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BAG Urteil v. - 5 AZR 51/24

Vergütung von Pausenzeiten (TV-Ärzte/VKA) - Betriebsvereinbarung über flexible Arbeitszeiten - Überstundenvergütungsprozess - Darlegungslast Überstundenleistung und Veranlassung der Überstundenleistung durch den Arbeitgeber - Tarifauslegung

Instanzenzug: Az: 7 Ca 2490/20 Urteilvorgehend Landesarbeitsgericht Saarland Az: 2 Sa 82/21 Urteil

Tatbestand

1Die Parteien streiten über die Vergütung von Mehrarbeit, insbesondere darüber, ob die Klägerin Pausen in Anspruch genommen hat.

2Die Klägerin war von September 2017 bis August 2019 zuletzt auf Grundlage des Arbeitsvertrags vom in der Abteilung Neurochirurgie des von der Beklagten betriebenen Klinikums als Assistenzärztin beschäftigt. Ihre wöchentliche Arbeitszeit betrug 30 Stunden. Sie verteilte sich nach dem für die Klägerin erstellten Dienstplan auf jeweils sechs Stunden montags bis freitags von 07:30 Uhr bis 13:30 Uhr und entsprach 75 % der durchschnittlichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit einer Vollzeitbeschäftigten. Für das Arbeitsverhältnis galt kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit der Tarifvertrag für Ärztinnen und Ärzte an kommunalen Krankenhäusern im Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände vom (TV-Ärzte/VKA). Die Klägerin war zur Leistung von Mehrarbeit und Überstunden verpflichtet. Ihr monatliches Grundgehalt betrug zuletzt 4.768,25 Euro brutto.

3Gemäß § 9 Abs. 4 TV-Ärzte/VKA sind die Arbeitsstunden, die teilzeitbeschäftigte Ärztinnen und Ärzte über die vereinbarte regelmäßige Arbeitszeit hinaus bis zur regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von vollbeschäftigten Ärztinnen und Ärzten leisten, Mehrarbeit. Überstunden sind nach § 9 Abs. 5 TV-Ärzte/VKA die über die im Rahmen der regelmäßigen Arbeitszeit von vollbeschäftigten Ärztinnen und Ärzten auf Anordnung des Arbeitgebers hinaus geleis-teten Arbeitsstunden. Überstunden werden nach § 11 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a TV-Ärzte/VKA mit einem Zuschlag von 15 % je Stunde vergütet. Für Mehrarbeit wird dieser Zuschlag nicht gezahlt. § 14 TV-Ärzte/VKA lautete idF bis zum (aF):

4Seit lautet die Tarifnorm bei gleichbleibender Überschrift:

5Die Arbeitszeit der Beschäftigten wird mittels eines elektronischen Zeiterfassungs- und Dienstplansystems auf einem Arbeitszeitkonto erfasst. Der Zeiterfassung liegt eine Rahmenvereinbarung „Betriebsvereinbarung über flexible Arbeitszeiten“ vom (BV Arbeitszeit) zugrunde, die zum gekündigt wurde. Eine nachfolgende Betriebsvereinbarung wurde nicht abgeschlossen. Gemäß § 3 Nr. 3 Satz 1 BV Arbeitszeit ist zur Pausendokumentation die Benutzung des Erfassungsterminals nicht erforderlich, wenn damit ein unverhältnismäßig hoher Zeitaufwand verbunden ist und die Pause im Umfang der gesetzlichen Mindestpausenzeit am Arbeitsplatz oder innerhalb einer bereichsweise definierten Festpausenzeit am Arbeitsplatz genommen wird. Festpausenzeit ist gemäß § 3 Nr. 3 Satz 3 BV Arbeitszeit die Zeit von 12:00 Uhr bis 12:30 Uhr. Nach § 3 Nr. 3 Satz 5 BV Arbeitszeit wird die erbrachte Arbeitszeit bei mehr als sechs Stunden um 30 Minuten und bei mehr als neun Stunden um 45 Minuten verringert, wenn die Beschäftigten Beginn und Ende der Pause nicht dokumentiert haben oder die Pause die genannten Werte unterschreitet. Der automatische Pausenabzug wird in der Arbeitszeitdokumentation mit dem Kürzel PA_A gekennzeichnet, während von den Beschäftigten tatsächlich mittels der Zeiterfassungsterminals gebuchte Pausen das Kürzel PA_D tragen. Können Pausen aus nicht vorhersehbaren dienstlichen Umständen nicht genommen werden, erfolgt nach § 3 Nr. 3 Satz 7 BV Arbeitszeit eine Anrechnung nach entsprechender Begründung des Beschäftigten und Bestätigung des Vorgesetzten.

6Von September 2018 bis August 2019 arbeitete die Klägerin über die geschuldete Arbeitszeit hinaus. Die Mehrarbeit wurde von der Beklagten vergütet, allerdings wurden automatisch Pausen im Umfang von insgesamt 59 Stunden und drei Minuten abgezogen. Deren Vergütung machte die Klägerin mit E-Mails vom und vom sowie mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom gegenüber der Beklagten erfolglos geltend.

