Übernahme von Umsatzsteuer auf Miete und Nebenkosten im gewerblichen Mietverhältnis
Leitsatz
Gesetze: § 259 Abs 1 BGB, § 535 Abs 2 BGB, § 2 Abs 1 S 1 UStG, § 2 Abs 1 S 3 UStG, § 4 Nr 12 Buchst a UStG, § 4 Nr 13 UStG, § 9 Abs 1 UStG, § 9 Abs 2 UStG, § 15 Abs 1 S 1 Nr 1 UStG, § 15 Abs 1 S 2 UStG, § 28 Abs 2 S 2 WoEigG
Instanzenzug: LG Mannheim Az: 4 S 45/23 Urteilvorgehend AG Mannheim Az: 18 C 1002/23
Tatbestand
1 Die Klägerin begehrt als Gewerberaummieterin von der Beklagten als Vermieterin Rückzahlung von auf Nebenkosten geleisteten Zahlungen.
2 und zur
3 Die Beklagte hat gemäß § 9 Abs. 1 und 2 UStG auf die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 12 lit. a UStG verzichtet. Die Klägerin ist zum Vorsteuerabzug berechtigt.
4 Mit Nebenkostenabrechnung vom rechnete die Beklagte gegenüber der Klägerin über die Betriebskosten im Zeitraum vom 1. Januar bis unter Berücksichtigung der von dieser geleisteten Netto-Nebenkostenvorauszahlungen ab. Dabei legte sie die Beträge zugrunde, die die Wohnungseigentümergemeinschaft, die nicht zur Regelbesteuerung optiert hat, durch ihre Hausverwalterin abgerechnet hatte und die sich auf insgesamt 5.609,91 € beliefen. In den in der Jahresabrechnung 2018 aufgeführten Beträgen für die Positionen „Oberflächenwasser“, „Strom“, „Aufzug“, „Heizung/Wasser“ und „Hausmeister/Reinigung“ war die Umsatzsteuer eingeschlossen. Bei den übrigen Positionen „Versicherungen“, „Müll“, und „Grundsteuer“ handelt es sich um nicht umsatzsteuerpflichtige Leistungen. Die Klägerin bezahlte an die Beklagte den in der Betriebskostenabrechnung ausgewiesenen Nachzahlungsbetrag iHv 963,79 € (inklusive Umsatzsteuer iHv 153,88 €).
5 Mit Anwaltsschreiben vom forderte die Klägerin die Beklagte u.a. auf, für das Jahr 2018 zu viel gezahlte Nebenkosten bis zurückzuzahlen, weil die Nebenkosten, die selbst der Umsatzsteuer unterlägen, von der Beklagten vor der Abrechnung von den darin enthaltenen Umsatzsteueranteilen zu befreien seien.
6Mit der vom Landgericht zugelassenen Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
Gründe
7Die Revision hat keinen Erfolg.
I.
8Das Berufungsgericht hat seine in ZMR 2024, 846 veröffentlichte Entscheidung wie folgt begründet:
9Der Klägerin stehe gegen die Beklagte kein Rückzahlungsanspruch zu, da die Klägerin zu einer Nebenkostennachzahlung für das Jahr 2018 iHv 963,79 € verpflichtet gewesen sei. Die Nebenkostenabrechnung sei formell ordnungsgemäß, da sie den allgemeinen Anforderungen des § 259 BGB entspreche. Sie sei auch materiell zutreffend. Die Parteien eines gewerblichen Mietverhältnisses könnten vereinbaren, dass der Mieter die Umsatzsteuer auf Miete und Nebenkosten übernehme, wenn eine solche anfalle. Im vorliegenden Fall habe die Beklagte gemäß § 9 UStG zur Umsatzbesteuerung der von ihr erbrachten Leistung optiert. Dies gelte unabhängig davon, ob die Nebenkosten ihrerseits mit Umsatzsteuer (Vorsteuer) belastet seien oder nicht. Bei Wohnungs- oder Teileigentum sei die Weiterbelastung der Nebenkosten für den Fall, dass der Eigentümer zur Steuerpflicht seiner Mieten optiert habe, auch insoweit steuerpflichtig, als er selbst aus der Jahresabrechnung der Wohnungseigentümergemeinschaft einen Vorsteuerabzug nicht geltend machen könne.
10Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung stand. Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass die Beklagte die ihr von der Wohnungseigentümergemeinschaft in der Jahresabrechnung 2018 für umlagefähige Kostenpositionen in Rechnung gestellten Beträge einschließlich der darin enthaltenen Umsatzsteuer als Betriebskosten auf die Klägerin umlegen konnte und dieser deshalb ein Anspruch auf teilweise Rückzahlung der für das Jahr 2018 geleisteten Betriebskostenzahlung gegen die Beklagte insoweit weder aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB noch aus einem anderen Rechtsgrund zusteht.
111. Gemäß § 535 Abs. 2 BGB ist der Mieter verpflichtet, dem Vermieter die vereinbarte Miete zu entrichten.
15Für die von der Revision befürwortete Auslegung der Betriebskostenvereinbarung dahingehend, dass die Beklagte in die jährliche Betriebskostenabrechnung die aus der Jahresabrechnung der Wohnungseigentümergemeinschaft übernommenen Betriebskostenpositionen auch dann nur als Nettobeträge einstellen kann, wenn sie selbst die darin enthaltenen Umsatzsteuerbeträge nicht im Wege des Vorsteuerabzugs geltend machen kann, finden sich weder im Wortlaut des Mietvertrags noch in dem Vorbringen der Parteien tragfähige Anknüpfungspunkte. Ein solches Verständnis der Betriebskostenvereinbarung widerspräche auch dem Grundsatz der interessengerechten Vertragsauslegung. Denn die Beklagte könnte die ihr für den Bezug der entsprechenden Leistungen tatsächlich entstandenen Kosten nicht in vollem Umfang gegenüber der Klägerin geltend machen, obwohl diese sich in § 6 Abs. 2 des Mietvertrags verpflichtet hat, sämtliche Nebenkosten zu übernehmen.
162. Zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass die für das Jahr 2018 geltend gemachten Betriebskosten der Höhe nach nicht zu beanstanden sind. Entgegen der Auffassung der Revision war die Beklagte insbesondere nicht verpflichtet, aus den in der Jahresabrechnung der Wohnungseigentümergemeinschaft enthaltenen Kostenpositionen, die bereits mit Umsatzsteuer belastet sind (Oberflächenwasser, Strom, Aufzug, Heizung/Wasser und Hausmeister/Reinigung), diese herauszurechnen und nur die Netto-Beträge in die Betriebskostenabrechnung einzustellen.
17a) Da die Beklagte vorliegend gemäß § 9 Abs. 1 UStG zur Regelbesteuerung optiert hat, ist die Umsatzsteuer auf den gesamten Umsatz, mithin auf die gesamte Miete einschließlich Nebenkosten, entstanden. Auch auf nicht mit Vorsteuer (bspw. Grundsteuer) oder mit dem ermäßigten Steuersatz von 7 % belastete Beträge (bspw. Wasser) hat die Klägerin den vollen Umsatzsteuersatz von 19 % zu entrichten (vgl. Senatsurteil vom - XII ZR 6/20 - NZM 2021, 96 Rn. 13 f. mwN).
19
20bb) Anders verhält es sich jedoch bei der Vermietung von Sondereigentum in einer Wohnungseigentumsanlage, wenn der Vermieter der Betriebskostenabrechnung umlagefähige Kostenpositionen zugrunde legt, die in der vom Verwalter erstellten Jahresabrechnung nach § 28 Abs. 2 Satz 2 WEG enthalten sind.
21(1) Nach § 15 Abs. 1 Satz 2 UStG setzt die Ausübung des Vorsteuerabzugs voraus, dass der Unternehmer eine nach den §§ 14, 14 a UStG ausgestellte Rechnung besitzt. Trotz eines bestehenden Vorsteueranspruchs wegen bereits ausgeführter Lieferung oder sonstiger Leistung kann ein Unternehmer den Vorsteuerabzug daher erst geltend machen, sobald er in Besitz einer ordnungsgemäßen Rechnung ist (BeckOK UStG/Looks [Stand: ] § 15 Rn. 106 mwN). Für den Vorsteuerabzug muss die Rechnung insbesondere das Entgelt und den Steuerbetrag getrennt ausweisen (BeckOK UStG/Looks [Stand: ] § 15 Rn. 106.2).
