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Finanzministerium des Landes Schleswig-Holstein - VI 314 - S 2720-019

Gemeinnützigkeit; Änderungen im Gemeinnützigkeitsrecht mit Wirkung vom

Körperschaftsteuer-Kurzinformation 2024 Nr. 15

I.

§ 53 Nr. 2 AO wurde geändert und Nr. 3 neu angefügt durch das Vierte Gesetz zur Entlastung der Bürgerinnen und Bürger, der Wirtschaft und Verwaltung von Bürokratie (Viertes Bürokratieentlastungsgesetz) vom , BGBl. I 2024 Nr. 323 mit Wirkung ab .

Die allgemeine wirtschaftliche Hilfebedürftigkeit wird in § 53 Nummer 2 AO normiert und die besondere wirtschaftliche Hilfebedürftigkeit in § 53 Nummer 3 AO.

Die Regelung in der neuen Nummer 3 des § 53 AO stellt die bisherigen allgemeinen Grundsätze zur wirtschaftlichen Notlage aus besonderen Gründen dar, die bisher in § 53 Nummer 2 Satz 3 AO geregelt waren. Sofern diese vorliegen, kann die Bezügegrenze nach Nummer 2 außer Acht bleiben.

Als Konkretisierung eines besonderen Grundes wird eine Katastrophe definiert, für die ein Katastrophenerlass des Bundesministeriums der Finanzen oder einer obersten Landesfinanzbehörde erlassen wurde. Falls ein solcher Erlass ergangen ist, müssen die durch die Katastrophe entstandene Notlage sowie die Mehraufwendungen nur glaubhaft gemacht werden. Dadurch wird steuerbegünstigten Körperschaften die Möglichkeit gegeben, schnell und unbürokratisch Hilfe leisten zu können. Sofern Leistungen von dritter Seite, auf die ein Anspruch besteht, zeitlich verzögert geleistet werden, sind die betroffenen Personen für den dadurch entstehenden Überbrückungszeitraum als hilfebedürftig anzusehen. Die dadurch entstehenden Liquiditätseinbußen oder sonstige erlittene Nachteile können somit von steuerbegünstigten Körperschaften, beispielsweise durch die Auszahlung zinsloser Darlehen oder vorübergehende unentgeltliche Nutzungsüberlassungen, ausgeglichen werden.

II.

§ 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 27 AO wurde durch das JStG 2024 vom (BGBl. I 2024 Nr. 387) mit Wirkung vom neu angefügt (Förderung wohngemeinnütziger Zwecke)

„Als Förderung der Allgemeinheit anzuerkennen ist…...

die Förderung wohngemeinnütziger Zwecke; dies ist die vergünstigte Wohnraumüberlassung an Personen im Sinne des § 53. § 53 Nummer 2 ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Bezüge nicht höher sein dürfen als das Fünffache des Regelsatzes der Sozialhilfe im Sinne des § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch; beim Alleinstehenden oder Alleinerziehenden tritt an die Stelle des Fünffachen das Sechsfache des Regelsatzes. Die Hilfebedürftigkeit muss zu Beginn des jeweiligen Mietverhältnisses vorliegen.“

Die Regelung stellt in Satz 1 klar, dass die vergünstigte Vermietung an hilfebedürftige Personen im Sinne des § 53 AO wohngemeinnützige Zwecke erfüllt. Insofern ist diese Vermietung als ideelle Zweckverwirklichung anzusehen. Potentiell entstehende Verluste können damit mit anderen Einnahmen aus dem ideellen Bereich ausgeglichen werden. Soweit eine steuerbegünstigte Körperschaft Wohnraum nicht vergünstigt oder nicht an eine begünstigte Person überlässt, dient diese nicht mehr der ideellen Zweckverwirklichung.

