Suchen
BGH Urteil v. - 2 StR 454/24

Instanzenzug: Az: 2 StR 454/24 Beschlussvorgehend LG Limburg Az: 2 Ks - 2 Js 54963/23

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Bedrohung zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und neun Monaten verurteilt. Hiergegen wenden sich der Angeklagte und der Nebenkläger mit ihren auf die Verletzung materiellen Rechts gestützten Revisionen. Die Revision des Angeklagten, und die Revision des Nebenklägers – insoweit zugunsten des Angeklagten – führen zur weitgehenden Aufhebung des Urteils; soweit das Rechtsmittel des Nebenklägers zuungunsten des Angeklagten eingelegt ist, hat es keinen Erfolg.

I.

21. Nach den Feststellungen des Landgerichts bestanden zwischen dem Angeklagten und dem Nebenkläger seit Mitte Juni 2022 Spannungen, die sich in der Folgezeit mit wechselseitigen Strafanzeigen vertieften. Die Abneigung des Angeklagten gegenüber dem Nebenkläger verdichtete sich derart, dass er sich gedanklich mit dessen Tötung auseinandersetzte.

3a) Am gegen 14.30 Uhr war der Angeklagte zu Fuß auf einem parallel zur Ortsstraße verlaufenden Feldweg unterwegs. Er führte ein Messer mit einer Klingenlänge von etwa 8 cm mit sich. Der Nebenkläger, der sich mit seiner Lebensgefährtin auf dem Rückweg von seiner Arbeitsstätte befand, kam dem Angeklagten in seinem Pkw entgegen. Beide erkannten sich sofort. Der Nebenkläger näherte sich dem Angeklagten mit einer Fahrgeschwindigkeit zwischen 20 km/h und 30 km/h. Der Angeklagte war deswegen wütend, zumal der Nebenkläger bereits eine Woche zuvor an ihm auf diesem Feldweg, der lediglich von landwirtschaftlich genutzten Fahrzeugen befahren werden durfte, knapp vorbeigefahren war, was er als provokant empfunden hatte.

4Wegen des erneuten dichten Vorbeifahrens fühlte sich der Angeklagte vom Fahrzeug des Nebenklägers bedrängt und von ihm provoziert. Vor Wut schlug er gegen den linken Außenspiegel des vorbeifahrenden Fahrzeugs und ging weiter. Der Nebenkläger, der einen lauten Knall wahrgenommen hatte, fuhr noch etwa zwei bis drei Meter weiter, hielt das Fahrzeug an, begab sich in Richtung des Fahrzeughecks und schrie in Richtung des Angeklagten.

5Der Angeklagte empfand die Rufe des Nebenklägers als weitere Provokation und Beleidigung. Er entschloss sich, das mitgeführte Messer gegen den Nebenkläger einzusetzen, um ihm eine Lektion zu erteilen. Schnellen Schrittes lief er auf den Nebenkläger zu, brachte ihn zu Fall und stach dabei zweimal mit dem Messer linksseitig auf ihn ein. Der Angeklagte erkannte dabei, „dass der Nebenkläger tödliche Verletzungen davontragen konnte, was ihm im Moment des Zustechens jedoch gleichgültig war“.

6Der Angeklagte sah nun, dass der Nebenkläger einen Stomabeutel trug. Um ihn zu demütigen, riss er den Beutel ab und warf ihn weg. Der Nebenkläger rief seiner auf dem Beifahrersitz sitzenden Lebensgefährtin zu, dass sie weglaufen solle, der Angeklagte habe ein Messer. Der Angeklagte, der über dem am Boden liegenden Nebenkläger stand und das Messer weiterhin in der Hand hielt, sah „die bisherige Einwirkung auf den Nebenkläger, die aus seiner Sicht noch keine zum Tode führenden Verletzungen herbeigeführt hatte[…], als eine ausreichende Lektion für das Verhalten des Nebenklägers an. Er stach nicht nochmals auf den Nebenkläger ein, obwohl ihm dies möglich gewesen wäre […], lachte […] und sagte zu ihm: ‚Jetzt warst du dran, als nächstes ist deine Alte dran!‘“.

