Leitsatz
1. Der Bundesagentur für Arbeit ist es nicht zumutbar, die Kosten für eine Prozessführung des Insolvenzverwalters aufzubringen, wenn sie aufgrund von auf sie übergegangenen Ansprüchen einzelner Arbeitnehmer am Insolvenzverfahren beteiligt ist (Bestätigung von , ZIP 1990, 1490 f).
2. Die Möglichkeit, ein Erfolgshonorar zu vereinbaren, weil der Insolvenzverwalter im Einzelfall bei verständiger Betrachtung ohne die Vereinbarung eines Erfolgshonorars von der Rechtsverfolgung abgehalten würde, steht der Bewilligung von Prozesskostenhilfe für den Insolvenzverwalter nicht entgegen.
Gesetze: § 116 S 1 Nr 1 ZPO, § 4a Abs 1 S 1 Nr 3 RVG
Instanzenzug: OLG Frankfurt Az: 4 W 13/24 Beschlussvorgehend LG Frankfurt Az: 2-13 O 529/23
Gründe
1Mit Beschluss vom eröffnete das Insolvenzgericht das Insolvenzverfahren über das Vermögen der L. GmbH (im Folgenden: Schuldnerin) und bestellte den Antragsteller zum Insolvenzverwalter. Der Antragsteller begehrt Prozesskostenhilfe für eine vom ihm beabsichtigte Klage wegen Insolvenzanfechtung gegen die Antragsgegnerin mit einem voraussichtlichen Streitwert von 514.649,62 €.
2Zum Zeitpunkt des Eröffnungsbeschlusses des Insolvenzgerichts zeigte der Antragsteller Masseunzulänglichkeit an. Die Kosten des Rechtsstreits können wegen Unterdeckung nicht aus der Masse erbracht werden. Die Bundesagentur für Arbeit (im Folgenden: Bundesagentur) beansprucht aus übergegangenem Recht von früheren Arbeitnehmern der Schuldnerin wegen nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens von ihr im Rahmen der Gleichwohlgewährung erbrachter Arbeitslosengeldzahlungen die Erstattung eines Betrags von 3.121.211,72 € als Masseverbindlichkeit.
3Das Landgericht hat das Prozesskostenhilfegesuch abgelehnt. Das Oberlandesgericht hat die sofortige Beschwerde zurückgewiesen. Mit der von dem Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Antragsteller sein bisheriges Begehren weiter. Zudem beantragt er die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Rechtsbeschwerdeverfahren.
4Die aufgrund ihrer Zulassung durch das Beschwerdegericht gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO statthafte und auch ansonsten zulässige Rechtsbeschwerde führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht.
51. Das Beschwerdegericht, dessen Entscheidung unter anderem in NZI 2024, 788 abgedruckt ist, hat ausgeführt, die bisherige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wonach der Bundesagentur allgemein eine Prozessfinanzierung nicht zumutbar sei, sei überholt. Denn anders als noch nach § 61 Abs. 1 Nr. 1 KO sei die Bundesagentur nach der Insolvenzordnung keine privilegierte, vorrangig zu befriedigende Gläubigerin. Es könne auch nicht maßgeblich sein, dass von der Bundesagentur "sinnvolle" Zwecke im öffentlichen Interesse verfolgt würden. Vielmehr dürfe für die Bundesagentur nichts anderes als für den ebenfalls im öffentlichen Interesse handelnden Steuerfiskus gelten, für den der Bundesgerichtshof die Zumutbarkeit der Aufbringung von Prozesskosten für einen Rechtsstreit des Insolvenzverwalters bereits bejaht habe. Entsprechendes sei im Hinblick auf etwaige haushaltsrechtliche Schwierigkeiten wegen der Prozessfinanzierungskosten anzunehmen. Insoweit sei der Bundesagentur wie dem Fiskus eine entsprechende Vorsorge im Haushalt möglich. Schließlich entspreche es dem wohlverstandenen Interesse der Bundesagentur, auch gerade als Sachwalter fremder Interessen, ein kalkulierbares und möglicherweise lohnendes Risiko einzugehen. Maßgeblich sei wie bei allen Gläubigern ausschließlich die Zumutbarkeit der Kostenaufbringung im Einzelfall.