Diese Tätigkeit ist nach Maßgabe der allgemeinen Grundsätze als steuerfreie Vermögensverwaltung einzuordnen. Dies führt regelmäßig nicht zum Verlust der Gemeinnützigkeit. Bezahlbares Wohnen soll insbesondere für Personen mit geringen Einkommen durch steuerbegünstigte Körperschaften ermöglicht werden. Eine starre Grenze, um wie viel sich die Miete von der marktüblichen Miete unterscheiden muss, wird nicht gesetzlich implementiert. Jedenfalls muss die Miete aber dauerhaft unter der marktüblichen Miete angesetzt werden, da anderenfalls keine Unterstützungsleistung der jeweiligen Körperschaft vorläge. Ob die Miete unter der marktüblichen Miete liegt muss nur zu Beginn des Mietverhältnisses und bei Mieterhöhungen geprüft werden. Es reicht aus, wenn die jeweilige Wohnung zu einem Mietzins vermietet wird, der nur die tatsächlichen Aufwendungen einschließlich der regulären Absetzung für Abnutzung deckt und keinen Gewinnaufschlag enthält. Mit Satz 2 werden die Grenzen für die Ermittlung der Einkommensbezüge im Vergleich zu § 53 Satz 1 Nummer 2 AO durch Erhöhung der Multiplikatoren angepasst, um die Entwicklung steigender Mieten im Vergleich zum Einkommen in Zusammenhang mit der aktuell bestehenden Wohnungsnot angemessen abzubilden. Dadurch sollen rund 60 Prozent der Haushalte und damit auch die Haushaltseinkommensgruppen, die von der steigenden Mietpreisentwicklung am stärksten betroffen sind, erreicht werden. Darüber hinaus soll durch die angepasste Einkommensgrenze die Bildung von Quartieren mit einseitigen Belegungsstrukturen verhindert werden. Die Berechnung der Bezüge entspricht der geltenden Verwaltungspraxis zu Absatz 1 Nummer 2, wonach der Multiplikator (Fünffach oder Sechsfach) auf den Regelsatz der Sozialhilfe im Sinne des § 28 SGB XII, also auf die jeweilige Regelbedarfsstufe anzuwenden ist. Hierbei sind etwaige Mehrbedarfszuschläge zum Regelsatz nicht zu berücksichtigen. Leistungen für die Unterkunft werden nicht gesondert berücksichtigt. Nach Satz 3 müssen die Voraussetzungen der Hilfebedürftigkeit, abweichend von der bisher geltenden Rechtslage, nur zu Beginn des jeweiligen Mietverhältnisses nachgewiesen werden. Wenn eine Mietpartei auszieht, müssen bei der neuen Mietpartei zu Mietbeginn wieder die Voraussetzungen des § 53 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 2 AO erfüllt sein. Diese Regelung soll administrativen Aufwand und Bürokratie verhindern. Die Körperschaft sowie die Finanzverwaltung müssen nicht in einem regelmäßigen Turnus das Vorliegen der Voraussetzungen der Hilfebedürftigkeit prüfen. Zudem wäre es für mildtätigen Körperschaften zivilrechtlich ohnehin nicht möglich, Personen zu kündigen, weil deren Einkommen angestiegen ist. Insofern wäre in Einzelfällen möglicherweise die Gemeinnützigkeit einzelner Körperschaften ohne eigenes Zutun gefährdet. Die Regelung vermeidet derartige Komplikationen. Mögliche Fehlbelegungen im Laufe eines Mietverhältnisses durch eine Verbesserung der Einkommenssituation der Mieter sind zulässig. Diese werden jedoch rein faktisch durch eine regelmäßige Fluktuation reduziert. Eine Fluktuation ergibt sich beispielsweise durch einen Wohnungswechsel aus familiären oder beruflichen Gründen, einen Immobilienerwerb oder auch von Todes wegen.

III.

§ 62 Abs. 1 Nummer 1 wurde durch das JStG 2024 vom (BGBl. I 2024 Nr. 387) mit Wirkung vom wie folgt gefasst:

„Körperschaften können ihre Mittel ganz oder teilweise…..

einer Rücklage zuführen, soweit dies erforderlich ist, um ihre steuerbegünstigten, satzungsmäßigen Zwecke nach dem Stand der Planung zum Zeitpunkt der Rücklagenbildung nachhaltig zu erfüllen;“.

Die Regelung stellt klar, dass bei der Rücklagenbildung zur Erfüllung der ideellen Zwecke auf die Planung der steuerbegünstigten Körperschaft aus der ex-ante Perspektive abzustellen ist. Damit wird für steuerbegünstigte Körperschaften mehr Rechts- und Planungssicherheit geschaffen, um insbesondere langfristigere und mittelintensive gemeinnützige Vorhaben umsetzen zu können. Bei umfangreichen und regelmäßig sehr langfristigen Investitionsvorhaben, insbesondere im Immobiliensegment, sollen erforderliche nachträgliche Anpassungen in der Planung erlaubt werden.

Finanzministerium des Landes Schleswig-Holstein v. - VI 314 - S 2720-019

Fundstelle(n):
LAAAJ-87071