Leitsatz
Ein nicht gebundener Vermittler von Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträgen schuldet seinem Kunden eine umfassende und richtige Aufklärung über die in Betracht kommenden Finanzierungsmöglichkeiten. Im Rahmen der geschuldeten Aufklärung darf ein reales Risiko (hier: Nichtzustandekommen des Grundstückskaufvertrags nach bereits geschlossenem und nicht mehr widerruflichem Darlehensvertrag) nicht so verharmlost werden, dass der Eindruck entsteht, es sei nur theoretischer Natur (Anschluss an , NJW 2018, 848 [juris Rn. 34, 37 und 39]).
Gesetze: § 511 BGB, § 655a Abs 1 S 1 Nr 1 BGB, § 655a Abs 3 BGB
Instanzenzug: OLG Dresden Az: 2 U 2324/22vorgehend Az: 8 O 27/22
Tatbestand
1Die Kläger beabsichtigten, gemeinsam ein Einfamilienhaus zu erwerben. Die Beklagte ist eine Darlehensvermittlerin.
2Die Kläger besichtigten im August 2020 ein mit einem Einfamilienhaus bebautes Grundstück (nachfolgend: Einfamilienhaus) in D. und wurden sich mit dem Verkäufer über den Kaufpreis einig. Sie vereinbarten mit diesem einen Notartermin für den . Eine von den Klägern angefragte Bank lehnte die benötigte Finanzierung von 450.000 € ab.
3Am kontaktierten die Kläger die Beklagte und baten um Vermittlung der benötigten Finanzierung. Am fand ein Termin mit dem Filialleiter der Beklagten D. statt, der eine Finanzierungsvoranfrage für einen Kredit über 450.000 € bei der D. -Bank einreichte. Die Kläger unterzeichneten sodann am einen - von der D. -Bank angenommenen - Darlehensantrag über 350.000 € und ein Beratungsprotokoll der Beklagten. Im Beratungsprotokoll ist folgender Hinweis enthalten:
Wichtig! Unterzeichnen Sie Bau-, Kauf- und Finanzierungsverträge erst, wenn alle wichtigen Faktoren Ihres Bau- oder Kaufvorhabens geklärt und schriftlich festgehalten wurden. Ansonsten drohen bei einer Rückabwicklung hohe Kosten, wie Vertragsstrafen und Nichtabnahmeentschädigungen.
4Unter dem unterzeichneten die Kläger einen Vertrag für ein KfW-Darlehen über 100.000 €. Am teilten die Kläger der Beklagten mit, dass sie einen Notartermin für den vereinbart hätten.
5Am informierte der Verkäufer die Kläger darüber, dass er das Einfamilienhaus aus persönlichen Gründen doch nicht verkaufen wolle. Davon setzten die Kläger den Filialleiter D. zunächst telefonisch in Kenntnis und teilten ihm am mit, sie wollten nach einer Rechtsberatung die Darlehensverträge behalten. Die Beklagte verhandelte daraufhin mit der D. -Bank, die am ihre Bereitschaft mitteilte, das Darlehen für sechs Monate "stehenzulassen". Am informierten die Kläger die D. -Bank, dass sie das Darlehen endgültig nicht abnehmen würden. Die D. -Bank trat daraufhin am vom Darlehensvertrag zurück. Sie verlangte von den Klägern eine Nichtabnahmeentschädigung von 35.862,29 €, die die Kläger vollständig bezahlten.
6Die Kläger haben die Beklagte auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 35.862,29 € und vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten, jeweils nebst Zinsen, in Anspruch genommen. Das Landgericht hat die Beklagte - nach Anhörung der Kläger und Vernehmung des Filialleiters D. als Zeuge - zur Zahlung der Hälfte der Hauptforderung und anteiliger Nebenforderungen verurteilt. Im Übrigen hat es die Klage wegen hälftigen Mitverschuldens der Kläger abgewiesen.
7Auf die beiderseitigen Berufungen hat das Berufungsgericht das Urteil des Landgerichts teilweise abgeändert und die Klage - nach Anhörung des Klägers zu 2 - insgesamt abgewiesen. Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, verfolgen die Kläger ihre Klageanträge weiter.
