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BGH Beschluss v. - AnwZ (Brfg) 29/24

Instanzenzug: Anwaltsgerichtshof Hamm Az: 1 AGH 16/23 Urteil

Gründe

1Die Klägerin ist seit August 2002 im Bezirk der Beklagten zur Rechtsanwaltschaft zugelassen. Mit Bescheid vom widerrief die Beklagte ihre Zulassung wegen Vermögensverfalls (§ 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO). Die dagegen erhobene Klage hat der Anwaltsgerichtshof mit Urteil vom abgewiesen. Nunmehr beantragt die Klägerin die Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Anwaltsgerichtshofs.

II.

2Der Zulassungsantrag hat in der Sache keinen Erfolg. Ein Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 VwGO ist nicht gegeben (vgl. § 112e Satz 2 BRAO, § 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO).

31. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils bestehen nicht (§ 112e Satz 2 BRAO, § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

4Dieser Zulassungsgrund setzt voraus, dass ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt wird (vgl. nur Senat, Beschlüsse vom - AnwZ (Brfg) 34/23, juris Rn. 8 und vom - AnwZ (Brfg) 43/23, NJW-RR 2024, 989 Rn. 6 mwN). Zweifel an der Richtigkeit einzelner Rechtssätze oder tatsächlicher Feststellungen füllen den Zulassungsgrund dann nicht aus, wenn sie nicht die Richtigkeit des Ergebnisses erfassen (vgl. nur Senat, Beschlüsse vom - AnwZ (Brfg) 66/18, juris Rn. 5; vom - AnwZ (Brfg) 34/23 Rn. 8 und vom - AnwZ (Brfg) 43/23, NJW-RR 2024, 989 Rn. 6).

5Entsprechende Zweifel vermag die Klägerin nicht darzulegen. Der Anwaltsgerichtshof hat die Voraussetzungen eines Widerrufs ihrer Zulassung gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 7 ZPO am zu Recht bejaht.

6a) Der Anwaltsgerichtshof hat zutreffend festgestellt, dass sich die Klägerin im - für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Widerrufs maßgeblichen (vgl. Senat, Beschlüsse vom - AnwZ (Brfg) 38/20, ZInsO 2021, 1437 Rn. 5 ff.; vom - AnwZ (Brfg) 18/23, NJW-RR 2024, 1609 Rn. 4 und vom - AnwZ (Brfg) 32/23, juris Rn. 7) - Zeitpunkt der Widerrufsentscheidung am in Vermögensverfall befand.

7aa) Am bestanden mehrere Eintragungen der Klägerin in dem vom Vollstreckungsgericht zu führenden Verzeichnis (§ 882b ZPO), so dass ihr Vermögensverfall zu diesem Zeitpunkt nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 Halbsatz 2 BRAO kraft Gesetzes vermutet wird.

8Zwar kommt die Vermutung des § 14 Abs. 2 Nr. 7 Halbsatz 2 BRAO nicht zur Geltung, wenn der Rechtsanwalt nachweist, dass die Eintragungen im Schuldnerverzeichnis zum Widerrufszeitpunkt löschungsreif waren, weil die zugrundeliegenden Forderungen nicht oder nicht mehr bestanden (vgl. Senat, Beschlüsse vom - AnwZ (Brfg) 61/19, juris Rn. 9; vom - AnwZ (Brfg) 13/20, juris Rn. 6;vom - AnwZ (Brfg) 20/20, juris Rn. 18;vom - AnwZ (Brfg) 18/23, NJW-RR 2023, 1609 Rn. 6und vom - AnwZ (Brfg) 32/23, juris Rn. 8).

9Diesen Nachweis hat die Klägerin aber nach den nicht zu beanstandenden Feststellungen des Anwaltsgerichtshofs nur hinsichtlich einer der sieben Eintragungen (Eintragung zur Forderung lfd. Nr. 115) wie geboten (vgl. dazu Senat, Beschlüsse vom - AnwZ (Brfg) 10/17, juris Rn. 11 und vom - AnwZ (Brfg) 13/20, juris Rn. 6) geführt.