7Der Angeklagte wandte sich sodann vom Nebenkläger ab, schaute auf dessen verängstigte, im Fahrzeug sitzende Lebensgefährtin und verließ langsamen Schrittes den Tatort in Richtung Ortschaft. Er drehte sich um und sah, dass der Nebenkläger aufgestanden war. Wenige Meter weiter drehte sich der Angeklagte erneut um, richtete die Kamera seines Mobiltelefons auf ihn und „sah erneut, dass der Nebenkläger an seinem Fahrzeug aufrecht stand“.

8Die Lebensgefährtin verständigte telefonisch den Rettungsdienst, der fünf Minuten später eintraf und den Nebenkläger notärztlich versorgte. Ohne ärztliche Hilfe wäre er innerhalb von etwa drei Stunden verblutet. Der Angeklagte hatte seinerseits zeitgleich telefonisch die Einsatzzentrale der Polizei verständigt und mitgeteilt, dass der Nebenkläger der Täter sei, er selbst kein Messer habe und sich der Pkw des Nebenklägers am Tatort befinde.

9b) Beim Angeklagten lag zum Tatzeitpunkt eine kombinierte Persönlichkeitsstörung als Voraussetzung einer schweren anderen seelischen Störung vor; diese habe bei ihm aber „keine Funktionsbeeinträchtigungen hervor gerufen, die geeignet gewesen wären, seine Fähigkeit zur Unrechtseinsicht und dieser Einsicht gemäß sein Handeln zu steuern, erheblich zu vermindern oder gar aufzuheben“.

102. Die Schwurgerichtskammer hat einen strafbefreienden Rücktritt vom unbeendeten Versuch des Mordes angenommen und das Handeln des Angeklagten unter anderem als gefährliche Körperverletzung zum Nachteil des Nebenklägers bewertet. Der Angeklagte habe weder körperliche Auswirkungen noch einen größeren Blutverlust beim Nebenkläger wahrgenommen. Der Angeklagte sei auch freiwillig zurückgetreten, da er keinem äußeren Zwang ausgesetzt gewesen sei, als er sich entschieden habe, keinen weiteren Stich gegen den Nebenkläger zu führen.

II.

Revision des Angeklagten

11Die Revision des Angeklagten führt zur weitgehenden Aufhebung des Urteils. Die Ausführungen zur Schuldfähigkeit des Angeklagten leiden an einem Darstellungsmangel und sind lückenhaft.

121. Die vom Angeklagten vorgenommene Rechtsmittelbeschränkung ist unwirksam. Der vom Angeklagten angegriffene Schuldspruch und eine mögliche Maßregelanordnung gemäß § 63 StGB sind so eng miteinander verknüpft (vgl. auch § 358 Abs. 2 Satz 3 StPO), dass das Unterbleiben der Maßregelanordnung nicht von der Anfechtung ausgenommen werden kann (vgl. , NStZ-RR 2013, 239, 240 mwN).

132. Das sachverständig beratene Landgericht hat sich den Einschätzungen des psychiatrischen Sachverständigen Prof. Dr. B. vollumfänglich angeschlossen und eine Aufhebung oder Verminderung der Einsichts- und Steuerungsfähigkeit des Angeklagten abgelehnt. Das Landgericht hat es indes schon versäumt, das abweichende Sachverständigengutachten von Dr. H., welches von einer „eingeschränkten Einsichtsfähigkeit“ des Angeklagten ausgeht, in den Urteilsgründen ausreichend darzustellen.

14a) Bei der Bewertung voneinander abweichender Gutachten ist erforderlich, dass das Tatgericht die wesentlichen Anknüpfungstatsachen und Darlegungen der Sachverständigen im Urteil wiedergibt (, NStZ 2006, 296 mwN). Es ist gehalten, die wesentlichen tatsächlichen Grundlagen, an die die Schlussfolgerungen eines Gutachtens anknüpfen, und die Schlussfolgerungen selbst wenigstens insoweit im Urteil mitzuteilen, als dies zum Verständnis der Gutachten und zur Beurteilung ihrer gedanklichen Schlüssigkeit für das Revisionsgericht erforderlich ist (, BGHSt 8, 113, 118, und vom – 4 StR 399/58, BGHSt 12, 311, 314 f.).

