Suchen
BGH Beschluss v. - XII ZB 178/24

Leitsatz

1.    Ein die (Kontroll-)Betreuung aufhebender Beschluss erwächst nicht in materielle Rechtskraft, weshalb das Betreuungsgericht nicht gehindert ist, in eine erneute Prüfung der Erforderlichkeit einer (Kontroll-)Betreuung einzutreten (im Anschluss an Senatsbeschlüsse vom  - XII ZB 471/17, FamRZ 2018, 1607 und vom  - XII ZB 426/17, FamRZ 2018, 368).

2.    Besteht aufgrund konkreter Anhaltspunkte eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür, dass dem Betroffenen gegenüber seinem Bevollmächtigten Rückforderungsansprüche in - XII ZB 273/22, FamRZ 2023, 157

Gesetze: § 1815 Abs 3 BGB, § 1820 Abs 3 BGB

Instanzenzug: LG Frankenthal Az: 1 T 112/23vorgehend Az: 1 XVII 237/22

Gründe

I.

1Gegenstand des Verfahrens ist die Einrichtung einer Kontrollbetreuung.

2Die 90-jährige Betroffene, die seit Ende Februar 2019 in einem Pflegeheim lebt, leidet an einer Demenzerkrankung, derentwegen sie ihre Angelegenheiten rechtlich nicht mehr selbst besorgen kann. Sie hatte im Oktober 2004 ihren beiden Söhnen, den Beteiligten zu 1 und 2, eine notarielle General- und Vorsorgevollmacht erteilt, die sie im Januar 2015 gegenüber dem Beteiligten zu 1 mit notarieller Urkunde widerrief.

3Zwei im Jahr 2018 auf Anregung des Beteiligten zu 1 eingeleitete Verfahren auf Bestellung eines Betreuers für die Betroffene wurden aufgrund der bestehenden Vollmacht des Beteiligten zu 2 mangels Erforderlichkeit eingestellt. Auf erneute Anregung des Beteiligten zu 1 bestellte das Amtsgericht im Juni 2021 Rechtsanwältin N. zur Kontrollbetreuerin mit dem Aufgabenkreis „Wahrnehmung der Rechte der Vollmachtgeberin gegenüber dem Bevollmächtigten“. In ihren Berichten kam diese zum Ergebnis, dass der von dem Beteiligten zu 1 geäußerte Verdacht einer missbräuchlichen Verwendung der Vollmacht durch den Beteiligten zu 2 nicht bestätigt werden könne. Der Beteiligte zu 2 habe auch nach Erhalt einer Kontovollmacht keine das Vermögen der Betroffenen schädigenden Handlungen vorgenommen. Soweit er am schenkweise Aktien im Wert von 300.000 € und einen hohen Geldbetrag in Höhe von 600.000 € erhalten habe, seien diese Zuwendungen durch die Betroffene selbst erfolgt. Daraufhin hob das Amtsgericht die Kontrollbetreuung durch Beschluss vom auf und entließ Rechtsanwältin N. aus ihrem Amt.

4Im vorliegenden Verfahren hat der Beteiligte zu 1 im August 2022 erneut die Einrichtung einer Kontrollbetreuung angeregt, weil die Zuwendungen im Juli 2018 wegen bereits seinerzeit bestehender Geschäftsunfähigkeit der Betroffenen unwirksam gewesen seien. Das Amtsgericht hat das Verfahren eingestellt. Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 1 hat das Landgericht Rechtsanwältin T. (Beteiligte zu 3) zur Kontrollbetreuerin mit dem Aufgabenkreis bestellt, „etwaige Rückforderungsansprüche hinsichtlich der Vermögensübertragungen der Betroffenen an den Bevollmächtigten am auf Grund einer Geschäftsunfähigkeit der Betroffenen zu prüfen und ggf. gegenüber diesem geltend zu machen, sowie die hierfür erforderlichen Ermittlungen anzustellen, insbesondere Krankenunterlagen der Betroffenen von Behandlern anzufordern“.

5Mit seiner hiergegen eingelegten Rechtsbeschwerde erstrebt der Beteiligte zu 2 die Aufhebung der Kontrollbetreuung.

II.

6Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.