22Die Leistungen, welche die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ihren Mitgliedern gegenüber erbringt, sind jedoch gemäß § 4 Nr. 13 UStG von der Umsatzsteuer befreit, soweit sie in der Überlassung des gemeinschaftlichen Eigentums zum Gebrauch, seiner Instandhaltung, Instandsetzung und sonstigen Verwaltung sowie der Lieferung von Wärme und ähnlichen Gegenständen bestehen. Deshalb wird in der Jahresabrechnung nach § 28 Abs. 2 Satz 2 WEG die für den Erwerb dieser Leistungen entrichtete Umsatzsteuer grundsätzlich nicht ausgewiesen (vgl. Bärmann/Becker WEG 15. Aufl. § 28 Rn. 161). Ein gesonderter Ausweis der Umsatzsteuer in der Jahresabrechnung ist nur möglich, wenn die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer nach § 9 Abs. 1 UStG wirksam auf die Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 Nr. 13 UStG verzichtet hat (vgl. OLG Hamm NJW-RR 1992, 1232, 1233; BayObLG NJW-RR 1997, 79, 80; Bärmann/Becker WEG 15. Aufl. § 28 Rn. 162; Fritz/Geldmacher/Leo/Geldmacher Gewerberaummietrecht 5. Aufl. § 3 Rn. 386). Hat die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch gemacht, bilden die in der Jahresabrechnung enthaltenen Kostenpositionen einschließlich der darin enthaltenen Umsatzsteueranteile den tatsächlichen Aufwand des Vermieters für den Bezug der entsprechenden Leistungen ab. Denn in diesem Fall hat der Vermieter keine Möglichkeit, die in einzelnen Kostenpositionen enthaltenen Umsatzsteuerbeträge seinerseits im Wege des Vorsteuerabzugs nach § 15 Abs. 1 UStG gegenüber den Finanzbehörden geltend zu machen.
23(2) Nach den getroffenen und von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen hat die Wohnungseigentümergemeinschaft im vorliegenden Fall nicht zur Regelbesteuerung nach § 9 Abs. 1 UStG optiert. Deshalb ist in der vom Verwalter für die Wohnungseigentümer erstellten Jahresabrechnung für das Jahr 2018 zu Recht für die umsatzsteuerbelasteten Positionen die Umsatzsteuer nicht gesondert ausgewiesen. Die Beklagte konnte somit mangels Vorliegens einer nach § 14 UStG ausgestellten Rechnung die in den Kostenpositionen Oberflächenwasser, Strom, Aufzug, Heizung/Wasser und Hausmeister/Reinigung enthaltenen Umsatzsteuerbeträge nicht im Wege der Vorsteuer gegenüber den Finanzbehörden geltend machen. Da die von dem Verwalter gemäß § 28 Abs. 2 Satz 2 WEG zu erstellende Jahresabrechnung die Grundlage für die Festlegung der endgültigen Höhe der von den Wohnungseigentümern geschuldeten Beiträge bildet (vgl. - NZM 2023, 768 Rn. 17), bestand der tatsächliche Aufwand der Beklagten für den Bezug dieser Leistungen in Höhe der Zahlung, die sie aufgrund der Jahresabrechnung 2018 an die Wohnungseigentümergemeinschaft zu erbringen hatte.
24cc) Die Revision vertritt in diesem Zusammenhang die Auffassung, die Beklagte sei im vorliegenden Fall hinsichtlich der steuerbelasteten Kostenpositionen schon deshalb zum Vorsteuerabzug berechtigt gewesen, weil die Wohnungseigentümergemeinschaft umsatzsteuerrechtlich wie eine Bruchteilsgemeinschaft zu behandeln sei. Bei dieser sei nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes (vgl. BFH NJW 2020, 2575 Rn. 29; NJW 2019, 701 Rn. 18 ff., 26) bei Leistungsbezügen für das gemeinschaftliche Recht Leistungsempfänger stets der einzelne Gemeinschafter entsprechend seiner Beteiligung, und dieser könne entsprechend seiner Beteiligungsquote den Vorsteuerabzug für sich als Unternehmer geltend machen. Jedenfalls im Zusammenhang mit den typischen Nebenkosten (Energieversorgung, von Handwerkern ausgeführte Reparaturen am Gemeinschaftseigentum etc.) lägen keine umsatzsteuerbaren Leistungen der Wohnungseigentümergemeinschaft an die einzelnen Eigentümer vor und handele die Wohnungseigentümergemeinschaft daher nicht als Unternehmer iSv § 2 Abs. 1 UStG. Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden.