15b) Gemessen hieran erweisen sich die Urteilsgründe als lückenhaft. Dem Landgericht lagen zu der Frage, ob der Angeklagte im Zustand der §§ 2021 StGB gehandelt hat, zwei Sachverständigengutachten vor. Es teilt zu dem Gutachten des Sachverständigen Dr. H. mit, dass beim Angeklagten bei Tatbegehung eine schizotype Störung (ICD-10: F21) vorgelegen habe, wobei diese Diagnose von der Gruppe der Schizophrenien und der Persönlichkeitsstörungen nicht eindeutig abzugrenzen sei. Das Landgericht erörtert das Gutachten indes nur auszugsweise, so dass im Ergebnis offenbleibt, welche Ausprägungen dieses Krankheitsbild konkret aufweist und aufgrund welcher Überlegung der Sachverständige Dr. H. zu seinem Ergebnis gelangt ist, insbesondere auf Grund welcher Anknüpfungstatsachen der Sachverständige davon ausgeht, dass beim Angeklagten die Merkmale 1 bis 5, 8 und 9 der schizotypen Störung vorhanden sind.

16Die Begründung des dem Sachverständigen Prof. Dr. B. folgenden Landgerichts, wonach „die fachärztlichen psychiatrischen Leitlinien vorsehen, dass diese Diagnose bei Probanden schlichtweg nicht verwendet werden solle, da sie von anderen psychischen Erkrankungen so wenig abgrenzbar sei, dass man von ihr keinen Gebrauch machen solle“, und beim Angeklagten nach Auswertung des Fragebogens die Kriterien für eine schizotype Störung „schlichtweg“ nicht vorlägen, kann der Senat nicht nachvollziehen. So bleibt insbesondere unbeantwortet, nach welchen wissenschaftlichen Kriterien der Sachverständige vorgegangen ist und weshalb seine Methode gegenüber derjenigen des Sachverständigen Dr. H. vorzugswürdig ist. Ferner geht aus den Urteilsgründen nicht hervor, weshalb das Landgericht den ursprünglich bestellten Sachverständigen Dr. H. entpflichtet und ein weiteres Gutachten durch den Sachverständigen Prof. Dr. B. eingeholt hat. Angesichts der divergierenden Ergebnisse hätte auch dieses der Erörterung bedurft.

173. Der aufgezeigte Rechtsfehler bei der Erörterung der Voraussetzungen der §§ 2021 StGB führt hier zur Aufhebung des Schuldspruchs. Der Senat kann nicht ausschließen, dass das Urteil auf dem Darstellungsmangel beruht (§ 337 Abs. 1 StPO). Zwar ist auch der Sachverständige Dr. H. ausweislich der Urteilsgründe lediglich zu einer „eingeschränkte[n] Einsichtsfähigkeit“ des Angeklagten bei Tatbegehung gelangt und hat eine eingeschränkte Einsichtsfähigkeit nicht ohne Weiteres die Verminderung der Schuldfähigkeit zur Folge; denn bei gleichwohl vorhandener Unrechtseinsicht ist die Schuldfähigkeit nicht tangiert und führt nur die nicht vorwerfbar fehlende Unrechtseinsicht zur Straflosigkeit (vgl. , Rn. 25 mwN [insoweit in NStZ 2024, 285 nicht abgedruckt]). Es besteht aber die Möglichkeit, dass das Landgericht bei einer umfassend rechtsfehlerfreien Auseinandersetzung mit den sachverständigen Begutachtungen zu einer nicht vorwerfbar fehlenden Unrechtseinsicht des Angeklagten bei Tatbegehung gelangt wäre oder das nicht vorwerfbare Fehlen der Unrechtseinsicht jedenfalls nicht hätte ausschließen können.

184. Die Sache bedarf daher auf die Revision des Angeklagten auch zum Schuldspruch neuer Verhandlung und Entscheidung. Der Senat hebt die Feststellungen mit Ausnahme der zum äußeren Tatgeschehen getroffenen mit auf, um dem neuen Tatgericht insgesamt widerspruchsfreie neue Feststellungen zu ermöglichen.

19Das neue Tatgericht wird insbesondere auf der Grundlage neu getroffener gutachterlicher Erwägungen zur Schuldfähigkeit eine in sich stimmige Prüfung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit des Angeklagten vorzunehmen haben. Dabei wird es – näher als bislang geschehen – auch das Tatmotiv des Angeklagten und dessen Nachtatverhalten in den Blick zu nehmen haben.