7Mit ihrer Klage hat die Klägerin die Vergütung dieser Zeiten als Überstunden verlangt. Sie hat behauptet, sie habe tatsächlich gearbeitet und Pausen nicht nehmen können. Dies sei der Beklagten bekannt gewesen und von ihr geduldet worden. Aufgrund der Teilzeittätigkeit sei eine Pause zunächst nicht vorgesehen gewesen. Erst wenn sich im Laufe des Tages ergeben habe, dass sie länger als sechs Stunden werde arbeiten müssen, hätte sie eine Pause machen müssen. Dann aber sei die Festpausenzeit bereits verstrichen gewesen. Sie hat gemeint, § 14 TV-Ärzte/VKA führe für die Vergütung von Mehrarbeit zu einer abgestuften Darlegungs- und Beweislast. Die Zeiten nicht gewährter Pausen seien als Überstunden mit dem tariflichen Zuschlag zu vergüten. Die Differenzierung zwischen Mehrarbeit und Überstunden widerspreche insoweit unionsrechtlichen Vorgaben.

8Die Klägerin hat beantragt,

9Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und gemeint, die Klägerin habe weder dargelegt, überhaupt Mehrarbeit geleistet zu haben, noch dass diese durch die Beklagte veranlasst oder geduldet worden sei. Nach der BV Arbeitszeit habe sie von 12:00 Uhr bis 12:30 Uhr wirksam eine Pause gewährt. § 14 TV-Ärzte/VKA habe keine Auswirkungen auf die Vergütung, auch nicht im Sinne einer Beweislastumkehr. Überstundenzuschläge seien für Mehrarbeit nicht geschuldet.

10Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen, das Landesarbeitsgericht die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit ihrer vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Zahlungsbegehren weiter, während die Beklagte die Zurückweisung der Revision beantragt.

Gründe

11Die zulässige Revision der Klägerin ist begründet. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung kann ihre Berufung gegen das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts nicht zurückgewiesen werden. Die Annahme des Berufungsgerichts, die Klägerin habe ihrer Darlegungslast zur Leistung von Überstunden sowie zu deren Veranlassung durch die Beklagte nicht genügt, ist nicht frei von Rechtsfehlern.

12I. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts hat die Klägerin die Leistung der geltend gemachten Mehrarbeit schlüssig dargelegt.

131. Verlangt der Arbeitnehmer Arbeitsvergütung für Überstunden, hat er darzulegen und - im Bestreitensfall - zu beweisen, dass er Arbeit in einem die vertragliche Normalarbeitszeit übersteigenden zeitlichen Umfang verrichtet hat. Dabei genügt der Arbeitnehmer seiner Darlegungslast, wenn er schriftsätzlich vorträgt, an welchen Tagen er von wann bis wann Arbeit geleistet oder sich auf Weisung des Arbeitgebers zur Arbeit bereitgehalten hat. Mit dem Vortrag, zu bestimmten Zeiten gearbeitet zu haben, behauptet der Arbeitnehmer regelmäßig zugleich, während der genannten Zeiten die vertraglich geschuldete Arbeitsleistung erbracht zu haben. Das ist für die erste Stufe der Darlegung ausreichend (vgl.  - Rn. 15, BAGE 178, 25; - 5 AZR 474/21 - Rn. 24). Auf diesen Vortrag muss der Arbeitgeber im Rahmen einer abgestuften Darlegungslast substantiiert erwidern (§ 138 Abs. 2 ZPO) und im Einzelnen vortragen, welche Arbeiten er dem Arbeitnehmer zugewiesen hat, und an welchen Tagen der Arbeitnehmer von wann bis wann diesen Weisungen - nicht - nachgekommen ist. Trägt er nichts vor oder lässt er sich nicht substantiiert ein, gelten die vom Arbeitnehmer vorgetragenen Arbeitsstunden gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden (st. Rspr., sh. nur  - aaO mwN).

142. Die Klägerin hat nach diesen Grundsätzen schlüssig dargelegt, dass sie Arbeit in einem die vertragliche Normalarbeitszeit übersteigenden zeitlichen Umfang verrichtet hat. Sie hat mit der schriftsätzlichen Auflistung der im Zeiterfassungs- und Dienstplansystem der Beklagten erfassten Arbeitszeiten für jeden Tag des Streitzeitraums angegeben, von wann bis wann sie gearbeitet haben will. Hieraus ergeben sich für den Zeitraum von September 2018 bis August 2019 59 Stunden und drei Minuten Mehrarbeit. Die Klägerin hat vorgetragen, sie habe - bis auf die tatsächlich in Anspruch genommenen und vom Zeiterfassungssystem unter dem Kürzel PA_D erfassten Pausenzeiten - keinerlei Pausen gemacht. Damit hat sie behauptet, sämtliche von ihr angegebenen Zeiten einschließlich der Zeiten, für welche die Beklagte unter dem Kürzel PA_A automatisch Pausen abgezogen hat, seien zu vergütende Arbeitszeiten (vgl.  - Rn. 16, BAGE 178, 25).