25(1) Der Bundesfinanzhof begründet seine Auffassung im Wesentlichen mit der Erwägung, dass eine Bruchteilsgemeinschaft iSv § 741 BGB nicht Trägerin von Rechten und Pflichten sein könne und weder selbst noch durch Vertreter am Rechtsverkehr teilnehme. Seien die Mitglieder einer Bruchteilsgemeinschaft Auftraggeber einer Leistung, würden daher mangels Rechtsfähigkeit der Gemeinschaft nur die einzelnen Gemeinschafter gemäß §§ 420, 432 BGB Gläubiger der zu erbringenden Leistung. Daher könne eine Bruchteilsgemeinschaft nicht Unternehmer iSv § 2 UStG sein (BFH NJW 2019, 701 Rn. 22 mwN und NJW 2020, 2575 Rn. 29).
26(2) Diese Rechtsprechung kann jedoch auf die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer nicht übertragen werden. Im Unterschied zur Bruchteilsgemeinschaft ist seit der Entscheidung des (BGHZ 163, 154 = NJW 2005, 2061) die Teilrechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft anerkannt. Mit dem am in Kraft getretenen Gesetz zur Änderung des Wohnungseigentumsgesetzes und anderer Gesetze vom (BGBl. I S. 370) wurde in § 10 Abs. 6, 7 und 8 WEG aF die Teilrechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft auch gesetzlich verankert. Nach § 10 Abs. 6 Satz 1 WEG aF konnte sie bereits im Jahr 2018 im Rahmen der gesamten Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums gegenüber Dritten und Wohnungseigentümern selbst Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen (vgl. § 10 Abs. 6 Satz 1 WEG aF; jetzt § 9 a Abs. 1 Satz 1 WEG).
27Folge hiervon ist, dass - anders als bei der Bruchteilsgemeinschaft - nicht die Wohnungseigentümer persönlich, sondern die (teil-)rechtsfähige Gemeinschaft der Wohnungseigentümer selbst am Rechtsverkehr teilnahm. Sie wurde Inhaberin der gesetzlich begründeten und rechtsgeschäftlich erworbenen Rechte und Pflichten. Daher konnte sie die für die Verwaltung der Wohnungseigentumsanlage erforderlichen Vertragsverhältnisse mit Dritten, z.B. Versorgungsverträge, Verträge mit dem Hausmeister oder über Erhaltungsmaßnahmen im eigenen Namen abschließen, weshalb sie selbst Gläubigerin der zu erbringenden Leistung war. Darin unterschied sie sich schon im hier maßgeblichen Zeitraum grundlegend von der Bruchteilsgemeinschaft iSv § 741 BGB, bei der nur die Gemeinschafter Leistungen beziehen oder erbringen können (BeckOK BGB/Gehrlein [Stand: ] § 741 Rn. 1 f.).
28Aufgrund der Teilrechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft war bereits im Jahr 2018 im umsatzsteuerrechtlichen Schrifttum anerkannt, dass diese Unternehmer iSv § 2 Abs. 1 Satz 1 UStG sein kann (vgl. Sölch/Ringleb/ Schüler-Täsch UStG [Stand: September 2018] § 4 Nr. 13 Rn. 8; Bunjes/Heidner UStG 17. Aufl. § 4 Nr. 13 Rn. 1). Aus der auch schon im Jahr 2018 geltenden Vorschrift des § 2 Abs. 1 Satz 3 UStG ergibt sich zudem, dass für die Unternehmereigenschaft der Wohnungseigentümergemeinschaft grundsätzlich auch eine Tätigkeit gegenüber Mitgliedern ausreicht (vgl. BeckOK UStG/Spilker [Stand: ] § 4 Nr. 13 Rn. 25; MHdB WEG-R/Hofele 8. Aufl. § 69 Rn. 50; a.A. BeckOGK/Falkner [Stand: ] WEG § 9 a Rn. 91 ff.; Schmidt ZWE 2021, 113, 116).