20Der Umstand, dass der Angeklagte Revision eingelegt hat, stünde einer erstmaligen Anordnung seiner Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus im zweiten Rechtsgang, sollten deren Voraussetzungen gegeben sein, nicht entgegen, § 358 Abs. 2 Satz 3 StPO (vgl. , Rn. 22 mwN).

III.

Revision des Nebenklägers

211. Die Revision des Nebenklägers ist zulässig. Mit ihr erstrebt der Nebenkläger erkennbar eine Verurteilung des Angeklagten wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung, mithin eine zusätzliche Verurteilung wegen einer gemäß § 395 Abs. 1 Nr. 2 StPO zum Anschluss berechtigenden Gesetzesverletzung (§ 400 Abs. 1 StPO).

222. Die Revision des Nebenklägers ist unbegründet, soweit sie zuungunsten des Angeklagten eingelegt ist. Die auf die Sachrüge veranlasste Überprüfung des Urteils hat hinsichtlich des Schuldspruchs keinen Rechtsfehler zum Vorteil des Angeklagten ergeben. Das Landgericht ist insbesondere zu Recht von einem strafbefreienden Rücktritt des Angeklagten vom versuchten Tötungsdelikt ausgegangen.

23a) Nach § 24 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. StGB wird wegen Versuchs nicht bestraft, wer freiwillig die weitere Ausführung der Tat aufgibt. Voraussetzung ist zunächst, dass der Täter zu diesem Zeitpunkt noch nicht mit einem Eintritt des tatbestandsmäßigen Erfolges rechnet, seine Herbeiführung aber noch für möglich hält. Für die Abgrenzung des unbeendeten vom beendeten Versuch und damit für die Anforderungen an die Rücktrittsleistung des Täters kommt es darauf an, ob der Täter nach der letzten von ihm konkret vorgenommenen Ausführungshandlung den Eintritt des tatbestandsmäßigen Erfolges für möglich hält (sog. Rücktrittshorizont; vgl. nur , BGHSt 39, 221, 227 mwN). Wenn der Täter nach seinem Kenntnisstand nach der letzten Ausführungshandlung in zutreffender Einschätzung der durch die Tathandlung verursachten Gefährdung des Opfers oder in Verkennung der tatsächlichen Ungeeignetheit seiner Handlung den Erfolgseintritt für möglich hält, ist der Versuch beendet; rechnet der Täter dagegen nach der letzten Ausführungshandlung nach seinem Kenntnisstand (noch) nicht mit dem Eintritt des tatbestandsmäßigen Erfolges, und sei es auch nur in Verkennung der durch seine Handlung verursachten Gefährdung des Opfers, so ist der Versuch unbeendet, wenn die Vollendung aus der Sicht des Täters noch möglich ist (st. Rspr.; vgl. nur , StV 2020, 114, 115 Rn. 8 mwN).

24b) Hieran gemessen erweist sich die Begründung, mit der das Landgericht einen strafbefreienden Rücktritt vom versuchten Tötungsdelikt zum Nachteil des Nebenklägers angenommen hat, als rechtsfehlerfrei. Insbesondere hält die Beweiswürdigung des Landgerichts zum Rücktrittshorizont des Angeklagten unter Berücksichtigung des eingeschränkten revisionsrechtlichen Prüfungsmaßstabes (st. Rspr.; vgl. etwa , NJW 2025, 519, 520 Rn. 20 mwN) rechtlicher Nachprüfung stand.

25Das Landgericht hat bei der Prüfung des Vorstellungsbildes des Angeklagten zutreffend auf den Zeitpunkt abgestellt, als der Angeklagte mit dem Messer in der Hand über dem am Boden liegenden Nebenkläger stand und von der Ausführung von weiteren Stichen absah. Der Angeklagte „sah die bisherige Einwirkung auf den Nebenkläger, die aus seiner Sicht noch keine zum Tode führenden Verletzungen herbeigeführt hatte[…], als eine ausreichende Lektion“ im Hinblick auf dessen Vorverhalten an. Nach den Feststellungen des rechtsmedizinisch sachverständig beratenen Landgerichts waren für den Angeklagten unmittelbar nach der Ausführung der Messerstiche „weder körperliche Auswirkungen noch ein größerer Blutverlust beim Nebenkläger zu erkennen“; zugleich bemerkte er, dass der Nebenkläger seine Lebensgefährtin warnte und sie aufforderte, wegzulaufen. Statt erneut zuzustechen, wozu er in der Lage gewesen wäre, wollte der Angeklagte den Nebenkläger lediglich demütigen, indem er dessen Stomabeutel abriss und wegwarf.