153. Die Beklagte hat sich hierzu nicht in der nach § 138 Abs. 2 ZPO gebotenen Art und Weise erklärt. Sie hat vielmehr mit Nichtwissen bestritten, dass die Klägerin durchgehend gearbeitet hat und in der Zeit von 12:00 Uhr bis 12:30 Uhr oder zu einer anderen Zeit innerhalb der vom Zeiterfassungs- und Dienstplansystem erfassten Anwesenheitszeiten eine Pause nicht in Anspruch nehmen konnte. Das genügt auch unter Berücksichtigung ihres Vortrags zur Erfassung der Pausen im Zeiterfassungssystem nicht den prozessualen Anforderungen an einen hinreichend konkreten Sachvortrag. Den technischen Aufzeichnungen im Zeiterfassungssystem der Beklagten ist bis auf die Zeiten, zu denen die Klägerin nach eigenen Angaben Pausen tatsächlich in Anspruch genommen und im Zeiterfassungssystems dokumentiert hat, die tatsächliche Inanspruchnahme von Pausen nicht zu entnehmen. Die streitigen Pausenzeiten sind in dem Zeiterfassungssystem der Beklagten lediglich als automatisch abgezogene Pausen erfasst worden, ohne dass die Klägerin in diesen Zeiten das Zeiterfassungssystem genutzt hat. Konkreten Vortrag zu den Arbeiten, die sie der Klägerin zugewiesen hat und an welchen Tagen, zu welchen Zeiten die Klägerin tatsächlich nicht gearbeitet haben soll, weil sie Pausen in Anspruch genommen habe, hat die Beklagte nicht gehalten. Ein Bestreiten mit Nichtwissen (§ 138 Abs. 4 ZPO) genügt nicht, denn hierbei handelt es sich um Tatsachen, die Gegenstand der eigenen Wahrnehmung der Beklagten waren. Sie weiß als Arbeitgeberin, welche Aufgaben sie der Klägerin in Ausübung ihres Weisungsrechts (§ 106 GewO) zu welchen Zeiten innerhalb ihres Aufgabenbereichs zugewiesen hat. Der automatische Abzug von Pausenzeiten ersetzt nicht den Tatsachenvortrag zur Gewährung und Inanspruchnahme der Pausen. Damit gilt der Sachvortrag der Klägerin, sie habe auch während der Festpausenzeit gearbeitet, nach § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden.

16II. Die Klage kann zudem nicht mit der Begründung des Landesarbeitsgerichts abgewiesen werden, die Klägerin habe nicht dargelegt, dass die Leistung der Mehrarbeit durch die Beklagte veranlasst war. Das Berufungsgericht hat insoweit die Anforderungen an die Darlegungslast der Klägerin überspannt.

171. Erbringt der Arbeitnehmer Arbeit in einem die vertragliche Normalarbeitszeit übersteigenden zeitlichen Umfang, ist der Arbeitgeber zu deren Vergütung nur verpflichtet, wenn er die Leistung von Überstunden veranlasst hat oder sie ihm zumindest zuzurechnen ist. Der Arbeitgeber muss sich Leistung und Vergütung von Überstunden nicht aufdrängen lassen und der Arbeitnehmer kann nicht durch überobligatorische Arbeit seinen Vergütungsanspruch selbst bestimmen. Es ist vielmehr grundsätzlich Sache des Arbeitgebers, im Rahmen der vertraglichen Vereinbarungen und seines Direktionsrechts nach § 106 GewO dem Arbeitnehmer in qualitativer und quantitativer Hinsicht die zu erbringende Arbeitsleistung zuzuweisen. Für die arbeitgeberseitige Veranlassung und Zurechnung als - neben der Überstundenleistung - weitere Voraussetzung eines Anspruchs auf Überstundenvergütung müssen Überstunden vom Arbeitgeber angeordnet, gebilligt, geduldet oder jedenfalls zur Erledigung der geschuldeten Arbeit notwendig gewesen sein (st. Rspr., vgl. nur  - Rn. 18 mwN, BAGE 178, 25). Auch für diese Voraussetzung trägt der Arbeitnehmer die Darlegungs- und Beweislast (vgl.  - aaO; - 5 AZR 474/21 - Rn. 30).

182. Am Erfordernis der arbeitgeberseitigen Veranlassung und Zurechnung von Überstunden ist auch vor dem Hintergrund der Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union zur Pflicht des Arbeitgebers zur Einrichtung eines Systems zur Erfassung der täglichen effektiven Arbeitszeit ( - [Loredas]; - C-55/18 - [CCOO]) und der Entscheidung des Ersten Senats des - 1 ABR 22/21 - BAGE 179, 51) festzuhalten. Die Pflicht zur Messung der Arbeitszeit hat keine Auswirkungen auf die Darlegungs- und Beweislast im Überstundenvergütungsprozess (im Einzelnen hierzu  - Rn. 22 ff., BAGE 178, 25; zust. H. Hanau RdA 2023, 115, 116; Holler jurisPR-ArbR 40/2022 Anm. 1 unter C; Fink NZA-RR 2022, 556; Bauer ArbRAktuell 2022, 285; Fuhltrott GWR 2022, 310; aA P. Hanau/Temming FS Henssler 2023 S. 193, 209 ff.; vgl. auch  - Rn. 47, BAGE 179, 51).