71. Sie ist gemäß § 70 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FamFG statthaft und auch im Übrigen zulässig. Die Beschwerdebefugnis des Beteiligten zu 2 als Sohn der Betroffenen für das Rechtsbeschwerdeverfahren folgt, nachdem die erstinstanzliche Entscheidung auf die Beschwerde des Beteiligten zu 1 geändert worden ist, aus einer entsprechenden Anwendung des § 303 Abs. 2 Nr. 1 FamFG (vgl. Senatsbeschluss vom - XII ZB 554/20 - FamRZ 2021, 1573 Rn. 7 mwN), da er im ersten Rechtszug beteiligt worden ist und die Rechtsbeschwerde dem objektiven Interesse der Betroffenen dient (vgl. Senatsbeschluss vom - XII ZB 236/24 - FamRZ 2025, 224 Rn. 8 mwN).

82. Die Rechtsbeschwerde ist aber unbegründet.

9a) Das Beschwerdegericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, die Betroffene sei aufgrund ihrer Demenzerkrankung nicht mehr dazu in der Lage, ihre Rechte gegenüber dem Beteiligten zu 2 auszuüben. Zudem untermauerten hinreichend konkrete Anhaltspunkte den Verdacht, dass mit der dem Beteiligten zu 2 erteilten Vollmacht dem Betreuungsbedarf nicht Genüge getan werde, weil hinsichtlich der Zuwendungen im Juli 2018 Rückforderungsansprüche der Betroffenen gegen den Beteiligten zu 2 in Betracht kämen, der Bevollmächtigte also mögliche Rechte der Betroffenen gegen sich selbst prüfen und gegebenenfalls geltend machen müsste. Es sprächen erhebliche Indizien für eine bereits am bestehende Demenzerkrankung der Betroffenen, so dass eine Geschäftsunfähigkeit zumindest möglich sei und eine weitere Prüfung angezeigt erscheine.

10Es seien zudem Ansätze für eine weitergehende Aufklärung durch einen Kontrollbetreuer gegeben. So könne dieser Krankenakten anfordern und eine psychiatrische Stellungnahme zur Frage der Geschäftsfähigkeit am einholen. Die frühere Kontrollbetreuerin, welche die Zuwendungen der Betroffenen zugunsten des Bevollmächtigten überhaupt erst aktenkundig gemacht habe, habe diese Punkte - offenbar in Verkennung des Erfordernisses - nicht weiter aufgeklärt, nachdem ein Missbrauch der Vollmacht ausgeschlossen worden sei.

11Die Kontrollbetreuung stelle sich auch als verhältnismäßig dar. Sie rechtfertige sich allein im Hinblick auf die Höhe eines möglichen Rückforderungsanspruchs. Da die Betroffene heute keinen freien Willen mehr bilden könne, komme es für die Frage, ob eine Rückforderung überhaupt ihrem Willen entspreche, auf ihren mutmaßlichen Willen an. Dieser bestimme sich in Ermangelung anderer Anhaltspunkte nach ihrem objektiven Interesse. Die Geltendmachung von Rückforderungsansprüchen im hohen sechsstelligen Bereich stelle sich als objektiv vernünftig und damit im Interesse der Betroffenen liegend dar.

12b) Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung stand.

13aa) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde steht der erneuten Anordnung einer Kontrollbetreuung nicht die materielle Rechtskraft der Entscheidung vom über die Aufhebung der Kontrollbetreuung entgegen.

