Instanzenzug: LG Bochum Az: II-3 KLs 26/23
Gründe
1 Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes in zwei Fällen, jeweils in Tateinheit mit Vergewaltigung, sowie wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes in fünfzehn Fällen, in einem Fall in Tateinheit mit sexueller Nötigung, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt. Die Revision des Angeklagten erzielt mit der Sachrüge den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
2 1. Während die rechtliche Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung zum Schuldspruch keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat, hält der Strafausspruch rechtlicher Prüfung nicht stand. Das Landgericht hat bei der Begründung der Zumessung der Einzelstrafen den langen zeitlichen Abstand zwischen den Taten und dem Urteil nicht berücksichtigt.
3 a) Nach den getroffenen Feststellungen beging der zum Zeitpunkt des erstinstanzlichen Urteils 85-jährige Angeklagte die 17 Taten, die sämtlich den (schweren) sexuellen Missbrauch von Kindern zum Gegenstand haben, im Zeitraum von 2013 bis zum ersten Quartal 2018; er ist danach nicht mehr straffällig geworden.
4 b) Eine vom Täter – wie hier der Fall ‒ nicht verschuldete lange Zeitspanne zwischen Tat und Urteil ist auch in Fällen des sexuellen Missbrauchs von Kindern ein bestimmender Strafzumessungsgesichtspunkt (vgl. Rn. 16 f.; Beschluss vom – GSSt 2/17, BGHSt 62, 184, 192); vor allem dann, wenn der Angeklagte seither nicht mehr straffällig geworden ist (vgl. Rn. 3). Dies hätte das Landgericht in den Fällen II. 2. d) und II. 2. e) der Urteilsgründe bei der Prüfung eines minder schweren Falls des schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern nach § 176a Abs. 4 StGB (i. d. Fassung vom ) und im Übrigen bei der konkreten Strafzumessung der jeweiligen Einzelstrafen berücksichtigen müssen.
5 c) Die Einzelstrafen können deshalb nicht bestehen bleiben. Der Senat kann nicht ausschließen, dass sich der Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf die Höhe der Einzelstrafen ausgewirkt hat. Die Aufhebung der Einzelstrafen zieht die Aufhebung des Gesamtstrafenausspruchs nach sich. Die Feststellungen sind von der Aufhebung nicht betroffen (§ 353 Abs. 2 StPO). Ergänzende Feststellungen, die zu den getroffenen nicht in Widerspruch stehen, sind zulässig.
6 2. Der Senat weist darauf hin, dass die neu zur Entscheidung berufene Strafkammer bei der Bemessung der Einzelstrafen und der Gesamtstrafe das fortgeschrittene Alter des Angeklagten mehr als bislang auch im Hinblick auf die Wirkung der Strafe auf sein zukünftiges Leben in den Blick zu nehmen haben wird (vgl. Rn. 13).
Quentin Maatsch Scheuß
Marks Tschakert
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2025:140125B4STR302.24.0
Fundstelle(n):
MAAAJ-85844