Wahlleistungsvereinbarung, Wahlarzt, Stellvertretung
Leitsatz
Wahlleistungsvereinbarung, Wahlarzt, Stellvertretung
Eine auf Initiative des Krankenhausträgers beziehungsweise eines Wahlarztes getroffene Wahlleistungsvereinbarung mit dem Inhalt, dass wahlärztliche Leistungen ohne besondere Bedingungen durch einen anderen Arzt als Vertreter des Wahlarztes ausgeführt werden, ist nichtig.
Gesetze: § 134 BGB, § 630a BGB, § 17 KHEntgG
Instanzenzug: Az: 8 S 2/23 Urteilvorgehend Az: 98 C 2742/22
Tatbestand
1Die Klägerin betreibt ein Krankenhaus. Sie nimmt die Beklagte auf Vergütung wahlärztlicher Leistungen in Anspruch.
2Die Beklagte wurde am wegen einer hochgradigen Neuroforamenstenose stationär in dem Krankenhaus der Klägerin aufgenommen. Sie erhielt eine "Patienteninformation bei wahlärztlichen Leistungen" und schloss mit der Klägerin noch am gleichen Tag eine Wahlleistungsvereinbarung. Zudem unterzeichneten ein Mitarbeiter der Klägerin und die Beklagte eine "Patientenerklärung zur Vertretung des Wahlarztes", die auszugsweise wie folgt lautet:
"Von mir wird die stationäre Behandlung in der St. F. GmbH unter Inanspruchnahme wahlärztlicher Leistungen gewünscht.
Ich bin in diesem Zusammenhang durch den Krankenhausmitarbeiter Frau/Herrn [es folgt ein handschriftlich eingetragener Name] darüber informiert worden, dass mir in der Orthopädischen Klinik II Wirbelsäulenchirurgie hinsichtlich der Erbringung dieser wahlärztlichen Leistungen folgende Wahlmöglichkeiten zur Verfügung stehen:
• zunächst kann ich die vorgesehene stationäre ärztliche Behandlung unter Inanspruchnahme wahlärztlicher Leistungen in der Weise vornehmen lassen, dass Herr Prof. Dr. med. L. als Wahlarzt den bei mir vorgesehenen operativen Eingriff persönlich durchführt (Variante Nr. 1),
• die vorgesehene stationäre ärztliche Behandlung kann ich unter Inanspruchnahme wahlärztlicher Leistungen auch dergestalt durchführen lassen, dass in Vertretung von Herrn Prof. Dr. med. L. Frau/Herr [handschriftlich eingetragen: 'Dr. S. ] tätig wird. Entscheide ich mich für diese Möglichkeit, ist von mir an die St. F. GmbH ein wahlärztliches Honorar in gleicher Weise wie im Falle der persönlichen Leistungserbringung durch diesen selbst zu entrichten (Variante Nr. 2),
• die vorgesehene stationäre ärztliche Behandlung kann ich ferner unter Verzicht auf die Inanspruchnahme wahlärztlicher Leistungen als allgemeine Krankenhausleistung, d.h. durch die allgemein für meine Behandlung zur Gewährleistung einer medizinisch zweckmäßigen und ausreichenden Versorgung vorgesehenen diensthabenden Ärzte der Orthopädischen Klinik II Wirbelsäulenchirurgie durchführen lassen. Entscheide ich mich für diese Möglichkeit, sind wahlärztliche Honorare von mir nicht zu entrichten. Mein Recht zur Inanspruchnahme nicht-ärztlicher Wahlleistungen (z.B. Unterbringung im Ein- oder Zweibettzimmer) bleibt hiervon unberührt (Variante Nr. 3).
In Kenntnis dieser Möglichkeiten habe ich mich dazu entschlossen, von der nachstehend angekreuzten Variante Gebrauch zu machen:
3Nummer 2 wurde handschriftlich angekreuzt.
4Am Folgetag wurde die Beklagte von Dr. S. operiert. Die u. GmbH stellte ihr "im Auftrag von St. F. GmbH Prof. Dr. med. U. L. " für die "Wahlleistung Wahlarzt" einen - der Höhe nach unstreitig zutreffend nach der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) ermittelten - Betrag in Höhe von 3.300,87 € in Rechnung, den die Beklagte nicht beglich.