193. Die Darlegung einer Überstundenleistung und die Darlegung ihrer arbeitgeberseitigen Veranlassung können nicht stets strikt voneinander getrennt betrachtet werden, sie können sich vielmehr im Einzelfall auch „überlappen“ und gegenseitig bedingen. Hat der Arbeitnehmer die Leistung von Überstunden substantiiert vorgetragen und die in den betrieblichen Verhältnissen liegenden Ursachen des Überschreitens der Normalarbeitszeit behauptet, macht er zugleich - und im Rahmen einer abgestuften Darlegungslast zunächst ausreichend - geltend, die Überstundenleistung sei zur Erledigung der ihm obliegenden Arbeiten erforderlich und damit zumindest konkludent angeordnet gewesen. Es ist dann Sache des Arbeitgebers, konkret darzulegen, aus welchen Gründen die vom Arbeitnehmer vorgebrachten Ursachen für die Überstundenleistung nicht vorgelegen hätten oder aus welchen Gründen der Arbeitnehmer gleichwohl die ihm obliegenden Arbeiten in der Normalarbeitszeit hätte verrichten können ( - Rn. 33).

204. Entgegen der Auffassung der Revision bewirken weder § 14 TV-Ärzte/VKA aF noch § 14 Satz 2 TV-Ärzte/VKA in der seit dem geltenden Fassung eine Veränderung oder Umkehr der Grundsätze der Darlegungs- und Beweislast für die Veranlassung der Überstunden. Die Vorschrift hat in beiden Fassungen allein arbeitsschutzrechtliche Bedeutung für die verpflichtende Arbeitszeitdokumentation. Dies hat das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt.

21a) Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags, die in der Revisionsinstanz in vollem Umfang überprüfbar ist, folgt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Auszugehen ist zunächst vom Tarifwortlaut. Zu erforschen ist der maßgebliche Sinn der Erklärung, ohne am Buchstaben zu haften. Dabei sind der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und damit der von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Tarifnorm mit zu berücksichtigen, soweit sie in den tariflichen Normen ihren Niederschlag gefunden haben. Auch auf den tariflichen Gesamtzusammenhang ist abzustellen. Verbleiben noch Zweifel, können weitere Kriterien berücksichtigt werden. Im Zweifel ist die Tarifauslegung zu wählen, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Lösung führt (st. Rspr., zB  - Rn. 14; - 5 AZR 48/22 - Rn. 19).

22b) Nach diesen Grundsätzen führt § 14 TV-Ärzte/VKA aF nicht zu einer Veränderung der Darlegungs- und Beweislast für die Veranlassung von Überstunden. Die Vorschrift in ihrer ursprünglichen Fassung hat arbeitsschutzrechtliche Bedeutung und keine Auswirkungen auf die Vergütungspflicht von Arbeitszeit.

23aa) Dies legt bereits der Wortlaut der tariflichen Regelung nahe. Ausweislich der Überschrift regelt § 14 TV-Ärzte/VKA aF die Arbeitszeitdokumentation. Die Vorschrift trifft weder eine Bestimmung über die Arbeitszeit noch über die Darlegungs- und Beweislast im Fall der Leistung von Überstunden.

24bb) Gegen eine Regelung der Darlegungs- und Beweislast für die Vergütung von Überstunden spricht die Tarifsystematik. Überstunden sind nach § 9 Abs. 5 und 6 TV-Ärzte/VKA solche Arbeitsstunden, die „auf Anordnung“ des Arbeitgebers über die im Rahmen der regelmäßigen Arbeitszeit von vollbeschäftigten Ärztinnen und Ärzten hinaus geleistet werden. Eine Pflicht zur Dokumentation der Arbeitszeit lässt das Erfordernis der Anordnung nicht entfallen. § 11 Abs. 1 TV-Ärzte/VKA regelt Zeitzuschläge für Sonderformen der Arbeit wie Überstunden und Nachtarbeit in Abhängigkeit von „tatsächlicher Arbeitsleistung“ und nicht aufgrund von „Arbeitszeit“. Zudem zeigt § 12 TV-Ärzte/VKA, der das Bereitschaftsdienstentgelt regelt, dass nicht jede Anwesenheitszeit in gleicher Höhe vergütet wird. Für Zeiten des Bereitschaftsdienstes wird die anfallende Arbeitsleistung je nach Intensität, dh. in Abhängigkeit von der erfahrungsgemäß durchschnittlich anfallenden Arbeitsleistung, in unterschiedlichem Maße als anteilige Arbeitszeit gewertet.