14(1) Vereinzelt wird zwar trotz einer fehlenden Regelung zur materiellen Rechtskraft im Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit davon ausgegangen, dass auch Entscheidungen in Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit grundsätzlich der materiellen Rechtskraft fähig sind (vgl. MünchKommFamFG/Ulrici 4. Aufl. § 48 Rn. 39; Maurer FamRZ 2009, 1792, 1797 f. zu Familiensachen). Die ganz überwiegende Auffassung spricht sich jedoch gegen eine generelle Aussage zur materiellen Rechtskraft in Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit aus (vgl. Bahrenfuss/Rüntz FamFG 3. Aufl. § 45 Rn. 14 und § 48 Rn. 32; BeckOK FamFG/Obermann [Stand: ] § 45 Rn. 2a mwN; Dutta/Jacoby/Schwamb/Bartels FamFG 4. Aufl. Vorbemerkungen vor §§ 38 bis 48 Rn. 22 f.; Musielak/Borth/Frank/Borth FamFG 7. Aufl. § 45 Rn. 7 mwN; Prütting/Helms/Abramenko FamFG 6. Aufl. § 45 Rn. 11 f.; Sternal/Jokisch FamFG 21. Aufl. § 45 Rn. 26 ff.; Zöller/Feskorn ZPO 35. Aufl. § 45 FamFG Rn. 11; Obermann NZFam 2016, 961, 964 f.). Vielmehr erlange eine Entscheidung nur dann materielle Rechtskraft, wenn sie - wie beispielsweise in einer echten Streitsache der freiwilligen Gerichtsbarkeit (vgl.  - juris Rn. 13) - der endgültigen Befriedung eines kontradiktorischen Beteiligtenstreits diene, der im Interesse des Ansehens der Gerichte, der Rechtssicherheit und des Rechtsfriedens der Beteiligten über denselben Streitgegenstand nicht wiederholt werden solle (vgl. BeckOK FamFG/Obermann [Stand: ] § 45 Rn. 2 mwN; Sternal/Jokisch FamFG 21. Aufl. § 45 Rn. 24 mwN). Nehme das Gericht hingegen - wie etwa in Betreuungssachen - fürsorgerisch die Interessen eines Betroffenen wahr, bestehe anders als bei kontradiktorischen Streitigkeiten kein entsprechend gewichtiges Interesse an einer abschließenden und für die Zukunft verbindlichen Klärung. Zudem treffe das Gericht gegenüber den im fürsorgerischen Bereich oft besonders schützenswerten Personen eine gesteigerte Einstandspflicht für materiell richtige Entscheidungen, so dass insoweit grundsätzlich das Interesse an einer jederzeitigen Korrektur- bzw. Abänderungsmöglichkeit das Bedürfnis nach Rechtsfrieden überwiege (vgl. BeckOK FamFG/Obermann [Stand: ] § 45 Rn. 2a; Dutta/Jacoby/Schwab/Bartels FamFG 4. Aufl. Vorbemerkungen vor §§ 38 bis 48 Rn. 23 mwN; Sternal/Jokisch FamFG 21. Aufl. § 45 Rn. 26 ff.).

15(2) Wie der Senat bereits ausgesprochen hat, kann ein Beschluss über die Einrichtung oder Aufhebung einer Betreuung zwar in formelle, nicht aber in materielle Rechtskraft erwachsen (vgl. Senatsbeschlüsse vom - XII ZB 471/17 - FamRZ 2018, 1607 Rn. 28; vom - XII ZB 426/17 - FamRZ 2018, 368 Rn. 9 und vom - XII ZB 86/14 - FamRZ 2015, 572 Rn. 12). Denn ebenso wie Sorgerechtsentscheidungen, die der materiellen Rechtskraft nicht fähig sind (vgl. Senatsbeschlüsse vom - XII ZB 67/14 - FamRZ 2016, 1146 Rn. 11 und vom - XII ZB 229/06 - FamRZ 2007, 1969 Rn. 38), weil die Fürsorge gegenüber dem Minderjährigen stets Vorrang vor der Endgültigkeit einer einmal getroffenen Entscheidung hat (Senatsbeschluss vom - IVb ZR 36/84 - NJW-RR 1986, 1130; vgl. auch BVerfG FamRZ 2005, 783, 784 f.), hindern auch frühere Entscheidungen in Betreuungsverfahren das Gericht nicht, erneut in eine Sachprüfung einzutreten. Wenn das Vorbringen eines Beteiligten bislang nicht berücksichtigt worden ist oder neue Anhaltspunkte bzw. bessere Erkenntnismöglichkeiten vorliegen, wird das Gericht regelmäßig sogar gehalten sein, die Erforderlichkeit einer Betreuung erneut zu prüfen.

16bb) Ebenso wenig ist aus Rechtsgründen zu beanstanden, dass das Beschwerdegericht die materiellen Voraussetzungen für die Einrichtung einer Kontrollbetreuung als erfüllt angesehen hat.