5Das Amtsgericht hat die auf Zahlung des Rechnungsbetrags nebst Zinsen gerichtete Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht das amtsgerichtliche Urteil abgeändert und die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 3.300,87 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem zu zahlen. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
Gründe
6Die zulässige Revision der Beklagten hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückweisung der Berufung der Klägerin gegen das die Klage abweisende erstinstanzliche Urteil.
I.
7Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung (8 S 2/23, veröffentlicht bei juris) im Wesentlichen ausgeführt:
8Die Klägerin habe einen Anspruch auf die eingeforderte Vergütung aus dem mit der Beklagten geschlossenen Dienstvertrag. Im Streit stehe lediglich, ob sich die Klägerin auf die mit der Beklagten getroffene Wahlarztvereinbarung berufen und die im Rahmen des stationären Aufenthalts erbrachten Leistungen als Wahlleistungen abrechnen könne. Dies sei der Fall.
9Die Vertragserklärungen seien nicht nach §§ 134, 138 BGB nichtig. Zwar könne im Grundsatz eine Wahlleistungsvereinbarung nur in der Form getroffen werden, dass der gesondert liquidationsberechtigte (Chef-)Arzt die Behandlung persönlich erbringen müsse. Werde ein anderer Arzt als (originärer und nicht derivativer, das heißt nach Einzelweisungen des Chefarztes arbeitender) Behandler vorgesehen, sei die Vereinbarung nach § 134 BGB in Verbindung mit § 17 Abs. 3 Satz 1 KHEntgG nichtig. Dies hindere allerdings nicht grundsätzlich daran, den ständigen ärztlichen Vertreter des Chefarztes anstelle des Chefarztes als originären Behandler vorzusehen.
10Die Parteien hätten eine Individualvereinbarung getroffen, nach welcher der Leitende Oberarzt Dr. S. die elektive Operation der Beklagten habe durchführen und diese Leistungen nach Wahlarztgrundsätzen hätten abgerechnet werden dürfen. Der Fall weise die Besonderheit auf, dass die Parteien unstreitig nicht vereinbart hätten, dass Dr. S. nur bei tatsächlicher Verhinderung des Chefarztes habe tätig werden dürfen. Die Übertragung der Behandlung auf den Leitenden Oberarzt sei gleichwohl wirksam. Zwar erscheine die Frage, ob es inhaltlicher Voraussetzungen für eine individualvertragliche Übertragung der Leistung auf den Stellvertreter bedürfe, ob also der Chefarzt tatsächlich (warum auch immer) verhindert sein müsse oder nicht, beziehungsweise ob Anforderungen an den Grund der Übertragung der Wahlarztaufgaben an den Vertreter zu stellen seien, bislang höchstrichterlich nicht geklärt. Aus Sicht der Kammer überzeuge für den vorliegenden Fall indes die Haltung, dass für eine wirksame Wahlleistungsvereinbarung, die einen Vertreter als Behandler bestimme, keine konkreten Anforderungen an den Grund der Verhinderung des Chefarztes bestünden, und eine "gewünschte Stellvertretung", also eine ohne inhaltliche Voraussetzungen für den Vertretungsfall vereinbarte Wahlleistungserbringung durch einen Vertreter des Wahlarztes, möglich sei.
11Zwar umfasse der Wortlaut des § 17 Abs. 3 Satz 1 KHEntgG die direkte Abrechnung einer Leistung eines Vertreters des Wahlarztes nicht. Es entspreche jedoch der historischen Auslegung, dass der Gesetz- beziehungsweise Verordnungsgeber auf diesem Wege kein gesetzliches Verbot (§ 134 BGB) für die Liquidation einer durch den ständigen ärztlichen Vertreter eines Chefarztes erbrachten Leistung als Wahlleistung habe statuieren wollen; im Gegenteil habe er dies weiter erlauben wollen. Dieser Grundhaltung folgend enthielten in systematischer Hinsicht weder § 17 Abs. 3 KHEntgG noch die Gebührenordnung für Ärzte Vorgaben, aus denen abgeleitet werden könne, dass die Abrechnung der Leistung eines ständigen ärztlichen Vertreters nach Chefarztgrundsätzen nur unter bestimmten inhaltlichen Voraussetzungen (also zum Beispiel nur in bestimmten Vertretungsfällen) erlaubt sei. Schließlich folge aus dem Sinn und Zweck des § 17 Abs. 3 KHEntgG kein Bedarf, eine gewillkürte Behandlung durch den ständigen ärztlichen Vertreter unter Abrechnung nach der Gebührenordnung für Ärzte als unzulässig einzustufen.