Gründe
8I. Das Berufungsgericht hat die Klage für unbegründet gehalten und angenommen, es fehle an der Verletzung einer Pflicht der Beklagten gegenüber den Klägern aus dem zwischen den Parteien unstreitig abgeschlossenen Darlehensvermittlungsvertrag. Der Umfang der geschuldeten Aufklärung und Beratung bestimme sich nach den Umständen des Einzelfalls. Daraus folge jedoch nicht, dass der Darlehensvermittler den Käufern ein eigenes Risiko abnehmen müsse.
9Die Kläger hätten die mit dem Darlehensvertrag verbundenen Risiken gekannt. Der Kläger zu 2 habe bei seiner Anhörung ausgeführt, der für die Beklagte handelnde Zeuge D. habe sowohl über das Bestehen eines Widerrufsrechts als auch über die Möglichkeit des Anfalls einer Nichtabnahmeentschädigung informiert und alle Beteiligten hätten darüber gesprochen. Bereits aufgrund des von beiden Klägern am unterzeichneten Beratungsprotokolls stehe fest, dass die Beklagte eine kunden- und projektgerechte Auswahl der Finanzierung vorgenommen habe, insbesondere die Kläger über das Anfallen von Kosten bei der vorzeitigen Rückzahlung des Darlehens aus unterschiedlichen Gründen informiert sowie auf mögliche hohe Kosten - wie Vertragsstrafen und Nichtabnahmeentschädigung - hingewiesen habe. Der Kläger zu 2 habe angegeben, diesen Hinweis gelesen zu haben, der ihm Anlass zur Frage gegeben habe, was passiere, wenn der Kaufvertrag über das Grundstück aus irgendwelchen Gründen nicht zustande komme. Der Zeuge D. habe daraufhin - so der Kläger zu 2 - gesagt, so weit, wie das jetzt schon alles sei, habe er noch nie erlebt, dass ein Geschäft jetzt platze; sollte es dazu kommen, werde man gemeinsam eine Lösung finden. Der Kläger zu 2 habe weiter angegeben, dass er sich des grundsätzlich bestehenden Risikos sehr wohl bewusst gewesen sei, sich aber darauf eingelassen habe. Soweit er später geäußert habe, er könne sich nicht mehr erinnern, was genau besprochen worden sei, erscheine dies wenig glaubwürdig.
10Vor diesem Hintergrund hätten am keine weiteren Aufklärungs- und Beratungspflichten der Beklagten bestanden, zumal kein Beteiligter zu diesem Zeitpunkt einen Hinweis auf das Scheitern des notariellen Kaufvertrags gehabt habe. Es sei dem Kläger zu 2 allein darauf angekommen, für den Fall des Scheiterns des Kaufvertragsschlusses eine Lösung zu finden; der Zeuge D. habe gemeint, man werde dann schon eine andere Immobilie finden. Dies sei aber ein Umstand, der nicht mit der von der Beklagten als Darlehensvermittlerin geschuldeten Beratung im Zusammenhang stehe. Im Übrigen hätten die Kläger nicht dargetan, die von der Beklagten angebotene Unterstützung bei der Suche nach einem Ersatzobjekt in Anspruch genommen zu haben. Die Beklagte hätte nicht auf die Möglichkeiten hinweisen müssen, vor dem Kauf eine Finanzierungszusage einzuholen (und den Darlehensvertrag erst nach dem Kauf abzuschließen) oder den Darlehensvertrag unter der Bedingung des Kaufs abzuschließen. Im Übrigen habe die Beklagte unstreitig auf die Möglichkeit der Minimierung dieses Risikos hingewiesen, indem sie das Widerrufsrecht angesprochen habe.
11Unabhängig von der bereits fehlenden Pflichtverletzung der Beklagten hätten die Kläger auch einen Schaden nicht substantiiert dargetan. Letztlich komme es auf diese Frage jedoch nicht an, da es bereits an einer Pflichtverletzung der Beklagten fehle.
12II. Die Revision der Kläger hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Mit der Begründung des Berufungsgerichts kann ein Schadensersatzanspruch der Kläger gegen die Beklagte nach §§ 655a, 280 Abs. 1 BGB nicht verneint werden. Es kommt in Betracht, dass die Beklagte Aufklärungs- und Beratungspflichten aus dem zwischen den Parteien bestehenden Darlehensvermittlungsvertrag verletzt hat, indem sie auf Nachfrage der Kläger das Risiko des Nichtzustandekommens des Grundstückskaufvertrags verharmlost hat.
