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Handlungsoptionen für Senior-Unternehmer bewerten
Liquidation, Verpachtung, Teilveräußerung oder doch besser Verkauf?
Mit dem Beitrag „Verhandlung und Bestimmung von Kaufpreisen im Rahmen der Nachfolge“ (NWB-BB 2/2025 S. 48, NWB UAAAJ-83546) haben wir die Reise durch den Nachfolgeprozess im Allgemeinen und den Transaktionsprozess im Besonderen vollendet. Bevor wir auf die ebenso wichtigen Aspekte der rechnungslegungstechnischen, rechtlichen und steuerrechtlichen Gestaltung sowie der psychologischen und kommunikativen Seite einer Nachfolge eingehen, soll in diesem Teil nochmals auf den Ausgangspunkt geblickt werden: Unter welchen Bedingungen macht eine Nachfolge Sinn, und welche anderen Optionen gibt es? Diese Fragen sollten sich alle Beteiligten beantworten, ehe sie in den Nachfolge- oder Transaktionsprozess einsteigen.
Für Senior-Unternehmer ist die Unternehmensnachfolge aufgrund der damit verbundenen Kosten und der Erfolgswahrscheinlichkeit nicht immer die beste strategische Option.
Die Liquidation kommt infrage, wenn der Substanzwert den Ertragswert übersteigt, wie es oft bei Immobilieneigentum der Fall ist.
Differenzierte Lösungen helfen dabei, gesunde Betriebsteile fortzuführen.
Strategische Käufer können ihre M&A-Aktivitäten auf Basis strategischer Rahmenkonzepte wie der Ansoff- oder der BCG-Matrix ausrichten.
Zentraler Aspekt bei der Auswahl von Zielunternehmen durch strategische Käufer ist die Identifikation und Bewertung von Synergieeffekten, die sich aus einem Zusammenschluss ergeben können.
Synergieeffekte lassen sich systematisch aus der DCF-Bewertung ableiten.
Alle bereits veröffentlichten und geplanten Teile der Beitragsreihe zur Unternehmensnachfolge finden Sie in der NWB Datenbank unter NWB FAAAJ-68482.
I. Bewertung strategischer Optionen
In den vorangegangenen Teilen dieser Beitragsreihe ist deutlich geworden, dass die Unternehmensnachfolge mit einem erheblichen Aufwand an Zeit und finanziellen Mitteln verbunden sein kann. Daher sollten Unternehmer, die sich mit der Frage beschäftigen, was mit ihrem Unternehmen geschehen soll, wenn sie nicht mehr für die Führung zur Verfügung stehen, sich nicht blindlings in einen Verkaufsprozess stürzen, sondern zunächst einen Überblick über die ihnen zur Verfügung stehenden Handlungsoptionen gewinnen. Um auf dieser Basis eine rationale Entscheidung treffen zu können, bedarf es ferner einer Beurteilung der verschiedenen Handlungsoptionen anhand von Kriterien, die der Unternehmer im Vorfeld für sich aufstellen sollte. Diese Kriterien bilden die Anforderungen ab, die eine vorteilhafte Lösung erfüllen soll.
Das gleiche gilt für Existenzgründer oder Unternehmen, die überlegen, ein Unternehmen zu übernehmen. Auch für diese Gruppen bestehen neben dem Erwerb weitere Möglichkeiten, ihre strategischen Ziele zu erreichen. In diesem Beitrag wird daher auch von Senior- und Junior-Unternehmern gesprochen, um nicht die Begriffe Übergeber und Übernehmer zu verwenden, die nur für eine bestimmte Handlungsoption passend sind.