12Die Geltendmachung der Forderung widerspreche nicht Treu und Glauben (§ 242 BGB analog). Der Beklagten sei schon im Zuge der Anmeldung zur stationären Aufnahme aufgezeigt worden, dass sie nicht durch den Chefarzt, sondern durch den Leitenden Oberarzt habe operiert werden sollen. Ihr seien die nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs geforderten drei Handlungsoptionen (Verzicht auf Wahlleistung, Bestehen auf persönlicher Behandlung durch den Chefarzt, Einverständnis mit Operation durch den Vertreter) ohne erkennbare Beeinflussung angeboten worden.
II.
13Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
141. Die Revision ist allerdings nicht schon deshalb begründet, weil das Berufungsurteil eine den Vorschriften der § 313 Abs. 2 Satz 1, § 525 Satz 1, § 540 Abs. 1 Satz 1 ZPO genügende Darstellung der von den Parteien im Berufungsverfahren gestellten Anträge vermissen ließe. Zwar fehlt es an einer wörtlichen Wiedergabe der Berufungsanträge. Aus der Entscheidungsformel sowie der tatbestandlichen Darstellung der Rechtsmitteleinlegung und des Parteivorbringens geht jedoch hinreichend deutlich hervor, dass die in erster Instanz unterlegene Klägerin ihr Klagebegehren in der Berufungsinstanz in vollem Umfang weiterverfolgt hat (vgl. , VersR 2021, 1260 Rn. 12 und vom - VIa ZR 844/22, juris Rn. 7; jew. mwN).
152. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerhaft einen vertraglichen Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte auf Zahlung der in Rechnung gestellten Vergütung für wahlärztliche Leistungen bejaht. Die Klägerin ist nicht berechtigt, die von Dr. S. erbrachten Leistungen gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 KHEntgG als Wahlleistungen neben den Entgelten für die voll- und teilstationäre Behandlung gesondert zu berechnen, weil es insoweit an einer wirksamen Wahlleistungsvereinbarung fehlt.
16a) Gemäß § 1 Abs. 1 KHEntgG werden die voll- und teilstationären Leistungen der sogenannten DRG-Krankenhäuser (Abrechnung der allgemeinen Krankenhausleistungen hauptsächlich nach Fallpauschalen, siehe § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KHEntgG) nach dem Krankenhausentgeltgesetz und dem Krankenhausfinanzierungsgesetz vergütet. Unter den Oberbegriff der Krankenhausleistungen fallen nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 KHEntgG allgemeine Krankenhausleistungen und Wahlleistungen. Detailregelungen zu den ärztlichen Wahlleistungen und ihrer Abrechnung enthält § 17 KHEntgG. Gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 KHEntgG müssen sich (ärztliche und nichtärztliche) Wahlleistungen von den allgemeinen Krankenhausleistungen im Sinne des § 2 Abs. 2 KHEntgG unterscheiden und eine gesonderte Berechnung mit dem Krankenhausträger vereinbart sein. § 17 Abs. 2 KHEntgG enthält formelle Anforderungen an eine solche Wahlleistungsvereinbarung. § 17 Abs. 3 KHEntgG regelt die Modalitäten und die Abrechnung der "Wahlleistung Arzt" (vgl. Senat, Urteil vom - III ZR 325/17, NJW 2019, 1519 Rn. 27 mwN).
