Suchen
BGH Beschluss v. - 1 StR 281/24

Instanzenzug: LG Mannheim Az: 5 KLs 811 Js 8839/23

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in sechs Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt sowie die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 106.600 € angeordnet. Die gegen seine Verurteilung gerichtete Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts beanstandet, hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist sie unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).

21. a) In den Fällen II. 3. und II. 5. der Urteilsgründe (Handeltreiben mit Marihuana im April 2021, und zwar in einer Menge von zehn bzw. fünf Kilogramm mit einem Wirkstoffgehalt von jeweils mindestens10 %) ist der Schuldspruch an das am in Kraft getretene Gesetz zum Umgang mit Konsumcannabis vom (KCanG; BGBl. I Nr. 109) anzupassen (§ 2 Abs. 3 StGB iVm §§ 354a, 354 Abs. 1 StPO). Denn auf der Grundlage des gebotenen Gesamtvergleichs lässt die Anwendung der § 34 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 3 Satz 1, 2 Nr. 1 (gewerbsmäßig) und Nr. 4 (Überschreiten der Grenze zur nicht geringen Menge), § 1 Nr. 4 KCanG ein für den Angeklagten günstigeres Ergebnis zu. § 265 Abs. 1 StPO steht der – dem Angeklagten ohnehin günstigen – Änderung des Schuldspruchs nicht entgegen.

3Zur Auswirkung der Schuldspruchänderung auf die Strafzumessung hat der Generalbundesanwalt zutreffend ausgeführt:

„Während § 29a Abs. 1 BtMG einen Strafrahmen von einem bis 15 Jahren Freiheitsstrafe vorsieht, reicht der Strafrahmen des § 34 Abs. 3 KCanG von drei Monaten bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe. Die Einzelfreiheitsstrafe für Tat II. 3. bewegt sich mit vier Jahren und sechs Monaten an der obersten Grenze des § 34 Abs. 3 KCanG, diejenige für die Tat II. 5. im oberen Mittelfeld. In diesem Zusammenhang können auch die für die anderen Taten verhängten Einzelfreiheitsstrafen nicht aus dem Blick genommen werden. Der Senat wird deshalb nicht ausschließen können, dass das Landgericht, das die Einzelfreiheitsstrafen unter Anwendung des § 29a Abs. 1 BtMG festgesetzt hat, diese unter Anwendung des § 34 Abs. 3 KCanG nicht doch niedriger bemessen hätte. Die Aufhebung der vorgenannten Einzelfreiheitsstrafen muss den Wegfall der Gesamtstrafe nach sich ziehen. Der Aufhebung von Feststellungen bedarf es insoweit nicht (§ 353 Abs. 2 StPO).“

4b) Das nunmehr zur Strafzumessung berufene Tatgericht wird sich zudem zum Vollstreckungsstand des Strafbefehls vom zum Zeitpunkt des angefochtenen Urteils () zu verhalten haben.

52. Im Übrigen erweist sich die Revision aus den zutreffenden Erwägungen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts als erfolglos. Was die (zulässigen) Verfahrensrügen betrifft, mit welchen der Angeklagte die Verwertung von über die Messenger-App „Anom“ ausgetauschten Nachrichten beanstandet (§ 261 StPO), verweist der Senat auf sein Urteil vom – 1 StR 54/24 Rn. 10 ff. Der Umstand, dass mit dem Auswerten der kopierten Dateien weder anlasslos noch massenhaft überwacht wurde (vgl. dazu Rn. 31 ff.), wird durch weitere Feststellungen zur auf die Mobiltelefone aufgespielten App im angefochtenen Urteil erhärtet. Danach verfügten die Benutzer der Anom-Mobiltelefone neben der „normalen“ persönlichen Identifikationsnummer, um über die unverdächtig erscheinende Taschenrechnerfunktion auf die Kommunikationsplattform zu gelangen, über einen weiteren Code, bei dessen Verwenden – etwa im Fall eines polizeilichen Zugriffs – sämtliche Daten gelöscht wurden („Notfall“-Pin; UA S. 12). Weitere Funktionen hatten die Mobiltelefone nicht. Nach alledem bleibt es dabei, dass sich die Eingriffe in das Fernmeldegeheimnis des Art. 10 Abs. 1 GG und das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG als gering erweisen.

Jäger                         Fischer                         Wimmer

             Leplow                        Allgayer

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2025:210125B1STR281.24.0

Fundstelle(n):
IAAAJ-87983