25cc) Für diese Auslegung sprechen auch der Sinn und Zweck des § 14 TV-Ärzte/VKA aF. Die Dokumentation der Arbeitszeiten der Ärztinnen und Ärzte hat in der Regel arbeitsschutzrechtliche und nicht vergütungsrechtliche Bedeutung (vgl.  - Rn. 23 ff., BAGE 178, 25; sh. auch  - [CCOO] zur unionsrechtlichen Verpflichtung zur Erfassung der Arbeitszeit nach der Richtlinie 2003/88/EG). Dies gilt auch für die auf § 3 Abs. 2 Nr. 1 ArbSchG gestützte Verpflichtung zur Aufzeichnung von Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit ( - Rn. 42 ff., BAGE 179, 51; Schaub ArbR-HdB/Linck 20. Aufl. § 69 Rn. 17). Sowohl die unionsrechtlichen als auch die nationalen Rechtsgrundlagen für die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung verfolgen allein arbeitsschutzrechtliche Ziele. Eine weitergehende Zwecksetzung muss in der Regelung, die die Dokumentationspflicht beim einzelnen Arbeitgeber regelt, deutlich zum Ausdruck kommen. Das ist bei § 14 TV-Ärzte/VKA aF nicht der Fall.

26dd) Die Tarifgeschichte führt zu keinem anderen Auslegungsergebnis. Soweit die Klägerin geltend macht, eine tarifliche Regelung der Erfassung der Arbeitszeit zu Vergütungszwecken sei zentrale Forderung des Ärztestreiks des Marburger Bundes im Jahr 2006 gewesen, ändert das an dem Auslegungsergebnis nichts. Dagegen spricht bereits, dass eine einseitige Tarifforderung noch kein Tarifergebnis ist. Die Forderung der Gewerkschaftsseite hat weder im Wortlaut noch im tariflichen Gesamtzusammenhang des abgeschlossenen Tarifvertrags Niederschlag gefunden.

27c) § 14 Satz 2 TV-Ärzte/VKA in der seit dem geltenden Fassung kann ebenfalls keine Umkehr der Darlegungs- und Beweislast für die Veranlassung von Überstunden entnommen werden. Denn auch die neue Vorschrift hat keine Auswirkungen auf die Vergütungspflicht von Arbeitszeit, sondern lediglich arbeitsschutzrechtliche Bedeutung. Dies ergibt die Auslegung des § 14 Satz 2 TV-Ärzte/VKA.

28aa) Die Überschrift zu § 14 TV-Ärzte/VKA lautet unverändert „Arbeitszeitdokumentation“. Der geänderte Satz 1 der Vorschrift bestimmt weiterhin die Art und Weise der Erfassung der Anwesenheitszeiten der Ärztinnen und Ärzte. Diese muss so erfolgen, dass „… die gesamte Anwesenheit am Arbeitsplatz dokumentiert ist“. Durch das Adverb „dabei“, mit welchem Satz 2 der Vorschrift beginnt, wird ein Bezug zu der in Satz 1 geregelten Arbeitszeitdokumentation hergestellt. „Dabei“ stellt ein Synonym für „bei dieser Sache, Angelegenheit“ dar (Duden Das Bedeutungswörterbuch 5. Aufl. Stichwort „dabei“). Bei der Arbeitszeiterfassung im Rahmen der Arbeitszeitdokumentation soll die gesamte Anwesenheit abzüglich der tatsächlich geleisteten Pausen als Arbeitszeit gelten. Über die Vergütung dieser Zeiten trifft § 14 TV-Ärzte/VKA keine Aussage.

29bb) Auch der Gesamtzusammenhang des seit dem geltenden Tarifvertrags spricht gegen eine Regelung der Darlegungs- und Beweislast für Überstunden. Dies gilt insbesondere unter Berücksichtigung der Protokollerklärungen zu § 14 TV-Ärzte/VKA.

30(1) Die Protokollerklärung Nr. 1 zu § 14 TV-Ärzte/VKA nimmt ausdrücklich Bezug auf ein Überschreiten der täglichen Höchstarbeitszeit von zehn Stunden, bei welchem der Arbeitgeber die Angabe von Gründen für die Überschreitung verlangen kann. Die Einhaltung von Höchstarbeitszeiten erlangt aber nur aus Gründen des Gesundheitsschutzes und damit in arbeitsschutzrechtlicher Hinsicht Bedeutung.

31(2) Die Protokollerklärung Nr. 2 zu § 14 TV-Ärzte/VKA trifft dagegen eine Regelung zur Darlegungs- und Beweislast. Diese gilt allerdings lediglich für die private Veranlassung von Tätigkeiten der Ärztinnen und Ärzte nach § 14 Satz 3 TV-Ärzte/VKA. Für dienstlich veranlasste Überstunden trifft die Protokollerklärung Nr. 2 zu § 14 TV-Ärzte/VKA dagegen gerade keine Regelung der Darlegungs- und Beweislast.

