Instanzenzug: LG Erfurt Az: 11 KLs 650 Js 28537/23
Gründe
1Das Landgericht hat den Angeklagten der Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in fünf Fällen, davon in vier Fällen in Tateinheit mit „verbotener“ Einfuhr von Cannabis und in Tateinheit mit „verbotenem“ Handeltreiben mit Cannabis, des Weiteren wegen „verbotener“ Einfuhr von Cannabis in Tateinheit mit „verbotenem“ Handeltreiben mit Cannabis in sechs Fällen schuldig gesprochen. Es hat ihn zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und vier Monaten verurteilt und gegen ihn „die Einziehung von Wertersatz“ in Höhe von 791.791,45 Euro angeordnet. Die auf die Rüge der Verletzung sachlichen Rechts und mehrere Verfahrensrügen gestützte Revision erzielt den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie unbegründet.
21. Nach den Feststellungen der Strafkammer betrieb der Angeklagte im Zeitraum von Anfang 2023 bis zu seiner Festnahme am in Gotha einen gewinnbringenden Handel mit Betäubungsmitteln und Cannabis. Er ließ sich in allen abgeurteilten Fällen von einem Verkäufer aus den Niederlanden beliefern. Für die Abholung beauftragte er stets die gleiche Kurierin. Er bestimmte deren Fahrtroute und kontrollierte während der Hin- und Rückfahrten telefonisch, ob diese eingehalten wurde. Auf diese Weise ließ der Angeklagte sich, jeweils im Kilogrammbereich, in den Fällen 1, 2, 4, 5, 9 und 10 der Urteilsgründe mit Marihuana sowie – im Fall 5 der Urteilsgründe – Haschisch beliefern, in den Fällen 6, 7, 8 und 11 der Urteilsgründe neben Marihuana auch mit verschiedenen Betäubungsmitteln, in Fall 3 der Urteilsgründe allein mit Methamphetamin. Die Ware verkaufte er in den meisten der Fälle vollständig mit Gewinn. In Fall 9 der Urteilsgründe gab er indes die Hälfte des gelieferten Marihuanas zum Einkaufspreis an den gesondert Verfolgten H. ab; in den Fällen 3, 5, 7, 10 und 11 der Urteilsgründe wurden Teile der jeweils gelieferten Ware im Zuge einer Durchsuchung am sichergestellt.
32. Die Verfahrensrügen versagen aus den in der Zuschrift des Generalbundesanwalts genannten Gründen.
43. Die konkurrenzrechtliche Würdigung des Landgerichts hält der Überprüfung auf die Sachrüge nicht in jeder Hinsicht stand.
5a) In den Fällen 1, 2, 4 bis 8, 10 und 11 der Urteilsgründe scheidet neben dem Handeltreiben mit Cannabis gemäß § 34 Abs. 1 Nr. 4 KCanG eine tateinheitliche Verurteilung wegen Einfuhr von Cannabis gemäß § 34 Abs. 1 Nr. 5 KCanG aus. Die Einfuhr von Cannabis, die dem gewinnbringenden Verkauf dient, geht als unselbständiger Teilakt im Tatbestand des Handeltreibens mit Cannabis auf, auch wenn sich die Einfuhrhandlungen auf eine nicht geringe Menge beziehen. Anders als das Betäubungsmittelgesetz (§ 29a Abs. 1 Nr. 2, § 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG) sieht das Konsumcannabisgesetz keinen höheren Strafrahmen für die Einfuhr in nicht geringer Menge im Verhältnis zum Handeltreiben in nicht geringer Menge vor. Eine Notwendigkeit, die Einfuhr von Cannabis in nicht geringer Menge im Schuldspruch besonders zum Ausdruck zu bringen, besteht für den Bereich des Konsumcannabisgesetzes im Unterschied zu dem des Betäubungsmittelgesetzes deshalb nicht (BGH, Beschlüsse vom – 2 StR 41/24, Rn. 10; vom – 5 StR 296/24, NStZ-RR 2024, 313 f., und vom – 3 StR 428/24, Rn. 8).
6Lediglich in Fall 9 der Urteilsgründe bleibt es bei einer Verurteilung auch wegen tateinheitlicher Einfuhr von Cannabis. Hinsichtlich des Teils der Lieferung, den der Angeklagte zum Einkaufspreis an H. weiterreichte, liegt mangels Eigennützigkeit kein Handeltreiben vor (vgl. , Rn. 10 mwN). Die Eigennützigkeit ist bezogen auf das konkret in Frage stehende Umsatzgeschäft zu beurteilen. Gerade aus diesem muss sich für den Täter ein eigener Vorteil ergeben (, Rn. 37 mwN). In diesem Fall tritt die Einfuhr von Cannabis gemäß § 34 Abs. 1 Nr. 5 KCanG deshalb nicht vollständig hinter das Handeltreiben mit Cannabis nach § 34 Abs. 1 Nr. 4 KCanG zurück.
7Zudem hat sich der Angeklagte in Fall 9 der Urteilsgründe tateinheitlich der Beihilfe zum Handeltreiben mit Cannabis gemäß § 34 Abs. 1 Nr. 4 KCanG, § 27 StGB schuldig gemacht, indem er durch die Abgabe des Marihuanas H. zu dessen Umsatzgeschäft mit dem abgegebenen Teil der Lieferung Hilfe leistete. H. Gewinnerzielungsabsicht entnimmt der Senat dem Zusammenhang der Urteilsgründe, insbesondere dem Umfang der abgegebenen Teilmenge an Marihuana von 17,75 kg.
8b) Die vom Landgericht als tatmehrheitlich gewürdigten Fälle 5 und 6 der Urteilsgründe sind entgegen der Auffassung der Strafkammer zur Tateinheit verklammert.
9Nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen hatte der Angeklagte in Fall 5 der Urteilsgründe neben Marihuana und Haschisch auch 1 kg Kokain bestellt, das aber versehentlich der Lieferung am nicht beigegeben worden war. Die Lieferung des bestellten Kokains wurde anlässlich seiner nächsten Bestellung von Marihuana mit dessen Abholung am in Fall 6 der Urteilsgründe nachgeholt.
10Bei dieser Sachlage liegt in den beiden Fällen nur eine Tat des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG vor. Sämtliche Betätigungen, die sich im Rahmen ein und desselben Güterumsatzes auf den Vertrieb einer einheitlichen Rauschgiftmenge beziehen, werden vom gesetzlichen Tatbestand in dem pauschalisierenden, verschiedenartige Tätigkeiten umfassenden Begriff des Handeltreibens zu einer Bewertungseinheit und damit zu einer Tat des Handeltreibens verbunden (st. Rspr.; vgl. zuletzt , Rn. 17).
11Diese Tat verklammert die beiden Fälle insgesamt zur Tateinheit. Voraussetzung für die Annahme von Tateinheit durch Klammerwirkung ist, dass die Ausführungshandlungen zweier an sich selbständiger Delikte zwar nicht miteinander, wohl aber mit der Ausführungshandlung eines dritten Tatbestands (teil-)identisch sind und dass zwischen wenigstens einem der beiden an sich selbständigen Delikte und dem sie verbindenden Delikt zumindest annähernde Wertgleichheit besteht oder die verklammernde Tat die schwerste ist (st. Rspr.; vgl. zuletzt , NStZ 2022, 480, 482, Rn. 19). Das Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge bezüglich des Kokains ist jedenfalls im Verhältnis zum Handeltreiben mit Cannabis im Fall 5 der Urteilsgründe das schwerere Delikt ungeachtet dessen, dass sich auch letzteres auf eine nicht geringe Menge bezog (vgl. § 34 Abs. 3 Satz 1 und 2 Nr. 4 KCanG).
12c) Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend § 354 Abs. 1 StPO. Er lässt die entbehrliche Kennzeichnung als „verbotene“ Tatbegehung entfallen; dass die Straftatbestände des Konsumcannabisgesetzes den verbotenen Umgang mit Cannabis betreffen, versteht sich von selbst (BGH, Beschlüsse vom – 2 StR 148/24, Rn. 3, und vom – 3 StR 427/24, Rn. 3, jew. mwN). Soweit gleichartige Tateinheit gegeben ist, bedarf es keiner Kennzeichnung im Tenor (, NStZ 2024, 673, 675, Rn. 16 mwN).
13§ 265 StPO steht der Änderung nicht entgegen, da sich der geständige Angeklagte nicht anders als geschehen hätte verteidigen können.
144. Die Schuldspruchänderung führt zum Wegfall der für Fall 5 der Urteilsgründe festgesetzten Einzelstrafe. Die Gesamtstrafe ist davon nicht betroffen. Der Senat schließt aus, dass die Strafkammer angesichts der Einsatzstrafen von zweimal drei Jahren und sechs Monaten und acht weiteren Einzelfreiheitsstrafen von einem Jahr bis zu drei Jahren eine mildere Gesamtstrafe gebildet hätte, zumal die Änderung des Konkurrenzverhältnisses den Unrechts- und Schuldgehalt der Taten hier, wie regelmäßig (st. Rspr.; vgl. zuletzt , Rn. 73; , Rn. 12, jew. mwN), nicht berührt.
155. Bei der auf § 73 Abs. 1, § 73c Satz 1 StGB gestützten Einziehungsanordnung hat das Landgericht übersehen, den Betrag des am sichergestellten Bargeldes in Abzug zu bringen, auf dessen Rückgabe der Angeklagte verzichtet hat und bei dem es sich angesichts der Höhe von 109.510 Euro und der zeitlichen Nähe zu den abgeurteilten Taten naheliegend um Erträge aus deren Begehung handelte. Entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts ist der Abzug hier nicht deshalb entbehrlich, weil dieses Geld, das der Angeklagte nach den Feststellungen des Landgerichts für den Erwerb weiterer Drogen vorgesehen und bereits in seinem Auto verstaut hatte, der Einziehung als Tatmittel gemäß § 74 Abs. 1 StGB unterlegen hätte. Einer Einziehung nach der letztgenannten Vorschrift hätte entgegengestanden, dass es sich bei dem Geld um ein lediglich zur Begehung erst bevorstehender, jedenfalls nicht verfahrensgegenständlicher Straftaten bestimmtes Mittel, nicht aber um ein Tatmittel zur Begehung der abgeurteilten Straftaten handelte.
16Der Senat holt zur Meidung doppelter Belastung den Abzug in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO nach (vgl. BGH, Beschlüsse vom – 5 StR 131/22, Rn. 3, und vom – 5 StR 226/24, Rn. 3 f.) und reduziert den Einziehungsbetrag auf 682.281,45 Euro.
176. Im Übrigen hat die Überprüfung des Urteils anhand der Revisionsrechtfertigung aus den in der Zuschrift des Generalbundesanwalts aufgezeigten Gründen keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
187. Der geringfügige Erfolg des Rechtsmittels lässt es nicht unbillig erscheinen, den Beschwerdeführer insgesamt mit den Kosten seines Rechtsmittels zu belasten (§ 473 Abs. 4 StPO).
Menges Meyberg Grube
Schmidt Zimmermann
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2025:140125B2STR523.24.0
Fundstelle(n):
AAAAJ-87883