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BGH Beschluss v. - 2 ARs 77/25

Gründe

1Das Amtsgericht Mainz – Jugendrichterin – und das Amtsgericht Offenbach – Jugendrichter – streiten über die Zuständigkeit für die weitere Verhandlung und Entscheidung in einer Jugendstrafsache.

21. Die Staatsanwaltschaft Mainz hat gegen den seinerzeit in Mainz wohnhaften jugendlichen Angeklagten unter dem Anklage wegen gefährlicher Körperverletzung zum Amtsgericht Mainz – Jugendrichterin – erhoben. Nach Anklageerhebung ist der Angeklagte nach Heusenstamm, gelegen im Amtsgerichtsbezirk Offenbach am Main, verzogen. In der Hauptverhandlung vom , zu der sieben Zeugen geladen waren, hat das Amtsgericht Mainz vier Mitangeklagte rechtskräftig verurteilt, gegen den Angeklagten hat es das Verfahren gemäß § 47 JGG gegen Auflagen eingestellt.

3Wegen Nichterfüllung der Auflagen hat das Amtsgericht Mainz das Verfahren mit Beschluss vom wieder aufgenommen und mit Beschluss vom gemäß § 42 Abs. 3 JGG mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft an das Amtsgericht Offenbach am Main – Jugendrichter – abgegeben. Dieses hat die Übernahme – weil nicht sachdienlich – abgelehnt und das Verfahren dem Bundesgerichtshof als gemeinschaftlichem oberen Gericht zur Zuständigkeitsbestimmung vorgelegt.

42. Der Bundesgerichtshof ist für die Entscheidung des zwischen den Jugendgerichten bestehenden Streites gemäß § 42 Abs. 3 Satz 2 JGG als gemeinschaftliches oberes Gericht berufen, weil die Amtsgerichte Mainz und Offenbach am Main in den Bezirken verschiedener Oberlandesgerichte liegen.

53. Zwar liegen die Voraussetzungen für eine Abgabe gemäß § 42 Abs. 3 Satz 1 JGG vor, weil der Angeklagte seinen Aufenthaltsort nach Anklageerhebung gewechselt hat. Die Abgabe des Verfahrens an das Amtsgericht Offenbach am Main ist jedoch nicht sachgerecht. Der Generalbundesanwalt hat hierzu ausgeführt:

„Wenngleich der Angeklagte seinen Aufenthaltsort mittlerweile gewechselt hat, erweist sich die Abgabe als unzweckmäßig. So hat sich das Amtsgericht Mainz im Rahmen des abgeschlossenen Verfahrens gegen die weiteren Mitangeklagten bereits umfangreiche Erkenntnisse über die zugrunde liegende Tat verschaffen können. Eine Neubefassung des Amtsgerichts Offenbach am Main wäre demgegenüber mit einer erheblichen Verzögerung und einem erhöhten Aufwand verbunden (vgl. BeckOK JGG/Wellershoff, 35. Ed. , JGG § 42 Rn. 23; Eisenberg/Kölbel JGG, 22. Aufl. 2021, JGG § 42 Rn. 19c). Sollte sich der Angeklagte nicht (erneut) geständig einlassen, müssten zudem die im Zuständigkeitsbereich des Amtsgerichts Mainz wohnhaften Zeugen zur Hauptverhandlung nach Offenbach am Main anreisen. Ferner ist – worauf das Amtsgericht Offenbach am Main zutreffend hinweist – in den Blick zu nehmen, dass für den mittlerweile 20-jährigen Angeklagten das Amtsgericht Mainz ohne größeren Kosten- und Zeitaufwand gut zu erreichen ist (vgl. Senat, Beschluss vom – 2 ARs 142/20, Rn. 6). Aufgrund der Volljährigkeit des Angeklagten tritt ferner der erzieherisch relevante Gesichtspunkt der Entscheidungsnähe des für den Wohnsitz zuständigen Gerichts zurück (vgl. Senat, Beschluss vom – 2 ARs 268/23, Rn. 7 m.w.N.).“

6Dem schließt sich der Senat an.

Menges                         Appl                         Zeng

                Grube                       Schmidt

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2025:120325B2ARS77.25.0

Fundstelle(n):
HAAAJ-89291