32(a) Nach § 4 TV-Ärzte/VKA gehören zu den allgemeinen Pflichten der Ärztinnen und Ärzte neben der Haupttätigkeit auch Nebentätigkeiten, wie bspw. die Erteilung von Unterricht oder die Anfertigung von Gutachten, gutachterlichen Äußerungen und wissenschaftlichen Ausarbeitungen. Diese Arbeiten können ebenfalls im Rahmen einer zugelassenen Nebentätigkeit der leitenden Ärztin/ des leitenden Arztes anfallen. Diese Nebentätigkeiten sind dienstlich veranlasst. Daneben sieht § 14 Satz 3 TV-Ärzte/VKA die Erbringung von rein privaten Tätigkeiten und von Nebentätigkeiten vor, die keine Dienstaufgaben sind. Nebentätigkeiten können damit sowohl durch den Arbeitgeber als auch den Arbeitnehmer veranlasst sein. Diese Erweiterung der Arbeitsaufgaben erschwert es, die Einhaltung der Arbeitszeiten der Ärztinnen und Ärzte im Rahmen der Nebentätigkeiten zu überblicken und auf etwaige Verstöße gegen das Arbeitszeitgesetz hin prüfen zu können. Dennoch unterliegt der Arbeitsschutz und damit die Einhaltung der Arbeitszeiten weiterhin dem arbeitgeberseitigen Verantwortungsbereich. Dem trägt die Protokollerklärung Nr. 2 zu § 14 TV-Ärzte/VKA Rechnung und weist dem Arbeitgeber für die private Veranlassung der Nebentätigkeiten die Darlegungs- und Beweislast zu.

33(b) Daraus wird deutlich, dass die Tarifvertragsparteien das Problem der Darlegungs- und Beweislast im Zusammenhang mit der Erbringung der Tätigkeiten der Ärztinnen und Ärzte gesehen haben und für den Fall privat veranlasster Tätigkeiten auch regeln wollten. Für die Leistung und Veranlassung von Überstunden haben sie dagegen keine Regelung der Darlegungs- und Beweislast getroffen. Dies wäre aber in Anbetracht der ausdrücklichen Regelung in der Protokollerklärung Nr. 2 zu § 14 TV-Ärzte/VKA zu erwarten gewesen.

34(3) Dieses Verständnis des § 14 TV-Ärzte/VKA wird durch den tariflichen Gesamtzusammenhang bestätigt. Wie bereits in der bis zum geltenden Fassung definieren § 9 Abs. 5 und 6 TV-Ärzte/VKA Überstunden weiterhin als Arbeitsstunden, die „auf Anordnung“ des Arbeitgebers über die im Rahmen der regelmäßigen Arbeitszeit von vollbeschäftigten Ärztinnen und Ärzten hinaus geleistet werden. Auch § 11 Abs. 1 TV-Ärzte/VKA gilt inhaltlich im Wesentlichen unverändert und regelt Zeitzuschläge für Überstunden in Abhängigkeit von der „tatsächlichen Arbeitsleistung“. Aus § 12 TV-Ärzte/VKA wird weiter deutlich, dass nicht jede Anwesenheitszeit in gleicher Höhe vergütet wird.

35cc) Zweck des § 14 TV-Ärzte/VKA ist weiterhin die Arbeitszeitdokumentation, die seit dem zwar inhaltlich umfassender, aber nicht mit einer geänderten Zwecksetzung geregelt ist. Die Konkretisierung der Pflichten zur Arbeitszeitdokumentation in § 14 TV-Ärzte/VKA stellt eine Umsetzung der unionsrechtlichen Pflichten zur Erfassung der Arbeitszeit dar (Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese TVöD Stand November 2024 Teil IIa TV-Ärzte/VKA § 14 Rn. 8). Wie § 14 TV-Ärzte/VKA aF verwendet § 14 TV-Ärzte/VKA weiterhin den arbeitsschutzrechtlichen Begriff der Arbeitszeit iSd. Richtlinie 2003/88/EG und des § 2 Abs. 1 ArbZG. Die tarifvertragliche Regelung von Arbeitszeiten zum Zwecke des Arbeitsschutzes stellt entgegen der Revision auch keine sinnentleerte Vorschrift dar. Der Arbeitsschutz wird nicht allein über die Normen des Arbeitszeitgesetzes vermittelt. § 7 ArbZG lässt abweichende Regelungen in einem Tarifvertrag oder aufgrund eines Tarifvertrags in einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung ausdrücklich zu. Von dieser Möglichkeit haben die Tarifvertragsparteien zB bei der Verlängerung der Arbeitszeit als Bereitschaftsdienst in § 10 Abs. 2 TV-Ärzte/VKA Gebrauch gemacht. Zudem regelt § 16 Abs. 2 ArbZG nach seinem Wortlaut lediglich die Verpflichtung des Arbeitgebers, die über die werktägliche Arbeitszeit des § 3 Satz 1 ArbZG hinausgehende Arbeitszeit der Arbeitnehmer aufzuzeichnen.

365. Unter Berücksichtigung der aufgezeigten Grundsätze sind die weiteren Ausführungen des Berufungsgerichts zur Veranlassung der Überstunden nicht frei von Rechtsfehlern. Die Klägerin hat zur Darlegung der arbeitgeberseitigen Veranlassung der Mehrarbeitsleistungen nicht - wie vom Landesarbeitsgericht verlangt - in jedem Einzelfall gesondert vorzutragen, welche Arbeiten sie genau zu den Pausenzeiten erbracht haben will und wer angeordnet haben soll, dass sie die Pause nicht nimmt. Auch der Umstand, dass die Klägerin „nie ein Korrekturformular ausfüllte“, schließt eine Billigung oder Duldung der Mehrarbeit nicht von vornherein aus.