29(3) Der von der Revision vertretenen Rechtsauffassung kann auch deshalb nicht gefolgt werden, weil sie sich nicht mit der Regelung in § 4 Nr. 13 UStG vereinbaren lässt. Danach sind die Leistungen, die die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer an die Wohnungseigentümer und Teileigentümer erbringt, steuerbefreit, soweit die Leistungen in der Überlassung des gemeinschaftlichen Eigentums zum Gebrauch, seiner Instandhaltung, Instandsetzung (Erhaltung) und sonstigen Verwaltung sowie der Lieferung von Wärme und ähnlichen Gegenständen bestehen. Aus dieser Regelung einer Steuerbefreiung lässt sich schließen, dass es sich bei den dort genannten Leistungen grundsätzlich um steuerbare Umsätze handelt (Bunjes/Heidner UStG 23. Aufl. § 4 Nr. 13 Rn. 1; Sölch/Ringleb/Schüler-Täsch UStG [Stand: Oktober 2024] § 4 Nr. 13 Rn. 13), die aus sozialen Gründen - vergleichbar der Überlassung einer Wohnung an einen Mieter (§ 4 Nr. 12 lit. a UStG) - von der Umsatzsteuer befreit werden sollen (vgl. BeckOK UStG/Spilker [Stand: ] § 4 Nr. 13 Rn. 12). Da nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG (nur) die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt, der Umsatzsteuer unterliegen, geht § 4 Nr. 13 UStG von der Unternehmereigenschaft der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer aus. Aus § 4 Nr. 13 UStG ergibt sich zudem, dass für diese steuerbefreiten Umsätze die Gemeinschaft der Wohnungs- und Teileigentümer und nicht - wie die Revision meint - der einzelne Wohnungseigentümer als Unternehmer im Sinne des Umsatzsteuerrechts anzusehen ist (vgl. OLG Hamm NJW-RR 1992, 1232, 1233).
30(4) Im Übrigen wäre die Beklagte auch dann nicht zum Vorsteuerabzug der steuerbelasteten Kostenpositionen in der Jahresabrechnung berechtigt gewesen, wenn man mit der Revision die Wohnungseigentümergemeinschaft nicht als Unternehmer iSv § 2 UStG ansehen würde. Aufgrund ihrer Rechtsfähigkeit schließt die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer die Verträge über Drittleistungen zur Instandhaltung oder zum Bezug der Versorgungsleistungen im eigenen Namen ab. Dementsprechend muss der leistende Unternehmer die Rechnung an die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer adressieren (Hofele in Elzer Stichwortkommentar Wohnungseigentumsrecht „Umsatzsteuer“ Rn. 19). Die Beklagte wäre deshalb auch mangels Erteilung einer an sie adressierten Rechnung mit betragsmäßigem Ausweis der Umsatzsteuer nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 UStG nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt (vgl. Senatsurteil vom - XII ZR 292/02 - NZM 2004, 785).
31dd) Soweit die Revision die Auffassung vertritt, die Wohnungseigentümergemeinschaft sei auch unabhängig von der Ausübung des Optionsrechts nach § 9 UStG zum gesonderten Ausweis der Umsatzsteuer in der Jahresabrechnung berechtigt gewesen, weil nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (Urteil vom Rs. C-449/19 WEG Tevesstraße - ZMR 2021, 1033) die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 13 UStG nicht mit Unionsrecht vereinbar sei, kann dem ebenfalls nicht gefolgt werden. Richtig ist zwar, dass der Europäische Gerichtshof in dem genannten Urteil entschieden hat, Art. 135 Abs. 1 Buchst. l der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem in der durch die Richtlinie 2009/162/EU des Rates vom geänderten Fassung (im Folgenden: Mehrwertsteuerrichtlinie) sei dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung entgegenstehe, nach der die Lieferung von Wärme durch eine Wohnungseigentümergemeinschaft an die Eigentümer, die Mitglieder dieser Gemeinschaft sind, von der Mehrwertsteuer befreit sei. Sollte sich daraus eine generelle Unionsrechtswidrigkeit des § 4 Nr. 13 UStG ergeben, würde dies jedoch nicht zur Unanwendbarkeit der Steuerbefreiung führen, da eine unmittelbare Anwendung der Mehrwertsteuerrichtlinie zu Lasten des Steuerpflichtigen ausscheidet (Sölch/Ringleb/Schüler-Täsch UStG [Stand: Oktober 2024] § 4 Nr. 13 Rn. 6; Schmidt ZWE 2022, 200, 201; vgl. BFH DStR 2009, 742, 745). Eine Änderung des § 4 Nr. 13 UStG durch den nationalen Gesetzgeber ist bislang nicht erfolgt, so dass die Vorschrift weiterhin anwendbar ist und eine Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, die nicht zur Regelbesteuerung optiert hat, nach wie vor in die Jahresabrechnung nur die Bruttobeträge einzustellen hat (Bärmann/Becker WEG 15. Aufl. § 28 Rn. 161).
