1. Nach dem Meistbegünstigungsprinzip ist insbesondere bei nicht rechtskundig vertretenen Beteiligten bei der Auslegung von Anträgen im Zweifel von einem umfassenden Rechtsschutzbegehren auszugehen.
2. Bringt der Betroffene zum Ausdruck, dass er die jüngere medizinische Entwicklung seines Gesundheitszustandes bei der GdB-Bewertung (und ggf. der Vergabe von Merkzeichen) berücksichtigt wissen will, so ist dem als "Ausstellung" eines Behindertenausweises bezeichneten Begehren nach dem Meistbegünstigungsgrundsatz regelmäßig zumindest auch das Begehren einer (Neu-) Feststellung des GdB sowie ggf. von Merkzeichen zu entnehmen.
3. Hat das erstinstanzliche Gericht wegen unzutreffender Auslegung des Klageantrags den Streitgegenstand nicht vollständig erfasst, so hat das Berufungsgericht entsprechend § 133 BGB durch eigene Auslegung des erstinstanzlichen Vorbringens zu ermitteln, welche Ansprüche wirklich erhoben worden sind, und über dieses Begehren im Berufungsverfahren zu entscheiden. Es handelt sich dabei nicht um ein sog. "Heraufholen von Prozessresten", sondern um einen mit der Berufung angreifbaren Verstoß der erstinstanzlichen Entscheidung gegen § 123 SGG.
Fundstelle(n): KAAAJ-85567
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LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 06.12.2024 - L 8 SB 2779/24
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