26Für eine weitergehende Erörterung zum Vorstellungsbild des Angeklagten, der den verletzten Nebenkläger am Boden zurückließ und sich von der Örtlichkeit „langsam“ entfernte, bestand angesichts der weiteren Feststellungen keine Veranlassung. Zwar kann der Rücktrittshorizont in engen Grenzen auch noch nachträglich korrigiert werden. Rechnet der Täter zunächst nicht mit einem tödlichen Ausgang, ist auch eine umgekehrte Korrektur des Rücktrittshorizontes möglich, wenn er in unmittelbarem zeitlichen und räumlichen Zusammenhang erkennt, dass er sich insoweit geirrt hat. In diesem Fall liegt ein beendeter Versuch vor (, StV 2021, 90, 91 Rn. 8 mwN). Für eine solche Fallgestaltung geben die Feststellungen jedoch nichts her.

27Der Angeklagte drehte sich auf seinem Weg zweimal um und erkannte stets, dass der Nebenkläger an seinem Wagen aufrecht stand, in dem sich überdies dessen Lebensgefährtin befand. Bei dem Tatort handelte es sich nach den Feststellungen um einen parallel zur Ortsstraße gelegenen und vom Angeklagten häufig benutzten Feldweg, der – wie sich hier zeigte – binnen weniger Minuten durch den Notarzt zu erreichen war. Angesichts dieser objektiven Gegebenheiten musste sich das Landgericht nicht veranlasst sehen, die subjektive Sicht des Angeklagten bei Verlassen des Tatorts näher in den Blick zu nehmen (vgl. , BGHR StGB § 24 Abs. 1 Satz 1 Freiwilligkeit 7), zumal das weitere festgestellte Verhalten des sich „langsam“ vom Tatort wegbewegenden Angeklagten, der von ihm kommentierte Videoaufnahmen von sich und sodann vom Nebenkläger und dessen Fahrzeug fertigte, beredt genug war.

28c) Schließlich war der Angeklagte durch nichts daran gehindert, seinen Angriff auf den Nebenkläger fortzusetzen. Insbesondere hielt ihn auch nicht die Anwesenheit der sich passiv verhaltenen Lebensgefährtin des Nebenklägers von der Tatbegehung ab. Das Landgericht hat vielmehr rechtsfehlerfrei festgestellt, dass er sich in Kenntnis der Möglichkeit, einen weiteren Stich zu setzen, entschied, „seinen Angriff zu beenden und sich vom Tatort zu entfernen“. Hiergegen ist revisionsrechtlich nichts zu erinnern.

29d) Der Umstand, dass der Angeklagte sein außertatbestandliches Handlungsziel – hier der Denkzettel für den Nebenkläger – durch die Messerstiche erreicht hatte, schließt einen freiwilligen Rücktritt vom unbeendeten Versuch nicht aus (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschlüsse vom ‒ GSSt 1/93, BGHSt 39, 221, 227 ff.; vom ‒ 2 StR 353/17, StV 2020, 285, 286, und vom – 2 StR 284/19, NStZ 2020, 341 f.).

303. Die Revision des Nebenklägers führt jedoch zugunsten des Angeklagten (§ 301 StPO) zur Aufhebung des Urteils mit Ausnahme der äußeren Feststellungen (vgl. auch , NStZ 2024, 539, 540 Rn. 17). Der durch § 301 StPO in Verbindung mit § 400 Abs. 1 StPO eröffnete Prüfungsumfang erfasst das der Nebenklagebefugnis nach § 395 Abs. 1 Nr. 3 StPO unterliegende Delikt der gefährlichen Körperverletzung gemäß § 224 Abs. 1 Nr. 2 und 5 StGB. Die Gründe für die Urteilsaufhebung ergeben sich aus den vorstehenden Ausführungen zur Revision des Angeklagten.

Menges                         Zeng                         Grube

               Schmidt                   Zimmermann

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2025:260225U2STR454.24.0

Fundstelle(n):
YAAAJ-90437