6Im Streitfall sei der Bundesagentur danach die Aufbringung von voraussichtlichen Prozesskosten in Höhe von 23.340,20 € (Gerichtskosten und eigene Rechtsanwaltskosten des Antragstellers) nach einem Streitwert von 514.649,62 € zumutbar, weil sie unter Berücksichtigung eines fünfzigprozentigen Prozess- und Vollstreckungsrisikos bei einem Erfolg der beabsichtigten Anfechtungsklage im Ergebnis das 3,2-Fache der aufzuwendenden Kosten aus der Masse erhielte.
72. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung im entscheidenden Punkt nicht stand.
8a) Die Rechtsbeschwerde ist zulässig. Insbesondere greift die Rechtsbeschwerde, indem sie sich allein mit der Frage der Zumutbarkeit der Kostenaufbringung durch die Bundesagentur auseinandersetzt, die tragenden Gründe der Entscheidung an. Anders als die Rechtsbeschwerdeerwiderung geltend macht, hat das Beschwerdegericht seine Entscheidung allein darauf gestützt, dass Prozesskostenhilfe zu versagen sei, weil der Bundesagentur als wirtschaftlich Beteiligten zuzumuten sei, die Kosten aufzubringen. Hingegen enthält die Entscheidung des Beschwerdegerichts keine - die Versagung der Prozesskostenhilfe selbständig tragende - Entscheidung dazu, ob die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg hat.
9b) Rechtsfehlerhaft verneint das Beschwerdegericht die Voraussetzungen des § 116 Satz 1 Nr. 1 ZPO. Danach erhält eine Partei kraft Amtes auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die Kosten aus der verwalteten Vermögensmasse nicht aufgebracht werden können und den am Gegenstand des Rechtsstreits wirtschaftlich Beteiligten nicht zuzumuten ist, die Kosten aufzubringen. Mit der Begründung des Beschwerdegerichts können diese Voraussetzungen nicht verneint werden.
10aa) Außer Frage steht zunächst, dass die Kosten nicht aus der Masse aufgebracht werden können. Hiervon ist bei Masseunzulänglichkeit - wie im Streitfall - grundsätzlich auszugehen (vgl. , WM 2007, 2201 Rn. 4 ff; vom - IX ZB 147/07, ZIP 2008, 944 Rn. 6). Geklärt ist in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zudem, dass grundsätzlich auch Massegläubiger am Gegenstand des Rechtsstreits wirtschaftlich Beteiligte im Sinne von § 116 Satz 1 Nr. 1 ZPO sein können (vgl. , ZIP 2005, 1519 unter III.1; vom - IX ZR 145/21, NZI 2022, 216 Rn. 5).
11Ferner ist es aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, wenn das Beschwerdegericht die Zumutbarkeit der Kostenaufbringung für einen Gläubiger in tatrichterlicher Würdigung deshalb bejaht, weil der für ihn durch die Prozessführung des Verwalters erzielbare Mehrbetrag unter angemessener Berücksichtigung des Prozess- und Vollstreckungsrisikos voraussichtlich das 3,2-Fache der aufzuwendenden Mittel beträgt (vgl. , WM 2018, 1137 Rn. 12, 16 f).
12bb) Jedoch ist es der Bundesagentur, wenn sie aufgrund von auf sie übergegangenen Ansprüchen am Insolvenzverfahren beteiligt ist, entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts schon nicht zumutbar, die Kosten für einen von dem Insolvenzverwalter zu führenden Rechtsstreit aufzubringen.