131. Das Berufungsgericht hat zutreffend und von den Parteien unbeanstandet angenommen, dass die Kläger mit der Beklagten im Sinn des § 655a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGB einen entgeltlichen Vertrag über die Vermittlung eines Immobiliar-Verbraucherdarlehensvertrags (§ 491 Abs. 3 Satz 1 BGB) abgeschlossen haben.
142. § 655a Abs. 3 Satz 1 BGB bestimmt für diesen Fall, dass § 511 BGB entsprechend gilt, wenn der Darlehensvermittler in diesem Zusammenhang Beratungsleistungen gemäß § 511 Abs. 1 BGB - also individuelle Empfehlungen zu einem oder mehreren Geschäften, die im Zusammenhang mit einem Immobiliar-Verbraucherdarlehensvertrag stehen - anbietet.
15a) Nach § 511 Abs. 2 Satz 1, § 655a Abs. 3 Satz 1 BGB hat sich der Darlehensvermittler vor Erbringung der Beratungsleistung über den Bedarf, die persönliche und finanzielle Situation sowie über die Präferenzen und Ziele des Kunden zu informieren, soweit dies für eine passende Empfehlung eines Darlehensvertrags erforderlich ist. Auf Grundlage dieser aktuellen Informationen und unter Zugrundelegung realistischer Annahmen hinsichtlich der Risiken, die für den Kunden während der Laufzeit des Darlehensvertrags zu erwarten sind, hat der Darlehensvermittler, soweit er nicht nur für eine begrenzte Zahl von Darlehensgebern tätig ist, die am Markt keine Mehrheit darstellt, nach § 511 Abs. 2 Satz 2, § 655a Abs. 3 Satz 2 und 3 BGB eine ausreichende Zahl von am Markt verfügbaren Darlehensverträgen auf ihre Geeignetheit zu prüfen. Nach § 511 Abs. 3, § 655a Abs. 3 Satz 1 BGB hat der Darlehensvermittler dem Kunden auf Grund der Prüfung gemäß § 511 Abs. 2 BGB ein geeignetes oder mehrere geeignete Produkte zu empfehlen oder ihn darauf hinzuweisen, dass er kein Produkt empfehlen kann (Satz 1) und die Empfehlung oder den Hinweis dem Kunden auf einem dauerhaften Datenträger zur Verfügung zu stellen (Satz 2).
16Die genannten Vorschriften setzen - im Wesentlichen inhaltsgleich - Art. 22 Abs. 3 in Verbindung mit Art. 4 der Richtlinie 2014/17/EU über Wohnimmobilienkreditverträge für Verbraucher in nationales Recht um.
17b) Nach der Begründung des Regierungsentwurfs zur Einführung des § 511 BGB richtet sich der Umfang der Informations(einholungs)pflicht des § 511 Abs. 2 Satz 1 BGB danach, was erforderlich ist, um dem Verbraucher geeignete Darlehensverträge empfehlen zu können. Hiervon ausgehend hat der Berater das Beratungsbedürfnis des Verbrauchers zu ermitteln. Ausgehen kann er dabei von einem durchschnittlichen Verbraucher, soweit sich etwa aufgrund von Rückfragen oder sonstigen Anhaltspunkten kein erhöhter Beratungsbedarf ergibt. Ferner hat er die Lebenssituation und die finanziellen Verhältnisse zu ermitteln sowie herauszufinden, wofür und wie lange der Verbraucher ein Immobiliardarlehen aufnehmen möchte. Der Berater muss aufgrund der erteilten Auskünfte in der Lage sein, ein kundengerechtes Produkt zu finden. Er soll hiernach einschätzen können, ob ein, mehrere oder kein bestimmtes Produkt für den konkreten Verbraucher geeignet ist (vgl. Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie, BT-Drucks. 18/5922, S. 106). Zur Prüfung einer ausreichenden Anzahl von am Markt verfügbaren Darlehensverträgen auf ihre Geeignetheit nach § 511 Abs. 2 Satz 2 BGB gehört nach der Begründung des Regierungsentwurfs eine Abschätzung, welche spezifischen Risiken jeder einzelne Vertrag für den Verbraucher während der jeweiligen Vertragslaufzeit mit sich bringt. Hierbei muss der Berater realistische Annahmen hinsichtlich der Risiken zugrunde legen. Er ist daher verpflichtet, die spezifischen Risikofaktoren des Verbrauchers zu ermitteln und sie im Rahmen einer Gesamtschau zu gewichten (vgl. BT-Drucks. 18/5922, S. 106). Zum Inhalt der Empfehlung oder des Hinweises nach § 511 Abs. 3 Satz 1 BGB führt die Begründung des Regierungsentwurfs aus, dass die Eignung des Produkts oder mehrerer Produkte für den Verbraucher kunden- und objektbezogen zu ermitteln ist und dies den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen der anleger- und objektgerechten Beratung (hierzu , BGHZ 189, 13 [juris Rn. 20]) entspricht (vgl. BT-Drucks. 18/5922, S. 107; BeckOK.BGB/Möller, 72. Edition [Stand ], § 511 Rn. 6; differenzierend Buck-Heeb, BKR 2015, 177, 183; Buck-Heeb/Lang, ZBB 2016, 320, 329 f.).