10Die dagegen erhobenen Einwände der Klägerin in der Begründung ihres Zulassungsantrags greifen nicht durch. Abgesehen davon, dass ihrem pauschalen Vorwurf, der Anwaltsgerichtshof habe fehlerhaft die von ihr angebotenen Beweise nicht erhoben, um den Bestand der den Eintragungen zugrundeliegenden Forderungen zu klären, bereits nicht zu entnehmen ist, welche Beweisantritte zu welcher Forderung sie konkret meint, ist auch nicht ersichtlich, dass der Anwaltsgerichtshof diesbezüglich einen erheblichen Beweisantritt der Klägerin übergangen oder seiner Untersuchungspflicht (§ 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO, § 86 Abs. 1 VwGO) nicht genügt hat.

11(1) Gegen die - zutreffende - Feststellung des Anwaltsgerichtshofs, dass die Klägerin für die von ihr behauptete Erfüllung der Forderungen lfd. Nr. 78, Nr. 107 und Nr. 116 vor dem keinen (ausreichenden) Beleg vorgelegt hat [AGHU 9 Mitte], bringt die Klägerin mit der Zulassungsbegründung nichts vor.

12Soweit sie im Verwaltungsverfahren und im Verfahren vor dem Anwaltsgerichtshof Zeugen für die von ihr behauptete Begleichung der Forderungen benannt hat (Gläubiger, Gläubigervertreter oder ihren Lebensgefährten), musste der Anwaltsgerichthof diesen Beweisantritten mangels hinreichender Konkretisierung und Substantiierung nicht nachgehen (vgl. Störmer in Fehling/Kastner/Störmer, Verwaltungsrecht, 5. Aufl., § 86 VwGO Rn. 56 [zu § 86 Abs. 2 VwGO] unter Verweis auf die ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts).

13(a) Um die Erheblichkeit eines Beweisantrags beurteilen zu können, ist es unerlässlich, dass er konkrete Beweisbehauptungen enthält und zudem dargelegt wird, weshalb das benannte Beweismittel hierüber Erkenntnisse zu vermitteln mag. Bei einem Antrag auf Vernehmung eines Zeugen ist dieser konkret und inhaltlich zu benennen und nachvollziehbar darzulegen, welche erheblichen Tatsachen er kennt, weshalb er Kenntnis von diesen Tatsachen haben kann und was konkret er diesbezüglich bekunden soll (vgl. BVerwG, NVwZ-RR 1999, 208 und Beschluss vom - 5 B 30/12, juris Rn. 9;BeckOK VwGO/Breunig, § 86 Rn. 63, 63.1 [Stand: ]; Störmer in Fehling/Kastner/Störmer, Verwaltungsrecht, 5. Aufl., § 86 VwGO Rn. 57 [zu § 86 Abs. 2 VwGO]). Auch eine Pflicht zur weiteren Amtsaufklärung nach § 86 Abs. 1 VwGO wird durch unsubstantiierte Beweisanträge, die nicht die Erfordernisse des § 86 Abs. 2 VwGO erfüllen, regelmäßig nicht ausgelöst; es sei denn, dem Gericht müssen sich weitere Aufklärungsmaßnahmen aufdrängen (vgl. , juris Rn. 13; Beschluss vom24. September 2012 - 5 B 30/12, juris Rn. 11).

14(b) Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Wie bereits der Anwaltsgerichtshof zu den Beweisangeboten der Klägerin im Verwaltungsverfahren zutreffend festgestellt hat, hat die Klägerin bei ihren Beweisantritten keine konkreten Angaben dazu gemacht, wann und wie die jeweilige Begleichung der Forderung erfolgt sein soll und warum die jeweils benannte Person dazu etwas bekunden können soll. Gleiches gilt für ihre weiteren Zeugenbenennungen im Verfahren vor dem Anwaltsgerichtshof.