32ee) Danach hat das Berufungsgericht zu Recht einen Anspruch der Beklagten gegen die Klägerin aus § 535 Abs. 2 BGB auf Nachzahlung von Betriebskosten für das Jahr 2018 in Höhe von insgesamt 963,79 € bejaht. Da sämtliche in der Jahresabrechnung der Wohnungseigentümergemeinschaft enthaltenen Kostenpositionen von der Umlagevereinbarung in § 6 Abs. 2 des Mietvertrags vom erfasst werden, konnte die Beklagte die Jahresabrechnung zur Grundlage ihrer Betriebskostenabrechnung machen. Der an die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zu zahlende Betrag von 5.609,91 € entspricht daher den Kosten, die die Beklagte für den Bezug der umlagefähigen Betriebskostenpositionen aufwenden musste und die sie zuzüglich der hierauf entfallenden Umsatzsteuer von 19 % (1.065,88 €) in die Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2018 einstellen konnte. Unter Abzug der von der Klägerin für das Jahr 2018 geleisteten Vorauszahlungen (4.800 €) einschließlich der darauf entrichteten Umsatzsteuer (912 €) ergibt sich der mit der Rechnung vom ausgewiesene Nachzahlungsbetrag von 963,79 € (809,91 € zzgl. 19 % Umsatzsteuer = 153,88 €). Eine rechtsgrundlose Bereicherung der Beklagten zulasten der Klägerin liegt somit nicht vor.
333. Ein Anspruch auf Rückzahlung eines Teils der erbrachten Nachzahlung auf die Betriebskosten für das Jahr 2018 ergibt sich auch nicht aus anderen Rechtsgründen.
34Soweit die Revision die Auffassung vertritt, eine Vereinbarung im Mietvertrag über Miete und Nebenkosten zuzüglich Umsatzsteuer sei im Verhältnis zu einem unternehmerisch tätigen Mieter - hier der Klägerin - dahin auszulegen, dass der Vermieter nicht nur selbst zur Regelbesteuerung zu optieren, sondern auch die Wohnungseigentümergemeinschaft zu veranlassen habe, ihrerseits für die den Vermieter als Eigentümer betreffenden Umsätze auf die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 13 UStG zu verzichten, dringt sie damit nicht durch.
35Dem Mieter steht grundsätzlich schon kein Anspruch gegen den Vermieter zu, dass dieser auf die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 12 UStG verzichtet (vgl. BeckOK Mietrecht/Beck [Stand: ] Umsatzsteuer Rn. 28). Ob der Vermieter nach § 9 Abs. 2 UStG zur Regelbesteuerung optiert, steht in seinem alleinigen freien Ermessen, sofern die Vertragsparteien keine entsprechende Vereinbarung getroffen haben (vgl. - NJW-RR 1991, 647, 648). Erst recht kann der Mieter - ohne eine entsprechende vertragliche Vereinbarung - von seinem Vermieter nicht verlangen, dass dieser seinerseits die Wohnungseigentümergemeinschaft zum Verzicht auf die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 13 UStG veranlasst. Die Entscheidung, ob von dem Optionsrecht nach § 9 Abs. 2 UStG Gebrauch gemacht wird, steht wegen der weitreichenden Folgen, die damit verbunden sind, allein im Ermessen der Wohnungseigentümer, die darüber durch Beschluss der Eigentümerversammlung zu entscheiden haben (vgl. OLG Hamm NJW-RR 1992, 1232, 1234). Der Verzicht auf die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 13 UStG führt dazu, dass die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer Umsatzsteuererklärungen und Umsatzsteuervoranmeldungen (§ 18 UStG) abzugeben hat und sie nach § 22 UStG umfangreiche Aufzeichnungspflichten treffen. Damit entsteht insbesondere für den Verwalter erhebliche Mehrarbeit, so dass eine zusätzliche Vergütung in Frage kommt (vgl. OLG Hamm NJW-RR 1992, 1232, 1234; BayObLG NJW-RR 1997, 79, 80). Nach der bisherigen obergerichtlichen Rechtsprechung kann ein Anspruch darauf, dass die Wohnungseigentümer auf die Umsatzsteuerbefreiung verzichten, deshalb nur dann in Betracht gezogen werden, wenn der Wohnungseigentümer sich verpflichtet, die übrigen Wohnungseigentümer durch eine rechtsgeschäftliche, verbindliche Erklärung von sämtlichen etwa entstehenden steuerlichen Zahllasten und Haftungsrisiken sowie zusätzlichen Vergütungen für die steuerrechtliche Geschäftsbesorgung freizustellen (vgl. OLG Hamm NJW-RR 1992, 1232, 1234; BayObLG NJW-RR 1997, 79, 80; Bärmann/Becker WEG 15. Aufl. § 28 Rn. 163).