18Allerdings hat der Bundesgerichtshof wiederholt entschieden, dass die Grundsätze zu den Aufklärungspflichten einer anlageberatend tätigen Bank, wie etwa über von ihr vereinnahmte Rückvergütungen oder die Risiken eines Swap-Geschäfts, auf Finanzierungsberatungen durch eine Bank nicht übertragbar sind (vgl. , WM 2012, 30 [juris Rn. 39]; Urteil vom - XI ZR 247/12, WM 2014, 1621 [juris Rn. 20]; Urteil vom - XI ZR 152/17, NJW 2018, 848 [juris Rn. 34]). Vielmehr ist unabhängig davon zu prüfen, ob die empfohlene Finanzierung als ein für den Darlehensnehmer geeignetes Finanzierungsinstrument anzusehen war und ob die Bank - oder der Darlehensvermittler - den Darlehensnehmer über die spezifischen Nachteile und Risiken und die vertragsspezifischen Besonderheiten der empfohlenen Finanzierungsform hinreichend aufgeklärt hat (vgl. , WM 2005, 415 [juris Rn. 24]; BGH, NJW 2018, 848 [juris Rn. 34]; MünchKomm.BGB/Weber, 9. Aufl., § 511 Rn. 24; zu Beispielsfällen vgl. auch Buck-Heeb, BKR 2014, 221, 232 bis 235 und BKR 2015, 177, 184 bis 186; Buck-Heeb/Lang, ZBB 2016, 320, 330 bis 332). Dass im Streitfall Pflichten in Rede stünden, die der Beklagten allein als Anlagevermittlerin, nicht aber als Darlehensvermittlerin oblagen, ist weder von der Revisionserwiderung vorgebracht noch sonst ersichtlich. Ohnehin hängen Inhalt und Umfang der Aufklärungs- und Beratungspflichten von den Umständen des Einzelfalls ab (vgl. BGH, NJW 2018, 848 [juris Rn. 34]; vgl. auch Buck-Heeb, BKR 2014, 221, 231; BeckOGK.BGB/Harnos, Stand , § 511 Rn. 42 und 43; BeckOGK.BGB/M. Zimmermann, Stand , § 655a Rn. 60 f.).
193. Im Streitfall kommt eine Verletzung von Aufklärungs- und Beratungspflichten aus dem zwischen den Parteien bestehenden Darlehensvermittlungsvertrag jedenfalls dadurch in Betracht, dass die Beklagte im Beratungsgespräch vom auf Nachfrage der Kläger das Risiko des Nichtzustandekommens des Grundstückskaufvertrags verharmlost hat.
20a) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts war den Klägern zwar grundsätzlich bekannt, dass Kaufvertrag und Darlehensvertrag rechtlich selbständig sind und es daher dazu kommen kann, dass eine Loslösung vom Darlehensvertrag nur noch gegen Nichtabnahmeentschädigung möglich ist, wenn zuerst der Darlehensvertrag geschlossen wird, die hierfür bestehende Widerrufsfrist abläuft und der Kaufvertrag danach nicht zustande kommt.
21b) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts kommt jedoch eine Pflichtverletzung der Beklagten in Betracht, wenn sie im Beratungsgespräch vom auf Nachfrage der Kläger das Risiko des Nichtzustandekommens des Grundstückskaufvertrags verharmlost hat.
22aa) Im Rahmen der geschuldeten umfassenden Aufklärung darf ein reales Risiko nicht so verharmlost werden, dass der Eindruck entsteht, es sei nur theoretischer Natur (vgl. BGH, NJW 2018, 848 [juris Rn. 34, 37 und 39]; MünchKomm.BGB/Weber aaO § 511 Rn. 27).
