WEG-Recht | Änderung der vereinbarten Kostenverteilung durch Mehrheitsbeschluss der Wohnungseigentümer I (BGH)
Der BGH hat auf der Grundlage des
im Jahr 2020 reformierten Wohnungseigentumsrechts in zwei Verfahren weitere
Vorgaben zu den Voraussetzungen gemacht, unter denen die Wohnungseigentümer
eine von einer Vereinbarung in der Gemeinschaftsordnung abweichende
Kostentragung beschließen können ( und V ZR 128/23).
Sachverhalt und Prozessablauf im Verfahren V ZR 236/23: Die Klägerin war Mitglied der beklagten Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. Zu der Anlage gehörte eine Tiefgarage mit 15 Stellplätzen. Die Gemeinschaftsordnung aus dem Jahr 1971 ordnete die Nutzung der Stellplätze ausschließlich bestimmten Wohneinheiten zu. Zudem regelte die Gemeinschaftsordnung, dass die Kosten für die Instandhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums in und an der Garagenhalle ausschließlich von diesen Wohneinheiten zu tragen wären. Die Einheit der Klägerin verfügte nicht über ein Sondernutzungsrecht an einem Stellplatz. Im April 2022 beschlossen die Wohnungseigentümer, das Dach der Garage sanieren zu lassen und die damit verbundenen Kosten auf sämtliche Wohnungseigentümer im Verhältnis ihrer Miteigentumsanteile umzulegen.
Hiergegen wendete sich die Klägerin mit einer Anfechtungsklage, der das Amtsgericht stattgegeben hat. Nachdem die Berufung der Klägerin ohne Erfolg geblieben ist, verfolgt die beklagte Gemeinschaft der Wohnungseigentümer mit der von dem Landgericht zugelassenen Revision ihren Klageabweisungsantrag weiter.
Der BGH hat der Revision stattgegeben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen:
Nach der Gemeinschaftsordnung sind die bei der Sanierung des Tiefgaragendaches entstehenden Kosten nur von den Einheiten mit Sondernutzungsrecht an einem Stellplatz zu tragen. Die beschlossene Verteilung der Kosten nach Miteigentumsanteilen führt dazu, dass auch Wohnungseigentümer ohne Stellplatz – wie die Klägerin - für die Sanierung des Tiefgaragendachs zahlen müssen.
Der Beschluss sollte die in der Gemeinschaftsordnung vereinbarte objektbezogene Kostentrennung zwischen Gebäude und Tiefgarage gemäß § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG konstitutiv ändern. Die erforderliche Beschlusskompetenz besteht - wie der BGH in der Sache bereits entschieden hat - auch dann, wenn der Kreis der Kostenschuldner verändert wird, indem Wohnungseigentümer erstmals mit Kosten belastet werden.
Da das Landgericht entgegen dieser - erst nach Erlass des angefochtenen Urteils ergangenen - Rechtsprechung die Beschlusskompetenz verneint hatte, hat der BGH das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache an das Landgericht zurückverwiesen.
Nunmehr wird das Landgericht klären müssen, ob die Beschlüsse ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen. Zu prüfen ist dies nur dann, wenn innerhalb der einmonatigen Anfechtungsfrist Klage gegen die Beschlüsse erhoben worden ist.
Zu der insoweit erforderlichen Prüfung von Anfechtungsgründen hat der BGH nähere Vorgaben gemacht. Inwieweit es bei einer vereinbarten objektbezogenen Kostentrennung ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen kann, durch Beschluss auch die zuvor kostenbefreiten Wohnungseigentümer an den auf einen der Gebäudeteile entfallenden Erhaltungskosten zu beteiligen, war bislang ungeklärt. Nach dem bis zum geltenden Recht waren derartige Beschlüsse schon mangels Beschlusskompetenz ohne Weiteres nichtig.
Der BGH hat zu der neuen Rechtslage nun entschieden, dass es bei einer vereinbarten objektbezogenen Kostentrennung in der Regel ordnungsmäßiger Verwaltung widerspricht, durch Beschluss auch die übrigen Wohnungseigentümer an den auf diesen Gebäudeteil (hier der Tiefgarage) entfallenden Kosten zu beteiligen.
Denn in typisierender Betrachtung ist davon auszugehen, dass die vereinbarte Kostentrennung für die konkrete Anlage grundsätzlich angemessen ist. Regelmäßig wird die objektbezogene Kostentrennung nämlich deshalb vereinbart, weil sich Gebrauch bzw. Gebrauchsmöglichkeiten besonders stark unterscheiden, wie es insbesondere in Anlagen mit unterschiedlich genutzten Gebäudeteilen oder in Mehrhausanlagen der Fall ist. Daher bedarf es in dieser Fallkonstellation - anders als bei üblichen Beschlüssen über die Änderung der Kostenverteilung - eines sachlichen Grundes, damit die Kosten auf alle Wohnungseigentümer verteilt werden dürfen.
Wann ein sachlicher Grund für die Einbeziehung der übrigen Wohnungseigentümer besteht, hängt von der jeweiligen Fallgestaltung ab und lässt sich nicht abschließend vorgeben.
In dem hier zu entscheidenden Fall könnte es jedenfalls ausreichend sein, wenn die Kosten der Beseitigung von Schäden dienen, die von dem übrigen Gemeinschaftseigentum außerhalb der Tiefgarage herrühren. Ebenso kann ein sachlicher Grund gegeben sein, wenn sich das Problem, für dessen Beseitigung die Kosten anfallen, auf die gesamte Anlage erstreckt, und aus diesem Grund eine Gesamtsanierung der Anlage unter Beteiligung aller Wohnungseigentümer beschlossen wird.
Hingegen stellt es bei einer vereinbarten objektbezogenen Kostentrennung zwischen Tiefgarage und Gebäude für sich genommen keinen sachlichen Grund für eine Beteiligung aller Miteigentümer dar, dass die Kosten Teile des Gemeinschaftseigentums betreffen, die auch für das übrige Gemeinschaftseigentum - insbesondere aus Gründen der Statik - von Bedeutung sind.
Weitere Einzelheiten zu dem Urteil v. - V ZR 128/23 können Sie unserer News v. 14.2.2025 entnehmen.
Quelle: BGH, Pressemitteilung v. (lb)
Fundstelle(n):
QAAAJ-85325