13(1) Der Bundesgerichtshof hat unter der Geltung der Konkursordnung und unter Verwerfung einer älteren Rechtsprechung, die die Bewilligung des damaligen Armenrechts an den Verwalter bei wirtschaftlicher Beteiligung der öffentlichen Hand ausnahmslos ablehnte (vgl. , NJW 1977, 2317), entschieden, dass dem Verwalter Prozesskostenhilfe nicht mit der Begründung verweigert werden darf, die Bundesanstalt für Arbeit müsse die Prozesskosten aufbringen, wenn diese aufgrund übergegangener Lohnansprüche wegen Gewährung von Konkursausfallgeld beteiligt sei (vgl. , ZIP 1990, 1490 f; vom - VII ZB 3/92, BGHZ 119, 372, 378; vom - II ZB 7/97, ZIP 1997, 1553, 1554). Begründet wurde diese Rechtsprechung zum einen damit, dass die Bundesanstalt für Arbeit entsprechend ihrem gesetzlichen Auftrag im Interesse der sozial schwächeren Gläubiger ohne eigenes Gewinnstreben öffentliche Mittel verwalte und zum anderen in ihrem Etat entsprechende Haushaltsmittel nicht vorgesehen seien und die Errichtung eines entsprechenden Titels im Haushalt auch nicht zumutbar sei (vgl. aaO; vom , aaO). Diesen rechtlichen Ansatz hat der Senat unter der Geltung der Insolvenzordnung bestätigt (vgl. , juris Rn. 2; offengelassen von , ZIP 2006, 682 Rn. 15).
14(2) Die Rechtsauffassung des Senats, dass die Bundesagentur, wenn sie auf sie übergegangene Lohnansprüche der Arbeitnehmer verfolgt, nicht zu den wirtschaftlich Beteiligten gehört, wird von der überwiegenden Meinung im Schrifttum geteilt (vgl. MünchKomm-ZPO/Wache, 6. Aufl., § 116 Rn. 17; Stein/Jonas/Bork, ZPO, 23. Aufl., § 116 Rn. 10; Zöller/Schultzky, ZPO, 35. Aufl., § 116 Rn. 10; Musielak/Voit/Fischer, ZPO, 21. Aufl., § 116 Rn. 7; BeckOK-ZPO/Reichling, 2024, § 116 Rn. 12.4; Uhlenbruck/Mock, InsO, 15. Aufl., § 80 Rn. 213; HK-InsO/Thole, 11. Aufl., § 129 Rn. 130; Schmidt/Sternal, InsO, 20. Aufl., § 80 Rn. 57; Reichelt in Pape/Reichelt/Schultz/Voigt-Salus, InsR, 3. Aufl., § 43 Rn. 34; Lang, NZI 2012, 746, 748 f; Pape, ZIP 2022, 2409, 2414; aA HmbKomm-InsO/Kuleisa, 10. Aufl., § 80 Rn. 74; Lüke in Prütting/Bork/Jacoby, InsO, 2020, § 80 Rn. 69; Küpper/Heinze, ZInsO 2007, 680, 684; Sternal, NZI 2024, 790, 791; offengelassen von MünchKomm-InsO/Vuia, 4. Aufl., § 80 Rn. 93). Auch die Mehrheit der Oberlandesgerichte hat sich der Senatsrechtsprechung angeschlossen (vgl. OLG Hamm, ZIP 2005, 1711; OLG Brandenburg, BeckRS 2006, 12503; KG, NZI 2008, 748, 749; OLG Celle, OLGR Celle 2009, 275, 276; OLG Hamburg, ZInsO 2009, 1125; OLG Dresden, ZInsO 2010, 157 f; OLG München, ZIP 2013, 1299, 1300; OLG Naumburg, ZInsO 2018, 264; ebenso LSG Sachsen, NZI 2019, 800 Rn. 16), während das Berufungsgericht im Streitfall und das Kammergericht in zwei Entscheidungen (vgl. KG, NJW-RR 2000, 1001, 1002; NZI 2021, 385, 386 f) der Gegenauffassung folgen.