23bb) Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass der für die Beklagte tätige Zeuge D. die Kläger über das für den Darlehensvertrag bestehende Widerrufsrecht aufgeklärt hat. Der Kläger zu 2 habe nach seinen vom Berufungsgericht wiedergegebenen Angaben gefragt, was passiere, wenn der Kaufvertrag über das Grundstück aus irgendwelchen Gründen nicht zustande komme. Der Zeuge D. habe daraufhin - so der Kläger zu 2 - gesagt, so weit, wie das jetzt schon alles sei, habe er noch nie erlebt, dass ein Geschäft jetzt platze; sollte es dazu kommen, werde man gemeinsam eine Lösung finden. Der Kläger zu 2 habe weiter angegeben, dass er sich des grundsätzlich bestehenden Risikos sehr wohl bewusst gewesen sei, sich aber darauf eingelassen habe.
24cc) Wenn diese Angaben des Klägers zu 2 zutreffen, hat die Beklagte ihre gegenüber den Klägern aus dem Darlehensvermittlungsvertrag bestehende Aufklärungspflicht verletzt, indem sie das Risiko des Nichtzustandekommens des Grundstückskaufvertrags verharmlost hat.
25(1) Es handelt sich um ein reales Risiko, weil der Verkäufer vor der Beurkundung im Grundsatz frei ist, von dem geplanten Kaufvertrag Abstand zu nehmen, und gegenüber dem Kaufinteressenten auch dann nicht auf Schadensersatz haftet, wenn ihm bekannt ist, dass dieser bereits einen Darlehensvertrag für den Grundstückskauf geschlossen hat (vgl. , NZM 2018, 295 [juris Rn. 5 f. und 14 f.]).
26(2) Hat der Kläger zu 2 die von ihm angegebene Frage an den für die Beklagte tätigen Filialleiter D. gerichtet, ist dieser dazu verpflichtet gewesen, die Kläger zutreffend über das genannte Risiko zu informieren und ihnen Wege zur Vermeidung des Risikos aufzuzeigen. Zu einer umfassenden Aufklärung gehört dann auch ein Hinweis auf die Möglichkeit einer zeitlichen Staffelung dergestalt, dass die auf den Abschluss des Darlehensvertrags gerichtete Willenserklärung zum Zeitpunkt des beabsichtigten Kaufvertragsschlusses noch widerrufen werden kann. Im Streitfall wäre in Betracht gekommen, dass die Kläger ihre auf den Abschluss der Darlehensverträge mit der D. -Bank und der K. -Bank gerichteten Willenserklärungen später abgeben oder den Notartermin vorziehen.
27(3) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts handelt es sich nicht allein um ein Risiko der Mittelverwendung, für das die Beklagte als Darlehensvermittlerin nicht einzustehen hat. Vielmehr ist auch ein dem Darlehensvertrag immanentes Risiko betroffen, das daraus entsteht, dass dieser wirtschaftlich und rechtlich auf einen Immobilienkauf bezogen ist, was insbesondere in der Zweckbindung des Darlehensvertrags und dem Ausbedingen grundpfandrechtlicher Sicherheiten durch die Bank zum Ausdruck kommt.
28c) Das Berufungsurteil beruht auf dieser Rechtsverletzung (§ 545 Abs. 1 ZPO). Trifft das Vorbringen der Kläger zur Risikoverharmlosung zu, kann nicht ausgeschlossen werden, dass sie sich bei voller Kenntnis des Risikos für eine andere, für sie risikofreie Gestaltung der Finanzierung entschlossen hätten.
294. Das Berufungsurteil stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Die Annahme des Berufungsgerichts, unabhängig von der fehlenden Pflichtverletzung der Beklagten hätten die Kläger einen Schaden nicht substantiiert dargetan, trägt die Klageabweisung wegen eines Verfahrensmangels ebenfalls nicht. Ob es sich insoweit um eine selbständig tragende Begründung handeln soll, nachdem das Berufungsgericht abschließend ausgeführt hat, es komme auf diese Frage letztlich nicht an, bedarf daher keiner Entscheidung.
