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BVerfG Beschluss v. - 2 BvC 25/23

Feststellung der teilweisen Erledigung einer Wahlprüfungsbeschwerde, iÜ Verwerfung unter Hinweis auf das Berichterstatterschreiben - Verwerfung eines offensichtlich unzulässigen Ablehnungsgesuchs

Gesetze: § 18 Abs 1 Nr 2 BVerfGG, § 19 Abs 1 BVerfGG, § 19 Abs 2 S 1 BVerfGG, § 24 S 2 BVerfGG, § 34a Abs 3 BVerfGG, § 48 BVerfGG, § 18 WahlPrG, § 19 WahlPrG

Gründe

11. Das gegen die Richterin Wallrabenstein gestellte Ablehnungsgesuch ist offensichtlich unzulässig.

2a) Das Ablehnungsgesuch ist als offensichtlich unzulässig zu verwerfen, da es sich auf eine gänzlich ungeeignete Begründung stützt (vgl. BVerfGE 159, 26 <30 Rn. 13> - Äußerungen der Bundeskanzlerin Merkel in Südafrika - Befangenheitsgesuch). In einem solchen Fall ist die abgelehnte Richterin nicht von der Entscheidung über das Ablehnungsgesuch ausgeschlossen; es bedarf dann auch keiner vorherigen Einholung von dienstlichen Stellungnahmen (vgl. BVerfGE 153, 72 <73 Rn. 2> - Richterablehnung wegen Nominierung durch politische Parteien; 159, 135 <147 Rn. 37> - Bundesnotbremse I - Ablehnungsgesuch Präsident Harbarth, BVRin Baer).

3b) Gemessen hieran ist das gegen die Richterin Wallrabenstein gerichtete Ablehnungsgesuch offensichtlich unzulässig.

4Der Beschwerdeführer berücksichtigt zunächst nicht, dass es sich bei dem Berichterstatterschreiben vom , das eine Befangenheit der Berichterstatterin, Richterin Wallrabenstein, begründen soll, ausdrücklich nur um eine vorläufige Bewertung der Sach- und Rechtslage durch die Berichterstatterin handelt, die auf eine kurze Darstellung der aus ihrer Sicht wesentlichen Einschätzungen beschränkt bleiben darf. Ein solcher Hinweis, der im Hinblick auf § 24 Satz 2 BVerfGG einer sachgerechten Verfahrensgestaltung und zudem der rechtlichen Klärung dient, liegt im Rahmen einer zulässigen richterlichen Aufklärung und ist nicht geeignet, eine Besorgnis der Befangenheit zu begründen (vgl. BVerfGE 154, 312 <318 f. Rn. 21 ff.>).

5Gänzlich ungeeignet zur Begründung der Besorgnis der Befangenheit ist ferner das Monitum, die Berichterstatterin sei an vorangegangenen Verfahren beteiligt gewesen, die ähnliche Rechtsfragen aufgeworfen hätten. Dabei ist von der gesetzlichen Wertung des hinsichtlich der richterlichen Vorbefassung abschließenden § 18 Abs. 1 Nr. 2 BVerfGG auszugehen (vgl. BVerfGE 155, 357 <371 Rn. 29> - AfD - Finanzierung Desiderius-Erasmus-Stiftung - eA). § 18 Abs. 1 Nr. 2 BVerfGG bestimmt, dass die richterliche Vorbefassung mit einer Sache nur dann zum Ausschluss führt, wenn sie in einem früheren Rechtszug erfolgt ist und eine Mitwirkung an der angefochtenen Entscheidung zum Inhalt hatte. Nicht ausgeschlossen ist hingegen ein Richter, der sich bereits früher - in anderen Verfahren - zu einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage in bestimmter Weise geäußert hat. Selbst wenn er eine bestimmte Rechtsauffassung ständig vertritt, ist er in einem Verfahren nicht ausgeschlossen, das gerade auf die Änderung dieser Rechtsauffassung abzielt (vgl. BVerfGE 131, 239 <253>; BVerfGK 8, 59 <60>). Ist ein Verfassungsrichter nicht nach § 18 Abs. 1 BVerfGG von Gesetzes wegen ausgeschlossen, vermag allein eine richterliche Vorbefassung mit einer im anhängigen Verfahren entscheidungserheblichen Rechtsfrage die Besorgnis der Befangenheit nach § 19 BVerfGG ebenfalls nicht zu begründen. Vielmehr ist davon auszugehen, dass auch in diesen Fällen der Richter an einer unbefangenen Entscheidung der an ihn herangetragenen Rechtsfragen nicht gehindert ist (vgl. BVerfGE 155, 357 <371 f. Rn. 29>).

6Im Übrigen bringt der Beschwerdeführer lediglich seine vom Berichterstatterschreiben abweichende Rechtsansicht zur vermeintlichen Zulässigkeit des Ablehnungsgesuchs und seiner Wahlprüfungsbeschwerde vor. Dass die Berichterstatterin erhebliches Vorbringen übergangen hat, wird zwar behauptet, ist jedoch nicht dargetan.

72. Die Wahlprüfungsbeschwerde hat sich aus den in dem Schreiben der Berichterstatterin vom genannten Gründen teilweise erledigt. Gemäß § 24 Satz 2 BVerfGG wird von einer weiteren Begründung abgesehen.

83. Im Übrigen bleibt der Wahlprüfungsbeschwerde aus den in dem Schreiben der Berichterstatterin vom genannten Gründen der Erfolg versagt. Gemäß § 24 Satz 2 BVerfGG wird von einer weiteren Begründung abgesehen.

94. Die Entscheidung über die Erstattung der Auslagen beruht auf §§ 18, 19 WahlPrüfG in Verbindung mit § 34a Abs. 3 BVerfGG (vgl. BVerfGE 132, 39 <59 Rn. 57>; 163, 358 <361 Rn. 15> - Nichtzulassung einer Landesliste zur Bundestagswahl - Kostenfestsetzung; 167, 1 <27 Rn. 80> - Bundestagswahl Berlin - AfD-Fraktion). Eine Auslagenerstattung scheidet aus, soweit die Wahlprüfungsbeschwerde zu verwerfen war (vgl. BVerfGE 167, 1 <27 Rn. 80>). Im Übrigen ist sie nicht geboten, weil dem Beschwerdeführer bereits bei Einlegung seiner Wahlprüfungsbeschwerde bekannt war, dass eine umfassende Klärung der von ihm aufgeworfenen wahlrechtlichen Fragen in einem bereits anhängigen Normenkontrollverfahren (2 BvF 1/21) erfolgen würde. In einem solchen Fall besteht kein Anlass, die Allgemeinheit mit den Kosten einer Wahlprüfungsbeschwerde zu belasten, die sich letztlich als unnötig erweist (vgl. für die Verfassungsbeschwerde BVerfGE 85, 117 <123, 125 f.>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom - 2 BvR 1209/23 -, Rn. 7).

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BVerfG:2025:cs20250114.2bvc002523

Fundstelle(n):
JAAAJ-84484