1. Soweit ein Ersatzanspruch nach § 34 SGB II an ein Verhalten anknüpft, das bereits mit einer Minderung nach den §§ 31a und 31b SGB II sanktioniert worden ist, kommt (nur) in einem besonderen Ausnahmefall zusätzlich ein Ersatzanspruch nach § 34 SGB II in Betracht, wenn die in den Tatbeständen des § 31 SGB II ausgedrückten Verhaltenserwartungen aus Sicht der Solidargemeinschaft in einem besonders hohen Maß verletzt worden sind.
2. Im Fall des grob fahrlässigen Herbeiführens von Hilfebedürftigkeit muss für die Annahme von Sozialwidrigkeit hinzukommen, dass das zur Inanspruchnahme von SGB II-Leistungen führende Verhalten in vergleichbarer Weise zu missbilligen ist wie eines, das auf die Inanspruchnahme von Leistungen ausdrücklich angelegt ist.
3. Die vollständige Ermittlung der Umstände des Einzelfalls ist nach § 40 Abs 1 Satz 1 SGB II in Verbindung mit § 20 SGB X Aufgabe des Jobcenters im Verwaltungsverfahren. Fehlt es daran, sind die notwendigen Ermittlungen ungeachtet des Untersuchungsgrundsatzes im gerichtlichen Verfahren (§ 103 SGG) einer reinen Anfechtungsklage nur eingeschränkt - bis zu Grenze der Wesensveränderung des angegriffenen Bescheids - nachholbar (vgl BSG, Urt v , B 14 AS 49/18 R, juris RN 29; BSG, Urt v , B 14 AS 30/14 R, juris RN 23).
4. Fehlen im angegriffenen Bescheid die erforderlichen Feststellungen zum Fehlverhalten und zu der Motivation, darf das Gericht die Ermittlung der Umstände des Einzelfalls nicht vollständig nachholen und erstmals die Grundlagen für eine Rechtmäßigkeit des Bescheids legen, weil dies zu einer Wesensänderung des Verwaltungsakts führte, die mit dem Gewaltenteilungsprinzip nicht zu vereinbaren ist.
Fundstelle(n): BAAAJ-85570
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LSG Sachsen-Anhalt, Urteil v. 02.10.2024 - L 4 AS 24/23
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