17(1) Gemäß § 1815 Abs. 3 BGB können einem Betreuer unter den Voraussetzungen des § 1820 Abs. 3 BGB die Aufgabenbereiche der Geltendmachung von Rechten des Betreuten gegenüber seinem Bevollmächtigten sowie zusätzlich der Geltendmachung von Auskunfts- und Rechenschaftsansprüchen des Betreuten gegenüber Dritten übertragen werden. Eine solche Kontrollbetreuung darf nach § 1820 Abs. 3 BGB nur eingerichtet werden, wenn sie erforderlich ist, weil der Vollmachtgeber aufgrund einer Krankheit oder Behinderung nicht mehr in der Lage ist, seine Rechte gegenüber dem Bevollmächtigten auszuüben (Nr. 1), und aufgrund konkreter Anhaltspunkte davon auszugehen ist, dass der Bevollmächtigte die Angelegenheiten des Vollmachtgebers nicht entsprechend der Vereinbarung oder dem erklärten oder mutmaßlichen Willen des Vollmachtgebers besorgt (Nr. 2). Notwendig ist der durch hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte untermauerte Verdacht, dass mit der Vollmacht dem Betreuungsbedarf nicht Genüge getan wird (vgl. Senatsbeschlüsse vom - XII ZB 368/19 - FamRZ 2020, 629 Rn. 10 mwN und vom - XII ZB 143/17 - FamRZ 2017, 1714 Rn. 12 mwN, jeweils zu § 1896 Abs. 3 BGB in der bis zum geltenden Fassung).

18Dies kann der Fall sein, wenn nach den üblichen Maßstäben aus der Sicht eines vernünftigen Vollmachtgebers unter Berücksichtigung des in den Bevollmächtigten gesetzten Vertrauens eine ständige Kontrolle schon deshalb geboten ist, weil Anzeichen dafür sprechen, dass der Bevollmächtigte mit dem Umfang und der Schwierigkeit der vorzunehmenden Geschäfte überfordert ist, oder wenn gegen die Redlichkeit oder die Tauglichkeit des Bevollmächtigten Bedenken bestehen. Ein Missbrauch der Vollmacht oder ein entsprechender Verdacht ist indes nicht erforderlich. Ausreichend sind konkrete Anhaltspunkte dafür, dass der Bevollmächtigte nicht mehr entsprechend der Vereinbarung und dem Interesse des Vollmachtgebers handelt (vgl. Senatsbeschlüsse vom - XII ZB 368/19 - FamRZ 2020, 629 Rn. 11 mwN und vom - XII ZB 143/17 - FamRZ 2017, 1714 Rn. 13 mwN). Ergeben sich aus der Vereinbarung und dem erklärten Willen des Vollmachtgebers keine konkreten Vorgaben, kann der Betroffene seine Wünsche nicht mehr äußern und ergeben sich auch keine individuellen Anhaltspunkte für seinen mutmaßlichen Willen, richtet sich dieser nach seinen objektiven Bedürfnissen (vgl. Senatsbeschlüsse vom - XII ZB 515/22 - FamRZ 2023, 1150 Rn. 15 und vom - XII ZB 143/17 - FamRZ 2017, 1714 Rn. 14).

19Aufgabe des Kontrollbetreuers ist es damit, im umfassenden Sinne diejenigen Rechte geltend zu machen, die der Betroffene selbst aufgrund seiner vorliegenden Beeinträchtigung nicht mehr gegenüber dem Bevollmächtigten verfolgen kann. Hierzu gehört auch die Geltendmachung etwaiger Schadensersatzansprüche aufgrund schuldhafter Pflichtverletzung oder verschuldensunabhängiger Ersatz- oder Herausgabeansprüche des Betroffenen gegen den Bevollmächtigten (vgl. Senatsbeschluss vom - XII ZB 273/22 - FamRZ 2023, 157 Rn. 7 mwN; BeckOGK/Schmidt-Recla BGB [Stand: ] § 1815 Rn. 110 mwN; MünchKommBGB/Schneider 9. Aufl. § 1815 Rn. 103).

20Die zur Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen erforderlichen Ermittlungen hat das Gericht gemäß § 26 FamFG von Amts wegen durchzuführen. Dabei entscheidet der Tatrichter über Art und Umfang seiner Ermittlungen nach pflichtgemäßem Ermessen. Dem Rechtsbeschwerdegericht obliegt lediglich die Kontrolle auf Rechtsfehler, insbesondere die Prüfung, ob die Tatsachengerichte alle maßgeblichen Gesichtspunkte in Betracht gezogen haben und die Würdigung auf einer ausreichenden Sachaufklärung beruht (vgl. Senatsbeschlüsse vom - XII ZB 303/22 - FamRZ 2023, 1748 Rn. 11 mwN und vom - XII ZB 85/22 - FamRZ 2022, 1647 Rn. 10 mwN).

21(2) Diesen rechtlichen Maßstäben wird die angegriffene Entscheidung gerecht.