30a) Das Berufungsgericht hat angenommen, es habe in der Berufungsinstanz keines nochmaligen Hinweises auf die von der Beklagten bereits mehrfach gerügten Unzulänglichkeiten des Vortrags der Kläger zur Substantiierung des Schadens bedurft. Die Beklagte habe zuletzt in ihrer Berufungsbegründung und im Schriftsatz vom darauf hingewiesen, so dass die gebotene Unterrichtung bereits durch die Gegenseite erfolgt sei. Vor diesem Hintergrund hätte es den Klägern oblegen, spätestens mit der Erwiderung auf die Berufung der Beklagten entsprechende Unterlagen vorzulegen. Die Kläger hätten sich nicht darauf verlassen können, dass es bei der Verurteilung der Beklagten im Umfang des landgerichtlichen Urteils bleiben würde, weil das Urteil aufgrund der wechselseitig eingelegten Berufung vollumfänglich angefochten worden sei. Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
31b) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs darf eine in erster Instanz siegreiche Partei grundsätzlich darauf vertrauen, dass das Berufungsgericht ihr rechtzeitig einen Hinweis erteilt, wenn es der Beurteilung der Vorinstanz nicht folgen will. Das Berufungsgericht ist dann auch verpflichtet, der betroffenen Partei Gelegenheit zu geben, auf den Hinweis zu reagieren und ihren Tatsachenvortrag zu ergänzen sowie gegebenenfalls Beweis anzutreten. Ein rechtlicher Hinweis ist nur dann entbehrlich, wenn eine Partei in erster Instanz obsiegt hat, die dem ihr günstigen Urteil zugrundeliegende Auffassung des erstinstanzlichen Gerichts als zentraler Streitpunkt zur Überprüfung durch das Berufungsgericht gestellt wird und das Berufungsgericht sich sodann der Auffassung des Berufungsklägers anschließt. In diesem Fall muss die in erster Instanz erfolgreiche Partei von vornherein damit rechnen, dass das Berufungsgericht anderer Auffassung ist (vgl. , NJW-RR 2018, 118 [juris Rn. 18] mwN).
32c) Nach diesen Grundsätzen hätte das Berufungsgericht den Klägern einen Hinweis erteilen müssen, dass es die Darlegungen der Kläger zu dem ihnen entstandenen Schaden für unsubstantiiert hält.
33aa) Das Landgericht hat die Teilabweisung der Klage darauf gestützt, dass die Kläger bei ihrer Mitteilung an die D. -Bank, sie nähmen das Darlehen endgültig nicht an, die von der Bank eingeräumte Frist zur Wahrnehmung der Finanzierung für ein anderes Objekt nicht ausgeschöpft hätten. Gegen die Darlegungen der Kläger zu dem ihnen entstandenen Schaden hat es keine Bedenken erhoben und sich nicht zu Ausführungen über die hiergegen erhobenen Einwendungen der Beklagten veranlasst gesehen. Die Beklagte hat diese im Berufungsrechtzug wiederholt.
34bb) Hätte bereits das Landgericht die Darlegungen der Kläger zum Schaden für nicht hinreichend substantiiert erachtet, wäre es zur Erteilung eines Hinweises verpflichtet gewesen. Nach § 139 Abs. 1 Satz 2 ZPO hätte es darauf hinwirken müssen, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen und die Beweismittel bezeichnen. Die Kläger haben jedoch in erster Instanz (teilweise) obsiegt, ohne dass das Landgericht die Frage der Substantiierung des Schadens im erstinstanzlichen Verfahren oder in seinem Urteil problematisiert hat. Bei einer solchen Sachlage durften die Kläger für den Fall einer abweichenden Beurteilung in zweiter Instanz auf die Erteilung eines rechtzeitigen Hinweises durch das Berufungsgericht vertrauen. Der gebotene Hinweis ist nicht dadurch ersetzt worden, dass die Beklagte ihre erstinstanzlich vorgebrachten Verteidigungsmittel zu Punkten, die keinen Widerhall im erstinstanzlichen Urteil gefunden haben, im Berufungsrechtszug wiederholt hat.
35III. Das angefochtene Urteil ist daher aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Der Senat kann nicht in der Sache selbst entscheiden, weil sie nicht zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Für das wiedereröffnete Berufungsverfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
361. Das Berufungsgericht wird erneut zu prüfen haben, ob die Beklagte eine Pflicht aus dem mit den Klägern geschlossenen Darlehensvermittlungsvertrag verletzt hat. Ihr Verschulden würde dann nach § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB vermutet; ein Verschulden des Zeugen D. wäre ihr nach § 278 Satz 1 Fall 2 BGB zuzurechnen.