15(2) Aus den gleichen Gründen musste der Anwaltsgerichtshof auch weder den Zeugenbeweisangeboten der Klägerin zu ihren Einwänden gegen die Berechtigung der Forderungen lfd. Nr. 59/99, Nr. 107/Nr. 111 und Nr. 113 nachgehen, noch von Amts wegen (§ 86 Abs. 1 VwGO) weitere Aufklärungsmaßnahmen ergreifen. Insbesondere war der Anwaltsgerichtshof entgegen der Ansicht der Klägerin nicht gehalten, "nähere Auskünfte" bei der Finanzverwaltung über die gegen sie erhobenen Steuerforderungen einzuholen, da die Klägerin - entgegen der ihr im Widerrufverfahren und im anschließenden gerichtlichen Verfahren obliegenden Mitwirkungslast gemäß § 32 Satz 1 BRAO§ 26 Abs. 2 VwVfG - auch für ihre wiederholte Behauptung, das Finanzgericht Münster habe die Rechtswidrigkeit der Steuerschätzungen und Fehlverbuchungen von ihr geleisteter Zahlungen bestätigt, keinen Beleg vorgelegt hat.

16bb) Zu Recht hat der Anwaltsgerichtshof auch angenommen, dass die Klägerin die aus § 14 Abs. 2 Nr. 7 Halbsatz 2 BRAO folgende Vermutung nicht widerlegt hat.

17Nach ständiger Rechtsprechung des Senats muss der betroffene Rechtsanwalt zur Widerlegung der Vermutung des § 14 Abs. 2 Nr. 7 Halbsatz 2 BRAO ein vollständiges und detailliertes Verzeichnis seiner Gläubiger und Verbindlichkeiten zum Zeitpunkt des Widerrufs vorlegen und konkret darlegen und belegen, dass seine Vermögens- und Einkommensverhältnisse zu diesem Zeitpunkt nachhaltig geordnet waren (z.B. Senat, Beschlüsse vom - AnwZ (Brfg) 29/21, ZInsO 2022, 86 Rn. 7; vom - AnwZ (Brfg) 6/23, juris Rn. 9 und vom - AnwZ (Brfg) 18/23, NJW-RR 2023, 1609 Rn. 12; jeweils mwN).

18Dem genügt das Vorbringen der Klägerin nicht. Auch insoweit geben ihre Ausführungen in der Begründung des Zulassungsantrags keinen Anlass zu Zweifeln an der Richtigkeit der Entscheidung des Anwaltsgerichtshofs.

19(1) Der Einwand der Klägerin, entgegen der Ansicht des Anwaltsgerichtshofs habe sie bereits mit den von ihr vorgelegten Bankkontoauszügen ihrer Sichtguthaben bei der Sparkasse                         (ca. 73.000 €) und der Deutschen Bank AG (ca. 98.000 €) ausreichend nachgewiesen, dass sie im maßgeblichen Zeitpunkt über ein frei verfügbares, die (angeblichen) Forderungen gegen sie übersteigendes Guthaben verfügt habe, greift nicht durch. Zwar hat sie mit ihrer Zulassungsbegründung ausdrücklich erklärt, dass in den ausgewiesenen Guthaben keine Fremdgelder enthalten gewesen seien. Sie hat aber weiterhin keinen Nachweis/Beleg dafür vorgelegt, dass diese Konten zum Widerrufszeitpunkt nicht mit Pfändungen belegt waren und die ausgewiesenen Beträge damit damals zu ihrer freien Verfügung standen (bzw. in welcher Höhe ggf. Pfändungen bestanden und gleichwohl ein ausreichendes frei verfügbares Guthaben zur Bedienung der übrigen Verbindlichkeiten der Klägerin verblieb). Gleiches gilt, wie der Anwaltsgerichtshof ebenfalls zu Recht angenommen hat, für die von der Klägerin belegte Kapitallebensversicherung mit einem Rückkaufswert von 32.000 € zum Widerrufszeitpunkt.

20Soweit die Klägerin dagegen in ihrer Zulassungsbegründung einwendet, im gerichtlichen Verfahren sei zum Beleg der im laufenden Prozess eingetretenen Weiterentwicklung ein Kontoauszug der Deutschen Bank vorgelegt worden, aus dem sich ergebe, dass auf dem dortigen Konto "nur noch die dort bedienten Pfändungen" und nach deren Begleichung ein weiterhin frei verfügbares Guthaben von 12.000 € vorhanden gewesen sei(en), lässt diese nachträgliche Entwicklung keinen belastbaren Rückschluss auf die Situation im Widerrufszeitpunkt zu.