36Eine so weitgehende Verpflichtung der Beklagten lässt sich weder mit Hilfe des § 242 BGB noch im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung begründen. Sie ergibt sich auch nicht aus dem allgemeinen Wirtschaftlichkeitsgebot, das für die Wohnraummiete in § 556 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 BGB niedergelegt ist und gemäß § 242 BGB auch für die Geschäftsraummiete gilt (vgl. Senatsurteil vom - XII ZR 170/13 - NZM 2015, 132 Rn. 10 mwN). Dieses bezeichnet die auf Treu und Glauben beruhende vertragliche Nebenpflicht des Vermieters, den Mieter nur mit Nebenkosten zu belasten, die erforderlich und angemessen sind. Danach dürfen nur solche Kosten umgelegt werden, die bei gewissenhafter Abwägung aller Umstände und bei ordentlicher Geschäftsführung gerechtfertigt sind. Maßgebend ist somit der Standpunkt eines vernünftigen Vermieters, der ein vertretbares Kosten-Nutzen-Verhältnis im Auge behält. Dabei steht dem Vermieter allerdings ein Entscheidungsspielraum zu. Insbesondere ist er nicht gehalten, stets die für den Mieter günstigste Lösung zu wählen (vgl. Senatsurteil vom - XII ZR 129/09 - NZM 2010, 864 Rn. 18 mwN).
37Danach kann der Beklagten - entgegen der Auffassung der Revision - keine Verletzung des Wirtschaftlichkeitsgebots zur Last gelegt werden, weil sie nicht darauf hingewirkt hat, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft auf die Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 Nr. 13 UStG verzichtet. Ein entsprechender Anspruch der Beklagten gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft wäre nach der aktuellen obergerichtlichen Rechtsprechung davon abhängig, dass sich die Beklagte rechtsgeschäftlich dazu verpflichtet, die übrigen Wohnungseigentümer von sämtlichen etwa entstehenden steuerlichen Zahllasten und Haftungsrisiken sowie zusätzlichen Vergütungen für die steuerrechtliche Geschäftsbesorgung freizustellen. Auch ein vernünftiger Vermieter, der ein vertretbares Kosten-Nutzen-Verhältnis im Auge behält, würde diese umfangreichen wirtschaftlichen und haftungsrechtlichen Folgen nicht auf sich nehmen, um die Höhe von umlagefähigen Betriebskosten zugunsten des gewerblichen Mieters zu verringern, zumal er die ihm dadurch zusätzlich entstehenden Kosten - wie die Revision selbst einräumt - nicht gegenüber dem Mieter geltend machen könnte.
38Eine ausdrückliche vertragliche Vereinbarung, die eine Pflicht der Beklagten begründen würde, die Wohnungseigentümergemeinschaft zu einem Verzicht auf die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 13 UStG zu veranlassen, ist hier schließlich unstreitig nicht getroffen worden.
Guhling Klinkhammer Günter
Nedden-Boeger Krüger
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2025:150125UXIIZR29.24.0
Fundstelle(n):
NJW 2025 S. 8 Nr. 13
ZAAAJ-86628