGB, sondern um die Anrechnung tatsächlich gezogener und - wie im Fall eines Ultraleichtflugzeuges - unzweifelhaft geldwerter Vorteile auf einen erlittenen Schaden geht. Hierauf ist die vom Kläger herangezogene Rechtsprechung nicht anwendbar.
16 Das Berufungsgericht hat Gebrauchsvorteile, die der Kläger durch die Nutzung des Luftsportgeräts gezogen hat und die sich nach der Berechnung der Beklagten (Schriftsätze vom , S. 12 und vom , S. 10) auf 8.233 € belaufen (Bruttokaufpreis 82.330,88 € x 300 Flugstunden ./. 3.000 Flugstunden), nicht anspruchsmindernd berücksichtigt. Es hat sich diesbezüglich an die Feststellungen des Landgerichts gebunden gesehen, das einen Abzug von Gebrauchsvorteilen aus tatsächlichen Gründen abgelehnt hat. Die Möglichkeit einer Schätzung der Gebrauchsvorteile hat das Berufungsgericht dabei - wie bereits das Landgericht - rechtsfehlerhaft nicht in Erwägung gezogen (1.). Außerdem hat es das rechtliche Gehör der Beklagten verletzt, indem es Ausführungen als präkludiert gewertet hat, mit denen diese gutachterliche Feststellungen des gerichtlichen Sachverständigen unter Verweis auf eine von ihr eingeholte Stellungnahme privater Sachverständiger in Frage gestellt hat (2.).
171. Die Bemessung der Höhe eines Schadensersatzanspruchs - und damit auch des auf den Schaden anzurechnenden Vorteils - ist in erster Linie Sache des nach § 287 ZPO besonders freigestellten Tatrichters (vgl. BGH, Versäumnisurteil vom - VII ZR 783/21, NJW-RR 2022, 1104 Rn. 15; Urteil vom - VI ZR 812/20, NJW-RR 2021, 1388 Rn. 11; Hinweisbeschluss vom - VIa ZR 673/23, BeckRS 2024, 8501 Rn. 14). Denn bei der Schadensschätzung steht ihm gemäß § 287 ZPO ein Ermessen zu, wobei in Kauf genommen wird, dass das Ergebnis unter Umständen mit der Wirklichkeit nicht übereinstimmt (, NJW-RR 2021, 1534 Rn. 11 und vom - VI ZR 396/18, NJW 2020, 236 Rn.13). Die tatrichterliche Bewertung kann nach allgemeinen Grundsätzen nur daraufhin überprüft werden, ob sie gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt oder sonst auf rechtsfehlerhaften Erwägungen beruht (Senat, Urteil vom - III ZR 52/12, WM 2013, 1452 Rn. 69; VIa ZR 335/21, NJW 2023, 2259 Rn. 72; vom - VIII ZR 158/11, NJW 2016, 1718 Rn. 93; vom - XII ZR 170/09, NJW 2011, 601 Rn. 21 und vom - XII ZR 109/94, BGHZ 130, 298, 303).
18 Der Tatrichter muss dabei allerdings nach pflichtgemäßem Ermessen beurteilen, ob nach § 287 ZPO nicht wenigstens die Schätzung eines Mindestschadens möglich ist, und darf eine solche Schätzung erst dann gänzlich unterlassen, wenn sie mangels jeglicher konkreter Anhaltspunkte völlig in der Luft hinge und daher willkürlich wäre (Senat, Urteil vom - III ZR 18/83, BGHZ 91, 243, 256, 257; , NJW 2013, 2584 Rn. 20; Beschluss vom - IV ZR 501/21, VersR 2022, 1608 Rn. 10). Lässt das Berufungsurteil nicht erkennen, dass sich das Berufungsgericht der freieren Stellung nach § 287 ZPO bewusst gewesen war, handelt es sich um einen Rechtsfehler, der zur Aufhebung eines Urteils in der Revisionsinstanz führen kann (vgl. Senat, Urteil vom - III ZR 153/78, NJW 1980, 1679, 1680; aaO Rn. 21; Stein/Jonas/Thole, ZPO, 23. Aufl., § 287 Rn. 55).
19 So verhält es sich hier. Dem Berufungsurteil ist nicht zu entnehmen, dass das Berufungsgericht die Möglichkeit einer Schadensschätzung in den Blick genommen hat. Es hat sich an die Feststellung des Landgerichts gebunden gesehen, es fehle an einer tauglichen Bezugsgröße, aus der eine zu erwartende Lebensdauer des Luftsportgerätes verlässlich abgeleitet werden könne. Das Landgericht hatte ausgeführt, die Berechnung des Abzugs für die gezogenen Gebrauchsvorteile könne hier nicht anhand der Lebensdauer des Flugzeugs ermittelt werden. Eine solche Möglichkeit scheide bereits deshalb aus, weil es - wie der Sachverständige Dr. H. in seiner mündlichen Anhörung ausgeführt habe - insoweit an einer verbindlichen Regelung fehle. Das Landgericht hatte zuvor gemäß § 411a ZPO ein Sachverständigengutachten verwertet, in dem an den Sachverständigen Dr. H. die Beweisfrage gerichtet worden war, ob es für das Luftfahrzeug eine "festgeschriebene maximale Betriebszeit bzw. ‚Lebensdauer‘ in Flugstunden und/oder Jahren" gebe. Die Beweiserhebung zielte mithin auf die Ermittlung der (rechtlich) zulässigen und nicht der (tatsächlich) möglichen Nutzungsdauer.