21(2) Das - von ihr auch mit ihrem Zulassungsantrag nicht belegte - angegebene Immobilienvermögen der Klägerin in Form von zwanzig Eigentumswohnungen mit einem Gesamtwert von ca. 1,5 Mio. € hat der Anwaltsgerichtshof zu Recht nicht berücksichtigt, weil nicht ersichtlich ist, dass es der Klägerin zum maßgeblichen Zeitpunkt des Zulassungswiderrufs kurzfristig als liquider Vermögenswert zur Tilgung ihrer Verbindlichkeiten zur Verfügung stand. Auf die Liquidität entsprechender Mittel kommt es nach der ständigen Senatsrechtsprechung aber entscheidend an (vgl. nur Senat, Beschlüsse vom - AnwZ (Brfg) 83/13, BRAK-Mitt. 2014, 164 Rn. 6; vom - AnwZ (Brfg) 46/14, juris Rn. 10; vom - AnwZ (Brfg) 39/17, ZInsO 2017, 2544 Rn. 7; vom - AnwZ (Brfg) 31/19, juris Rn. 9 und vom - AnwZ (Brfg) 32/23, juris Rn. 13). Die pauschale Erklärung der Klägerin, die Immobilien hätten zu ihrer freien Verfügung gestanden, weil sie, anders als in einem vom Senat entschiedenen Fall, nicht in eine Gesellschaft eingebracht gewesen seien, reicht - zumal ohne Beleg der Eigentumslage - zum Nachweis einer kurzfristigen Verfügbarkeit nicht aus.

22(3) Überdies genügt das Vorbringen der Klägerin aber auch deshalb nicht den obigen Anforderungen für eine Widerlegung der gesetzlichen Vermutung, weil es keine Gesamtbeurteilung ihrer Einkommens- und Vermögensverhältnisse zum Zeitpunkt des Widerrufs durch Gegenüberstellung ihrer damaligen liquiden Mittel mit ihren damaligen bestehenden und zu bedienenden Verbindlichkeiten ermöglicht. Auch wenn auf den Konten der Klägerin im Widerrufszeitpunkt erhebliche liquide Mittel vorhanden gewesen sein sollten, die die Forderungen, die ihren Eintragungen im Schuldnerverzeichnis zugrunde lagen, weit überstiegen, lässt sich allein damit nicht belastbar feststellen, dass ihre Vermögensverhältnisse insgesamt nachhaltig geordnet waren und sie eigentlich imstande gewesen wäre, sämtliche ihrer finanziellen Verpflichtungen (auch über die Eintragungen hinaus) zum damaligen Zeitpunkt zu erfüllen oder anderweitig zu regulieren (vgl. Senat, Beschlüsse vom - AnwZ (Brfg) 32/19, ZInsO 2019, 2520 Rn. 7; vom - AnwZ (Brfg) 20/20, juris Rn. 38 und vom20. Dezember 2023 - AnwZ (Brfg) 32/23, juris Rn. 14).

23Konkretere Angaben hat die Klägerin lediglich zu den in der Widerrufsverfügung der Beklagten aufgeführten Forderungen gemacht, bezüglich derer Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen sie eingeleitet worden waren (einschließlich derer, die ihrer Eintragung im Schuldnerverzeichnis zugrunde lagen). Im Übrigen hat sie zu ihren Ausgaben und regelmäßigen Verbindlichkeiten lediglich erklärt, es gebe keine Steuerschulden, sie habe - mit Ausnahme eines von ihr monatlich bedienten Immobilienkredits in Höhe von 13.000 € - keine privaten Kredite, mangels Angestellten auch keine Gehälter und Lohnnebenkosten zu zahlen und keine Mietschulden oder Unterhaltsverpflichtungen. Das reicht für eine schlüssige Gesamtdarstellung allein schon deshalb nicht aus, weil es an jeglichen Angaben zu ihren laufenden Verpflichtungen aus dem von ihr behaupteten Immobilienvermögen (Hausgelder und Grundsteuer für 20 Eigentumswohnungen) fehlt, derentwegen ausweislich der Vollstreckungsauflistung der Beklagten und der Eintragungen der Klägerin im Schuldnerverzeichnis auch wiederholt Vollstreckungsmaßnahmen über höhere Beträge gegen sie ergriffen worden sind. Auch im Hinblick darauf, dass die Klägerin die von ihr behaupteten laufenden Einkünfte in Form monatlicher Mieteinnahmen in Höhe von ca. 6.000 € nicht belegt und keine anderen laufenden Einkünfte angegeben und nachgewiesen hat, kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass sie im Widerrufszeitpunkt in der Lage war, ihren laufenden Verpflichtungen nachhaltig nachzukommen.