17Die "Wahlleistung Arzt" hat zum Gegenstand, dass dem Patienten - gegen Zahlung eines zusätzlichen Honorars - die Behandlung durch bestimmte leitende oder besonders qualifizierte Ärzte in jedem Fall zuteil wird, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob dies im Einzelfall aus medizinischen Gründen notwendig oder zweckmäßig ist (Senat, Urteile vom - III ZR 85/14, BGHZ 202, 365 Rn. 16 und vom aaO Rn. 15; jew. mwN). Die Begrenzung von ärztlichen Wahlleistungen auf einen bestimmten Wahlarzt ist rechtlich nicht möglich. Gemäß § 17 Abs. 3 Satz 1 KHEntgG erstreckt sich eine Vereinbarung über wahlärztliche Leistungen auf alle an der Behandlung des Patienten beteiligten angestellten oder beamteten Ärzte des Krankenhauses, soweit diese zur gesonderten Berechnung ihrer Leistungen im Rahmen der voll- und teilstationären Behandlung sowie einer vor- und nachstationären Behandlung (§ 115a SGB V) berechtigt sind (sog. interne Wahlarzt- oder Liquidationskette). Einbezogen werden ferner von diesen Ärzten veranlasste Leistungen von Ärzten und ärztlich geleiteten Einrichtungen außerhalb des Krankenhauses (§ 17 Abs. 3 Satz 1 letzter Halbsatz KHEntgG; sog. externe Wahlarzt- oder Liquidationskette; vgl. Senat, Urteil vom aaO mwN).
18b) Daran gemessen kann die Klägerin die gesonderte Abrechnung der Leistungen von Dr. S. nicht auf die Wahlleistungsvereinbarung stützen, die die Parteien bei der Krankenhausaufnahme der Beklagten zunächst geschlossen haben. Er ist in dieser Wahlleistungsvereinbarung weder als Wahlarzt noch in zulässiger Weise als Vertreter von Prof. Dr. L. aufgeführt (vgl. Senat, Urteil vom aaO Rn. 17 f).
19c) Die unter der Bezeichnung "Patientenerklärung zur Vertretung des Wahlarztes" getroffene Vereinbarung beinhaltet zwar einen Vertrag, durch den die Wahlleistungsvereinbarung geändert wird (vgl. Senat, Urteil vom - III ZR 144/07, BGHZ 175, 76 Rn. 19). Diese Änderung verstößt jedoch gegen § 17 Abs. 3 Satz 1 KHEntgG und ist deshalb nichtig.
20aa) Das Berufungsgericht hat die von den Parteien getroffene Vertretervereinbarung dahingehend ausgelegt, dass Dr. S. die Operation der Beklagten auf der Grundlage einer "gewünschten Stellvertretung" durchführen durfte und seine Leistung nach Wahlarztgrundsätzen abgerechnet werden durften, ohne dass Prof. Dr. L. tatsächlich verhindert war. Dementsprechend hat es die Wirksamkeit der Vereinbarung danach beurteilt, ob es inhaltlicher Voraussetzungen für eine individualvertragliche Übertragung der Wahlleistung auf einen Vertreter bedarf, wie etwa der Verhinderung des Wahlarztes.
21Diese tatrichterliche Auslegung des Berufungsgerichts ist für den Senat bindend. Sie kann revisionsrechtlich nur darauf überprüft werden, ob gesetzliche oder allgemein anerkannte Auslegungsregeln, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verletzt sind, wesentlicher Auslegungsstoff außer Acht gelassen worden ist oder die Auslegung auf mit der Revision gerügten Verfahrensfehlern beruht (st. Rspr.; zB Senat, Urteil vom - III ZR 545/16, WM 2017, 1800 Rn. 18; , WM 2025, 174 Rn. 30; jew. mwN). Solche Mängel werden von den Parteien nicht geltend gemacht und liegen auch nicht vor.
22Nach Maßgabe dieser Auslegung erübrigt sich der Streit der Parteien darüber, ob Prof. Dr. L. aus tragfähigen Gründen "verhindert" gewesen ist, die Beklagte persönlich zu behandeln, und inwiefern die Beklagte hiervon Kenntnis hatte. Für die Frage, ob die Klägerin die Leistungen von Dr. S. als wahlärztliche Leistungen gesondert berechnen durfte, kommt es darauf an, ob eine Vertreterregelung in einer Vereinbarung über wahlärztliche Leistungen wirksam ist, welche die Ausführung der Wahlleistung ohne besondere Bedingungen dem ständigen ärztlichen Vertreter des Wahlarztes überträgt. Dies ist entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts jedenfalls dann nicht der Fall, wenn - wie hier - die "gewünschte Stellvertretung" auf Initiative des Krankenhausträgers beziehungsweise des Wahlarztes vereinbart wird.
