Gründe
1Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil der allein geltend gemachte Zulassungsgrund eines Verfahrensmangels nicht in der gebotenen Weise bezeichnet wird (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG). Die Beschwerde ist daher ohne Zuziehung ehrenamtlicher Richter zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 , § 169 SGG).
2Nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ist die Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 Satz 1 SGG und auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Wer eine Nichtzulassungsbeschwerde auf diesen Zulassungsgrund stützt, muss zu seiner Bezeichnung die diesen Verfahrensmangel des LSG (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dartun, also die Umstände schlüssig darlegen, die den entscheidungserheblichen Mangel ergeben sollen (stRspr; s bereits - SozR 1500 § 160a Nr 14; B. Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, SGG, 14. Aufl 2023, § 160a RdNr 16 mwN). Darüber hinaus ist aufzuzeigen, dass und warum die Entscheidung - ausgehend von der Rechtsansicht des LSG - auf dem Mangel beruhen kann, also die Möglichkeit der Beeinflussung des Urteils besteht (stRspr; vgl bereits - SozR 1500 § 160a Nr 36).
3Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht. Die Klägerin wendet sich in der Sache gegen Rücknahme- und Erstattungsbescheide, die den Zeitraum von Mai 2011 bis Oktober 2012 betreffen. Als Verfahrensmängel macht sie eine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör gemäß Art 103 Abs 1 GG durch eine nicht ausreichende Berücksichtigung ihrer Argumente (dazu 1.) und eine Verletzung von § 136 Abs 1 Nr 6 SGG (dazu 2.) geltend, sowie darüber hinaus die überlange Verfahrensdauer (dazu 3.).
41. Der Anspruch auf rechtliches Gehör aus Art 103 Abs 1 GG, der für das sozialgerichtliche Verfahren einfachgesetzlich in § 62 SGG verankert ist, verpflichtet die Gerichte, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Die Gerichte werden durch Art 103 Abs 1 GG aber nicht dazu verpflichtet, der Rechtsansicht eines Beteiligten zu folgen (vgl nur BVerfG <Kammer> Beschluss vom - 1 BvR 2933/13 - juris RdNr 12). Es ist grundsätzlich davon auszugehen, dass das Gericht das von ihm entgegengenommene Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat. Das Gericht ist insbesondere nicht gehalten, sich in den Gründen der Entscheidung mit jedem Vorbringen zu befassen. Bei der Abfassung seiner Entscheidungsgründe hat das Gericht eine gewisse Freiheit ( - juris RdNr 20, 21). Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör ist erst anzunehmen, wenn sich aus den besonderen Umständen des Falls ergibt, dass das Gericht seiner Pflicht nicht nachgekommen ist. Besondere Umstände liegen etwa vor, wenn das Gericht auf den wesentlichen Kern des Tatsachenvortrags einer Partei zu einer Frage, die für das Verfahren von zentraler Bedeutung ist, nicht eingeht, sofern er nicht nach dem Rechtsstandpunkt des Gerichts unerheblich oder aber offensichtlich unsubstantiiert war (BVerfG <Kammer> Beschluss vom - 1 BvR 2933/13 - juris RdNr 12).
5Solche besonderen Umstände sind der Beschwerdebegründung nicht zu entnehmen. Zwar hat die Klägerin im Berufungsverfahren umfängliche Ausführungen gemacht, die sie in der Beschwerdebegründung weitgehend wiedergibt. Das LSG hat dies ersichtlich aufgenommen und selbst versucht, den Sachverhalt weiter aufzuklären, ua durch die Anhörung der Klägerin und die Vernehmung des Zeugen W, wie die Beschwerdebegründung wiedergibt. Im Rahmen seiner Beweiswürdigung ist es allerdings zu keiner anderen Beurteilung als das SG gelangt. Deshalb bezieht sich die Kritik der Klägerin an dem Urteil des LSG im Wesentlichen auf dessen - von der eigenen abweichende - Würdigung der entscheidungserheblichen Tatsachenfrage, ob die Bedürftigkeit der Klägerin im streitbefangenen Zeitraum nachgewiesen oder unter Berücksichtigung der Aussagen des Zeugen W im Hinblick auf ihre nicht aufgeklärten Lebensverhältnisse zweifelhaft geblieben sei. Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör ist damit nicht schlüssig bezeichnet.