24b) Keine ernstlichen Zweifel bestehen auch an der weiteren Feststellung des Anwaltsgerichtshofs, dass eine Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden durch den Vermögensverfall der Klägerin nicht gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 7 Halbsatz 1 BRAO auszuschließen ist.

25Nach der in § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO zum Ausdruck kommenden Wertung des Gesetzgebers ist mit dem Vermögensverfall eines Rechtsanwalts grundsätzlich eine Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden verbunden. Auch wenn diese Regelung nicht im Sinne eines Automatismus zu verstehen ist, die Gefährdung daher nicht zwangsläufig und ausnahmslos schon aus dem Vorliegen eines Vermögensverfalls folgt, kann die Gefährdung im nach der gesetzlichen Wertung vorrangigen Interesse der Rechtsuchenden nur in seltenen Ausnahmefällen verneint werden, wobei den Rechtsanwalt hierfür die Feststellungslast trifft (vgl. nur Senat, Beschlüsse vom - AnwZ (Brfg) 65/18, juris Rn. 7 und vom - AnwZ (Brfg) 21/23, ZInsO 2023, 2388 Rn. 6). Von einem solchen Ausnahmefall kann nur ausgegangen werden, wenn im Zeitpunkt des Widerrufs eine sichere Prognose dahingehend getroffen werden kann, dass sich im zu entscheidenden Einzelfall die typischen Gefahren, die mit dem Vermögensverfall eines Anwalts verbunden sind, nicht realisieren werden (vgl.Senat, Beschlüsse vom - AnwZ (Brfg) 19/22, juris Rn. 7 und vom - AnwZ (Brfg) 21/23, ZInsO 2023, 2388 Rn. 6). Will der betroffene Rechtsanwalt weiterhin anwaltlich tätig werden, ist es daher von besonderer Bedeutung, dass er rechtlich abgesicherte Maßnahmen trifft, die eine Gefährdung der Mandanten effektiv verhindern (vgl. AnwZ (Brfg) 43/21, juris Rn. 8).

26Hierzu hat die Klägerin weder im behördlichen Widerrufsverfahren, noch im Verfahren vor dem Anwaltsgerichtshof oder mit der Begründung ihres Zulassungsantrags vorgetragen.

272. Die Rechtssache hat entgegen der Ansicht der Klägerin keine grundsätzliche Bedeutung (§ 112e Satz 2 BRAO, § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).

28Dieser Zulassungsgrund ist gegeben, wenn der Rechtsstreit eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann und deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an einer einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Diese, vom Beschwerdeführer bzw. Antragsteller darzulegenden Voraussetzungen (st. Rspr.; vgl. nur Senat, Beschlüsse vom - AnwZ (Brfg) 10/22, juris Rn. 46 und vom - AnwZ (Brfg) 43/23, NJW-RR 2024, 989 Rn. 15, jeweils mwN), sind hier nicht erfüllt.

29a) Die Klägerin begründet die grundsätzliche Bedeutung zum einen mit der Würdigung der von ihr zum Nachweis ihres liquiden Vermögens vorgelegten Bankauszüge durch den Anwaltsgerichtshof, da - so die Klägerin - unter der Prämisse, dass ein Bankauszug nicht als Beweismittel für den Bestand des dort aufgeführten Guthabens angesehen werde, seine Beweiskraft faktisch ausgehöhlt und der Betroffene de facto nicht in der Lage sei, den Beweis seines Kontoguthabens zu erbringen.