23bb) Eine auf Initiative des Krankenhausträgers beziehungsweise eines Wahlarztes getroffene Wahlleistungsvereinbarung mit dem Inhalt, dass wahlärztliche Leistungen ohne besondere Bedingungen durch einen anderen Arzt als Vertreter des Wahlarztes ausgeführt werden, verstößt gegen § 17 Abs. 3 Satz 1 KHEntgG und ist deshalb gemäß § 134 BGB nichtig (vgl. Walter, jurisPR-MedizinR 1/2023 Anm. 4, C.; aA LG Regensburg, Urteil vom - 23 S 63/21, juris Rn. 10, 13 ff; , juris Rn. 34; Andreas, ArztR 2009, 172, 177; Jenschke, GesR 2015, 136, 142 f; Bender, MedR 2022, 886, 887 ff; Clausen, ZMGR 2024, 237, 245 ff). Es kann deshalb auf sich beruhen, ob das Berufungsgericht zutreffend von einer Individualvereinbarung ausgegangen ist.
24(1) § 17 Abs. 3 Satz 1 KHEntgG ist eine zwingende preisrechtliche Schutzvorschrift zugunsten des Patienten (vgl. Senat, Urteil vom aaO Rn. 25 mwN). Sie soll entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht nur sicherstellen, dass die vom Krankenhaus sowieso gegenüber dem Patienten geschuldeten allgemeinen Krankenhausleistungen nicht nach der Gebührenordnung für Ärzte abgerechnet werden können. Zwar geht es dem Patienten bei Abschluss einer Wahlleistungsvereinbarung in erster Linie darum, sich über den ohnehin geschuldeten Facharztstandard hinaus die Leistung hochqualifizierter Spezialisten des Krankenhauses gegen ein zusätzliches Entgelt "hinzuzukaufen" (Senat, Urteil vom aaO Rn. 30 mwN). Dessen ungeachtet ist Gegenstand der durch § 17 Abs. 3 Satz 1 KHEntgG ermöglichten "Wahlleistung Arzt" die Behandlung des Patienten durch bestimmte Wahlärzte. Der Patient schließt eine Wahlleistungsvereinbarung im Vertrauen auf die herausgehobene medizinische Kompetenz des Wahlarztes, die er sich in Sorge um seine Gesundheit gegen Bezahlung einer gesonderten Vergütung sichern will (Senat, Urteile vom aaO Rn. 7, 9 und vom - III ZR 255/17, NJW 2018, 2117 Rn. 25 mwN). Darüber hinaus geht es dem Patienten, der ärztliche Wahlleistungen in Anspruch nimmt, neben einer besonderen Qualifikation auch um die persönliche Zuwendung und die Erfahrung des vom ihm gewählten Arztes (vgl. Senat, Urteile vom - III ZR 169/97, BGHZ 138, 91, 96 und vom aaO Rn. 16).
25§ 17 Abs. 3 Satz 1 KHEntgG bestimmt, welche Ärzte als Wahlarzt benannt werden können und auf welchen Personenkreis sich die Vereinbarung wahlärztlicher Leistungen erstreckt (Senat, Urteil vom aaO Rn. 27 mwN). Ist ein Arzt weder in der Wahlleistungsvereinbarung als Wahlarzt benannt noch von der in § 17 Abs. 3 Abs. 1 KHEntgG normierten Wahlarztkette erfasst, können seine Leistungen nicht als eigene Wahlleistungen liquidiert werden. Eine gesonderte Abrechnung durch einen liquidationsberechtigten Wahlarzt als wahlärztliche Leistungen im Sinne von § 17 Abs. 1 Satz 1 KHEntgG kommt nur unter der besonderen Voraussetzung in Betracht, dass sie als selbständige ärztliche Leistung (eigene Leistung) des Wahlarztes gelten (vgl. § 4 Abs. 2 GOÄ; dazu Senat, Urteil vom aaO Rn. 7). Anderenfalls handelt es sich um allgemeine Krankenhausleistungen, die mit den Entgelten nach §§ 7 f. KHEntgG abgegolten werden. Bei einer Abrechnung wahlärztlicher Leistungen durch einen Krankenhausträger aufgrund eines "totalen Krankenhausaufnahmevertrags" (vgl. dazu Senat, Urteil vom - III ZR 426/23, zur Veröffentlichung bestimmt) gilt dies entsprechend.