15(3) Auf der anderen Seite hat der Bundesgerichtshof eine generelle Freistellung des Steuerfiskus von der Kostenaufbringung abgelehnt (vgl. , BGHZ 138, 188, 190 ff; vom - VII ZA 3/99, NZI 1999, 450; vom - IX ZR 52/14, juris Rn. 2). Insoweit hat der Bundesgerichtshof unter anderem argumentiert, dass entgegen einer damaligen oberlandesgerichtlichen Rechtsprechung das seinerzeit noch geltende Konkursvorrecht gemäß § 61 Abs. 1 Nr. 1 KO ebenso wenig eine allgemeine Kostenfreistellung des Steuerfiskus rechtfertige wie das eventuelle Nichtvorhandensein geeigneter Haushaltstitel, weil es seine Sache sei, insoweit Vorsorge zu treffen (vgl. aaO).
16(4) Der Senat hält daran fest, dass der Bundesagentur eine Kostenaufbringung für die Prozessführung des Insolvenzverwalters, wenn sich die Beteiligung auf übergegangene Ansprüche stützt, nicht zumutbar im Sinne von § 116 Satz 1 Nr. 1 ZPO ist. Eine Gleichsetzung der Bundesagentur mit dem Steuerfiskus ist nicht gerechtfertigt.
17(a) Die Bundesagentur wird durch die Insolvenz eines Arbeitgebers ohnehin bereits in besonderem Maße belastet. Mit der Zahlung von Arbeitslosengeld gemäß § 157 Abs. 3 SGB III an die nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens bis zum Ende der gekündigten Arbeitsverhältnisse freigestellten Arbeitnehmer (sog. Gleichwohlgewährung) übernimmt die Bundesagentur diesen gegenüber insoweit die Arbeitgeberverpflichtung des Schuldners und zugleich ihr Vollstreckungsrisiko. In dieser Höhe gehen die Arbeitsentgeltansprüche gemäß § 115 Abs. 1 SGB X auf die Bundesagentur als Masseverbindlichkeiten gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 2 Fall 2, § 108 Abs. 1 InsO (vgl. Braun-Weber/Arnoldt in Beck/Depré/Ampferl, Praxis der Sanierung und Insolvenz, 4. Aufl., § 29 Rn. 159) über.
18(b) Dabei ist es von wesentlicher Bedeutung, dass die von der Freistellung betroffenen Arbeitnehmer selbst wegen ihrer Arbeitsentgeltansprüche als sogenannte Kleingläubiger nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs regelmäßig von der Heranziehung zur Prozessfinanzierung nach § 116 ZPO ausgenommen sind (vgl. , ZIP 1990, 1490; vom - VII ZB 3/92, BGHZ 119, 372, 378; ebenso BAG, ZIP 2003, 1947, 1948). Das entspricht auch der jedenfalls weit überwiegenden Meinung im Schrifttum (vgl. MünchKomm-InsO/Vuia, 4. Aufl., § 80 Rn. 92; Uhlenbruck/Mock, InsO, 15. Aufl., § 80 Rn. 213; Stein/Jonas/Bork, ZPO, 23. Aufl., § 116 Rn. 13; Zöller/Schultzky, ZPO, 35. Aufl., § 116 Rn. 10; BeckOK-ZPO/Vorwerk/Wolf, 2024, § 116 Rn. 12.4).
19Vor diesem Hintergrund erschiene es widersprüchlich, wenn der Eintritt der Bundesagentur in Zahlungspflichten des Schuldners als Arbeitgeber und die erst mit dem damit einhergehenden Anspruchsübergang verbundene Bündelung der für sich betrachtet im Vergleich meist geringfügigen Forderungen ihrer Versicherten zu einer abweichenden Wertung führte und eine Pflicht der Bundesagentur zur Prozessfinanzierung begründete. Denn die Bundesagentur wird stellvertretend für den Schuldner allein im persönlichen Interesse der bei ihr versicherten, einzelnen Arbeitnehmer tätig (vgl. , ZIP 1990, 1490 f).