30Die damit aufgeworfene Frage, ob der Bestand eines Kontoguthabens durch Vorlage eines Bankkontoauszugs geführt werden kann, ist im vorliegenden Fall bereits nicht entscheidungserheblich. Wie oben ausgeführt, hat der Anwaltsgerichtshof den Bestand der in den vorgelegten Kontoauszügen ausgewiesenen Guthaben als solchen nicht in Frage gestellt, sondern - zu Recht - die freie Verfügbarkeit dieser Guthaben als nicht erwiesen erachtet.

31Darüber hinaus ist die aufgeworfene Frage auch nicht abstrakt generell klärungsfähig. Ob ein - wie hier - nicht unterschriebener Bankkontoauszug zum Nachweis für den Bestand eines darin ausgewiesenen Bankguthabens ausreicht, unterliegt der freien Beweiswürdigung des Tatrichters gemäß § 112c Abs. 1 Satz 1 und 2 BRAO, § 125 Abs. 1 Satz 1, § 108 Abs. 1, § 98 VwGO, §§ 358 bis 444, §§ 450 bis 494 ZPO, da § 416 ZPO mangels Unterschrift nicht anwendbar ist (vgl. , WM 2002, 1652, 1653; OLG München, MDR 2008, 1353; Zöller/Feskorn, ZPO, 35. Aufl., § 416 Rn. 11; jeweils zum Sparbuch). Ob danach im Einzelfall der Nachweis zur Überzeugung des Gerichts geführt ist, hängt von den konkreten Umständen des jeweiligen Sachverhalts ab.

32b) Aus den gleichen Gründen besteht auch kein Anlass zur Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung hinsichtlich der von der Klägerin außerdem aufgeworfenen Frage, "ob ein Online-Kontoauszug einem anderen Bankauszug gleichwertig ist."

333. Dem Anwaltsgerichtshof ist auch kein Verfahrensfehler unterlaufen, auf dem das Urteil beruhen kann (§ 112e Satz 2 BRAO, § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO). Insbesondere beruht die Entscheidung entgegen der Ansicht der Klägerin nicht auf einer Verletzung ihres Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG).

34Soweit die Klägerin rügt, der Anwaltsgerichtshof habe sie nicht darauf hingewiesen, dass er eine ausdrückliche Erklärung ihrerseits dazu verlange, dass in den von ihr angeführten Kontoguthaben keine Fremdgelder enthalten gewesen seien, wäre eine darin liegende Verletzung der Hinweispflicht jedenfalls nicht entscheidungserheblich. Wie oben ausgeführt, fehlt es unabhängig davon nicht nur an einem Beleg der Klägerin für die freie Verfügbarkeit der Guthaben zum Widerrufszeitpunkt, sondern überdies an einer schlüssigen Gesamtdarstellung ihrer damaligen Vermögenssituation. Gleiches gilt für den Einwand der Klägerin, der Anwaltsgerichtshof habe im Rahmen ihrer Verbindlichkeiten ihren (einzigen) Immobiliarkredit fälschlich mit dem noch offenen Gesamtbetrag und nicht nur mit der von ihr monatlich zu leistenden Ratenzahlung in Ansatz gebracht.

35Eine Beweiserhebung über die von der Klägerin behauptete Begleichung von Forderungen oder deren fehlende Berechtigung durch die von ihr dazu benannten Zeugen war, wie oben ausgeführt, ebenso wenig geboten wie die Einholung näherer Auskünfte bei der Finanzverwaltung über Steuerforderungen gegen die Klägerin.

36Hinsichtlich des weiteren Vorwurfs der Klägerin, der Anwaltsgerichtshof habe den von ihr im gerichtlichen Verfahren vorgelegten Kontoauszug der Deutschen Bank AG über die dort bedienten Pfändungen und das danach verbliebene Guthaben von 12.000 € nicht wie geboten gewürdigt, wird ebenfalls auf die obigen Ausführungen verwiesen.

374. Weitere Zulassungsgründe werden von der Klägerin nicht geltend gemacht und sind auch nicht ersichtlich.

III.

38Die Kostenentscheidung beruht auf § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO, § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 194 Abs. 2 Satz 1 BRAO.

Schoppmeyer                               Grüneberg                               Ettl

                                Merk                                    Schmittmann

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:131224BANWZ.BRFG.29.24.0

Fundstelle(n):
VAAAJ-85491