26(2) Eigene Leistungen des Wahlarztes im gebührenrechtlichen Sinne sind Leistungen, die er selbst erbracht hat oder die unter seiner Aufsicht nach fachlicher Weisung erbracht wurden (§ 4 Abs. 2 Satz 1 GOÄ). Gleiches gilt für einfache ärztliche und sonstige medizinische Verrichtungen, die er in zulässiger Weise delegiert hat. Die seine Disziplin prägende Kernleistung muss der Wahlarzt indessen grundsätzlich persönlich und eigenhändig erbringen (Senat, Urteil vom aaO; , NJW 2016, 3523 Rn. 15 mwN).
27Davon ausgehend hat der Senat entschieden, dass der Wahlarzt im Falle seiner Verhinderung die Kernleistung auf einen Vertreter übertragen darf, sofern er mit dem Patienten eine entsprechende Vereinbarung wirksam getroffen hat. Klauseln in einer formularmäßigen Wahlleistungsvereinbarung, durch die die einem Wahlarzt obliegende Leistung im Fall seiner Verhinderung durch einen Vertreter erbracht werden darf, sind nach der Senatsrechtsprechung allerdings nur wirksam, wenn sie auf die Fälle beschränkt sind, in denen die Verhinderung im Zeitpunkt des Abschlusses der Wahlleistungsvereinbarung nicht bereits feststeht und wenn als Vertreter der namentlich benannte ständige ärztliche Vertreter bestimmt ist (Senat, Urteil vom aaO Rn. 9 ff). In Bezug auf eine mögliche Individualvereinbarung bestehen besondere Aufklärungspflichten gegenüber dem Patienten, bei deren Verletzung dem Honoraranspruch des Wahlarztes der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegensteht (aaO Rn. 14 ff). Diese Rechtsprechung beruht bereits auf der Prämisse, dass die Berechnung wahlärztlicher Leistungen im Falle, dass der Wahlarzt durch einen Arzt vertreten wird, der nicht selbst Wahlarzt ist, nur unter besonderen Voraussetzungen zulässig ist.
28(3) Nach Maßgabe dieser Grundsätze ist die hier in Rede stehende Vertretungsregelung nicht mit § 17 Abs. 3 Satz 1 KHEntgG zu vereinbaren. Sie konterkariert den Kerngehalt einer Vereinbarung über wahlärztliche Leistungen, nämlich die persönliche Leistungserbringung durch den Wahlarzt. Obwohl der Patient, ohne dass dies an zusätzliche Voraussetzungen geknüpft wäre, vollständig durch einen Nicht-Wahlarzt behandelt wird, soll er gleichwohl die für die Behandlung durch den Wahlarzt vereinbarte besondere Vergütung zahlen. Ein schützenswertes Interesse des Krankenhausträgers beziehungsweise des liquidationsberechtigten Wahlarztes an einer solchen Abrechnungsmöglichkeit ist nicht erkennbar.
29(4) Aus den Vorschriften der Gebührenordnung für Ärzte folgt nichts anderes. Ihnen lassen sich entgegen der Auffassung der Revision die vertragsrechtlichen Anforderungen an eine wirksame Vertreterregelung nicht entnehmen. Abgesehen davon hat das Krankenhausentgeltgesetz als formelles Gesetz im Rahmen der Normenhierarchie Vorrang vor der Gebührenordnung für Ärzte (vgl. , BGHZ 238, 380 Rn. 37 zur HOAI).
303. Der Klägerin steht gegen die Beklagte schließlich kein Anspruch unter dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung zu. Die Nichtigkeit der Vertretungsregelung hat nicht zur Folge, dass die ärztliche Behandlung der Beklagten auf vertragsloser Grundlage geschah. Sie bewirkt lediglich, dass die erbrachten ärztlichen Leistungen nur als Leistung der Klägerin im Rahmen des zwischen den Parteien - wirksam - geschlossenen Krankenhausaufnahmevertrags anzusehen sind und deshalb nicht gesondert berechnet werden können (vgl. Senat, Urteile vom aaO S. 99 und vom - III ZR 58/02, NJW 2002, 3772).
III.
31Das Berufungsurteil kann hiernach keinen Bestand haben und ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden, weil die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung nur wegen einer Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und die Sache zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO).
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2025:130325UIIIZR40.24.0
Fundstelle(n):
XAAAJ-88480