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BBK Nr. 9 vom Seite 401

Fremdkapitalkosten als Bestandteil der Anschaffungs- oder Herstellungskosten nach IFRS

Unterschiede und Gemeinsamkeiten im Vergleich zum HGB

Prof. Dr. Karin Breidenbach

Anders als das HGB enthalten die International Financial Reporting Standards (IFRS) mit IAS 23 konkrete Regelungen für die Berücksichtigung von Fremdkapitalkosten bei der Bewertung von Vermögenswerten. Im Beitrag von Währisch, BBK 7/2025 S. 296 wurde die Einbeziehung von Zinsen in die Anschaffungs- oder Herstellungskosten nach HGB eingehend erörtert. Der vorliegende Beitrag erläutert ausführlich die Bestimmungen des IAS 23 zur Aktivierung von Fremdkapitalkosten und verdeutlicht in einer Übersicht Unterschiede und Gemeinsamkeiten zur deutschen Rechnungslegung. Konzernspezifische Fragestellungen werden nicht behandelt.

Kernaussagen
  • Mit IAS 23 enthält die Rechnungslegung nach IFRS detaillierte Regelungen zur Aktivierung von Fremdkapitalkosten in den Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Vermögenswerten. Damit wird ein engeres methodisches Vorgehen vorgegeben, als sich dies aus der Kommentarliteratur für eine Bilanzierung nach HGB darstellt.

  • Trotz der konkreten Regelungen zur Aktivierung von Fremdkapitalkosten in IFRS-Abschlüssen bestehen im Detail Unsicherheiten und Ermessensspielräume in der Anwendung der Bestimmungen. Hieraus resultierende Einschränkungen in der Vergleichbarkeit von Abschlüssen können nur durch aussagekräftige Angaben im Anhang zumindest zum Teil ausgeglichen werden.

S. 402

I. Anschaffungs- und Herstellungskosten als Bewertungsmaßstab in der Rechnungslegung nach IFRS

Grundsätzlich [i]Bewertungsmaßstäbekommen für die Zugangs- und Folgebewertung von Vermögenswerten in einer Bilanz nach IFRS drei Bewertungsmaßstäbe infrage:

  • (fortgeführte) Anschaffungskosten,

  • (fortgeführte) Herstellungskosten und

  • beizulegender Zeitwert (fair value).

Während die Ermittlung des fair value in einem eigenen Standard, dem IFRS 13, geregelt ist, finden sich die Definitionen der Anschaffungskosten und der Herstellungskosten sowie Vorschriften zu deren Fortführung in den Standards, die die Bilanzierung unterschiedlicher Vermögensarten festlegen, insbesondere in IAS 2 Vorräte, IAS 16 Sachanlagen, IAS 38 Immaterielle Vermögenswerte und IAS 40 Anlageimmobilien.

II. Fremdkapitalkosten als Bestandteil der Anschaffungs- oder Herstellungskosten

Die [i]Regelung erfolgt in IAS 23Aktivierung von Fremdkapitalkosten ist in einem eigenen Standard, IAS 23 Fremdkapitalkosten, geregelt. Entsprechende Verweise in IAS 2, IAS 16 und IAS 38 besitzen lediglich „deklaratorischen Charakter“.

Das Grundprinzip [i]Zuordnung zu Erwerb, Bau oder Herstellung eines qualifizierten Vermögenswerts notwendigdes IAS 23 besagt, dass Fremdkapitalkosten Bestandteil der Anschaffungs- oder Herstellungskosten sind, sofern sie dem Erwerb, dem Bau oder der Herstellung eines qualifizierten Vermögenswerts zugeordnet werden können. Dies bedeutet nicht, dass lediglich Kosten für Fremdkapital, das speziell für den Erwerb oder die Herstellung eines Vermögenswerts aufgenommen wurde (z. B. im Rahmen einer Objektfinanzierung), aktiviert werden müssen. Vielmehr gelten gemäß IAS 23.10 solche Fremdkapitalkosten als dem Erwerb, dem Bau oder der Herstellung eines Vermögenswerts zuordenbar, die ohne die Ausgaben für den Vermögenswert vermieden worden wären. Hierzu zählen auch Mittel, die das Unternehmen allgemein, ohne direkten Bezug zu dem Erwerb, dem Bau oder der Herstellung des Vermögenswerts beschafft hat. Voraussetzungen für die Aktivierung von Fremdkapitalkosten sind gemäß IAS 23.9 die künftige wirtschaftliche Nutzenstiftung und verlässliche Bewertbarkeit.

