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BGH Beschluss v. - 5 StR 626/24

Instanzenzug: Az: 625 KLs 3/21

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten und den nicht revidierenden Mitangeklagten B.        jeweils wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit mit versuchter besonders schwerer räuberischer Erpressung schuldig gesprochen, gegen den Angeklagten eine Freiheitsstrafe von fünf Jahren und zehn Monaten und gegen den Nichtrevidenten unter Einbeziehung der Strafen aus einer Vorverurteilung eine Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und zehn Monaten verhängt, eine weitere Mitangeklagte freigesprochen sowie Einziehungs- und Kompensationsentscheidungen getroffen. Gegen seine Verurteilung wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die ausgeführte Sachrüge gestützten Revision.

21. Das Rechtsmittel führt lediglich zu der aus der Beschlussformel ersichtlichen Korrektur des Schuldspruchs, die – da der Rechtsfehler ihn gleichermaßen betrifft – gemäß § 357 Satz 1 StPO auf den nicht revidierenden Mitangeklagten B.        zu erstrecken ist. Im Einzelnen:

3a) Nach den Feststellungen des Landgerichts entwickelte der Angeklagte mit dem Nichtrevidenten im Juni des Jahres 2019 den Plan, von dem Geschädigten ein – unberechtigtes – „Schmerzensgeld“ in Höhe von zunächst 30.000 Euro zu erpressen. Zur Umsetzung dieses Entschlusses suchten sie ihr Opfer am in Begleitung von drei weiteren Männern an dessen Wohnort auf. Der Nichtrevident erhob die Forderung, der Angeklagte erklärte dazu, der Geschädigte sei schuld an einer von dem Angeklagten erlittenen Verletzung und habe ihm bei einer körperlichen Auseinandersetzung mit einem Dritten wenige Tage zuvor nicht genügend geholfen. Um der Forderung Nachdruck zu verleihen, holte der Nichtrevident – wie von Anfang an geplant – ein Klappmesser mit einer acht Zentimeter langen Klinge hervor, hielt es dem Geschädigten vor und drohte ihm unter anderem damit, ihn im Fall der Nichtzahlung damit zu stechen. Der Geschädigte erklärte, er müsse das Geld erst besorgen, weshalb ihm der Angeklagte und der Nichtrevident eine Woche Zahlungsaufschub gewährten. Nach Ablauf der Frist suchten sie ihn wieder auf, der Geschädigte vertröstete sie aber erneut, wie auch in den folgenden Wochen mehrfach. Das nahmen der Angeklagte und der Nichtrevident zum Anlass, in Absprache untereinander die Forderung wiederholt zu reduzieren auf zuletzt 5.000 Euro. Ende Juli zahlte der Geschädigte aus Angst vor gewalttätigen Übergriffen 1.400 Euro und kündigte die Restzahlung binnen Wochenfrist an. Als er auch diese Frist verstreichen ließ, beschloss der Angeklagte, die wertvolle Uhr des Geschädigten als Pfand zu nehmen; die Wegnahme setzte er mit der Hilfe des Nichtrevidenten um. Noch am selben Abend zeigte der Geschädigte ihn an und der Angeklagte wurde anlässlich eines Treffens, bei dem er zum Schein die restlichen 3.600 Euro gegen Rückgabe der Uhr erhalten sollte, von der Polizei festgenommen.

4b) Die Strafkammer hat einen Raub an der Uhr nicht als verwirklicht angesehen, weil der Angeklagte ohne Zueignungsabsicht gehandelt habe. Ohne einen den Angeklagten und den Nichtrevidenten beschwerenden Rechtsfehler hat sie hinsichtlich der gezahlten 1.400 Euro das Vorliegen der Voraussetzungen einer vollendeten besonders schweren räuberischen Erpressung gemäß §§ 253, 255, § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB bejaht.

5Soweit das Landgericht darüber hinaus eine versuchte besonders schwere räuberische Erpressung angenommen hat, weil der ursprüngliche Tatplan auf die Erlangung von 30.000 Euro gerichtet gewesen sei und insoweit ein fehlgeschlagener Versuch vorliege, kann der Schuldspruch keinen Bestand haben. Denn die Strafkammer hat, wie die Revision zutreffend geltend macht, nicht in den Blick genommen, dass der Versuch eines Deliktes auf Konkurrenzebene regelmäßig hinter die Vollendung desselben gleichwertigen Deliktes zu Lasten des identischen Geschädigten zurücktritt; dies gilt auch in Fällen, in denen – wie hier – in Bezug auf den konkreten Tatbestand noch ein weiterer, vom selben Schutzgut erfasster Taterfolg erstrebt war (st. Rspr.; vgl. zuletzt , NStZ 2024, 87 mwN).