37a) Entgegen der Auffassung der Revision folgt eine Billigung der Mehrarbeitsleistung jedoch nicht bereits daraus, dass für die Beklagte durch die Zeiterfassung erkennbar war, wann bei der Klägerin ein automatischer Pausenabzug erfolgte. Denn dem automatischen Pausenabzug lässt sich nicht entnehmen, ob die Klägerin die Arbeit tatsächlich für eine Pause unterbrochen oder ohne Inanspruchnahme einer Pause durchgearbeitet und damit im Ergebnis Mehrarbeit geleistet hat.

38b) Das Berufungsgericht hat zu Unrecht darauf abgestellt, die Beklagte habe mit der Bestimmung der Festpausenzeit von 12:00 Uhr bis 12:30 Uhr in § 3 Nr. 3 BV Arbeitszeit Vorkehrungen getroffen, die der unterbliebenen Inanspruchnahme der Pausen durch die Klägerin entgegenwirkten.

39aa) Ein solcher Schluss käme allenfalls dann in Betracht, wenn die Pausenregelung der BV Arbeitszeit auch das Arbeitsverhältnis der teilzeitbeschäftigten Klägerin erfassen würde. Dies ist jedoch nicht der Fall. Nach dem Arbeitsvertrag schuldete die Klägerin die Erbringung von 30 Wochenarbeitsstunden, die sie nach ihrem von der Beklagten für sie persönlich erstellten Dienstplan montags bis freitags von 07:30 Uhr bis 13:30 Uhr erbrachte. Bei einer nicht mehr als sechs Stunden dauernden Arbeitszeit sieht § 3 Nr. 3 BV Arbeitszeit - wie auch § 4 ArbZG - die Unterbrechung der Arbeitszeit für eine Ruhepause nicht vor. Eine abweichende Regelung enthält die BV Arbeitszeit nicht. Sie enthält keine Bestimmung zur Durchführung von Pausen für den Fall, dass ein Teilzeitbeschäftigter zu der definierten Festpausenzeit noch gar nicht erkennen kann, dass er an diesem Arbeitstag eine Pause in Anspruch nehmen muss. Der Schluss des Landesarbeitsgerichts, aufgrund der Häufigkeit der anfallenden Mehrarbeitstage sei für die Klägerin stets absehbar gewesen, dass sie länger als die eingeplanten sechs Stunden arbeiten werde, ist - wie bereits dargestellt - unzutreffend. Das Berufungsgericht berücksichtigt zudem nicht, dass sich die Beklagte ihrerseits widersprüchlich verhielt. Denn sie hat in Kenntnis und Billigung der von der Klägerin geleisteten Mehrarbeit über das im Dienstplan festgesetzte tägliche Arbeitsende von 13:30 Uhr hinaus gegenüber der Klägerin keine Pausenanordnungen getroffen, obwohl die Pausenregelung in der BV Arbeitszeit die Klägerin nach dem von der Beklagten aufgestellten Dienstplan nicht erfasste.

40bb) Auch der Umstand, dass die Klägerin die Nichtinanspruchnahme der Pausen nicht nach § 3 Nr. 3 Satz 7 BV Arbeitszeit begründet hat, lässt nicht den Schluss zu, sie habe während der Festpausenzeit jeweils eine Pause in Anspruch genommen. Wie bereits dargestellt, regelte die BV Arbeitszeit gerade nicht die Pausengewährung für Teilzeitbeschäftigte mit einer Arbeitszeit von bis zu sechs Stunden täglich. Nach § 3 Nr. 3 Satz 7 BV Arbeitszeit hat eine Begründung des Beschäftigten für die unterbliebene Inanspruchnahme der Pause und eine Bestätigung des Vorgesetzten jedoch nur dann zu erfolgen, wenn Pausen aus nicht vorhersehbaren dienstlichen Gründen nicht genommen werden. Dies setzt aber voraus, dass für den Beschäftigten nach seiner vertraglich geschuldeten Arbeitszeit und seinem persönlichen Dienstplan Pausen vorgesehen sind. Das war bei der Klägerin gerade nicht der Fall. Durch die Möglichkeit einer Korrektur der Zeiterfassung entfiel damit nicht die Pflicht der Beklagten, gegenüber der Klägerin Pausenanordnungen zu treffen, die sie in die Lage versetzen, die Pausen auch tatsächlich in Anspruch zu nehmen.