37a) Mit Blick auf die von den Klägern geltend gemachte Risikoverharmlosung wird das Berufungsgericht feststellen müssen, ob die Angaben des Klägers zu 2 zum Inhalt des Beratungsgesprächs vom zutreffen. Ist dies der Fall, kann sich die Beklagte nicht mit Verweis auf die schriftlichen Hinweise im Beratungsprotokoll vom oder etwaige ergänzende Hinweise in den Darlehensverträgen entlasten.
38b) Sollte die Beklagte nicht bereits aus diesem Grund haften, wird sich das Berufungsgericht erneut mit der Frage zu befassen haben, ob die Beklagte ihrer Pflicht zur umfassenden und richtigen Aufklärung der Kläger über die in Betracht kommenden Finanzierungsmöglichkeiten nachgekommen ist.
39aa) Ein nicht gebundener Darlehensvermittler schuldet seinem Kunden eine umfassende und richtige Aufklärung über die in Betracht kommenden Finanzierungsmöglichkeiten (vgl. Buck-Heeb BKR 2014, 221, 233 und BKR 2015, 177, 185; Beck-Heeb/Lang, ZBB 2016, 320, 330 f., jeweils mwN; aA - und allein auf eine Erläuterungspflicht nach § 491a Abs. 3, § 655a Abs. 2 Satz 2 BGB abstellend - BeckOGK.BGB/Harnos aaO § 511 Rn. 46.2). Hierzu gehört eine Aufklärung über die spezifischen Nachteile und Risiken und die vertragsspezifischen Besonderheiten der empfohlenen Finanzierungsform und eine Beratung über die Geeignetheit der in Betracht kommenden Finanzierungen in der spezifischen Situation des Kunden (vgl. BGH, NJW 2018, 848 [juris Rn. 34], OLG Karlsruhe, NJW-RR 2012, 1439 [juris Rn. 23]). Das von der Revision ergänzend in Bezug genommene , NZM 2018, 295 [juris Rn. 14 f.]) behandelt das Rechtsverhältnis des Käufers mit dem Verkäufer und trifft keine Aussage über die Aufklärungs- und Beratungspflichten eines Darlehensvermittlers.
40Die Beklagte, die nicht geltend gemacht hat, eine gebundene Darlehensvermittlerin zu sein, hätte die Kläger nach diesen Grundsätzen über marktübliche Gestaltungen der Finanzierung aufklären müssen, bei denen diese kein Risiko eingehen, eine Nichtabnahmeentschädigung zahlen zu müssen, wenn der Kaufvertrag aufgrund einer ihrem Einfluss entzogenen Entscheidung des Verkäufers nicht zustande kommt. Hierbei handelt es sich nicht um ein lediglich den Kaufvertrag betreffendes Risiko (wie etwa die Werthaltigkeit des Objekts und die damit zusammenhängende Wirtschaftlichkeit des Kaufs), das grundsätzlich außerhalb der Sphäre des Kreditvermittlers (vgl. BeckOGK.BGB/Harnos aaO § 511 Rn. 41; MünchKomm.BGB/Weber aaO § 511 Rn. 28) und der finanzierenden Bank (vgl. , WM 2019, 308 [juris Rn. 23]) liegt. Vielmehr entsteht dieses Risiko daraus, dass Kaufvertrag und Darlehensvertrag zwar rechtlich selbständig, aber wirtschaftlich aufeinander bezogen sind, und die Verträge unterschiedlichen Regelungen mit Blick auf die Formbedürftigkeit und die Möglichkeit eines Widerrufs unterliegen.
41bb) Die Kläger haben bereits vor dem Landgericht unter Beweisantritt durch Einholung eines Sachverständigengutachtens vorgetragen, sie hätten den Darlehensvertrag später oder unter einer Bedingung abgeschlossen, wenn ihnen entsprechende Alternativen angeboten worden wären. Die Beklagte hat die Verfügbarkeit eines aufschiebend bedingten Darlehensvertrags bestritten.
42cc) Das Berufungsgericht wird Feststellungen zu treffen haben, ob und - gegebenenfalls - unter welchen Konditionen zum maßgeblichen Zeitpunkt Finanzierungen auf dem Markt erhältlich gewesen wären, bei denen das Risiko vermieden wird, dass bei Nichtzustandekommen des Grundstückskaufvertrags für die Loslösung vom bereits geschlossenen und nicht mehr widerruflichen Darlehensvertrag eine Nichtabnahmeentschädigung anfällt, wie etwa durch Vereinbarung einer auf den Kaufvertragsschluss bezogenen aufschiebenden Bedingung im Darlehensvertrag. Ob daneben nach den Umständen des Einzelfalls auch die Einholung einer verbindlichen Finanzierungszusage in Betracht gekommen wäre (zum Umfang der Bindungswirkung vgl. MünchKomm.BGB/K. P. Berger aaO § 488 Rn. 4 mwN), bedarf ebenfalls der tatgerichtlichen Klärung.