6Die Tat ist – wovon auch das Landgericht ausgegangen ist – angesichts der vom Geschädigten geleisteten Teilzahlung vollendet. Dass der Angeklagte und der Nichtrevident nicht die gesamte ursprünglich erstrebte Beute erhielten, gibt der Tat in rechtlicher Hinsicht kein anderes Gepräge. Die Aufnahme des Versuchsdelikts in den Tenor ist auch nicht erforderlich, um das begangene Unrecht zum Ausdruck zu bringen (vgl. BGH aaO). Das gilt auch, soweit der Angeklagte durch die Inbesitznahme der Uhr die eingesetzten Nötigungsmittel erweiterte, denn mehrere Angriffe auf die Willensentschließung des Opfers stellen eine Tat im Rechtssinne dar, wenn das anfängliche Nötigungsmittel lediglich aktualisiert und den Umständen angepasst, im Übrigen aber weiterhin dieselbe Leistung gefordert wird (MüKo-StGB/Sander, 4. Aufl., § 253 Rn. 42 mwN).

7Der Senat hat den Schuldspruch daher entsprechend § 354 Abs. 1 StPO geändert und die versuchte besonders schwere räuberische Erpressung entfallen lassen. Weil der nämliche Rechtsfehler auch den Schuldspruch gegen den Nichtrevidenten erfasst, war die Entscheidung nach § 357 Satz 1 StPO auf ihn zu erstrecken.

82. Der Rechtsfolgenausspruch hat Bestand.

9a) Er wird zunächst von den Schuldspruchänderungen nicht berührt, denn der Senat schließt aus, dass das Landgericht bei zutreffender konkurrenzrechtlicher Bewertung zu geringeren Strafen gelangt wäre, zumal da der Umstand, dass der Angeklagte und der Nichtrevident ursprünglich eine deutlich höhere Forderung erhoben hatten, für den Schuldumfang unabhängig von der Fassung des Schuldspruchs relevant bleibt. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die unterschiedliche rechtliche Beurteilung des Konkurrenzverhältnisses zudem bei – wie hier – unverändertem Schuldumfang regelmäßig kein maßgebliches Kriterium für die Strafbemessung (vgl. etwa BGH, Beschlüsse vom – 5 StR 574/24 Rn. 8; vom – 3 StR 428/24 Rn. 12 mwN; siehe auch , BVerfGK 3, 20, 21).

10b) Die gegen den Angeklagten verhängte Strafe weist auch keinen Rechtsfehler insoweit auf, als die Strafkammer für eine nicht einbeziehungsfähige Jugendstrafe aus dem Jahr 2019 keinen Härteausgleich vorgenommen hat. Das Landgericht hat vielmehr in die Abwägung, ob ein minder schwerer Fall nach § 250 Abs. 3 StGB anzunehmen sei, zulasten des Angeklagten eingestellt, dass er während des sich vom bis zum erstreckenden Tatzeitraums wegen anderer Gewaltdelikte zu eben dieser Jugendstrafe verurteilt wurde und sich die Verurteilung vom nicht als Warnung hat dienen lassen, sondern die Tatausführung fortsetzte.

11Diese Würdigung erweist sich nicht als zum Nachteil des Angeklagten rechtsfehlerhaft, denn damit hat die Strafkammer letztlich nur dem Rechtsgedanken Rechnung getragen, dass derjenige, der bei seiner Tat bestimmte Nachteile für sich selbst zwar nicht gewollt, aber bewusst auf sich genommen hat, in der Regel keine strafmildernde Berücksichtigung eben dieser nachteiligen Folgen verdient ( Rn. 22; vom – 2 StR 288/19 Rn. 21). Angesichts dessen war es entgegen der Auffassung der Revision nicht geboten, unter Änderung der Bewertungsrichtung stattdessen einen Härteausgleich vorzunehmen. Denn bei der Entscheidung darüber, ob und gegebenenfalls wie ein Härteausgleich zu gewähren ist, handelt es sich um einen Strafzumessungsakt, der in die Verantwortung des Tatgerichts fällt. Dieses legt mithin die Bewertungsrichtung von Umständen fest, die sowohl zugunsten als auch zum Nachteil eines Angeklagten wirken können. Auch wenn regelmäßig ein Härteausgleich vorzunehmen ist, wenn Jugendstrafe und eine Freiheitsstrafe des allgemeinen Strafrechts zusammentreffen (vgl. , BGHSt 36, 270), ist dies nicht in allen Fällen zwingend.

123. Die auf die Sachrüge veranlasste umfassende Überprüfung des Urteils hat auch im Übrigen keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2025:250325B5STR626.24.0

Fundstelle(n):
TAAAJ-90109