20 Mit der Möglichkeit, eine solche Lebensdauer des Ultraleichtflugzeugs zu schätzen, hat sich das Landgericht nicht auseinandergesetzt. Zwar hat es sich mit der Lebensdauer befasst und sich hierzu auf die Äußerungen des Sachverständigen in dessen Anhörung bezogen, bei sorgsamer Unterstellung und begrenzter Belastung durch einen ausgebildeten Piloten halte das Objekt letztlich ewig. Dabei hat es jedoch übersehen, dass die unter den vorgenannten Voraussetzungen zu erreichende Lebensdauer keineswegs den einzig möglichen Anknüpfungspunkt für eine Schätzung durch den nach § 287 ZPO besonders freigestellten Tatrichter darstellt. Wäre der Sachverständige etwa nach der üblichen und nicht nach der unter günstigsten Bedingungen maximal erreichbaren Nutzungsdauer entsprechender Ultraleichtflugzeuge befragt worden, erschiene es jedenfalls möglich, dass Anknüpfungspunkte für eine Schätzung zu gewinnen gewesen wären. Dementsprechend durfte eine solche Schätzung hier nicht ausnahmsweise unterbleiben. Es ist nicht ersichtlich, dass sie mangels jeglicher konkreter Anhaltspunkte völlig in der Luft hängen würde und daher willkürlich wäre.
21 Infolge der vom Landgericht fehlerhaft unterlassenen Befassung mit der Möglichkeit einer Schadensschätzung war das Berufungsgericht nicht gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 Hs. 2 ZPO an dessen Feststellungen gebunden. Vielmehr hätte es selbst eine Schadensschätzung in den Blick nehmen müssen.
222. Das Berufungsgericht hat außerdem den Anspruch der Beklagten auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt, indem es angenommen hat, die Ausführungen, mit denen diese die Feststellungen des Sachverständigen Dr. H. unter Bezugnahme auf die Stellungnahme der privaten Sachverständigen Dipl.-Ing. T. und G. in Frage gestellt hat, seien nicht mehr zu berücksichtigen. Das Gebot aus Art. 103 Abs. 1 GG, rechtliches Gehör zu gewähren, ist verletzt, wenn das Berufungsgericht neues Vorbringen unter offensichtlich fehlerhafter Anwendung des § 531 Abs. 2 ZPO nicht zur Verhandlung zulässt (Senat, Beschluss vom - III ZR 184/22, NJW-RR 2024, 199 Rn. 17; BGH, Beschlüsse vom - IX ZR 214/19, NJW-RR 2021, 56 Rn. 19; vom - XI ZR 9/18, NJW 2019, 2080 Rn. 11; vom - VII ZR 40/15, BeckRS 2016, 8184 Rn. 9 und vom - VII ZR 53/13, NJW-RR 2015, 1109 Rn. 9). Dies ist vorliegend der Fall. Selbst wenn es sich um ein neues Angriffs- und Verteidigungsmittel gehandelt hätte, wäre dieses zuzulassen gewesen, da seine Geltendmachung in zweiter Instanz nicht auf Nachlässigkeit beruhte, § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO.
23 Es entspricht ständiger Rechtsprechung, dass eine Partei nicht grundsätzlich verpflichtet ist, bereits in erster Instanz Einwendungen gegen ein Gerichtsgutachten unter Beifügung eines Privatgutachtens oder gestützt auf sachverständigen Rat vorzubringen (, BGHZ 164, 330, 335 und vom - VI ZR 199/03, BGHZ 159, 245, 253 mwN; Beschlüsse vom aaO Rn. 10; vom aaO Rn. 12 und vom - VII ZR 279/05, NJW 2007, 1531 Rn. 10). Die Beklagte hat nach dieser Maßgabe entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht die bei Führung des Verfahrens bestehende Sorgfaltspflicht verletzt, indem sie detaillierte Einwendungen gegen das Gutachten des Sachverständigen Dr. H. erst in zweiter Instanz nach Einholung sachverständigen Rats vorgebracht hat. Sie hat in erster Instanz ein Merkblatt vorgelegt, das sich zwar nicht auf das konkrete Muster bezieht, aber nach ihrem Vorbringen in und nach der mündlichen Anhörung des Sachverständigen entsprechend auf dieses anwendbar ist. Zu darüberhinausgehenden fachkundigen Einwendungen war die Beklagte erst mithilfe sachverständigen Rats in der Lage, den sie in erster Instanz noch nicht einholen musste.
III.
24 Das angefochtene Urteil ist im Umfang der Revisionszulassung aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da der Rechtsstreit nicht zur Endentscheidung reif ist, ist die Sache insoweit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Dieses wird bei seiner Entscheidung zu berücksichtigen haben, dass sich eine etwaige schadensmindernde Anrechnung von Gebrauchsvorteilen auch auf die Höhe der Verzugs- und der Deliktszinsen auswirkt. Es wird bei einer etwaigen Neufassung des Tenors des Urteils des Landgerichts zudem zu beachten haben, dass die dortige Verurteilung zur Zahlung Zug um Zug gegen Herausgabe des Luftsportgerätes im Tenor gegebenenfalls klarstellend zu übernehmen ist (vgl. Seite 25 des angefochtenen Urteils).
Remmert Arend Böttcher
Kessen Liepin
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2025:100425UIIIZR431.23.0
Fundstelle(n):
HAAAJ-90528