41c) Dies zugrunde gelegt hat die Klägerin für Tage, an denen sie wusste oder erkennen konnte, dass sie mehr als die arbeitsvertraglich geschuldeten und nach dem Dienstplan festgelegten sechs Stunden zu arbeiten hat, darzulegen, welche Tätigkeiten ihr durch die Beklagte übertragen wurden und dass die Mehrarbeit durch die Beklagte angeordnet, gebilligt, geduldet oder jedenfalls zur Erledigung der geschuldeten Arbeit notwendig gewesen ist. Diese allgemeinen Grundsätze dürfen nach der Senatsrechtsprechung freilich nicht gleichsam schematisch angewandt werden, sondern bedürfen stets der Berücksichtigung der im jeweiligen Streitfall zu verrichtenden Tätigkeit und der konkreten betrieblichen Abläufe ( - Rn. 37, BAGE 178, 25). Das hat zur Folge, dass die Klägerin - anders als vom Landesarbeitsgericht angenommen - nicht für jeden einzelnen Tag der Mehrarbeit die Umstände der arbeitgeberseitigen Veranlassung konkret aufzuzeigen hat. Erforderlich, aber auch ausreichend ist, wenn sie unter Berücksichtigung der besonderen Situation der neurochirurgischen Station im Klinikum darlegt, dass aufgrund der Übertragung sich wiederholender Tätigkeiten und Aufgaben, wie bspw. Operationen, typischer Abläufe oder der Übertragung besonderer Aufgaben, die geltend gemachte Mehrarbeit durch ihre Vorgesetzten angeordnet, gebilligt oder geduldet wurde oder zumindest zur Erledigung der geschuldeten Aufgaben ohne die Möglichkeit der Inanspruchnahme einer Pause erforderlich war.

42d) Kommt die Klägerin insoweit ihrer Darlegungslast nach, hat die Beklagte sich ihrerseits nach § 138 Abs. 2 ZPO zu erklären und substantiiert darzulegen, weshalb die Klägerin gleichwohl die Möglichkeit hatte, eine Pause im Umfang von mindestens 30 Minuten in Anspruch zu nehmen. Die Beklagte war unter Berücksichtigung der vereinbarten Arbeitszeitdauer der Klägerin und der geltenden betrieblichen Arbeitszeitregelungen verpflichtet, durch entsprechende organisatorische Vorkehrungen sicherzustellen, dass die Klägerin die gesetzlichen Pausenzeiten in Anspruch nehmen konnte. Dabei ist zu beachten, dass der Zweck von Ruhepausen (insbesondere Erholung, Regeneration und Nahrungsaufnahme) in der Regel verlangt, die Pausen nicht direkt an den Anfang oder kurz vor das Ende der Arbeitszeit zu legen (vgl.  - Rn. 20 mwN). Weiter ist zu berücksichtigen, dass die Beklagte die Mehrarbeit an sich zumindest gebilligt und die über die geschuldete Arbeitszeit der Klägerin hinausgehenden Mehrarbeitszeiten bereits vergütet hat. Der Senat hat bereits entschieden, dass ein Arbeitgeber die Anordnung von Überstunden nicht pauschal bestreiten kann, wenn ein Arbeitnehmer für die Erledigung der ihm übertragenen Aufgaben eine bestimmte Zeit benötigt und sie nur unter Leistung von Überstunden ausführen kann (vgl. für die Touren eines Kraftfahrers  - Rn. 32, BAGE 157, 347). Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitnehmer in einem Fall wie diesen vorträgt, er habe deshalb auch keine Pausen in Anspruch nehmen können.

43III. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (vgl. § 561 ZPO). Die erhobenen Ansprüche auf Mehrarbeitsvergütung sind aufgrund der Geltendmachung mit E-Mails vom und vom sowie mit Schreiben vom nicht nach § 37 TV-Ärzte/VKA verfallen.

44IV. Die aufgezeigten Rechtsfehler führen zur Aufhebung des Berufungsurteils (§ 562 Abs. 1 ZPO) und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Auf Grundlage der bisherigen tatsächlichen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts kann der Senat nicht endentscheiden.

451. Nachdem das Landesarbeitsgericht zu Unrecht angenommen hat, die Klägerin sei schon ihrer Darlegungslast zur Leistung der behaupteten Mehrarbeitsstunden nicht nachgekommen, gebietet es das Gebot eines fairen Verfahrens, den Parteien im fortgesetzten Berufungsverfahren die Möglichkeit zu eröffnen, unter Berücksichtigung des Revisionsurteils weiter substantiiert vorzutragen (vgl.  - Rn. 40 mwN).

462. Gelangt das Landesarbeitsgericht zu der Überzeugung, die Klägerin habe die streitgegenständliche Mehrarbeit auf Veranlassung der Beklagten geleistet, wird es unter Berücksichtigung der Entscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen Union vom (- C-184/22 und C-185/22 - [KfH Kuratorium für Dialyse und Nierentransplantation]) und des - 8 AZR 370/20 -) zu entscheiden haben, ob die unterbliebene Zahlung eines Zuschlags für Mehrarbeit in Höhe des Zuschlags für Überstunden gegen das Verbot der Diskriminierung Teilzeitbeschäftigter (§ 4 Abs. 1 TzBfG) verstößt.

47V. Im fortgesetzten Berufungsverfahren wird das Landesarbeitsgericht auch über die Kosten der Revision zu entscheiden haben.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BAG:2025:120225.U.5AZR51.24.0

Fundstelle(n):
FAAAJ-88541