6Ohnehin ist die Beweiswürdigung gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 Alt 2 SGG der Beurteilung durch das BSG im Beschwerdeverfahren vollständig entzogen. Diese Regelung, wonach ein Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung des § 128 Abs 1 Satz 1 SGG (Entscheidung des Gerichts nach freier, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnener Überzeugung) gestützt werden kann, darf nicht im Wege einer Gehörsrüge umgangen werden (vgl nur B 10 ÜG 2/22 B - juris RdNr 36; - juris RdNr 9). Soweit dem Vorbringen der Klägerin sinngemäß auch die Rüge einer Verletzung der Amtsermittlungspflicht (§ 103 SGG) zu entnehmen ist, ist auch diese nicht anforderungsgerecht erfolgt, denn die Klägerin behauptet schon nicht, einen Beweisantrag gestellt zu haben, wie es § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 Alt 3 SGG fordert.
72. Auch mit der Rüge, das LSG sei seiner Begründungspflicht nicht hinreichend nachgekommen (§ 136 Abs 1 Nr 6 SGG), wird kein Verfahrensmangel in der gebotenen Weise bezeichnet. Eine Entscheidung ist nicht schon dann nicht mit Gründen versehen, wenn das Gericht nicht jeden Gesichtspunkt, der erwähnt werden könnte, abhandelt oder wenn die Ausführungen des Gerichts zu den rechtlichen Voraussetzungen und zum tatsächlichen Geschehen aus der Sicht eines Dritten falsch, oberflächlich oder nur wenig überzeugend sein sollten. Vom Fehlen der Entscheidungsgründe ist nur auszugehen, wenn die Entscheidungsgründe rational nicht nachvollziehbar, sachlich inhaltslos oder sonst derart unbrauchbar sind, dass sie unter keinem denkbaren Gesichtspunkt geeignet sind, den Entscheidungstenor zu tragen, oder wenn die angeführten Gründe verworren sind oder nur nichtssagende Redensarten enthalten (vgl nur - juris RdNr 6). Wird die Nichtbefassung der Entscheidungsgründe mit der Argumentation eines Beteiligten gerügt, überschneiden sich die Maßstäbe der Rüge der Verletzung von § 136 Abs 1 Nr 6 SGG, Art 103 Abs 1 GG und § 62 SGG. Insoweit ist Kern des Vorbringens, das Gericht habe das Vorbringen eines Beteiligten nicht ausreichend berücksichtigt (Art 103 Abs 1 GG, § 62 SGG), was in fehlenden Ausführungen im Urteil zum Ausdruck komme (§ 136 Abs 1 Nr 6 SGG). Hier fehlt es aber bereits an der hinreichenden Bezeichnung der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör.
83. Soweit die Klägerin schließlich eine überlange Verfahrensdauer rügt, ist ebenfalls kein Verfahrensmangel hinreichend bezeichnet. Denn eine überlange Verfahrensdauer kann keinen solchen Verfahrensmangel darstellen, der eine Revisionszulassung rechtfertigen könnte (vgl nur - juris RdNr 6, mwN). Eine überlange Verfahrensdauer kann nur nach Maßgabe von § 202 Satz 2 SGG iVm §§ 198 ff GVG geltend gemacht werden. Dies ergibt sich schon daraus, dass weder die Durchführung eines Revisionsverfahrens noch eine Zurückverweisung der Sache gemäß § 160a Abs 5 SGG an das LSG die behauptete überlange Verfahrensdauer beseitigen, sondern die Dauer des Verfahrens sogar noch verlängern würde. Die Rechtsprechung des BSG, wonach eine überlange Verfahrensdauer einen Verfahrensmangel iS des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG darstellen könne, weil es an einem anderen, spezielleren Rechtsbehelf fehle ( - SozR 4-1500 § 160a Nr 11 RdNr 21 ff), ist durch die Einführung von § 202 Satz 2 SGG iVm §§ 198 ff GVG mit Wirkung ab überholt ( - juris RdNr 9).
9Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung der §§ 183, 193 SGG.
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BSG:2025:110225BB7AS7924B0
Fundstelle(n):
ZAAAJ-89794