Folgende [i]Voraussetzungen für AktivierungSchritte liegen der Aktivierung von Fremdkapitalkosten als Bestandteil von Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Vermögenswerts in der Berichtsperiode zugrunde:

  • Feststellung, ob ein qualifizierter Vermögenswert vorliegt,

  • Prüfung, ob in der vorliegenden Berichtsperiode ein Erwerbs-, Bau- oder Herstellungszeitraum des qualifizierten Vermögenswerts liegt,

  • Berechnung des Fremdkapitalkostensatzes/der Fremdkapitalkostensätze der Berichtsperiode und

  • Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Anwendung des Fremdkapitalkostensatzes.

III. Vorliegen eines qualifizierten Vermögenswerts

1. Erfordernis des beträchtlichen Zeitraums

Gemäß [i]Beträchtlicher Zeitraum erforderlichIAS 23.5 handelt es sich bei einem qualifizierten Vermögenswert um einen Vermögenswert, „für den ein beträchtlicher Zeitraum erforderlich ist, um ihn in seinen beabsichtigten gebrauchs- oder verkaufsfähigen Zustand zu versetzen“. S. 403

Praxishinweis:

IAS 23 [i]Was bedeutet „beträchtlich“?gibt keinen Hinweis, wann ein Zeitraum „beträchtlich“ ist. Das IDW geht in einer Stellungnahme aus dem Jahr 2016 von einer widerlegbaren Vermutung aus, dass für den Erwerb, den Bau oder die Herstellung eines Vermögenswerts ein Zeitraum von mehr als einem Jahr beträchtlich ist. In der Literatur wird auch die Auffassung vertreten, dass ein Zeitraum von weniger als einem Jahr beträchtlich sein kann.

Relevant [i]Erforderlicher Zeitraum ist relevantfür die Prüfung, ob ein qualifizierter Vermögenswert vorliegt, ist lediglich der geschätzte Zeitraum, der für Erwerb, Bau oder Herstellung tatsächlich erforderlich ist. Vorhersehbare Unterbrechungen des Anschaffungs- oder Herstellungszeitraums, die auf einer normalen Ursache beruhen (z. B. Ruhen einer Baustelle bei schlechten Witterungsbedingungen) und eine normale Länge aufweisen, sind Bestandteile eines erforderlichen Zeitraums. Damit zählen jedoch Zeitpuffer, die in der Projektplanung für unvorhergesehene Zeitverzögerungen z. B. durch Streiks oder Lieferschwierigkeiten von Lieferanten vorgesehen werden, nicht zum erforderlichen Zeitraum zur Bestimmung von qualifizierten Vermögenswerten. Entsprechende Verlängerungen des Zeitraums führen im Verlauf einer Anschaffung, eines Baus oder einer Herstellung auch nicht dazu, dass im Nachhinein noch das Vorliegen eines qualifizierten Vermögenswerts festgestellt werden muss.

Das [i]Beabsichtigter Zustand terminiert Ende des ZeitraumsEnde des Zeitraums von Erwerb, Bau oder Herstellung des Vermögenswerts wird dadurch terminiert, dass der vom Unternehmen beabsichtigte Zustand des Vermögenswerts erreicht wird. Dieser ist nicht nur in der Art des Vermögenswerts begründet, sondern in der Verwendungsabsicht des Unternehmens. Wird z. B. ein Grundstück erworben, das unverändert irgendwann weiter veräußert oder bebaut werden soll, liegt der beabsichtigte Zustand direkt bei Eigentumsübertragung vor. Muss das Grundstück jedoch noch bspw. erschlossen oder parzelliert werden, endet der Erwerbszeitraum erst mit Abschluss der Erschließung.

2. Qualifizierte Vermögenswerte in der Bilanz

Preis:
€15,00
Nutzungsdauer:
30 Tage

Seiten: 14
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