Für ein strukturiertes Vorgehen bei dieser Entscheidung bietet sich der Einsatz eines Scoring-Modells an. Bei diesem Ansatz werden in einer tabellarischen Darstellung die identifizierten Handlungsoptionen anhand der aufgestellten Kriterien mittels einer Punkteskala bewertet. Bevor die Handlungsalternativen aufgestellt werden, sollten die Kriterien vollständig ermittelt und gewichtet werden, damit die Gewichtung nicht von den ausgewählten Alternativen beeinflusst wird. Durch die Aufstellung der Kriterien wird der Entscheidungsprozess individuell gestaltet, da an dieser Stelle Anforderungen von „Erzielung eines hohen Kaufpreises“ über „Erhalt der Arbeitsplätze“ bis hin zu „möglichst schneller Prozess“ reichen können.
Übersicht 1 zeigt beispielhaft solch ein Scoring-Modell. S. 117
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Übersicht 1:
Beispiel eines Scoring-Modells für die Bewertung der strategischen
Handlungsoptionen eines Senior-Unternehmers | |||||||
Kriterium | Ausgaben | Einnahmen |
Erfolgswahrscheinlichkeit | Gesundheitliche
Belastung | … | Score | Rang |
Alternative Gewicht | 20 % | 20 % | 30 % | 5 % | ... % | 100 % | |
Verkauf an Externe | 2 | 10 | 7 | 5 | 4,75 | 1 | |
Verkauf an MA | 4 | 7 | 5 | 7 | 4,05 | 3 | |
Suche Fremd-GF | 5 | 8 | 6 | 6 | 4,70 | 2 | |
… | 0,00 | ||||||
Liquidation | 3 | 1 | 10 | 3 | 3,95 | 4 |
In dem in Übersicht 1 dargestellten Beispiel wurden die Kriterien anhand einer Punkteskala von 0 bis 10 bewertet, wobei 0 für eine schlechte und 10 für die bestmögliche Erfüllung des Kriteriums steht. Die erste Option „Verkauf an Externe“ hat daher einen niedrigeren Punktwert für das Kriterium Ausgaben, aufgrund eines voraussichtlich erzielbaren Verkaufspreises hingegen einen hohen Punktwert bei dem Kriterium Einnahmen. Der Score ermittelt sich als Summe der mit dem Kriteriengewicht multiplizierten Punktwerte, bei der ersten Option also (2 • 20 %) + (10 • 20 %) + (7 • 30 %) + (5 • 5 %) + (... • 10 %) = 4,75.
Bei der Erstellung eines solchen Modells gibt es typischerweise mindestens zwei Rollen – einerseits die des Bewerters, also desjenigen, der die Gewichtung festlegt und die Einschätzung der Eignung der einzelnen Alternativen anhand der Punktwerte vornimmt, und andererseits die des Moderators, der durch den Prozess führt und auf eine zielgerichtete Durchführung und Vollständigkeit der Kriterien und Alternativen achtet. Für Unternehmer ist es daher sehr schwer, eine solche Beurteilung allein durchzuführen.
Berater können hier ihren Mandanten somit eine wertvolle Hilfestellung bei einer rationalen Entscheidungsfindung leisten.
Aus dem Score lässt sich die Vorteilhaftigkeit der jeweiligen Alternativen ablesen, und es lässt sich eine Rangfolge unter den Alternativen bilden. Aufgrund der Transparenz der Ermittlung ist es so dem Unternehmer möglich zu erkennen, wie attraktiv die einzelnen Handlungsoptionen für ihn sind. Liegen zwei der Optionen in ihrem Score dicht beieinander, kann er ferner für diese Optionen einerseits die Punktebewertung, andererseits die Gewichtung nochmals reflektieren. Dies trägt zu einer sachlichen Entscheidungsfindung maßgeblich bei.
II. Optionen für die Senior-Unternehmer
Unternehmer, die sich zur Ruhe setzen möchten, verfügen über verschiedene Handlungsoptionen, mit denen sie über die Zukunft ihres Unternehmens entscheiden können. Diese Optionen hängen von ihren persönlichen Zielen, der Situation des Unternehmens und den verfügbaren Ressourcen ab. Im Folgenden werden die wichtigsten Möglichkeiten dargestellt.