43dd) Die Beklagte hätte den Klägern marktübliche Finanzierungen, die das Risiko des Anfallens einer Nichtabnahmeentschädigung vermieden oder verkleinert hätten, anbieten müssen. Das gilt unabhängig davon, dass es - wie vom Berufungsgericht festgestellt - am noch keinen Hinweis für ein Scheitern des Kaufvertrags gegeben hat. Jedem Grundstückskauf ist vor der notariellen Beurkundung das Risiko immanent, dass der Verkäufer seine Verkaufsbereitschaft revidiert.
44c) Für eine Verletzung von Aufklärungs- und Beratungspflichten der Beklagten nach dem sind hingegen keine Anhaltspunkte ersichtlich. Nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts war die Widerrufsfrist für den von den Klägern geschlossenen Darlehensvertrag mit der D. -Bank bereits abgelaufen, als die Beklagte am von dem für den vereinbarten Beurkundungstermin erfuhr.
452. Bejaht das Berufungsgericht eine von der Beklagten zu vertretende Pflichtverletzung, wird es weiter zu prüfen haben, ob und - wenn ja - in welcher Höhe den Klägern durch die von ihnen gezahlte Nichtabnahmeentschädigung ein Schaden entstanden ist. Hierzu wird es von den Klägern nach Schluss der mündlichen Verhandlung im ersten Berufungsverfahren gehaltenen Vortrag zu berücksichtigen haben.
463. Mit Blick auf die Frage, ob der gegebenenfalls eingetretene Schaden kausal auf eine Pflichtverletzung der Beklagten zurückzuführen ist, spricht für die Kläger eine Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens (vgl. , BGHZ 240, 312 [juris Rn. 36]; Urteil vom - III ZR 73/23, NZI 2024, 893 [juris Rn. 48], jeweils mwN; BeckOGK.BGB/Harnos aaO § 511 Rn. 59; MünchKomm.BGB/Weber aaO § 511 Rn. 32). Diese Vermutung ist auch dann anwendbar, wenn sich die Kläger in einem Entscheidungskonflikt befunden hätten (vgl. , BGHZ 193, 159 [juris Rn. 27 bis 36]; MünchKomm.BGB/Weber aaO § 511 Rn. 32), was etwa dann der Fall gewesen wäre, wenn die Kläger für eine Finanzierung mit aufschiebender Bedingung teurere Konditionen in Kauf hätten nehmen müssen. Mit dem in der Revisionsverhandlung erhobenen Einwand, eine solche Finanzierung hätte die finanziellen Möglichkeiten der Kläger überschritten, wendet sich die Beklagte gegen die den Klägern zugutekommende Vermutung.
474. Sollte die Beklagte zum Schadensersatz verpflichtet sein, dürfte für eine Anspruchskürzung wegen Mitverschuldens - wie vom Landgericht angenommen - kein Raum sein. An den Mitverschuldenseinwand sind strenge Anforderungen zu stellen (ebenso MünchKomm.BGB/Weber aaO § 511 Rn. 35). Insbesondere ist nicht ersichtlich, unter welchem Gesichtspunkt die Kläger verpflichtet gewesen sein sollten, das Darlehen nach Verletzung der in Rede stehenden Aufklärungspflicht für ein anderes Objekt einzusetzen.
48IV. Eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 Abs. 3 AEUV ist nicht veranlasst (vgl. 283/81, Slg. 1982, 3415 [juris Rn. 21] = NJW 1983, 1257 - Cilfit u.a.; Urteil vom - C-452/14, GRUR Int. 2015, 1152 [juris Rn. 43] - Doc Generici; Urteil vom - C-561/19, NJW 2021, 3303 [juris Rn. 32 f.] - Consorzio Italian Management und Catania Multiservizi). Es stellt sich keine entscheidungserhebliche Frage zur Auslegung des Unionsrechts, die nicht bereits durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs geklärt oder nicht zweifelsfrei zu beantworten ist.
Feddersen Löffler Schwonke
Schmaltz Odörfer
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2025:200225UIZR122.23.0
Fundstelle(n):
ZAAAJ-86184