Instanzenzug: LG Darmstadt Az: 3 KLs 3/23
Gründe
1Das Landgericht hat den Angeklagten K. wegen „unerlaubten“ Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten, den Angeklagten L. wegen Beihilfe zum „unerlaubten“ Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten, die es zur Bewährung ausgesetzt hat, verurteilt. Das sichergestellte Marihuana hat das Landgericht eingezogen.
2Die hiergegen gerichteten und auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revisionen der Angeklagten haben den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen sind sie unbegründet.
31. Nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen handelte der Angeklagte K. gemeinsam mit seinem nichtrevidierenden Bruder mit Marihuana. Der Angeklagte L. unterstützte die Brüder hierbei, indem er ihnen ab dem eine von ihm angemietete Garage zur Verfügung stellte, die die Brüder fortan zur Lagerung des von ihnen vertriebenen Marihuanas nutzten. Am wurden in der Garage insgesamt 9.951,5 Gramm Marihuana mit einem Wirkstoffgehalt von 1.652 Gramm THC sichergestellt. Hiervon waren 100 Gramm zum Eigenkonsum durch den Bruder des Angeklagten K. bestimmt.
42. Der Schuldspruch bedarf in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO der aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Änderung, weil am das Gesetz zum Umgang mit Konsumcannabis vom (KCanG, BGBl. I Nr. 109) in K. getreten ist und die neue Rechtslage bei dem nach § 2 Abs. 3 StGB in Verbindung mit § 354a StPO gebotenen konkreten Gesamtvergleich im Einzelfall für die Angeklagten günstiger ist als die Rechtslage nach dem Tatzeitrecht.
5Soweit das Landgericht in Bezug auf den Angeklagten K. einen minder schweren Fall des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge bejaht und die Strafe dem Strafrahmen des § 29a Abs. 2 StGB entnommen hat, kann der Senat angesichts der großen Handelsmenge trotz deren Sicherstellung ausschließen, dass das Landgericht die Regelwirkung des § 34 Abs. 3 Satz 1 KCanG verneint und die Strafe dem milderen Strafrahmen des § 34 Abs. 1 KCanG entnommen hätte. Gleichfalls kann der Senat ausschließen, dass das Landgericht zugunsten des Angeklagten L. bei Anwendung des Konsumcannabisgesetzes den Strafrahmen des § 34 Abs. 3 Satz 1 KCanG nicht nur (wie den des § 29a Abs. 2 BtMG) nach §§ 27, 49 StGB gemildert hätte, sondern vom Entfallen der Regelwirkung mit der Folge ausgegangen wäre, dass die Strafe § 34 Abs. 1 KCanG zu entnehmen gewesen wäre (anderer Sachverhalt , Rn. 11).
6Gleichwohl ist eine Schuldspruchänderung veranlasst, weil das Landgericht zur Anwendung des § 29a Abs. 2 BtMG nur unter Vorwegnahme der gesetzgeberischen Entscheidung zugunsten einer milderen Bestrafung auf der Grundlage des kommenden Konsumcannabisgesetzes gelangt ist. Der Senat ändert die Schuldsprüche so, dass darin die Wertung des Landgerichts, bei dem kommenden Konsumcannabisgesetz handele es sich um das mildere Gesetz, klar zum Ausdruck kommt. Zugleich bringt der Senat im Schuldspruch zum Ausdruck, dass sich der Angeklagte K. hinsichtlich der zum Eigenkonsum durch seinen Bruder vorgesehenen 100 Gramm Marihuana tateinheitlich dazu des Besitzes von Cannabis schuldig gemacht hat (vgl. , Rn. 10).
7§ 265 Abs. 1 StPO steht der Änderung der Schuldsprüche nicht entgegen, da sich die Angeklagten nicht wirksamer als geschehen hätten verteidigen können.
83. Die Strafaussprüche haben keinen Bestand. Denn das Landgericht hat nicht bedacht, dass die erfolgte Sicherstellung von Rauschmitteln – jedenfalls in Bezug auf solche, die zum Weiterverkauf bestimmt waren – wegen des damit verbundenen Wegfalls der von diesen üblicherweise ausgehenden Gefahr für die Allgemeinheit einen bestimmenden Strafzumessungsgrund zugunsten der Angeklagten darstellt (st. Rspr.; vgl. nur , NStZ 2021, 54 Rn. 4 mwN). Der Senat kann nicht ausschließen, dass die Strafkammer mildere Strafen gegen die Angeklagten verhängt hätte, wenn sie diesen Umstand schuldmindernd berücksichtigt hätte.
94. Im Umfang der Aufhebung bedarf die Sache neuer Verhandlung und Entscheidung. Die Feststellungen sind von dem Aufhebungsgrund nicht betroffen und können bestehen bleiben (§ 353 Abs. 2 StPO); sie können um solche ergänzt werden, die den bisher getroffenen nicht widersprechen.
Menges Zeng Meyberg
Zimmermann Herold
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2025:090125B2STR379.24.0
Fundstelle(n):
MAAAJ-89460