Steuerliche Behandlung besonderer Organisationsformen ärztlicher Betätigung
Abgrenzung der freiberuflichen von der gewerblichen Tätigkeit
Die Krankenkassen können mit Leistungserbringern, wie beispielsweise Ärzten , Therapeuten oder Pflegeeinrichtungen, Verträge über die hausarztzentrierte Versorgung nach § 73b SGB V und der besonderen Versorgung nach § 140a SGB V schließen. Ob es sich dabei um eine freiberufliche oder gewerbliche Tätigkeit handelt, wurde ursprünglich vom BMF in Abstimmung mit den obersten Finanzbehörden der Länder anhand von vorlegten Musterverträgen geprüft. Unter Berücksichtigung der Anpassungen im SGB V im Rahmen des Versorgungsstärkungsgesetzes 2015 gilt hierzu folgendes:
1. Hausarztzentrierte Versorgung nach § 73b SGB V
Bei der hausarztzentrierten Versorgung (sog. Hausarztmodell) verpflichtet sich der Versicherte gegenüber seiner Krankenkasse, ambulante fachärztliche Leistungen nur auf Überweisung des von ihm ausgewählten Hausarztes in Anspruch zu nehmen. Der Hausarzt übernimmt damit eine Lotsenfunktion und steuert den Behandlungsprozess. Im Gegenzug gewähren die Krankenkassen ihren Versicherten für die Teilnahme am Hausarztmodell einen finanziellen Bonus, zum Beispiel die Zahlung von Prämien oder Zuzahlungsermäßigungen.
Der Hausarzt erhält eine Pauschalvergütung für die Beratung und Information der Versicherten bei deren Beitritt zum Hausarztmodell (Einschreibepauschale) sowie eine Pauschale für die Ausgestaltung des hausärztlichen Versorgungsgeschehens (Steuerungspauschale).
In den vorgelegten Musterverträgen waren keine gewerblichen Anteile enthalten. In der Übernahme der Koordination der medizinischen Maßnahmen, d.h. in der Steuerung des Behandlungsprozesses ist keine gewerbliche Tätigkeit zu sehen. Ungeachtet dessen sind derartige Verträge immer im Einzelfall auf das Vorhandensein gewerblicher Anteile zu prüfen.
2. Besondere Versorgung nach § 140a SGB V (§ 73c SGB V aF und § 140a SGB V aF)
Krankenkassen können mit Leistungserbringern (z. B. Ärzten) ohne Einschaltung der Kassenärztlichen Vereinigung besondere Verträge im Bereich der ambulanten Versorgung und der integrierten Versorgung sowie Strukturverträge abschließen (§ 140a SGB V). Diese Verträge wurden im Rahmen des Versorgungsstärkungsgesetzes 2015 zusammengefasst, um eine Erweiterung der Gestaltungsmöglichkeit der Krankenkassen zu schaffen. Ursprünglich waren diese an unterschiedlichen Stellen im SGB geregelt. Nach Ablauf einer Übergangsphase mussten nun Altverträge bis zum beendet oder ersetzt werden.
Die besondere Versorgung bietet den Krankenversicherten flexible und wirtschaftliche Versorgungsmöglichkeiten. Die Zusammenarbeit von verschiedenen Leistungserbringern soll innovative Versorgungsmodelle sowie komplexe Behandlungsprozesse schaffen, womit eine interdisziplinäre, fach- und sektorübergreifende Versorgung möglich ist. Als Leistungse rbringer kommen zum Beispiel Ärzte, Therapeuten, Pflegekassen, pharmazeutische Unternehmen, Praxiskliniken, Pflegeeinrichtungen, Pflegekassen, Kassenärztliche Vereinigung und Hersteller von Medizinprodukten in Frage, die entsprechende Vergütungen hierfür von den Krankenkassen erhalten. Die Möglichkeit der Ausgestaltung von Verträgen über die besondere Versorgung ist sehr vielfältig (z. B. Verträge über Hautscreening, Herzkrankheiten, Adipositas). Vorteile für den Leistungserbringer sind die pauschale Vergütung, die nicht in die Gesamtvergütung bzw. das Budget mit einfließen, das Angebot innovativer Versorgungsmodellen und der enge fachliche Austausch mit weiteren Leistungserbringern. Für die Patienten ergeben sich ebenfalls Vorteile wie beispielsweise die schnellere Behandlung durch eine bessere Organisation der Leistungserbringer, Wegfall der erschwerten Facharztsuche, Wegfall von mehrmaligen gleichen Untersuchungen durch bessere Kommunikation sowie ein qualitätsgesicherter Behandlungprozess.
Aufgrund der vielfältigen vertraglichen Ausgestaltungen ist eine generelle Aussage zur ertragsteuerlichen Behandlung von Verträgen dieser Art nicht möglich. Vielmehr ist im jeweiligen Einzelfall zu prüfen, ob die Verträge auch gewerbliche Tätigkeiten (z. B. Abgabe von Medikamenten, die für die originäre ärztliche Tätigkeit nicht unmittelbar erforderlich sind) umfassen, die ggf. zu einer Umqualifizierung der Einkünfte führen.
3. Anstellung fachfremder oder fachgleicher Ärzte
Beschäftigt ein niedergelassener Arzt einen anderen Arzt, bedient er sich der Mithilfe fachlich vorgebildeter Mitarbeiter. Der niedergelassene Arzt erzielt in diesem Fall nur dann Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit, wenn er weiterhin leitend und eigenverantwortlich tätig wird. Dies erfordert grundsätzlich eine persönliche Teilnahme des arbeitgebenden Arztes an der praktischen Arbeit des angestellten Arztes in ausreichendem Umfang. Entscheidet der angestellte Arzt hingegen allein und eigenverantwortlich über die medizinische Versorgung der Patienten, erzielt der arbeitgebende Arzt grundsätzlich Einkünfte aus Gewerbebetrieb nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 EStG. Insbesondere bei der Anstellung fachfremder Ärzte kann von einer Eigenverantwortlichkeit des Praxisinhabers nicht ausgegangen werden. Maßgebend für eine endgültige Bestimmung der Einkunftsart sind jedoch immer die Gesamtumstände des jeweiligen Einzelfalls.
Zu ärztlichen Berufsausübungsgemeinschaften verweise ich auf die Verfügung ofix: EStG/15/36.
OFD Frankfurt/M. v. - S 2246 A - 00012-0357 - St 214
Fundstelle(n):
ZAAAJ-87678