22(a) Zunächst hat das Beschwerdegericht das Vorliegen der Voraussetzungen des § 1820 Abs. 3 Nr. 1 BGB rechtsfehlerfrei auf der Grundlage eines psychiatrischen Sachverständigengutachtens (vgl. BeckOK FamFG/Günter [Stand: ] § 281 Rn. 11) festgestellt. Hiergegen erinnert auch die Rechtsbeschwerde nichts.

23(b) Ebenfalls keinen rechtlichen Bedenken begegnet die Annahme des Beschwerdegerichts, der Beteiligte zu 2 könne die Angelegenheiten der Betroffenen hinsichtlich etwaiger Rückforderungsansprüche wegen der Zuwendungen im Juli 2018 nicht entsprechend der Vereinbarung oder dem erklärten oder mutmaßlichen Willen der Betroffenen besorgen (§§ 1815 Abs. 3, 1820 Abs. 3 Nr. 2 BGB). Da die Betroffene für die Behandlung etwaiger Herausgabe- oder Ersatzansprüche gegen den Bevollmächtigten nach den getroffenen Feststellungen keine Weisungen erteilt hat, ist ihr mutmaßlicher Wille maßgeblich, der sich mangels individueller Anhaltspunkte nach ihren objektiven Bedürfnissen richtet. Soweit das Beschwerdegericht davon ausgeht, es entspreche bereits mit Blick auf die Höhe eines etwaigen Rückforderungsanspruchs dem objektiven Bedürfnis der Betroffenen, einen solchen Anspruch gegen den Bevollmächtigten zu prüfen und gegebenenfalls geltend zu machen, ist dies aus rechtsbeschwerderechtlicher Sicht nicht zu beanstanden.

24(c) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde tragen die beschwerdegerichtlichen Feststellungen auch den Schluss, die Einrichtung einer Kontrollbetreuung sei aufgrund eines Interessenkonflikts erforderlich. Denn der Beteiligte zu 2 hätte zur Wahrnehmung der Interessen der Betroffenen zu ermitteln, ob ihr ein etwaiger Rückforderungsanspruch in Höhe von insgesamt 900.000 € gegen ihn zusteht, und diesen Anspruch erforderlichenfalls gegen sich selbst geltend zu machen. Daraus resultiert nicht erst im Falle des Bestehens eines solchen Anspruchs, sondern bereits für die Prüfung und Ausermittlung des Anspruchs - nicht zuletzt mit Blick auf seine Höhe - ein erheblicher Interessenkonflikt, der es rechtfertigt, eine Kontrollbetreuung einzurichten.

25Zwar geht die Rechtsbeschwerde im rechtlichen Ausgangspunkt zutreffend davon aus, dass die bloße Möglichkeit oder abstrakte Gefahr eines Interessenkonflikts, wie sie etwa im Falle der Befreiung des Bevollmächtigten von den Beschränkungen des § 181 BGB gegeben sein kann, nicht ausreichend ist, um die Erforderlichkeit einer Kontrollbetreuung zu bejahen (vgl. Senatsbeschlüsse vom - XII ZB 368/19 - FamRZ 2020, 629 Rn. 14 ff. mwN und vom - XII ZB 666/11 - FamRZ 2012, 871 Rn. 14). Dies bedeutet indes nicht, dass ein Interessenkonflikt wegen eines möglichen Rückforderungsanspruchs bereits sicher feststehen muss. Erforderlich, aber auch ausreichend ist vielmehr eine gewisse Wahrscheinlichkeit von Ansprüchen und Rechten der Betroffenen gegenüber dem Bevollmächtigten. Die weitere Ausermittlung und Verfolgung dieser Ansprüche kann dem Kontrollbetreuer überlassen werden (vgl. Senatsbeschlüsse vom - XII ZB 273/22 - FamRZ 2023, 157 Rn. 10 und vom - XII ZB 125/15 - FamRZ 2015, 2162 Rn. 14). Ausgehend hiervon ist aus rechtsbeschwerderechtlicher Sicht nichts dagegen zu erinnern, dass das Beschwerdegericht aufgrund des Vorbringens des Beteiligten zu 1 sowie der Berichte des Sozialpsychiatrischen Dienstes und der Betreuungsbehörde aus dem Jahr 2018 eine hinreichende Wahrscheinlichkeit für einen Rückforderungsanspruch der Betroffenen wegen der Zuwendungen im Juli 2018 angenommen und die weitere Prüfung der Kontrollbetreuerin überlassen hat.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2025:260325BXIIZB178.24.0

Fundstelle(n):
EAAAJ-89788