20(c) Letzteres wird durch den Umstand unterstrichen, dass sich die Bundesagentur als bundesunmittelbare Körperschaft des öffentlichen Rechts mit eigenem Haushalt vor allem über Beiträge von Arbeitgebern und Arbeitnehmern finanziert (§ 346 Abs. 1 SGB III). Beiträge, die nur von bestimmten Personengruppen aufgrund besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Beziehungen erhoben werden, bedürfen als nichtsteuerliche Abgaben einer besonderen sachlichen Rechtfertigung (vgl. BVerfGE 93, 319, 342 f; Kirchhof, NZS 1999, 161, 164). Nur deshalb, weil der Beitragspflichtige durch die Gewährung des Versicherungsschutzes bei Arbeitslosigkeit einen besonderen Vorteil genießt, der nicht jedem Staatsbürger schon kraft seiner Steuerpflichtigkeit zuteil wird, ist der Staat berechtigt, dem Betreffenden eine besondere, über die allgemeine Steuerpflicht hinausgehende Beitragslast aufzuerlegen (vgl. BeckOGK-SGB III/Rolfs, § 340 Rn. 9.1. mwN). Das gilt im Übrigen auch mit Blick auf den Arbeitgeberanteil, der rechtlich ebenfalls dem Arbeitnehmer als Beitrag zuzurechnen ist (vgl. Kirchhof, NZS 1999, 161, 165). Soweit die Bundesagentur Ansprüche der Arbeitnehmer aus übergegangenem Recht verfolgt, hätte der Einsatz von Mitteln der Sozialversicherung zur Finanzierung von Prozessen des Insolvenzverwalters zur Folge, dass diese ein Stück weit ihrer vorgegebenen Zweckbindung entzogen würden (vgl. bereits , BGHZ 119, 372, 378):
21cc) Zu Unrecht meint die Rechtsbeschwerdeerwiderung, dass vorrangig vor den Voraussetzungen des § 116 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO zu prüfen sei, ob dem Antragsteller die Vereinbarung eines Erfolgshonorars für die von ihm beabsichtigte Prozessführung gemäß § 4a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 RVG möglich sei.
22(1) Die Möglichkeit einer Erfolgshonorarvereinbarung stellt im Rahmen der Zumutbarkeitsprüfung von § 116 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO von vornherein keinen zu berücksichtigenden Umstand dar. Die Rechtsbeschwerdeerwiderung lässt die unterschiedliche Funktion des § 4a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 RVG auf der einen und diejenige der Gewährung von Prozesskostenhilfe gemäß §§ 114 ff ZPO auf der anderen Seite außer Acht.
23Bei der Vereinbarung eines Erfolgshonorars geht es nach § 4a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 RVG allein darum, die Handlungsmöglichkeiten der Partei zu erweitern, die ohne die Möglichkeit der Vereinbarung eines Erfolgshonorars im Hinblick auf unsichere Erfolgsaussichten in der Sache ansonsten womöglich von der Rechtsverfolgung Abstand nehmen könnte (vgl. BVerfG, BVerfGE 117, 163, Rn. 100). Hingegen besteht der Zweck der in § 4a RVG eingeräumten Möglichkeit, ein Erfolgshonorar zu vereinbaren, nicht darin, den mittellosen Rechtssuchenden, der bei Vorliegen der Voraussetzungen einen Anspruch auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe hat, mittelbar zu zwingen, eine Erfolgshonorarvereinbarung abzuschließen und damit im Unterschied zu einer finanziell besser gestellten Partei, die hierauf nicht eingehen müsste, auf einen Teil seiner realisierten Forderung zu verzichten (vgl. BVerfG, aaO Rn. 78).
24(2) Abgesehen davon wäre auch allein die Aufbringung der - von einer Erfolgshonorarvereinbarung in jedem Fall unberührt bleibenden - Gerichtskosten (im Streitfall in Höhe von 12.297 €) der Bundesagentur nach den vorstehenden Ausführungen unzumutbar.
25Gemäß § 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO ist der angefochtene Beschluss aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen. Das Beschwerdegericht wird die - von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - unterlassene Prüfung nachzuholen haben, ob die weiteren Voraussetzungen für eine Gewährung von Prozesskostenhilfe gemäß § 116 Satz 2, § 114 Abs. 1 Satz 1 letzter Halbsatz ZPO erfüllt sind, insbesondere ob die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2025:130225BIXZB27.24.0
Fundstelle(n):
ZIP 2025 S. 4 Nr. 12
PAAAJ-87891